Chemie, Buddenbohmpasta Nr.2 und Basilikumpesto

Dienstag, 10. Juni 2014

Immer wieder tut es mir leid, dass ich im Chemie-Unterricht derart selten aufgepaßt habe. Wie jede Sparte steht und fällt sie mit der Person, die sie vertritt und das war im Falle des Faches Chemie an unsere Schule und für meine Klasse über viele Jahre hinweg Frau Finke. Ich sehe sie immer noch vor mir.  

Immerhin. An andere Gesichter erinnere ich mich nicht einmal schemenhaft. Sie war weder besonders engagiert noch sonderlich träge. Sie war fachlich eher unstrukturiert und bestimmt nicht mit Faszination für ihre eigene Sache dabei. Sie war meist ganz guter Dinge ohne damit gute Laune zu verbreiten­. Sie war (un)angehnehm nichtssagend. Was zu Folge hatte, dass ihr meine geteilte Aufmerksamkeit nur selten zugeteilt wurde. Im Grunde ist mir, als hätte ich das Fach Chemie nie wöchentlich unterrichtet bekommen.

Spätestens mit meinem lebensbegleitenden Buch *Die Wahlverwandtschaften* traf mich die Begeisterungskeule mit voller Wucht über die Phänomenologie der Anziehungskraft (und Sprengkraft) innerhalb der kleinsten Teilchen samt ihres im wahrsten Sinne phänomenalen Ausmaßes. Die damit einhergehende Diskussion, was denn von der Willensfreiheit, dem Königreich des Menschen, noch übrig bleibt, wenn man diese Anziehung und Abstoßung der Elemente mit einbezieht, dünkt einem nicht viel mehr wie bei einem Kasperle-Theater. Und das Schönste dabei ist: bei den Menschen laufen diese Prozesse meistens gänzlich unterbewußt ab. Vom eigenen Geist untouchiert. Selbstläufer. Das ganze Parungsverhalten. Tjaha, würde man mit mehr Wissen in diese Achterbahn steigen, vermutlich würde man weniger gebeutelt aussteigen – oder mit der Berg-und Talbahn zurechtkommen.

Ich kann aber auch in kleinerem Maßstab darüber grübeln. Jüngst bei dem Basilikumpesto für die Buddenbohm-Pasta-Nummer-2. Hach, herrliches Basilikum. Wäre ich Raupe, mein Blatt zum Schmetterling wäre Basilikum.  

Aber: WIESO verfärbt sich (oxidiert?) mein selbstgemachte Basilikumpesto an Luft und Wärme in Richtung Tarnfarbe, während das gekaufte *farbecht* bleibt. Abgesehen davon, dass in den wenigsten gekauften Pesti wirklich Kraut drinne ist, WAS rühren die dazu, dass es weiterhin grün brilliert? 

Wobei sich überhaupt diese Woche erneut die Frage stellt: Wer kauft den schon Pesto? Das Rezept zur Pasta samt Basilikum, Grünspargel und tomates confites findet ihr bei Maximilian... 

15 Kommentare

  1. Fragen über Fragen…
    Mein Chemielehrer hiess Kempf, war sehr chaotisch und gelegentlich gefährlich für sich und uns (sein Kittel hatte Ätzlöcher!). Und wenn ich Raupe wäre, würde ich zwischen Minze und Rosmarin abwechseln.
    Liebe Grüsse aus der Stadt!

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  2. sicher so etwas furchtbar natürliches wie zitronensäure oder so ...
    auf dem bild jedenfalls siehts herrlich aus.
    hach, und chemie. ich mochte das ja, aber bei einem derart skurrilen chemieprofessor auch keine kunst. wie er sich immer hinter seinem aktenkoffer verschanzte bei sämtlichen experimenten!

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  3. Das ist doch total simpel: Jamie Oliver nimmt als Antioxidationsmittel Ascorbinsäure ;-) und schreibt das auf das Etikett, ich kaufe auch kein fertiges Pesto, sondern lichte nur die Kennzeichnungen im Regal ab *gg*

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  4. Also ich weiß nur, daß mein Basilikum - wenn ich es dekorativ auf das heiße Essen lege - verbrennt. Wenn ich es blitzschnell eintauche, bleibt es grün. Ist halt dann nicht mehr so ansehnlich....Wieder ein schöner - und informativer - post von Dir. Werde mir mal die WAHLVERWANDTSCHAFTEN näher anschauen. Ach ja....und wenn ICH eine Raupe wäre.....ich würde von Spearmint zu Vervain hüpfen :) Liebe Grüße aus dem heißen Franken!

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  5. "Wäre ich Raupe, mein Blatt zum Schmetterling wäre Basilikum." Wie schön gesagt, Micha! Gegen das oxidieren hilft übrigens nur eines: Schnell aufessen :)

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  6. so ein hübscher Post :) ich ärgere mich heute noch sehr, dass ich in einigen Schulfächern nicht besser aufgepasst habe (Chemie wurde sobald es ging abgewählt...) aber Französisch trauere ich hinterher und vielleicht auch Bio und Deutsch... achja, aber jetzt kann man sich wenigstens die Aspekte herausgreifen, die man möchte :) Liebste Grüße, Kiki

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  7. Ich habe im Laufe meiner Karriere festgestellt, wenn ich Basilikum ohne es vorher zu waschen (wenn ich es frisch aus meinem Garten nehme ist das nicht notwendig) nur mit Olivenöl und einer halben Zehe Knoblauch mit dem Standmixer sehr fein aufmixe, in einem Glas noch mit Olivenöl abdecke, dann hält sich die grüne Farbe über Wochen, ohne Chemie:) Salz, Parmesnkäse und eventuell, geröstete, zerdrückte Pinienkerne kommen erst im Moment des Verbrauchens hinzu. Probier es einmal aus. Von mir aus gesehen ist es das Wasser, aber erklären kann ich es dir auch nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass es schon etwas mit Oxidation zu tun hat.

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  8. Ich habe schon verschiedentlich gehört, dass Pesto durch Mixen bitter werden kann und mühe mich deshalb per Hand mit dem Mörser, weshalb selbstgemachtes Pesto bei mir eher eine Ausnahme ist. Liege ich da falsch? So wie hier (also dort, bei Herzdamengeschichten) beschrieben klingt es nämlich wirklich verlockend einfach.
    Herzlichen Gruß, Sina

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  9. Eine Lösung für das Tarnfarbenproblem habe ich nicht parat, nur die Idee, dass das Basilikum sich durch den Mixer zu stark erhitzt und deshalb verfärbt - zumindest passiert das ja auch, wenn man es auf Essen gibt, das warm ist. Vielleicht ist es aber auch ganz anders. Mein Bärlauchpesto wurde auch tarnfarben, die Bärlauchbutter dagegen blieb grün.
    Meine einzigen Erinnerungen an den Chemieunterricht beschränken sich auf die große Wandtafel des Periodensystems und seine Grafik, den Blick aus den Fenstern des Chemiesaals, dass ich diese Brenner nie zum Laufen kriegte, dass unser Chemielehrer tödlichen Mundgeruch hatte und dass der Chemiesaal irgendwann in die Luft flog (ohne Schüler drin) und dass es darum ging, möglichst einen Punkt zu schaffen. Huhu... das nenne ich doch mal einen Lernerfolg fürs Leben. ;-)

    Herzlich, Katja

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  10. Lehrer machen sehr viel am Lernspass aus. Ich hatte zum Glück den besten Chemielehrer der Welt, der es geschafft hat, uns wahnsinnig viel Freude am Experimentieren zu vermitteln. Und nebenbei hat er uns auch noch sehr viel Wissen vermittelt. Wieviel das war, habe ich erst im Studium gemerkt.
    Das mit der Tarnfarbe hat nicht nur was mit Chemie, sondern auch mit Biologie zu tun. Kurz gesagt, es ist eine Oxidation.
    In der Langfassung (Erklärmodus an): Der größte Teil der Pflanzenzelle wird von der "Vakuole" gebildet, die von der restlichen Zelle durch eine Hülle (Membran) getrennt ist. Sie hat verschiedene Aufgaben, aber unter anderem werden hier Stoffe (unter anderem Phenole) eingelagert. Wird die Pflanzenzelle und somit auch die Vakuole verletzt, mischen sich diese Stoffe mit dem Rest der Zelle. Hier gibt es ein Enzym namens Phenoloxidase, das die Phenole oxidiert. So entsteht ein neuer Stoff namens Chinon. Dieser sorgt für die braune Färbung, die man auch z.B. von angeschnittenen Äpfeln oder Kartoffeln kennt. Diese Reaktion ist ein Schutzmechanismus, der die Pflanze bei Verletzung vor Krankheitseregern schützen soll.
    Man kann die Reaktion aber rückgängig machen, in dem Vitamin C (Ascorbinsäure) dazu gibt. Dann wird ein Apfel wieder hell und das Pesto wieder grün (das mit dem Äpfeln machen wir mit den Studenten im Grundkurs)
    Ein Spritzer Zitronensaft reicht aber für diesen Effekt auch.

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  11. wenn man kein Vitamin C zugeben will, sollte man kalte Zutaten und Geräte (Olivenöl, Käse, Mixer) verwenden. Sauerstoff und hohe Temperatur (und die Phenoloxidase) können damit recht gut im Zaum gehalten werden.

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  12. @Svea: Als Raupe würde ich dich AUF JEDEN FALL auf der Minze besuchen kommen!

    @Mme Ulma: Solange das Grün weder zulange Luft und Wärme ausgesetzt war, gabs an der Farbe nix zu mäkeln. Und dein Chemielehrer scheint gewußt zu haben, wie man Spannungsbögen inszeniert!

    @Ulrike: Geschmacklich eigentlich pillepalle, aber beim Fotographieren fand ich diese Eigenart dann doch etwas zickig. Und dass DU KEIN Pesto kaufst, wundert mich keine Millisekunde!

    @Hanne: Ach ja, die Wahlverwandtschaften. Es ist eine andere Sprache wie heute, aber man liest sich rein in die Klugheit Goethes! Und auf dem Verveine komme ich dich als Raupe ebenfalls SEHR gerne besuchen!

    @Julia: Das deucht mir auch ganz klar die vernünftigste Lösung :)

    @Kiki: Eigentlich mache ich drei Kreuze, dass ich die Schulzeit hinter mir habe - für mich war Schule ein Gefängnistrakt...

    @Magdi: Aus dem Garten wasche ich den Basilikum ebenfalls normalerweise nicht (warum auch). Abgedeckt mit Öl bleibt mir die Farbe erhalten, aber als ich das Foto mit den Nudeln zusammen machen wollte, (so ein richtig schönes ;) habe ich sehr geschimpft. Danke für den Tipp erst vor Verzehr Käse, Salz und Nüsse unterzumengen - nur das Basilikum zu pürieren und griffbereit zu haben, darauf bin ich bisher nicht gekommen.

    @Sina: Liebe Sina, es IST verlockend einfach. Angeblich soll gelegentlich passieren, dass das Olivenöl beim Pürieren bitter wird - was mir aber noch NIE passiert ist. Vielleicht bekommen das irgendwelche Hightech-Blender hin. Aber mit dem Pürierstab gebe ich Entwarnung. Pestomachen ist SEHR einfach!

    @Katja: Ich muß gerade lachen beim Lesen und Stöhnen. Schlimm, oder? Dabei ist Chemie ein unendlich spannendes Thema. Und was bleibt mir? Irgendeine dabbige Crème haben wir mit Frau Finke angerührt, die sich danach niemand ins Gesicht geschmiert hätte. Never. Hach, Menschen mit Berufung gibts zu wenig. Lehrer aus Berufung etwa - dann wäre meine Schulzeit bestimmt bedeutend bedeutender gewesen...

    @Stefanie: Du meine Güte - jetzt schmeiße ich auch noch Chemie und Biologie durcheinander (ab wann gibts gemeinsame Schnittmengen?). Aber vielen Dank für deine erhellende und ausführliche Erklärung. Bedeutet das für meinen konkreten Basilikumpestofall, dass eine Menge (vielleicht 2 Eßlöffel) an Zitronensaft ausreicht, ein farbechtes Pesto zu produzieren, dass auch später MIT den heißen Nudeln sein sexy Grün bewahrt? Das wäre ein echter Basilikum-Pesto-Zugewinn!

    @Robert: Durch den Zitronenbasilikum, den geschätzten, habe ich keinen Zitronensaft zum Pesto gegeben. JETZT würde ich das dennoch tun. Wenn ich alles richtig verstanden habe, wäre mein Farbproblem damit behoben. Heisslaufende Geräte schließe ich aus. Auch dir *merci* für deine helfenden Gedanken!

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    1. Zitronensaft ist zwar ein guter Vitamin C lieferant, doch die enthaltene Zitronensäure macht das Grün kaputt. Wenn Zitronensaft als Säuerungsmittel benötigt wird, dann erst unmittelbar vor Gebrauch unterrühren.

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    2. Also falsch mitgedacht: Zitronensaft ist keine Abhilfe gegen den Grünverlust sondern reines Vitamin C. Schade. Ascorbinsäure wird daheim natürlich nicht eingesetzt (so wie Ulrike schreibt).

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  13. Ha, hier wird ja eifrig diskutiert über Vitamin C und Chemielehrer...

    Ich kann leider nicht mitreden. War Chemie doch das Fach, in dem ich den ersten und einzigen Tadel meines Lebens bekommen habe (weil eine Freundin und ich uns vor tödlicher Langeweile Zöpfe flochten) und das ich - als erstes, sobald es nur ging - abgewählt habe. Im Grunde ist mir auch so, als hätte ich es nie gehabt...

    Liebe Grüße (und lecker ist das Pesto trotz allem, stimmts?)

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