Langmut: Pastateller mit gemischtem Spargel, Orangen-Hollandaise samt frischem Meerrettich

Sonntag, 8. Mai 2016

*Ihr habt die Uhr, aber wir haben die Zeit* hört man gerne, wenn man vom europäischen Festland auf den Nachbarkontinent im Süden wechselt. Und ich wüßte nicht, welcher Satz besser die unterschiedlichen Lebensauffassungen beschreibt. Ob *Pole Pole*(Swahili) oder eben *Mora Mora* (Madagassisch) diese *immer mit der Ruhe*-Langsamkeit ist DIE tragende Säule der Mentalität. Und stressbedingter Herzinfarkt zählt eindeutig zu den seltesten Todesursachen dort.

Ich gebs zu: eben jenes Mora-Ding hat uns auf Madagaskar mehr als ein Mal hart auf die Probe gestellt. Herrlich diplomatisch formuliert es der Reiseführer (*Reise KnowHow Madagaskar*):  *Madagaskar ist (erfreulicherweise) nicht genormt, nicht die Straßen, nicht die Telefonzellen und schon gar nicht die Beziehung zwischen Gastgeber und Gast. (...) Der in unserer materialistischen Leistungskultur selbstverständliche Zusammenhang von Preis und Leistung ist der Madagassischen Kultur trotz Professionalität in vielen Bereichen weiterhin fremd. (...) Sicher ist, (...)dass für europäische Wertemaßstäbe und Zeit-, Status- und Qualitätshierarchien kein Platz ist. Madagaskar bietet nach wie vor die großartige Chance, Differenzen und Andersartigkeit in allen Facetten zu erleben.*

Soweit die Theorie. Aber hungrig auf einen schlichten Teller Suppe zum europäischen Preis bald bis zu zwei Stunden zu warten, birgt einen...  ähmmm...  interessanten Spannungsbogen. Manchmal beschlich uns gar der Verdacht, die haben unsere Bestellung vergessen. Kann das passieren, wenn man der einzige Gast ist? Das war schon alles irritierend. Oder eben eine *großartige Chance*.

Derart *angestoßen* fiel mir ein Wort wieder zu, das ich vergessen hatte, das mir möglicherweise bis dahin noch nie über Sinn und Lippen ging : *LANGMUT*. Laßt das mal auf der Zunge zergehen. Nicht gedrängt in diese hilflose Passivität, sondern eine  *forsche Geduld*. Mit Mut. Auf die Länge halt. Ein tolles Wort! Und unsere Nachbarn vom Kontinent direkt übers Mittelmeer sind darin Naturtalente, Könner, Vorbilder! Ich wäre darin gerne deutlich besser...

Viel Geduld braucht es für meinen heutigen Pastateller nicht wirklich. Frische Nudeln bereite ich entspannt nebenher zu. Wobei der Mehraufwand zu einer Packung jede einzelne Zubereitungssekunde lohnt. Und herje, ganz ohne korrekten Hochmut: es war köööstlich!
Zutaten 2P:

frische Pasta
100g Mehl
80g Hartweizenmehl
2 Eigelb
1 Ei 
Salz
1 EL Öl
1/4 TL Kurkuma

200g weißer Spargel
200g grüner Spargel 
(Spargelbouillon aufbewahrt wie hier)

für die Orangen-Hollandaise:
1 kleine Schalotte
Schalenabrieb 1 Orangen
1 Blutorange
1 Orange
(etwa 400ml Saft)150ml Noilly-Prat
1/4 TL Maisstärke
2 frische Eigelb
70 g Butter, weich
einige Kerbelzweiglein
6 Pfefferkörner weiss, zerdrückt
Salz
1 Pr Zucker
2 EL frisch geriebener Meerrettich

Zubereitung:

Einen homogenen Pastateig kneten und mindestens abgedeckt 1 Stunde kühl stellen. Zu dünnen Pappardelle schneiden und auf einem leicht bemehlten Küchentuch ausbreiten.

Spargeln rüsten und in mundgerechte Stücke schneiden.

Den Meerrettich fein reiben. Mit 1 TL braunem Zucker und der Hälfte der Orangenschale mischen und abgedeckt zur Seite stellen. 

Schalotte fein würfeln und zusammen mit dem Orangensaft, dem Noilly, der Maisstärke, dem Pfeffer und vier Kerbelzweiglein aufkochen und bis auf die Hälfte reduzieren. Kurz vor Ende die Hälfte der geriebenen Orangenschalen zugeben (damit das wasserdampf-flüchtige Orangenöl nicht verdunstet).

Die Reduktion absieben (wer hat in die  bain-marie. Bain-marie auf 90°C vorheizen/ m: in kleinen Topf auf direkter Flamme gearbeitet - dann OBACHT, dass die Eigelb nicht gerinnen wegen zu hoher Hitze).

Spargeln in dem Spargelsud (zubereitet aus den Spargelschalen) gar kochen. Je nach Dicke genügen 13-17 Minuten - den grünen Spargel etwas später zufügen, er benötigt 2-3min weniger (m: dann den Spargel warm stellen).

Die Eigelbe zur Reduktion geben und kräftig aufschlagen. Sobald die Masse dick ist, die Butter portionsweise unterschlagen. Würzen mit Salz und einer Prise Zucker.  Etwa 3-4 Eßlöffel Spargelsud unterrühren.

Parallel einen großen Topf mit Salzwasser zum Kochen bringen und die Pasta darin al dente garen. Abschütten und direkt mit der Sauce vermengen. Den Spargel untermischen. Die Teller vor dem Servieren mit der Meerrettich-Mischung und etwas Kerbel bestreuen.
un salut à beaufort

3 Kommentare

  1. 2 Sunden. Dafür hätte ich weder Geduld noch Langmut aufgebracht. Normalerweise ist bei uns nach 3/4 Stunden Schluss mit Geduld. Für deinen Spargelteller würde ich aber schon noch ein weiteres Viertelstündchen Wartezeit zugeben.

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  2. Mit Langmut habe ich ungefähr die gleichen Probleme wie mit der Geduld ....

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  3. Trotzdem: deine langmutigen Fazoletti sehen zum Reinlegen aus. Für Madagaskar würde mir allerdings der Lang-Mut fehlen.

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