Zeremonie: Frische Tagliatelle mit Butter-Kohlrabi

Mittwoch, 31. Januar 2018


Wenn ich auf Flohmärkten Orden entdecke, dann bleibe ich wie festgelebt stehen. Sehr faszinierend dieses Gehänge! Und immer, wirklich immer spiele ich mit dem Gedanken, zuzuschlagen. Ich finde die Vorstellung ja zu witzig, mich selbst mit Orden zu dekorieren. Um ganz adaptiert an *La Grande Nation* (in der immernoch einige Unverwüstliche bereits die französische Nationalität für eine Auszeichnung halten) ein bißchen Napoleon für Arme zu spielen. Man fängt schließlich nicht gleich mit der eigenen Kaiserinszenierung an, man bäckt ja zuerst mal kleinere Brötchen. Vielleicht für besondere Verdienste in der händischen Unkrautvernichtung rund ums Domizil.... beispielsweise. Nich, so angesteckt an einem schönen Wollpulli. Oder halt klassisch an dem Revers einer Jacke. Schon schick. Das wertet womöglich ein ganzes Outfit auf wie ein Broschenersatzeyecatcher. Jetzt rein unter dekorativen Aspekten...

Wobei ich aus eigener Erfahrung weiß, dass es heikel sein kann, mit dem zu kitzeln, was andere für eine heilige Kuh halten. Da sind SEHR schnell die Grenzen der Witzigkeit erreicht. Stichwort Fußball etwa. Über Fußball gelästert wurde hier schon mehrfach leidenschaftlich. Allein die Welt der Fanartikel, tssss... oder!? Auch so ein Flohmarktfund: die KSC-Kniestrümpfe. Ha, dachte ich einst als lebenslustige Karlsruherin, das kann man doch mal machen, so mit einem Jeansröckchen samt ambitioniertem Lokalcolorit. Tja, das dachte ich so lange, bis ich Rolf*, meinen nerdigen Arbeitskollegen traf, der mir mit Überschwang schier um den Hals fiel: *Ey, ich fasse es nicht, Micha, du auch KSC-Fan. Da könnten wir ja mal zusammen...* Ein unschönes Scharmützel nahm seinen Lauf. Mich aus der Sitaution wieder rauszuklabüstern, ohne dass unser kollegiales Verhältnis zu sehr Schaden nahm, glich einem Staatsstreich. Dewegen läßt man (wenngleich bedauernd seufzend) lieber die Finger von Dingen, die andere so bierernst nehmen. Wie eben halt Orden. Oder Vereinswimpel. Oder dergleichen

Aber Schungejunge, das Bild von dem abdankenden Prinz Philip, das mir ins Auge stach (ich hab' ja schließlich ein Blick dafür) macht wohl Eindruck: der besitzt ein ganzes LINIAL an Orden. Habt ihr gesehen: die Halterungsstange muß an beiden Seiten über das Revers hinaus verlängert werden. Ob Philippo noch blind alle aufsagen könnte plus deren Symbol? Wirklich, das volle Brett Orden. Mehr geht nicht. Nur halt nicht mehr ganz so zierend, da leidet jetzt die Optik, weil die Proportionen am Revers nicht mehr stimmen. Ob das Ding an der Kravatte auch ein Verdienst darstellt? 

Sehr erheiternd übrigens seine Aussage über sich selbst, er sei der *erfahrenste Gedenktafel-Enthüller der Welt*. Mit den globalen Königshäusern habe ich es nun wieder gar nicht, weswegen ich  an der Stelle doch recht froh bin, bereits als Kind an Fasching lieber Indianerin gespielt zu haben als Prinzessin. Nicht mein Tätigkeitsfeld - wenngleich womöglich das Verleihen von Orden wieder mehr Spaß bringen könnte...

Da paßt es doch ausgezeichnet, noch einen Schlenker zum aktuellem Szene-Geschehen zu drehen: ich freue mich für Kolleginnen, die sich ab sofort *gülden* nennen dürfen. Es freut sich doch gleich doppelt, wenn die Abstimmung in großen Teilen meinen eigenen Geschmack berücksichtigte (selbst der erwählte Food-Blog fand auch hier schon vor Jahren großen Gefallen). Herzlichen Glückwunsch! Jetzt muß nur dafür gesorgt werden, dass die Buddenbohm-Gang ebenfalls solch einen Pokal in Händen halten darf - dann bin ich mit dieser Verantaltung ganz im Reinen!

So, was essen wir den orden-tliches dazu? Tja, da landen wir nahezu vollautomatisch bei frischer Pasta - eine Alltags-Zeremonie, auf die wir besonders gerne zurückgreifen.

*Name von der Redaktion geändert


Zutaten 2P:

gleiches Rezept wie hier
2 Kohlrabi
70g Butter
1 Schuß Noilly Prat
fleur de sel
Pfeffer
1 Pr Zucker
1 Scheibe Brot vom Vortag, fein gewürfelt
etwas Thymian
1 Knoblauchzehe

Zubereitung:

Auf den Zutaten für den Nudelteig mit Geduld und Sorgfalt einen geschmeidigen Teig kneten, in Folie wickeln und mindestens 1 Stunde kalt stellen. Mit der Nudelmaschine zu Stufe 6 von 7 auswellen, auf der Arbeitsfläche noch etwas dünner und schließlich zu Tagliatelle schneiden. In Nestern auf ein Küchentuch ausbreiten.
 
Die Kohlrabi schälen und in Würfel von 1/2cm schneiden. In etwa 60g Butter den Kohlrabi glasig dünsten - der Kohlrabi sollte noch etwas Biss bewahren -, dabei den Schuß Noilly anschütten und mit Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker würzen. Dabei leicht überwürzen, denn die Nudeln schlucken einiges davon.

Parallel das gewürfelte Brot mit der restlichen Butter und dem Thymian und der halbierten Knoblauchzehe kross braten und zur Seite stellen.

Außerdem gleichzeitig reichlich Salzwasser zum Kochen bringen und die Nudeln al dente garen, abschütten, etwa Pastawasser auffangen und die Tagliatelle direkt mit dem Butter-Kohlrabi vermengen - gegebenenfalls noch etwas Pastawasser zufügen, um die Bindung sämiger zu machen.

Sofort mit den Croûtons servieren. 


Unbewusste Feuerwehrleiter innerhalb der Familie

Samstag, 27. Januar 2018


Unermesslich eigentlich die Unterschiedlichkeit der Menschen. *Wir stehen doch alle vor einem dichten Lattenzaun und jeder schaut nur aus seinem kleinen Guckloch nach draußen* sagte eine Freundin zu mir, während sie mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand einen kleinen Kreis formte, vor das rechte Auge schob und dabei das linke zukniff. So viele subjetive Wahrnehmungen.

Die Homöopathie versucht diese unterschiedlichen Blickwinkel mit den zu ihnen gehörenden Motiven durch sog. *konstitutionelle Mittel* auszuloten - ein kniffeliges Unterfangen. Zudem gibt es weitere Mechanismen, nach denen in der Anamnese gestochert wird. Ahnenforschung, bzw. die Suche nach dem *Familienkarma*: wie war es bei der Großmutter, dem Vater, der Tante... Doch es ist schwer, dabei Licht ins Dunkel zu bringen. Die Abende vor dem Kamin innerhalb der Familie, die illustren Momente nach einem guten Essen, in denen über dunkle Stunden der Vergangenheit gesprochen werden, kommt selten bis nie zustande. Zu sehr hängen wir alle an unserer Fassade. Ach, und überhaupt: das empfindliche Thema *Herkunft*. Es wird beharrlich geschwiegen.

Wundersames können dabei Familienaufstellungen zu Tage förden - wie bei allem abhängig von der Person, die sie leitet. Manchmal reichen dafür bereits eine handvoll Playmobil Figuren. Alleine wie jemand die kleinen Männchen in Position bringt, sagt viel über die Beziehungen untereinander.

Dank meinem letzten Mädelsurlaub, den Gepräche mit ihnen und bedingt durch deren Berufe eröffnete sich mir, dass aus verschiedenen Bereichen gerade das gleiche Phänomen beobachet wird - jeweils mit den gleichen Konsequenzen auf menschliches Verhalten. Es wird nur je nach Sparte anders benannt - ganz typisch für wissenschaftliches Arbeiten, deren höchste Kunst wiederum darin besteht, Forschungsergebnisse über den Rand ihres Spezialgebietes hinaus zuführen, hin zu größeren Zusammenhängen. Es ist mir völlig bewußt, dass bei Stichwörtern wie *Homöopathie* viele abfällig die Nase rümpfen. Vielleicht hilft genau jenen ein neuer Name, um Phänomenologie unvoreingenommener zu betreiben.
 

Das, was ich seither nur als *Familienkarma* kannte, bezeichnet  Psychologie wie Soziologie als *transgenerationale Weitergabe von Traumata* - die unbewußte Weitergabe von bestimmten Verhaltens- und Beziehungsmuster, die sich in Familien wie ein roter Faden von den Urgroßeltern, Großeltern, Eltern bis zu den Kindern durchziehen. Meint also genau das Gleiche und ist dabei nicht minder fasinzierend - ein sehr empfehlenswerter Artikel hierzu beim Deutschlandfunk: Bis ins vierte Glied - Traumata prägen auch die Kinder.

Ähnliches erforscht gleichzeitig die Medizin in der sog. *Epigenetik*: Lebensumstände und Lebensstil geben den Ausschlag, ob bestimmte Gene zu einem bestimmten Zeitpunkt aktiviert oder deaktiviert werden: s.traumatische Erlebnisse prägen das Erbgut oder hier: Wirkt die Umwelt auf unsere Gene

Unabhängig voneinander waren wir uns einig, dass die zwei Kriege im vergangenen Jahrhundert mehr Spuren in unserer Gesellschaft und dem Miteinander hinterlassen hat, als seither nur ansatzweise ein öffentlicher Diskurs wert war.

Dörthe Hansens Buch dient mir hierfür wunderbar zur Veranschaulichung. (Übrigens ebenfalls sensationell, wie sie es schafft, eine zutiefst traurige Geschichte lustig zu erzähen.) Der Haupthandlungsstrang in ihrem Roman dreht sich exakt um das Thema *weitergetragene Familiengeschichten*. Das Motiv in *Altes Land* nennt Dörthe (erneut sensationell) poetisch *Frostschutz durch Vereisung*. Vermutlich um irgendwie die traumatischen Kriegserlebnisse zu verabeiten, verschanzt sich eine Frau in sich selbst, strahlt Kälte aus und erträgt keine Nähe. Was sie weitergibt an ihre Tochter und deren Tochter. Mit dem dazu gehörigen Unglück.

*Vera hatte keine Ahnung, ob Hildegard von Kamcke schon immer Eis getragen hatte, wie andere Frauen Fuchspelz oder Nerz, geerbt von ihren Müttern. Ob dieser Mantel auch ein Erbstück war, oder ob sie ihn erst trug, seit man sie durch den Schnee getrieben hatte mit ihren Kindern.* 


Schwebend wie ein Planktonteil von der Strömung mitgerissen (auch ein Dörthe-Bild), gerät man in Abläufe, zu denen man bewußt - oder willentlich  -nicht viel beigetragen hat. Oder man glaubt, seine eigene Melodie zu singen, ohne zu merken, dass sich in das Stück wieder und wieder das gleiche Thema einschiebt - wie schon bei den Eltern. *Das also ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortwährend immer Böses muss gebären.* So habe ich das  - leider - auch erlebt. Die Halbschwester meines Vaters wurde einst ebenso aus der Familie verstoßen wie ich. Und ich wiederum habe als junges Mädchen abgetrieben, wie auch ein weiteres Familienmitglied (um nur ein Detail aus einem Konglomerat zu nennen). Warum setzten sich solche Geschichten fort? Und die noch brennendere Frage lautet: wie kann Heilung aussehen?

Wie in *Altes Land* geschildert gehen diese Prozesse mit Schmerzen einher. Aber ohne dieses Leid würde man weiterhin meiden, sich zu stellen oder nach Ursachen zu forschen. Alle  Hüllen fallen lassen, keine Scheu vor Nacktheit, geistiger Nacktheit, plus dem Ausbrechen aus einem lang etablierten (Familien)System - das wie alle Systeme auf Systemerhaltung programmiert ist - dafür braucht es einen nahezu unmenschliche Willen.

Die gleiche - anfangs erwähnte - Freundin zog ein Vergleich zur Physik. Um eine Masse aus dem Stand anzuschieben, bedarf es eines viel größeren Kraftaufwandes, als um eine Masse, die bereits in Bewegung ist, in Bewegung zu halten. Sie meinte, aus diesen transgenerationalen Prozessen herauszuwollen, gleiche dem Sprung aus einem fahrenden Zug. Schaffst du das, dann stehst du erst einmal da: ohne Zug, ohne Schienennetz und ohne den nötigen Schub, der eine neue Kiste in Bewegung setzt.

Gewiss ist jedoch, dass ohne dass solche Muster ins Bewußtsein hochgezogen werden, es keine Erlösung gibt. Dabei geht es mitnichten um die Klärung von Schuld - vermutlich der größte Hemmschuh bei der Suche nach Klärung - ,es geht um das Herrausschälen von Wahrheit, dem Durchbrechen von Mauern des Schweigens, dem Erkennen von Motiven - Motive, die chronisch wurden und ein Eigenleben entwickelten. *Was du von deinen Eltern erbst, erwirb es, um es zu besitzen* zitiert auch Dörthe Goethe. Und für was? Nur so ist Befreiung wie Freiheit, Selbstbestimmtheit wie Selbstverantwortung möglich. Ein harter Reifen - bei dem Unterstützung Not tut.


... mein heutiger Beitrag zu Katjas samstäglichen *Himmelsguckern*....

Genusssüchtig: Linsenreis mit Möhren

Mittwoch, 24. Januar 2018


Nichts ist so alt wie die Zeitung vom Vortag; sie reicht gerade noch, um Fisch darin einzuwickeln  - heißt es. Mir fällt etwas ein, was noch mehr nach Muff vergangener Zeit riecht. Dagegen ist Patchouli, das alte Mottenpulver, ein ungestümer, aphrosidierender Aufreißer-Duft. Und zwar die Vorsätze von komplett verjährten Jahreswechseln.

Aber ganz im Sinne von *Laß doch mal das Gute (bien sûr meine Interpretation davon) Schule machen*, kann ich verkünden: wir haben einen Vorsatz ganz gut umgesetzt bekommen. Das kann man ja nicht allzu oft an die Glocke hängen. Und zwar *Entlastungstage* regelmäßig einzuführen. Keine tierischen Produkte, nicht zu fettig, viel Gemüse - joh, vielleicht schon eine Art *Schonkost*... sagen wirs wie es ist, das böse Wort. Nich, und mit *Schonkost* wird ganz schnell *genußarm* assoziiert. Was heute bedeutend abschreckender tönt wie *genußsüchtig*. Tsss, verquere Welt. Mais bon... ich finde ja, das schlimmste, kulinarische Wort - oder von mir aus eines der schlimmsten - lautet *geschmacksneutral*. Das deutet auf Versagen der Köchin hin, was wirklich keiner wollen kann.

Natürlich halten wir das jetzt nicht orthodox, mit Scheuklappen, manisch, wie auf Schienen, zwangsneurotisch, sektoid, paraverquer oder so. Nicht jeden Mittwoch und jeden Freitag. Nein, das passiert irgendwie von ganz alleine. Ohne Druck, aus freien Stücken. Und das ist bestimmt mit einer der Gründe, weshalb ich noch immer lässig Nostalgie-Tage einlegen kann, wenn ich in Klamotten schlüpfe aus meinen 20ern. Das fühlt sich eigentlich ganz wohlig an.

Griff ich in der Periode oftmals nach Hirse, ist es gerade meist Reis. Möglicherweise ist es euch aufgefallen, dass es rein Blog technisch in der letzten Zeit so gut wie keinen Reis gab. Mitnichten - der Schein trügt. Zu meiner heutigen Inspiration gelang ich dadurch, dass ich einem Link zu Salzkorn zurück gefolgt bin. Wen ich zu inspirieren vermag, der könnte wechselseitig genauso mich anregen. Und siehe da: so war es auch.

Zutaten 2P:

100g Reis (Vollkorn)
100g Berglinsen
400g Wasser
5cm Kombu-Alge
1 Stück Ingwer
1 Scheibe Ingwer

Reis Linsen und Gewürze mit dem Wasser (ohne Salz) aufsetzen und zum Kochen bringen - ca, 15min köcheln lassen, dann Flamme ausschalten und weitere 15min quellen lassen. Salzen (m: mit Kräutersalz)

4 Möhren
2 TL Mandelmus
100ml Gemüsebrühe
1 TL Koriander, frisch geschrotet
1 TL Honig (m: Thymian-Honig)
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette 
1/2 Bund Koriander-Grün

Die Karotten schrubben, je nach Größe vierteln oder in Scheiben schneiden und zusammen mit der Gemüsebrühe, dem Mandelmus und dem geschroteten Koriander ausetzen. Bei schwacher Hitze sanft schmurgeln lassen, bis die Karotten gar sind, aber noch leichten Biss haben. Abschmecken mit Salz, Pfeffer, Piment und zuletzt dem Honig. Gemeinsam mit dem Linsenreis servieren und das Koriandergrün grob gehackt darüber streuen.

Inspiration: einfach kochen

Zurechtgemacht: Tomaten-Gnocchi mit sahnigem Rosenkohl

Sonntag, 21. Januar 2018


Wenn man als Paar oder Familie in Deutschland sagt: *Wir machen es uns heute gemütlich*, grenzt man sich ab, ohne dem anderen die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Obwohl man exakt das tut. Sorry, wer hier nicht wohnt, muß heute leider draußen bleiben. Sonntage, dunkle, graue,  regnerische, kalte Sonntage sind der Gemütlichkeit zuliebe überhaupt erst erfunden worden. Der Rückzug ins private Nest mit Wollsocken an den Füßen - den niemanden etwas angeht. Zeugen unerwünscht. Besuch sowieso.

Schade nur, dass es diese Redewendung im Französischen nicht gibt. Und sich auch nicht so einfach umschreiben läßt - wie hier bei Arte in einem hübschen, kleinen Rundumschlag erklärt wird. Wirklich schade! Zu gerne würde ich manchmal darauf zurückgreifen. So ein einfacher Satz und so selbsterklärend. Die freundlichste aller Arten an die Türklinke ein Schild zu hängen: *Do not disturb*. Lieb gemeinte (wie das so gerne vorweg geschoben wird, bevor einer gleich disst) 0 Punkte für die Außenwelt. Internes Maxi Cosy!

Im deutschsprachigen Raum brauche ich niemand zu erklären, dass es bei der Umsetzung von Gemütlichkeit die verschiedensten Ausprägungen gibt. Ich beispielsweise bestehe auf eine *Gemütlichkeitshose*, also eine, die unter keinen Umständen irgendwo unnötig zwickt. In Süddeutschland auch *Schlabber-oder Schlumpelhose* genannt. Und - logo, Kochblog - en plus was anständiges zum Essen. Und Kissen. Und jetzt nicht ZU viel Bewegung. Andere Eckpunkte sind durchaus variabel. Strenge oder generell einengende Vorgaben beißen sich bekanntermaßen mit Gemütlichkeit.

Aber Grenzen lassen sich in meinem Gemütlichkeitsreich ziehen. Jogginghosen etwa müßten schon extrem stylisch und mit geradezu beeindruckender Selbstverständlichkeit getragen werden, um nicht das Edikett *Verwahrlosung* zu erhalten. Das nämlich hat mir der Habib beigebracht: *Vergeude deine Zeit nicht, in dem du der Anerkennung der falschen Leute hinterher rennst.* Kann ich nur weiter empfehlen. Lieber adrett zu hause als auf der Straße. Da halten wir es arabisch. Ohne zu übertreiben und in die andere Richtung gen Stylingfieber zu kippen, versteht sich. Sicherheitshalber - um allen Missverständisse vorzubeugen - umsingt das der Monsieur Aznavour in charmantestem deutsch-französisch!

Uns habe ich ein passendes Essen gekocht. Nix gästetaugliches (weil... eben), nix herrausragend raffiniertes. Mit Béchamel-Saucen gewinnt man heutzuztage sowieso keinen Blumentopf mehr. Darin versenkt eine ordentliche Portion geschätzten Rosenkohls. Einen, den so viele und so unverständlicherweise verachten. Das kleinste und beste aller *Wirs* mag die Kombi aber zu gerne.


Zutaten 2P:

Gnocchi*:
250g Kartoffeln, mehligkochend
1 Eigelb
100g Ziegenfrischkäse (original: Ricotta)
75g Mehl (evt. 25g plus)
30g Parmesan, frisch gerieben
50g délice de tomate*
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette

500g Rosenkohl
1 Schuß Noilly Prat
100ml Sahne
Butter
Mehl
Kräutersalz
1-2 EL weißer Balsamico
Pfeffer

Zubereitung:   

Die Kartoffeln waschen und in einem Topf mit Wasser knapp bedeckt aufsetzen. Die fertig gegarten Kartoffeln abgießen und noch heiß pellen. Die gepellten Kartoffeln zweimal durch eine Kartoffelpresse drücken.

Die durchgepressten Kartoffeln mit dem Ziegenfrischkäse, dem Mehl, dem Eigelb, dem Tomaten-Délice, den Gewürzen und dem Parmesan zu einem glatten Teig mischen. Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche zu etwa 2cm dicken Rollen formen. Mit eine Messer in 2cm lange Stücke schneiden. Wer mag formt nun noch nach mit den Händen zu kleinen Kugeln und drückt mit einer Gabel den Gnocchis ein Muster auf. Oder benutzt ein Gnocchibrett (2018 sowas von auf der Wunschliste)

Die Gnocchis in leicht kochendes Salzwasser geben. Wenn sie nach oben steigen, mit einer Schöpfkelle herausheben und in kaltem Wasser abschrecken. Auf einem Teller zwischenlagern, bis alle Gnocchis fertig sind - dadurch abtrocknen lassen.

Parallel dazu den gewaschenen Rosenkohl in kaltem Wasser aufsetzen und so lange garen, bis er noch etwas Biss hat. Abschütten, das Kochwasser auffangen (und wer mag blanchiert den Rosenkohl der hübscheren Farbe zuliebe). Mit Butter und Mehl eine Roux herstellen, das Rosenkohl-Kochwasser nach und nach unter Rühren anschütten - zusammen mit dem Noilly. Mit der Sahne zu einer cremigen Sauce vermengen und würzig abschmecken mit Essig, Salz und Pfeffer.

Die Gnocchi von beiden Seiten in etwas Öl anbraten und gemeinsam mit dem Rosenkohl servieren.

*Anmerkung m: Gnocchi? Meine Spezialität - ich wollte es nur mal wieder erwähnt haben!

Das délice de tomate kann auch durch *Pesto rosso* ersetzt werden. Oder in Öl eingelegte, pürierte Tomaten.


Dörthe - Tomaten-Paprika-Suppe

Freitag, 19. Januar 2018


Zunehmend werde ich ungnädig mit Büchern. Gefällt mir die Handlung, die Motive, die Menschen, die Sprache nicht - Bums - klappe ich es zu und breche ab. Das tat ich früher selten. Nun hatte ich es ja bereits gekauft/ in Händen/ begonnnen... - diese Ausreden lasse ich nicht mehr gelten. Es gibt so viele Bücher - warum sich aufhalten mit mittelmäßigen und schlechten oder eben solchen, die nicht zu mir sprechen. Und ich bin schwierig geworden. Schnäckig. Nenne ich nur *Das Jahr der Flut* von Magaret Atwood - so viel Gutes darüber gehört, aber Sience Fiction wird einfach nicht mein Genre.

Umgekehrt schätze ich dafür *literarische Begegnungen* umso mehr. Die lese ich direkt zwei Mal hintereinander und anschließend sieht das Buch genauso gekennzeichnet aus wie mein Inneres. Wie im Falle von Dörthe Hansens *Altes Land*. Auf vielen Seiten habe ich Ausrufezeichen gesetzt und unterstrichen. Fast wehmütig trenne ich mich von dieser Weggefährtin, eine Begleitung durch die Zeit während des Lesens. Was kann diese Frau schreiben! Was eine Beobachtungsgabe!

Sätze wie in Blei gegossen: ein Inhalt - eine Form. Wie gestanzt und paradoxerweise fließt dennoch alles mit großer Selbstverständlichkeit. Oder wie Picassos späte Zeichnungen: fünf Striche - eine Taube. Mit kristalliner Klarheit seziert sie ihre Protagonisten. Man könnte meinen, dass sie sie dabei auseinander nimmt, bösartig, wie mit einem Skalpell. Das tut sie nicht. Sie schält nur die Fassade komplett ab und blickt auf das Wesentliche: die Motive hinter dem Verhalten. Und haben wir nicht alle unseren Hau weg und murgsen, pfuschen, mühen uns irgendwie an unserer Lebensgeschichte - ohne aus unserer Haut zu können. 

Aber jeder von uns hat (ob er will, oder nicht) seine Gegenpositionen, sein Gegenentwurf, sein Gegenüber. Und darin spiegeln sich die Protagonisten und ihre Umrißlinien verschärfen sich. Auf die Geschichte komme ich an anderer Stelle zu sprechen, heute drei kleine Beispiele ihrer gewitzten, schnörkellosen Sprache, damit ihr ein Bild erhaltet, warum ich so Fan bin:

*Sie kamen immer mit diesem netten, selbstironischen Lächeln, aber aus dem Lächeln ragte der Ehrgeiz wie ein kalter Fuß aus einer viel zu kurzen Decke*

*Zwei Leute und ein Kind, lose verhäkelt, drei Luftmaschen. Es hatte eben nicht gehalten. Carola hatte nur ganz leicht am Faden ziehen müssen.*

*Kaffee der schmeckte, als käme er aus einer Asphaltiermaschine. Wie Teer stand er in den Tassen, die Oberfläche schillernd wie Benzinpfützen.*



Dazu ein wärmendes, unkompliziertes Süppchen aus meinen Sommervorräten: Tomate und Paprika, im Glas und eingefroren. Viel zu selten bediene ich mich an unserem immer struppiger und ausladender werdenen Zitronengras. Dabei ist das ein herrliches Gewürz! Wer die Suppe als eigenständige Mahlzeit servieren will, kann gut und gerne Bulgur oder Couscous als Einlage unterrühren - schon braucht es nicht mehr, um gesättigt zu sein.

Zutaten 2P:

1 Zwiebel
2 Knoblauchzehen
1 Glas eingemachte, stückige Tomaten (m: 500g)
2 rote Paprika
(gegrillt, gehäutet)
1 Stange Zitronengras
1 EL Ajvar
Harissa
Piménton de la vera
Salz, Pfeffer
Zucker
125ml Kokosmilch
Kokosöl
2-3 EL gewürfeltes Brot vom Vortag

Zubereitung:

Die Zwiebel würfeln und im Kokosöl glasig anbraten. Kurz vor Ende den Knoblauch und den Pimenton zufüge und mitbraten. Tomaten und die in Stücke geschnittene Paprika zufügen. Das Zitronengras mit dem flachen Messerrücken platt klopfen und so kürzen, dass es in den Topf passt. Kokosmilch anschütten, Ajvar unterrühren und zugedeckt bei leiser Hitze 10-12min köcheln lassen.

Mit Salz, Pfeffer, Zucker und Harissa abschmecken.

Parallel dazu die Einlage vorbereiten - hier kross gebratene Brotwürfel.



Triple-Neuheit: Spaghetti mit Miso, Mizuna und Gomasio

Mittwoch, 17. Januar 2018


*Es ist nur, bis man's hat*, pflegt eine gute Freundin zu sagen. Die Sehnsucht nach Unverbrauchtem, der Reiz der Eroberung, die Gier aus Neugier, die gefühlte Lücke, der offensichtliche Mangel, der Wunsch, etwas zu besitzen - die ganz großen Motive! Nur wir reden hier nicht von den Irrungen und Wirrungen zweier Menschen, die über verschlungene Pfade endlich zusammenfinden... und mit dem Happy End schließt auch der Film oder das Buch. Nein, diese Freudin geht in diesem Moment von einer Packung Buntstifte aus.

Da liegen sie, die Stifte, unterwegs gesehen und man hat sie unbedingt kaufen müssen - und zuhause dann benutzt sie kein Mensch. *Es ist eben nur, bis man's hat.* Nichts leichter, als das beim Shoppen auszublenden - irgendwoher müssen die Fehlkäufe ja kommen. Eine störende Stimme aus dem Off à la *Brauche ich das wirklich, liegt das nachher nicht nur irgendwo rum* verdrängt sich bereits gerne, wenn Malerei-Bedarf die Kindergartenebene ausmacht. Doch es lockt nun mal vieles. *Neuheit* - der Werbung liebstes Wort - grenzt auch nicht das Reich der Kulinarik aus.

Mein Glück ist, dass ich hier nie vorhatte, der Welt große Sensationen oder Ersterscheinungen zu präsentieren. Gartenküche lehnt sich - wie der Name schon besagt - an Garten, Jahreszeiten und Region an. Und an Alltag. Aber ganz gefeit bin ich natürlich auch nicht, wenn um mich rum alles mit den Armen fuchtelt und *Hierhier - das gabs noch nie* ruft. Ich bin ja nicht aus Eis, Beton oder in einer Kaugummi-Blase gefangen. Eben wie im Falle des letzten Buches des Herrn Paul: Meine japanische Küche (tolle Rezension wie immer bei Susanne). Das schlichte Spaghetti-Rezept zog schnell Kreise und verleitete mich, nachzuziehen. Helle Miso-Paste mußte her. Wobei ich (ehrlich gestanden) immer noch nicht verstehe, warum bei *Miso* alles in *Hurra*- Rufe ausbricht und bei *Maggi* dagegen *Du lieber Himmel* murmelt... Mais bon...

Damit ich so richtig auf den Putz hauen kann, habe ich in puncto hauseigene Neuheiten gleich mal zwei Schippen auf das helle Miso obendrauf gehauen. Zum einen mit Mizuna, dem japanischen Senfkohl, der mir passenderweise auf dem Hausmarkt zum ersten Mal ins Auge sprang. Und en plus mit Sesamsalz:  Gomasio - was ich sowieso längst mal ausprobiert haben wollte.

Und jo, Fazit: das kann man wohl mal machen solche Spaghetti, turbofix und gut. Aber wie meinte der Habib:* Wenn man's nicht hat, ist auch nicht schlimm.* Tja, Sensationen gehen anders - es scheint wohl nicht mein Fachgebiet... Nur bin ich jetzt von dem lästigen Gefühl befreit, etwas verpasst zu haben.

Zutaten 4P:

350g Spaghetti
50g Butter
25g helle Miso-Paste*
etwas Nudelwasser
1 Bund Mizuna
4 EL Gomasio*

Zubereitung:

Während die Spaghetti in reichlich Salzwasser al dente kochen, die Butter in einem Topf schmelzen lassen und mit Hilfe eines Schneebesens die Miso-Paste einrühren. Von den Nudeln etwa 100ml des Kochwassers entnehmn und dieses zu der Butter-Miso-Mischung unter stetigem Rühren zuschütten, bis die Sauce cremig aufgeschlagen ist. Den Mizuna eine Minute darin schwenken, dann die Spaghetti direkt abschütten und tropfnass unter die Sauce ziehen. Sofort servieren und mit Gomasio bestreuen.

Gomasio - Sesamsalz:
(das Mischungsverhältniss hängt vom persönlichen Geschmack ab)
7 Teile ungeschälte Sesamsaat - 1 Teil Salz

Sesam in der Pfanne (oder Ofen) so lange rösten und bräunen, bis er sich zwischen den Fingern zerkrümmeln läßt. Faustregel: haben die Körnchen 10x *geknallt* sind sie richtig. Vorsicht: sie dürfen auf keinen Fall verbrennen, sonst entsteht ein unangenehmer Nachgeschmack. Nun Sesam mit Salz im Mörser ohne großen Druck miteinander vermengen. Luftdicht verpackt oder im Kühlschrank ist Gomasio etwa 3-4 Monate haltbar.

*Anmerkung m: wie andere auch, bin ich zu dem Schluß gekommen, dass die Spaghetti einen intensiveren Geschmack - nun fällt endlich das Trendwort *Umami* - erhalten, wenn man die doppelte Portion *Miso* verwendet.


Beinhart: Bauarbeiter-Kraut-Gratin

Sonntag, 14. Januar 2018


Es ist nun kein gehütetes Geheimnis, dass ich auf Männer stehe, die verdreckt und schmutzig von der Arbeit kommen. Und mit Appetit. Also Bärenhunger. Gut, ich höre schon den Chor wie in der griechischen Tragödie meine Gegenposition singen: *Aber die hätten dann Lust auf ein richtiges Bier und ein getötetes Tier und nicht auf ein sportliches Alkoholfreies und ein bißchen Räuchertofu als Ersatz.* So schnell wird man schuldlos schuldig. Zum Glück üben wir in meinem Theater keinen Katastrophenarlam und zudem werden hier immernoch die Stücke aufgeführt, die in erste Linie ich sehen will und von mir geschrieben werden. MEINE Handwerker mögen genau so ein Gratin wie heute SEHR! Yeah, so einfach ist Monarchie: Niemand sitzt höher wie der König! (Bomben-Zitat aus Wald Disney *Robin Hood*). Überhaupt: nix langweiliger als erfüllte Klischees, oder?!

Zugegeben, das Handwerk habe ich anfangs etwas glorifiziert - so direkt nach der Schule als mich die Welt mit ihren Theorien nur so jagen konnte. Und ganz ehrlich: das Praktische tat mir sowas von gut. Ich fing ja völlig bei Null an - mit einem Vater, der nur im Büro saß. Und mit Null meine ich Minus Null (falls ihr mir folgen könnt). Bereits von einem Akku-Schrauber den Bit zu wechseln, war zuviel verlangt. So saß's aus. Eine Schmach sondersgleichen. Wohl dementsprechend verständlich, dass ich fortan mit stolzgeschwelter Brust in meiner Schaffhose durch die Innenstadt stolzierte, um möglichst allen zu demonstrieren, dass ich ab sofort zu dem zupackenden Volk zähle. Und zudem einen Fuchsschwanz von einer Stichsäge unterscheiden kann und falls nötig deren Sägeblätter austauschen.

Bis heute mag ich die schörkellose, direkte Sprache der Handwerker mit Dreck unter den Fingernägeln und Erde an den Schuhsohlen - selbst in den Verben und Adjektiven. Und ich kann gar nicht hoch genug hängen, wie wertvoll beim handwerklichen Arbeiten der Realitätskick ist. Keinerlei Seitenausgänge, keinerlei Ausflüchte und schon gar keine Laberei retten ein missratenes Werkstück. Tat-Sachen, Baby!

Dass deswegen nicht alles glänzt, was goldenen Boden hat, ist auch klar. Nicht alle Handwerker sind zwingend redlich. Gut gepfuscht, ist halb gewonnen. Oder wenn ich nur an den unschönen Gesprächsunfall mit einem herangezogenen Dachdecker denke. Irgendetwas im Mittelteil von *kleine Reparatur an der Dachrinne* schien er nicht richtig verstanden zu haben mit seinem Auftragsbuch in der Hand: keiner redete je von einer KOMPLETTEN Dacherneuerung! Blöd für die Fachkraft, dass der Habib sein Dach aus erster Hand kennt.

Nun, an meinen Eßtisch sind nur die anständigen Handwerker geladen, so wie der meine - einer, der mein Gratin zu schätzen weiß und sich anschließend wohlig das Bäuchlein reibt und den Schaum vom Mund wischt, den ein kräftiger Schluck *Kronenbourg sans alcool* hinterlassen hat! Deftig kann so köstlich sein und dabei ganz unbeschwert im Magen liegen!




Zubereitung 2-3P:

1/2 Weißkohl
1 Zwiebel
2 Knoblauchzehen
1 Stange Lauch
100g Räuchertofu
6 halbe, getrocknete Tomaten
200g Ofentomaten
100-150ml Gemüsebrühe
1 Schuß Rotwein
Harissa
1 EL Crème fraîche
Salz, Pfeffer
1 Pr Zucker
1 TL Oregano
1 TL Thymian
1 TL Paprika-Pulver
1/2 TL Kreuzkümmel
Rapsöl
3 EL Comté, gerieben
3 Kartoffeln, am Vortag gekocht (ca. 500g)

Zubereitung:

Den Ofen auf 190° (Umluft) vorheizen. Den Weißkohl in Rauten von 1-2cm schneiden. Die Weißkohl-Stücke in einer großen Gratinform mit 1-2 EL Rapsöl mischen, salzen, pfeffern und mit Paprika-Pulver, Kreuzkümmel, Thymian und Oregano würzen. Für ca. 25min in den Ofen schieben - dazwischen 2 Mal wenden.

Parallel die Sauce zubereiten. Das (Dunkel)Grüne des Lauchs abschneiden, halbieren und in feine Ringe schneiden. Die Zwiebel und den Knoblauch würfeln, ebenso den Tofu. Die getrockneten Tomaten mit kochendem Wasser übergießen und 5-10min ziehen lassen, dann ebenfalls fein hacken. Die Zwiebel zusammen mit dem Knoblauch, dem Lauch und dem Tofu in wenig Öl anschwitzen. Mit einem Schuß Rotwein ablöschen. Die Ofentomaten zufügen. Die Gemüsebrühe anschütten und mit geschlossenem Deckel bei kleiner Hitze etwa 10min köcheln lassen. Mit Salz, Pfeffer, Zucker und Harissa würzig abschmecken.

Die gekochten Kartoffeln schälen und in Würfel von 1-2cm schneiden. Den Käse reiben.

Das Ofenkraut in eine kleinere Gratinform füllen, die Kartoffeln darüber schichten und nun die Sauce gleichmäßig über allem verteilen. Mit Käse bestreuen und für weitere 10min in den heißen Ofen schieben.

DUBB: Sugar-Heart-Mischung in Karottenkuchen

Mittwoch, 10. Januar 2018


Die DUBB-Rezepte verstecken sich gerne in Süßigkeiten - weil wer klug ist, hält sich in der Zuckerbäckerei besser an (gute) Rezepte. DUBBS und Basic-Geschichten passen prinzipiell hervorragend zusammen wie überhaupt und generell Klassiker. So seither meine Erfahrung. Ein Vorsatz übrigens für 2018 ist, dass ich die Foto-Boards wieder auf den aktuellen Stand bringe und dass ich euch ein neues Board einrichte mit DUBB und Blog-Buster-Rezepten. Falls ihr euch letzteres überhaupt wünscht (ob ich vor dieser Arbeit ein Umfrage starten sollte?).

Mein heutiges DUBB-Rezept mußte ich selbst zig-fach wiederholen, um festzustellen, dass es für mich eindeutig zu den DUBBs zählt. Es handelt sich dabei um eine Gewürzmischung, auf die ich immer und immer wieder zurückgreife. Seit dem Schuedi. Der für mich ohne diese Mischung völlig undenkbar wäre. Und den ich übrigens ebenfalls wiederkehrend backe - weil ja Blog-Buster - aber wem erkläre ich das. Bon, jedenfalls wanderte diese Gewürzmischung seither auffallend oft in meine Backwaren: in diesen Streuselkuchen, dieser Apfelkuchen oder diese Schneckchen (um nur die *offiziellen* zu nennen, die mir adhoc einfallen). Vorzugsweise wohl in Streusel und Hefekuchen, oder zu Apfel wie Birne. Also ich könnte euch zahllose Kuchen hier verlinken, die ihr damit pimpen könnt.

Zweifelsohne, meine Mischung bedarf eines Namens - das wurde mir jetzt klar - damit ich ab sofort nicht mehr ausschweifig und umständlich erklären muß. Für mich macht sie den Zucker lieblicher, aufregender und tiefer - so wurde es *Sugar-Heart*. Und mein Herzchen schafft es mit einem kleinen, lässigen Augenaufschlag diesen ohnehin schon köstlichen Karottenkuchen zu adeln. Besser ist nun mal der Feind des Guten.

Zutaten: 

180 g brauner Zucker 
180 g Pflanzenöl
2 EL Crème fraîche
3 Eier
250 g Mehl
(m: 100g davon ersetzt durch 100g Einkorn-Vollkornmehl)
1 TL Backpulver
2 1/2 TL Sugar-Heart-Mischung
1/4 TL Muskatnussblüte, gemahlen
1/2 TL Salz
260 g geriebene Karotten
150 g Walnüsse

Frosting*:
150g Frischkäse
50g Butter
1 EL Crème fraîche
70g Puderzucker
1 Pr Salz
1/2 Orange, die Zesten davon

Zubereitung:

Braunen Zucker, Öl, Eier, Sugar-Heart-Gewürz, Muskat-Blüte, Salz und Crème in einer Schüssel vermengen, bis eine homogener Teig entstanden ist. Mehl und Backpulver nach und nach einsieben und weiterrühren, bis sich die Zutaten gut miteinander vermengen. Karotten gut bürsten und fein raspeln. Die Walnüsse grob hacken und beides zum Teig geben. 

Eine Springform mit Butter einfetten und mit Mehl bestäuben. Den Teig hineinfüllen und den Kuchen bei 180 Grad Umluft im vorgeheizten Backofen für 35 – 40 Minuten backen. Stäbchentest machen. Den Kuchen auskühlen lassen. 

In der Zwischenzeit den Frischkäse mit der Butter zusammen mit einem Mixer cremig aufschlagen und den Puderzucker unterrühren, bis eine glatte Creme entstanden ist. Mit Orangenzesten und etwas Salz abschmecken. Kalt stellen. Wenn der Kuchen ausgekühlt ist, das Frosting in die Mitte geben und vorsichtig kreisförmig nach außen glatt ziehen.

*Anmerkung m: die Frosting-Menge habe ich halbiert - sonst wird mir der Kuchen zu mächtig


Sugar-Heart-Mischung:

2 TL frisch geriebener Zimt
1 Msp Nelke
2 grüne, geöffnete Kardamomkapseln
eine Ecke Sternanis
1 Msp Piment
1 große Msp gemahlener Ingwer

fein gemörsert zusammen mit 1 EL Rohrzucker aus der obigen Zutatenliste

Inspiration: Stylish-Living

Es könnte...: Blumenkohl-Risotto mit Kidney-Bohnen-Bulette

Sonntag, 7. Januar 2018


Neben der Anregung, mich kulinarisch immer wieder neu zu versuchen, dient dieses Blog ebenso dafür, mich meinem Bewußtsein zuliebe im Formulieren zu üben. Wie oft komme ich darauf zurück, wie wertvoll mir unsere Madagaskar-Reise war: keine ging tiefer, keine war mit mehr Konsequenzen, mit mehr Veränderung verbunden. Manchmal gilt es etwas durchzustehen, den Schlammpacour bis zum bitteren Ende zu robben, damit das Licht nachher umso heller strahlt (über dieses Prinzip sprechen wir hier nochmals!).

Nun, eine wirklich wundervolle Rückkopplung von Madagaskar ist mein neues Lebensmotto - ein RIESEN Zugewinn aus tiefer, wahrlich zweifelsfreier Erfahrung heraus. Für mich könnte dieser Spruch, der da lautet: *Es könnte schlimmer sein!*, in allen Glückskeksen und auf sämtlichen Teebeuteln dieser Welt stehen. Häh, denkt ihr jetzt vermutlich, wo soll da der Gag? Tuckt die Alte noch?

Klingt gar nicht mal spektakulär, das stimmt schon. ABER: Kinners, ausprobieren! Selbsttest! Der Effekt ist der Knaller! Ein bombensicherer Stimmungserheller! Beispiel! (nix geht in meine Welt über pars pro toto.) Ihr steht nackisch vorm Ganzkörperspiegel und sagte (oder denkt) in UNERSCHÜTTERLICHER (Muss!) Überzeugung:  *Es könnte schlimmer sein!* Es ist ein Zauberspruch (ob ihrs glaubt oder nich)! Was passiert nämlich?! Hey, die volle Umpolung! Man achtet im selben Augenblick auf alles, was jetzt gar nicht mal so schlecht ist - und zwar anstelle der sonst üblichen *Fehler im Bild*-Sucherei (worauf wir Mädels scheinbar getrimmt sind - gerade in puncto eigener Körperwahrnehmung).

Das Gleiche funktioniert selbstredend ebenso gut angezogen (und warum sollte, was bei mir funktioniert, nicht ebenso bei euch klappen?). Ich zücke mein Motto in allen Lebenslagen: wenn ich ein Haar aus der Suppe ziehe, Erbsen zähle, Seiten- oder Gegenwind verspüre, der Mond ungünstig steht, die Hormone Geisterbahn fahren.. naja, ihr wißt schon... Sprüchlein aufgesagt, Bums, schon zieht die Sonne mit einem selbstzufriedenen Lächeln über mein Gesicht!

Soho, die (selbsterprobte) Lebensberatung gibt es heute als Wort zum Sonntag obendrauf zu einem sehr feinen Teller, den direkt die Kohlenhydrat-Phobiker in ihr Herz schließen werden. Wobei ich die Aufmerksamkeit lieber auf den Gesamtgenuß lenken möchte: köstliche, unkomplizierte Alltagsküche, viel Gemüse und dabei trotzdem nicht der typische Standart. Also da könnte einiges bedeutend schlechter... aber lassen wir das.


Zutaten 2P - 8 Stück:

Bulette:
250g Kidney-Bohnen, gekocht
150g Kichererbsen, gekocht
1 kleine, rote Zwiebel
2 Knoblauchzehen
Thymian
Oregano
2 TL körniger Senf
2 TL grüne Tapenade
Chili-Flocken
Gewürzsalz
Pfeffer
1 EL Vollkorn-Mehl
(optional: 100g Räuchertofu)
Rapsöl zum Braten

Blumenkohl-Risotto
1 kleiner Blumenkohl
1 Schalotte
1 Knoblauchzehe
1 Ziegenfrischkäse (ca. 100-120g)
1 Stich Butter, kalt
2 EL Erdnuss-Öl
ca. 3 EL Gemüsebrühe (evt. mehr)
2 EL Mandel-Blättchen
Salz, Pfeffer

Zubereitung:

Die Zwiebel und den Knoblauch fein würfeln und in ein wenig Rapsöl glasig braten. Thymian und Oregano kurz mitrösten.

Bohnen und Erbsen in eine Schüssel geben und entweder grob zerstampfen oder mit dem Zauberstab grob pürieren. Wer mag, gibt den fein gewürfelten Kräuchertofu noch dazu. Alles sehr pikant abschmecken (gerne etwas überwürzen: das mögen Buletten). 8 Portionen mit feuchten Händen zu Kugeln formen. Eine Pfanne gut erhitzen und die Patties in die heiße Pfanne setzen, dann erst Öl dazu geben - von beiden Seiten etwa 3min braten, bis die Frikadellen Farbe angenommen haben.

Für das *Risotto* den Blumenkohl von seinem Strunk befreien und die Röschen fein hacken. Zwiebel ebenso wie den Knofi fein würfeln.

In einer Pfanne ohne Fett die Mandelblättchen anrösten und zur Seite stellen. Das Öl in der Pfanne schmelzen lassen und bei mittlerer Hitze den gehackten Blumenkohl darin leicht Farbe annehmen lassen - kurz vor Ende Zwiebel und Knoblauch zufügen und so lange mitrösten, bis die Zwiebel glasig ist. Die Brühe zufügen und weitere 2min köchen lassen - der Blumenkohl sollte immernoch etwas Biss behalten.

Dann die kalte Butter und den grob zerbröstelten Ziegenkäe untemischen - das Fett bindet die übrige Flüsigkeit und es entsteht eine cremige Bindung.

Blumenkohl mit Buletten zusammen servieren.



Inspiration Blumenkohl:  Tim Mälzer

Mit vollem Schrot ins Neue: malziger Purpur-Wicht mit Walnüssen

Donnerstag, 4. Januar 2018


Es ist mir durchaus bewußt, dass ich teilweise in einer Parallelwelt lebe. Oder einer anderen Zeitzone. Also für mein Alter. Wie meinte eine Freundin (alleinerziehend, voll berufstätig): das jetzt gerade, dieses wilde Durcheinander, dieser rappeldichte Terminator, das würde man auch die *Rush-Hour des Lebens* nennen. Die Tage sind derart getaktet, dass man immer irgendwie leicht hinterher hinkt und permanent versucht ist, den Blinker links auf die Überholspur zu setzen. Es läuft nicht cremig. Ich nickte - aber deutlich mehr aus Empathie denn wissend.

Tatsächlich kaufe ich mir meinen kleinen Terminkalender nur aus Anhänglichkeit - viel Termine trage ich nicht ein. Zeitdruck? Ähäm was ist das nochmal gleich? Stress? Hetze? Wer ist wo wie verspannt und warum? Aber doch nicht hier mitten auf dem Land. Fast möchte ich behaupten, dass mehr die Jahreszeiten als die Uhr mein Tempo vorgeben. Klingt wie vom hinterm Mond. Oder zumindest außerhalb der Stromversorgung, oder? Es ist schon ein Glück, dass wir finanziell unsere Existenz so irgendwie gebügelt bekommen. Wobei das auch eine Frage der Zufriedenheit ist - wann ist genug genug. Mit wieviel kommt man aus? Was braucht man... Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus - wobei man derlei ruhig mal geistig kreiseln lassen kann.

Vielmehr wurde mir durch Sylvester wieder bewußt, wie Termine einen blockieren können. Vielleicht muß man dafür so raus aus der Materie sein wie ich, ich weiß es nicht. Aber mir schiens wie ein Brett vorm Kopf, als wäre da ein Riegel vor meinen Gedanken. Dieses doofe Sylvester! Da hatte ichs ja erst von: da glaube ich schon lange nicht mehr dran, dass man den Schiet rauschend feiern kann. Oder ebent nicht mit mir. Ich bin eindeutig auf zu vielen schlechten Feierlichkeiten rumgestanden, die sich am Ende alle gleichen: dieses künstliche Runterzählen, diese aufgesetzte Fröhlichkeit, das dabbige Anstoßen mit Sekt - Kinners, das ist nicht meine Party. Weswegen ich diesen Kappes auch wieder formidabel überschlafen habe. Ohne einen Böller und einem einzigen Konfetti. Ganz nach meinem Geschmack also.

Kaum ist dieses Datum rum, schwups, fallen die geistigen Schranken und ich habe das Gefühl, ein weites Feld liegt vor mir. Raus mit dem Pony auf die Wiese! Die Welt gehört mir.

Allerdings haben sich hier mittlerweile Traditionen etabliert. Eine davon ist, das neue Jahr mit einem Brotrezept zu beginnen. Ganz bodenständig. Ich mußte an meinem dunklen Purpur-Wicht etwas rumschrauben. Der erste Versuch gelang mir nicht so locker und saftig, wie ich mir das vorstellte. Ganz als hätte er sich den kapriziösen Dinkel als Vorbild genommen, für den dieses Rezept in seinen Grundzügen von Günther Weber mal konzipiert war. Nun aber kann ich dieses Vollkornbrot der - also meiner - Öffentlichkeit präsentieren und empfehlen. Mit Salzkorn-TÜV-Plakette.


Für 2 Brote in 750g Form (20cm Länge):

Sauerteig - ca. 10-12 Stunden bei 25°
145g Purpur-Weizenschrot, gorb
145g Wasser
30g Weizen-ASG

Brühstück 1 - über Nacht:
100g Einkorn-Flocken
30g Dinkel-Malzflocken
400g Malzbier, kochend

Brühstück 2 - 1 Stunde vorher angesetzt:
100g Walnüsse, geröstet*
250g kochendes Wasser

Hauptteig:
ST,
BST 1 und 2
515g Purpurweizen, fein gemahlen
120g Wasser*
120g Joghurt
8g Hefe
16g Salz
1 TL Koriander, geschrotet
2 EL Walnuss-Öl

Zubereitung:

Den Sauerteig rechtzeitig anstellen zusammen mit Brühstück 1. Die Walnüsse am nächsten Morgen rösten und in einer Schüssel mit kochendem Wasser überbrühen - ca. 30min ziehen lassen, dann ca. 30min abtropfen lassen. Von dem restlichen Brühwasser der Walnüsse 120ml abmessen für den Hauptteig.

Den Hauptteig zur Autolyse ansetzen - dafür alle Zutaten vermengen außer Salz, 30ml des Wassers , dem Öl und den Walnüssen. Kurz verkneten und ca. 30min ruhen lassen.

Nun den Salz zufügen und das restliche Wasser schlückchenweise anschütten und etwa 8min kneten lassen. Kurz vor Ende die Walnüsse zufügen und unterkneten lassen. Den gekneteten Teig ca. 20min ruhen lassen, dann teilen und auf einer bemehlten Arbeitsfläche länglich wirken und in die vorbereiteten, gefetteten Formen setzen. An einem warmen Ort gehen lassen, bis der Teig die Oberkante der Formen erreicht hat (dauerte bei mir ca. 1 1/2 - 2 Stunden). Vor dem Backen mit dem restlichen Malzbier bestreichen, stippen und einschießen.

Gesamtbackzeit ca. 55min - fallend von 250° auf 200° - die restlichen 5min ohne Form backen. Klopfprobe.