Wild thing: Rotes Shakshuka à la Rührei

Freitag, 30. Oktober 2020

 

*Die Welt geiht ünner* mieme ich die Marret Feddersen aus Dörte Hansens *Mittagsstunde* nach. Wir grinsen dann: die  Zeugen Jehovas wußtens vorher. Zeichen finden sich überall! Man muß nur hingucken. Hast du den Hammer in der Hand, ist die Welt voller Nägel! Beweise einer das Gegenteil!

Ganz mit Erich Kästner *Humor ist der Regenschirm der Weisen* - irgendwohin muss man sich doch retten! Es konnten halt noch nie alle gleichzeitig über das Gleiche lachen! Aber dann würde es ja wohl auch ein büschen eng unterm Schirm...

Kinners, was bin ich froh, dass ich alt bin, was ich alt bin. Mein Credo ist ja schon immer: Kein Jahr zurück! Und mit all jenen, die ausgerechnet 2020 in ihrer Sturm und Drang-Periode zu stecken, wollte ich wirklich nicht tauschen. Da will man mit allen Pferdestärken, die einem zur Verfügung stehen, ins Leben stürmen, und überall blockiert die Handbremse. Wie in allen Elternhäusern, in denen nicht Vertrauen sondern Kontrolle und Druck herrschen, glich meine Abnabelung einem Kettenhund, der von der Leine gelassen wird. Ich habe ordentlich über die Strenge geschlagen. Und wo kann man in unserer durchorganisierten Welt noch richtig toben? Richtig! Nachts!

In der Nacht gelten andere Regeln. Nicht die der Vernunft, und keine, die die durchstrukturierte Welt tagsüber von uns einfordert, in der alle funktionieren müssen. Oh, was habe ich es geliebt, die Nacht zum Tag zu machen. Das schien mir das *echtere* Leben, das der Begegnungen, des Moments, in dem *alles passieren kann*, wenn der Alk die Fassade überall bröckeln ließ. Was haben wir wild gefeiert! Ich erinnere mich, wie meine Freundin und ich nachts auf dem Heimweg superstrulzki mit dem Fahrrad zusammenstießen, runterhagelten und uns kaputt lachten. Bis uns eine Taschenlampe ins Gesicht schien und eine väterliche Stimme meinte: *Aber der Reschd wird gschobe!* Ein Polizist! Aber einer von den Freunden und Helfern! Ach, Vorteil: Kleinstadt! Sie gesteht den Jugendsünden etwas Raum zu!

Plus all die Festivals, WG-Partys, die so voll waren, dass keiner mehr raus noch rein kam... Unbändige Neugier auf das Leben, unstillbare Lust am Ausprobieren, viel Scheitern, großer Katzenjammer. Nicht, dass man das SO nochmals bräuchte. Also ich nicht. Aber dass den Rackern gerade ein komplettes Zeitfenster ausgeixt wird - das ist schon hart. Manches kommt ja so nie wieder, wie etwa die Abi-Feier (und dafür, dass ich nicht gerne in die Schule ging, hatte ich mich bei der bombig amüsiert) oder die Erst-Semester-Fete oderoder...

Besonders das Tanzen brachte mir riesig Spaß. Das waren die besten Nächte: die, in denen ich durchtanzte. Ich gehöre ja der Generation an, als Raves zum neuen, heißen Scheiß erklärt wurden. Nicht zwingend meines: da gibts richtig miese Beats drunter. Gerade (!) in der Kleinstadt! Umso mehr musste gefeiert werden, wenn die Mucke passte! Gerne habe ich auch für mich alleine im WG-Zimmer getanzt. Mir das Leben schön getanzt, mich mir selbst schön getanzt! Das funktioniert auch toute seule. Ben, keine ganze Nacht. Aber was will man machen? Bleibt ja gerade nur die Bill Clinton-Trockenübung: nicht inhalieren - nur dran nuckeln.

Sehr vermutlich liest aber meine *I-feel-you-Zielgruppe* hier gar nicht mit. Man weiß es nicht. Meinerzeits galt noch für WG-Partys: Die Langeweiler stehen immer in der Küche! Alleine mit dem Jugendtrend zur veganen Ernährung sieht das bei der heutigen Jugend vielleicht anders aus. Außerdem waren noch zu keiner Zeit alle Jugendlichen die gleichen wilden Füllen. Manche brauchen diese Phase gar nicht. Der größte Unterschied macht jedoch bestimmt aus, dass es 2020 künstliche, virtuelle Räume gibt, um sich zu treffen. In meiner Begrifflichkeit funktionieren die jedoch bestenfalls wie eine Prothese und sind definitiv kein Ersatz für das echte Leben...

 


Klar, ist Partymachen ein Nonsense-Privileg - das wird einem vor allem im Nachhinein bewußt. Und logo kann man den Kopf schütteln und denken: Tssss, sonst keine Probleme?! Aber sind wir nicht gerade alle beschwerter als sonst - mit großen oder eben auch kleinen Sorgen.

Umso wichtiger finde ich es, momentan besonders freundlich mit sich selbst umzugehen. Mein Vorschlag zur jugendlichen Überbrückungshilfe lautet also, Musik einzuwerfen, die die Hüfte wackeln lässt. Tanz vor dem Spiegel, mache dir selbst schöne Augen, Hauptsache: Gute Laune, Hase! Und dabei gerne nach rechts und links schauen. Die anderen können gleichfalls etwas Zusatzflausch gebrauchen. Ein Lächeln, ein freundlicher Blick, oft reicht das schon aus: wie wohl solche Kleinigkeiten tun - ganz besonders in rauen Zeiten!!

Zum Kochen höre ich eigentlich nie Musik. Aber gerne manchmal zum Putzen. Da mache ich durchaus zwischendrin eine Tanzunterbrechung. Wenn Donna läuft beispielsweise, dann fange ich automatisch an zu zappeln. Danach fühle ich mich gleich besser. Genau wie nach einem guten Essen. Danach müßte sich doch jeder wohlfühlen.

Zu dem ganzen Chaos, in das unsere sog. Normalität gestürzt wurde, scheint das arabische Durcheinander in der Pfanne wie gemacht. Shakshuka-Rezepte kann man nicht genug haben, denn es schmeckt immer, ist schnell gemacht und benötigt wenig Geschirr. Das ist bereits meine dritte Version, die zweite von Ottolenghi und diese stammt aus seinem Buch *Palästina* (coucou Sandra :). Essentiell ist, dass die Stockzeit des Rühreis stimmt - und das tut sie. Mit den sonstigen Mengenangaben darf man ruhig spielerisch umgehen. Kann also gar nichts schief gehen.


Zutaten 2P:

45g Feta (m: etwas mehr)
1 EL Petersilie
1/2 TL Chiliflocken
75ml Olivenöl 
1 1/2 TL Koriander, leicht geröstet, grob gemörsert
1 Zwiebeln, in dünne Ringe geschnitten
1 rote Paprika, entkernt und in 1cm breite Streifen geschnitten
3 Knoblauchzehen, zerdrückt
1/2 TL Kreuzkümmel, leicht geröstet, grob gemörsert
1 TL Tomatenmark
1/4 TL Paprika-Pulver
5-6 Tomaten, grob gehackt (500g)
75g Kirschtomaten
2 TL Shatta*
4 Eier, leicht verqurilt
Salz, Pfeffer

Zubereitung:

Drei EL des Olivenöls mit zerbröckeltem Feta, der Petersilie, den Chiliflocken und einem 1/2 TL Koriander mischen - und zur Seite stellen.

In dem restlichen Olivenöl (= 2 EL) ein einer Pfanne, die man mit einem Deckel abdecken kann, die Zwiebel anschwitzen bis sie glasig ist und leicht Farbe angenommen hat. Dann Paprika zufügen, ca. 5min weitergaren, dann Knofi, Kreuzkümmel, Tomantenmark, Paprikapulver und den restlichen Koriander untermischen. Sobald die Gewürze ihr Aroma verströmen, Tomaten, Kirschtomaten, Shatta (oder Harissa) sowie 80ml Wasser beigeben. Salzen, pfeffern und bei mittlerer Hitze etwa eine viertel Stunde sanft köcheln lassen, bis die Sauce sämig eingedickt ist.

Die Eier ebenfalls salzen und pfeffern, gut verquirlen. Vorsichtig in die Tomatensauce gießen, die Pfanne mit Gefühl schwenken und auf diese Weise die Eier nur grob unterziehen. Die Hitze etwas reduzieren, den Deckel auflegen und alles in 4 Minuten stocken lassen. 

Zusammen mit dem gewürzten Feta servieren.

Quelle: Palästina

 

le dernier moment...

Kehrtwende: Kürbisknödel mit Rote Bete-Ragout

Sonntag, 25. Oktober 2020


Nicht erst seit diesem Jahr - wie die Treuen wissen nun auch für Allopathie - schlägt mein Herz für die alternative Medizin. Dank meines Habibs durfte ich ein tiefes Verständnis für Homöopathie erwerben. Und *Der Leibarzt des Dalai Lama erinnert sich* zählt unbedingt zu meinen literarischen Meilensteinen. Außerdem durften wir dank eines tollen Osteopathen dessen Kunst des Heilens an uns selbst bestaunen. Was da alles möglich ist - man glaubt es kaum! Je mehr der Mensch als Ganzheit betrachtet wird samt seinem ihm entsprechenden, umgebenden Biotop, umso eher kann von außen auf Körper, Geist und Seele eingewirkt werden.

Die 3sat-Sendung *Heilkraft der Hände* passt also genau in mein Interessen-Beuteschema. Die drei geladenen Gäste stimmten allesamt überein, dass Therapie (und wir reden nicht von akuten sondern von chronischen Erkrankungen!) am besten greift, wenn Nähe zu dem Patienten aufgebaut werden kann - und zwar sowohl physisch wie psychisch. Der Mensch ist ein komplexes, soziales Wesen, dessen individuelle Biographie in Therapien für den Heilungserfolg unbedingt miteinbezogen werden sollte. Alleine: davon ist die moderne Medizin Äonen von entfernt. 

Besonders spannend finde ich Prof. Dr. Dr. Christian Schubert, der als Arzt und Psychologe das Labor für Psychoneuroimmunologie leitet. Die PNI ist ein recht junger Forschungszweig der Psychosomatik, der die Brücke bildet zwischen psycho-sozialen Faktoren (= Beziehungserleben) und auf der anderen Seite Immunaktivität - plus den Verbindungswege, die zwischen Gehirnaktivität wie psychischer Aktivität und Immunaktivität vermittelnd tätig sind (Hormone, Neurotransmitter, Nervenfasern, ect. = das sog. Stress-System). Wiederum begegne ich hier der Epigenetik, die mich nicht erst seit Dörte Hansens *Altes Land* fasziniert, sondern bereits durch meine eigene Familiengeschichte. Ein zutiefst spannendes Thema, das der größeren Zusammenhänge! Und hier wird nun weiter geforscht, dass *das Stress-System in seiner Epigenetik modifiziert wird durch traumatische Erfahrungen und dadurch einen langfristigen Effekt hat, der sogar Generationen danach beeinflussen kann.* Alles hat eine Auswirkung, alles eine Konsequenz. Nur logisch.

Die letzten großen Erkenntnisse - als Grundlagendisziplinen dieser Forschung - stellten heraus, dass die einzelnen Systeme Immunsystem-Hormonsystem-Nervensystem nicht unabhängig voneinander funktionieren, sondern in starker Vernetzung zueinander stehen (s. etwa Zytokin-Aktivität). Wodurch bewiesen wird, wie groß die Wechselwirkung von Gehirn, Psyche und Immunsystem ist und wie sehr sie sich gegenseitig beeinflussen. Denn das Stress-System macht keinen Unterschied ob stoffliche/ materielle oder immaterielle Außenreize: beide setzen einen Effekt, auf den sich das Individuum anzupassen hat und der vom Stresssystem aufs Immunsystem übertragen wird. 

Bref: Grundvoraussetzungen für ein starkes Immunsystem sind, so der Psychoneuroimmunologe, eine positive psychische Befindlichkeit und gute zwischenmenschliche Beziehungen (auch auf Distanz). *Der Mensch ist ein soziales Wesen. Einsamkeit und Ängste sorgen für negativen Stress, belasten das Immunsystem und fördern die Anfälligkeit gegenüber Atemwegsinfekten – das ist empirisch klar bewiesen.*

Prof. Dr. Dr. Christian Schubert gibt weiter zu bedenken: *Es gilt jetzt dringend zu berücksichtigen, was schon Louis Pasteur, der Begründer der medizinischen Mikrobiologie, auf seinem Sterbebett sagte: Die Mikrobe ist nichts, der Wirt ist alles. Wir sind der potenzielle Wirt des neuen Corona-Virus und von unserer Konstitution hängt es ab, ob und wie gefährlich das Virus für unsere Gesundheit ist.*

 

Wer mag da widersprechen? Obendrauf kam noch, dass ich mir Nena bei Ina angeschaut habe. Und Nena muss Anti-Aging-Drops lutschen: anders lässt sich diese Ausstrahlung mit 60 echt nicht erklären! Irgendetwas an ihrem Live-Style muss sie absolut richtig machen. Ich schließe mich ihrer vielfach veröffentlichen  Insta-Aussage an. Es nützt nichts, man darf sich nicht verrückt machen lassen! 

Et voilà, voilà: so entstand - passend zur Zeitumstellung - der Entschluß zur Kehrtwende. Genug Katastrophen-Alarm geübt. Noch liegt meine Welt nicht in Trümmern. Und so habe ich mir für die nächsten Wochen vorgenommen, mich so sehr wie möglich anderen Themen zuzuwenden (seht es mir nach, wenn es ob der Dauer-Buschtrommelei samt den Dauer-Neureglements mal zu einem Rückfall kommen sollte). Aber ansonsten will ich es wie der Grashupper von unten auf dem Foto halten: genieße den Moment, hüpfe von Augenblick zu Augenblick, drehe dich der Sonne zu und *strebe behutsam danach, glücklich zu sein*. So, Kinners, das wird die Marschrichtung! Ihr wisst Bescheid! Zu meiner eigenen Gesundheit, aber vielleicht - gefallen würde es mir - um auch euch unterstützende *good vibes* für eure internes Bollwerk zu schicken! Anständige Ernährung ist eine tragende Säule für ein gutes Immunsystem (jawohl, ich beharre darauf: man KANN sich das Leben schöner kochen!) aber eine positive innere Einstellung wiegt vielleicht sogar noch mehr! Unterstützt ihr mich, hier eine derartige, kleine Insel zu basteln?

 

Wenn das Essen bunt aussieht, freut sich mein Auge bevor ich gekostet habe. Was ich - als Köchin - allerdings schon getan habe, bevor es auf dem Teller kommt. Aber noch nicht als Komposition. Und nicht nur die Farben auch die Aromen passen wunderbar zusammen. Die Knödel kennt ihr in bereits in rot. Heute in orange!

Zutaten 2P:

125g Knödelbrot (m: Weißbrot vom Vortag)
1 Schalotte
Sonnenblumenöl zum Braten 
100g ofengegarter Kürbis (m: Hokkaido)
2 Eier

70g Bleu (m: bleu de brebis/ Ziegenkäse)
1-2 EL Mehl (m: Dinkel 1150)

1/4 TL Koriander, gemahlen
1/4 TL Kurkuma
1/4 TL Ras el Hanout
Salz
2 EL gehackte Petersilienblättchen
 

500g rote Bete
2 TL Koriander
1/2 TL Kreuzkümmel
Cassis
1 Orange, Abrieb und Saft
1 TL Thymian-Honig
150ml Gemüsebrühe
Balsamico-Reduktion
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette
eine handvoll Mangold-Grün 
Olivenöl
einige Blätter Minze
2-3 EL Granatapfelkerne

Zubereitung:

Schalotte schälen und fein hacken. Etwas Öl in einer kleinen Pfanne erhitzen, die Schalotte darin glasig andünsten. Zum gewürfelten Brot in die Schüssel geben.

Den im Ofen gegarten in Scheiben geschnittenen Hokkaid, würfeln und zusammen mit den Eiern pürieren. Käse in kleine Würfel schneiden. Kürbis-Püree, Käse, Gewürze, Petersilie und Mehl zum Knödelbrot geben, alles mit den Händen gut durchmischen und mit Salz abschmecken. 30 min durchziehen lassen (wichtig). 

Aus der Masse nun mit feuchten Händen ca. 5 kleine Knödel formen und 15-20min über Dampf gegaren. Es tut den Knödeln ganz gut, wenn sie im Ofen noch kurz (einige Minuten) warm gestellt werden.

Rote Bete schälen und in etwas größere Stifte schneiden. In Olivenöl anbraten. Die Gewürze - Koriander, Kreuzkümmel kurz mitrösten. Salzen und pfeffern. Orangensaft, Gemüsebrühe und Cassis zufügen, Deckel auflegen und bei kleiner Hitze al dente garen lassen. Kurz vor Ende den in feine Streifen geschnittenen Mangold untermischen und fertig dünsten. Final würzen mit Piment, Minze, Orangenabrieb, Balsamico-Reduktion und Honig.

Das Ragout auf zwei Teller verteilen, den Knödel in die Mitte setzen und mit Granatapfel-Kerne garnieren.

Anmerkung m: die Kürbisknödel folgen dem selben Muster wie die Rote Bete Knödel/ die Balsamico-Reduktion geht mir nie aus/ Cassis hält mir lang, bereite ich ebenfalls selbst zu



totally Veggie-Basic: Gemüsebrühe 2.0

Donnerstag, 22. Oktober 2020


Meine Einstellung zu Küchengeräten lautet: die beste Küchenmaschine ist die, die man nicht braucht. Oder anders herum formuliert: meine liebsten Küchenarbeitsgeräte sind meine Hände. Selbstredend habe ich als Foodie mittlerweile dennoch einen mittelgroßen Fuhrpark. Aber eben keine Highend-Geschichten - und die größten Investitionen galten damals dem Brotbacken. Dafür besitze ich einen guten Kneter, einen Backofen mit Dampf-Funktion und eine sehr treue Getreidemühle.

Doch nix Thermomix, nix Kitchenaid, nix Kombi-Dampfgarer uswusf. Tatsächlich  rühre ich meine Kuchenteige mit einem Handrührer zusammen, einfach weil ich eine solche Küchenmaschine nicht ständig im Weg stehen haben will. Wie man seine Küche ausstattet, das ist wohl sehr individuell, auf die persönlichen Möglichkeiten und kulinarischen Vorlieben bezogen.

Ich komme darauf zu sprechen, weil die Küchenausstattung für das Thema *Gemüsebrühe* nicht unentscheident ist. Die selbst hergestellte Gemüsebrühe der Veggies ist der selbstgemachte Fond der Corniveren - bref: die Gruppe derer, die es wirklich wissen wollen. 

Lange kaufte ich mein Pulver im Bio-Laden mit der Gewißheit, so schlecht wirds ja wohl nicht sein. Bis ich mal am Rand irgendeinem Vergleichstest mitbekam, dass selbst die *guten* Bio-Gemüsebrühepulver aus nicht mehr als etwa 20 Prozent Gemüse bestehen. Aber aus was denn bitte dann wenn nicht Gemüse, fragte ich mich kopfschüttelnd? Man findet viele Artikel darüber (etwa hier in der SZ oder im Vergleich), die alle feststellen, dass der Rest des Inhalts vor allem Salz, Aromen und Geschmacksverstärkern bestreiten. Das ist doch hochgradig unbefriedigend, oder?

Aber: ich kann trotzdem sehr gut verstehen, dass man auf dieses Fertig-Produkt gerne zurückgreift. Nicht nur aus Bequemlichkeitsgründen - weil man, wenn man täglich kocht, viel davon verbraucht -, sondern weil außerdem für die eigene Produktion praktischerweise technischen Hilfsmittel zur Vergügung stehen sollten, sprich: die entsprechenden Küchengeräte. Man könnte - rein theoretisch - je nach Gericht die Bouillon frisch zubereiten. Was man aber realistischerweise selten tun wird. Ansonsten kann man sich Gemüsebrühe-Pasten zubereiten - dafür braucht es dann lediglich einen Hexler. Durchaus eine gute Alternative, denn die Paste hält sich dank dem Salz und aufbewahrt im Kühlschrank sehr gut. Was wiederum den Standmixer angeht, kann man vonbis einsteigen. Ich hatte lange hin und her überlegt, aber war nicht bereit, Geld etwa für einen Vitamix in die Hand zu nehmen. Das steht für meine Zwecke nicht dafür.  Mein *Homgeek* mixt lautstark und effektiv mit 2000Watt - ganz nach der Maxime: billig tuts mir genauso.

Um Gemüsebrühe-Pulver zuhause herzustellen zu wollen, sollte man jedoch einen Dörr-Automaten besitzen. Sonst würde ich vom Selbermachen abraten, weil wer will schon ewig den Backofen zum Trocknen laufen lassen?! Wer aber einen solchen Dörrapparat besitzt: ran an den Speck! Denn der Aufwand ist vergleichsweise gering - es benötigt nur etwas Zeit.

Die Vorteile liegen klar auf der Hand: es wird im eigenen Gemüsebrühepulver nur Gemüse und Salz enthalten sein. Außerdem kann man mit der eigenen Würze Salz einsparen. Und man kann die Aromen miteinander verbinden, die man  bevorzugt. Tja, und ab dem Moment stellt man sein Gemüsebrühe-Pulver nur noch selbst her. Man hat ja gerade sonst nicht viel zu tun...

 


Ich finde Petersilie richtig spitze und der wächst gerade sehr gut. Außerdem halte ich Liebstöckel für völlig unverzichtbar. Und zu jedem Fränzi-Suppengrün gehört eine Navet (Kohlrübchen) - die darf also auch nicht fehlen. Orientiert hat sich meine Version ein Mal mehr an Petra aka Chili und Ciabatta, die wiederum ein Rezept von 180° bzw.von Alexander Herrmann aufgriff (man könnte fast schon von Blog-Buster reden). Damit lässt sich prima spielen und ihr past eure Brühe einfach euren Vorlieben an!

 

Zutaten:

400g Zwiebeln (ca. 3 Stück)
300g Möhren (2 große)
250g Sellerie (1 Knolle)
100g Lauch (1 Stange)
50g Navet (1/2 Kohlrübchen)
80g Petersilie (1 dicker Bund)
150g Salz (m: Steinsalz)
1 EL Tomatenmark
5 Stiele Liebstöckel
3 Knoblauchzehen

Zubereitung:

Das Gemüse grob schneiden, dann mit dem Salz und Tomatenmark in einem Food Processor (= Hexler) portionsweise zu einer feinen Paste pürieren. Am Schluss nochmal alles zusammen mixen - schon ist die Gemüsebrühe-Paste fertig, die sich in Schraubgläsern im Kühlschrank gut hält.

Die Masse auf 4 rund geschnittene Backpapiere (etwas kleiner als das Drahtgitter) im Dörr-Automat verteilen und gut 6 Stunden bei 70°C trocknen, dabei die Körbe immer wieder wechseln.

Die getrockneten Platten vom Papier ablösen (das geht abgekühlt gut) und grob zerbrechen. Die Platten zusammen im Hexler fein mahlen, ergibt feines Gemüsebrühpulver.

**** Dosierung für Gemüsebrühe: etwa 1 gehäufter TL auf 250 ml Wasser ****

*Anmerkung m: kein Bock auf Knoblauch darin? Dann einfach rauskürzen. Petra gibt noch getrocknete und gemahlene Pilze zuletzt hinzu - ebenfalls prima. Die Idee, etwas getrocknete Algen zuzufügen, könnte man außerdem aufgreifen... 

Ein Hochleistungshexler ist von Vorteil, weil er hilft, die getrockneten Gemüseplatten wirklich fein zu mahlen.

Das ist meine zweite Edition von getrockneter Gemüsebrühe - mein zweiter Aufruf zum Nachahmen und zum Variieren!

Inspiration: Petra aka Chili und Ciabatta/ 180° bzw. Alexander Herrmann

Keeper - Gemüse-Beilagen II

Montag, 19. Oktober 2020

 

Vergesse niemals die Kernaufgabe eines Foodblogs! Und diese ist für mich die Inspiration und Animation zum Kochen.

Mittlerweile habe ich über die Jahre schon einige Labels hier etabliert. Von Blog-Bustern über DUBBs - ihr wisst Bescheid: Rezepte, die von Blogs zu Blogs springen, weil sie so super sind und an denen wenig rumgedoktort wird (=Blog-Buster), plus die anderen, bei denen man höchstpersönlich zutiefst überzeugt ist, dass diese eigene Rezepte eine solche Karriere ebenfalls mehr als verdient hätten (=DUBBs). Dann habe ich *Pro Centum* eingeführt, nachdem sich hier nun schon über 1500 Posts stapeln, um den Fokus wieder zurückzulenken auf Vergangenes wegen Text, Bild oder Rezept.

Die letzte Neuerung war die des Keepers. Da ich ja nun vegetarisch koche, bedeutet das für meine Küche, dass ich Gemüse mit Gemüse kombiniere. Womit wir geraden Weges bei den Beilagen herausgekommen wären. Dabei klingt *Beilage* doch richtig mies. Fast schon wie ne Beleidigung (*ey, du Beilage!*) . Noch fieser: *Sättigungsbeilage*. Das würdigt nicht ansatzweise die schönen Rezepte, die sich dahinter verbergen. Und logischerweise greife ich immer wieder auf solche *Keeper* zurück - nur dass ich sie dann gerne neu kombiniere. Schließlich bin ich selbst ja auch Fan meiner Rezepte. Wenn man schon kocht, sollte doch zuerst einem selbst gut schmecken, was man auf den Teller bringt, oder etwa nicht?!

Heute lenke ich eure Aufmerksamkeit also auf vier solcher Klassiker. 

Auf dem untersten Foto oben seht ihr die Buchweizen-Pfannkuchen. Die galettes de sarrasin sind einfach spitze! Die Pfanne muss gut heiß sein - das ist entscheidend, dass sie schön luftig werden! Dazu das selbstgemachte Hummus (superlecker) sowie ofengeröstetes Gemüse, das ja IMMER geht!



Mit dem zweiten Foto habe ich die Ottolenghi-Polenta aus frischem Mais wieder zubereitet (mit Pilz-Gulasch) und dabei festgestellt, dass die beigefügte Flüssigkeitsmenge wohl sehr von der verwendeten Mais-Sorte abhängt. Dieses Mal benötigte ich deutlich mehr. Jo, und etwas größer könnte die Portion für zwei durchaus sein.


Von einem Rezept habe ich kein neues Foto gemacht, deshalb ziehe ich das bereits vorhandene von den Süßkartoffel-Gnocchi zum Neubewerben wieder heran. Sie sind wirklich völlig unkompliziert zu machen - selbst für Gnocchi-Skeptiker. Man muss lediglich die Arbeitsplatte gut bemehlen. Und ich erinnere mich gut: mit Süßkartoffel-Gnocchi hatte ich als Kochanfängerin schon richtig schlechte Erfahrung gemacht. Tja, es liegt halt nur an einem guten Rezept, welches mir auch besser gefällt als das andere, ältere, das bei mir zu finden ist. Wobei braune Butter, Salbei und Balsamico hervorragend dazu passen!


 

Zu guter letzt bereitete ich uns den Fränzi-Klassiker gratin dauphinois nach Anne-Sophie Pic zu - siehe erstes Foto. Kartoffel-Gratin ist eigentlich immer unwiderstehlich. Die Art und Weise wie die Sterneköchin das Gratin zubereitet, gefällt mir wirklich gut. Aber ich spiele mit dem Gedanken, es doch mal original nachzukochen - also mit tüchtig viel Sahne. Nich, so wie bei Crème brûlée - manchmal macht Kaloriensparen einfach keinen Sinn. Außerdem haben wir ein Kartoffel-Gratin im Kopf, welches wir einst in einem urigen Dorf-Resto aßen, das von zwei Omis geführt wurde und welches es so schon lange nicht mehr gibt. Das ist nach wie vor ungeschlagen. Ich habe den Verdacht, dass das Gratin am besten schmeckt, wenn man es wieder aufwärmt. Bref: volle 10 von 10 Punkte bekommet das Pic-Gratin nicht. Zumindest nicht in meiner entschlankten Version. Aber es ist bis jetzt das beste Rezept, das ich kenne.

 

World-Bread-Day: Dinkelbrot mit Saaten und Karotte

Freitag, 16. Oktober 2020


Mit dem heutigen World-Bread-Day kommt mir als erste Assoziation *Brot für die Welt* in den Sinn. Das hängt bestimmt damit zusammen, mit was ich meinen Geist gestern fütterte. Ich schaute die Arte-Doku über das Flüchtlingslager Moria und das Interview mit Erich Maria Remarque (via Buddenbohm). Und heute ist mein Kopf noch am Verdauen.

Ganz leicht ist es möglich, meine individuell-familiäre Frage von vorgestern - Kann man seine Herkunft vergessen? - weiterzuhäkeln auf ein Volk, ja gar einen Kontinent: Kann man seine eigene Vergangenheit vergessen? Wie kurz ist es her, dass viele Europäer selbst Flüchtlinge waren, Heimatlose, die zwischen den Grenzen hin und her getrieben wurden, uns keiner aufnehmen wollte und nun dreht sich das Täter-Opfer-Karussel weiter. Und der Mensch könnte zeigen, was er gelernt hat und der Politik seine ethischen Maßstäbe diktieren!

Ach, Kinners, ich wünsche mir mehr Menschen wie Erich Maria Remarque! Wie toll der ist! Wie schlicht, ernst, warm und bescheiden er seine Meinung äußert - mit eingestreutem, zurückhaltendem Lächeln. Nicht von ungefähr wurde das erste Buch, das ich von ihm gelesen habe - *Zeit zu lieben, Zeit zu sterben* - sofort zu einem literarischen Meilenstein. Jeder Satz ein Appell an die Menschlichkeit! Und man möchte meinen, jedem Menschen ist die gleiche Menschlichkeit zu eigen. Mitnichten. Sonst gäbe es keinen Krieg.

*Das hat keine bestimmten Gründe, dass man pazifistisch oder gegen den Krieg ist. Das fand ich ganz selbstverständlich. Dafür braucht man gar kein Programm haben. Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg. Bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind. Besonders die, die nicht hinein gehen müssen und nicht ganz vorne stehen*, erklärt Remarque seine Einstellung zum Pazifismus. Bereits mit seinem ersten Buch *Im Westen nichts neues* machte er sich darüber Gedanken, welche Rückkopplung es auf junge Menschen hat, diese in den Krieg zu schicken wo sie doch stattdessen ins Leben geschickt gehören: *Es wurde zum ersten Mal gefragt, haben Menschen nicht einen Schaden davon getragen, oder irgendetwas davon getragen, dass sie im Krieg gewesen sind. Und alle ihre sogenannten sittlichen Grundsätze umschmeißen mussten. Man hat ihnen gesagt, du sollst nicht töten - aber du musst gut zielen, damit du triffst... nachher* schmunzelt er tiefsinnig über den Irrsinn dieses Widerspruchs.

Doch, ich wünsche mir im Außen mehr Menschen zu begegnen, die sich als Weltenbürger empfinden, die sich ohne Wenn und Aber für den Frieden, die Menschlichkeit und ein grenzübergreifendes Miteinander aussprechen - und erwarten, dass das von der Politik dementsprechend umgesetzt wird!

Zehn Jahre nach Erscheinen von *Im Westen nichts Neues* brach der 2.Weltkrieg aus. Es ändere sich doch nichts, so der Interviewer: *Ein Schriftsteller wie Sie malt dauernd Menetekel (musste ich nachschlagen - ein neues Wort für mich) an die Wand, aber gesehen werden sie nicht*, ob das seinen Schaffensdrang nicht beeinflusse?

*Nein. Niemals. Ich weiß, dass es nicht gesehen wird. Wir haben gesehen, dass es einen neuen Krieg gegeben hat. Aber das ist sogar ein Grund, weiter daran zu glauben. Denn was bleibt, wenn wir nicht daran glauben, dass ein Fortschritt möglich ist? Was bleibt? Es ist manchmal sehr schwer daran zu glauben, das gebe ich zu. Aber man muss daran glauben. Und man muss auch dafür arbeiten. [...]. Man kann nur sein kleines Bisschen tun - vielleicht hilft das auch was. Es ist der notwenige Optimismus des Pessimismus*, so beschließt Remarque das Interview.

 

 

Zorras Event des *World-Bread-Day* habe ich  in all den Jahren Bloggerei nur ein einziges Mal verpasst (2018). Ansonsten ist das ein echtes Lieblingsevent, denn Zorra sammelt mit viel Leidenschaft von ganz Europa Beiträge für diesen Tag. Ich freue mich schon auf die Zusammenfassung! Deshalb habe ich mir stets extra Lieblingsrezepte für diesen Tag bereit gehalten.

Dieses Jahr habe ich diese Gelegenheit zum Anlaß genommen, meine Brotbacklehrerin Marlene vom Sauerteigforum zu feiern. Im Sauerteig-Forum habe ich das Brotbacken gelernt - vorneweg von der Moderatorin Marlene. Dort findet sich ein riesiger Fundus von Marla21-Rezepten von ihr, den ich euch nur ans Herzen legen kann: die Brote funktionieren alle blind und mit der rechten Hand auf den Rücken gebunden! Liebe Marlene, solltest du je ein Brotback-Buch herausgeben: ich bin die erste, die es kaufen wird. Ich bin nach wie vor großer Fan!

Die Inspiration zu dem Dinkelbrot ging von Marlene  aus. Allerdings habe ich - ebenfalls mit ihrer Hilfe - das Brot umgestellt von Madre auf Sauerteig. Vielleicht muss ich mir irgendwann doch noch eine Madre züchten. Nur so ganz weiß ich nicht wofür, wenn die Brote ebenso mit meinem Sauerteig so hübsch und locker werden. Das ist übrigens mein erstes Kastenbrot für den WBD. Mit toller Frischhalte-Qualität! Komisch, echt, ich wundere mich, wo sich gerade Kastenbrote besonders unkompliziert backen lassen! Zumindest habe ich es mir so lässig wie möglich gemacht!


Zutaten - 2 Brote 750g

Sauerteig, 14-16 Stunden ca. 25°C :
200g Roggen-VK
200g Wasser
20g R-ASG, aufgefrischt
 
Quellstück, 3 Stunden vorher, oder über Nacht im Kühlschrank
50g Sonnenblumenkerne
40g Leinsaat, geschrotet,
30g Sesam
30g Chia
8g Fohlsamenschalen
18g Salz
260g Wasser

Brotteig:
Sauerteig
Quellstück
300g Dinkel-Vollkorn
140g Dinkel 630
4g Hefe
100g Wasser
150g Kefir
2 EL Walnuss-Öl

80g Karotte

Zubereitung:

Sauerteig-Anstellgut rechtzeitig auffrischen und dann den Sauerteig dementsprechend am Vortag ansetzen. Quellstück mindestens 3 Stunden vorher vermenge. Oder ebenfalls am Vorabend, nach 10 Minuten nochmals durchrühren, abdecken und in Kühlschrank stellen.

Brotteig - außer Walnuss-Öl und Karotte - 5 Minuten kneten, abdecken, 20 Minuten ruhen lassen. Nochmals 5 Minuten kneten. In der letzten Minute Öl und geraffelte Karotte zufügen. Teigruhe für 40 Minuten. Nach der Hälfte der Zeit falten.

Zwei 750g Formen buttern (m: mit geschrotetem Leinsaat und Mohn ausgestreut). Den Teig auf beide Formen verteilen (wer mag darf den Teig rund und länglich formen - ich habe ihn einfach in die Form gelöffelt und glatt gestrichen).

Die Brote abgedeckt im Warmen gehen lassen bis sie knapp den Rand erreicht haben. Stippen.

In den auf 250°C vorgeheizten Ofen mit Dampf schieben. Nach 10min ablassen, dann fallend auf 200°C ca. 50min backen. Weitere 5min ohne Form - Klopfprobe!

Inspiration: Marla vom Sauerteigforum


Hier habe ich euch alle Brote der letzten Jahre meiner Beteiligung am WBD zusammengestellt. Ich hoffe, ich bringe den ein oder anderen von euch noch dazu, die Unterlage eines der größten Genüsse dieser Welt - Butterbrot -  selbst zu basteln! Das Bild ist mit einem Link jeweils mit dem Rezept verbunden:

 

Erbteil: Omis Apfelkuchen mit Nuss und Calvados

Mittwoch, 14. Oktober 2020


Weil die Omi im gleichen Haus mitwohnte, war es öfters möglich, bei ihr zu übernachten. Ihr Schlafzimmer füllte ein massives, hölzernes Doppelbett aus Eiche-rustikal, das bestimmt mehr als eine Tonne wog. An der Stirnseite darüber hing eines dieser pastelligen Heiligen-Bilder (die später wieder groß in Mode kommen sollten) eingefasst von einem verschnörkelten, goldenen Rahmen, worauf der Josef mit seinem Hirtenstab zu sehen war an der Seite von der Jungfrau Marie und dem Jesuskind. Und weil die Omi verwitwet war, stand das Bett neben ihr immer leer und bezugsbereit.

Vor dem Einschlafen holte sie dann für uns beide ein Pulmoll-Bonbon aus der roten Dose aus dem Nachttisch-Schränkchen, das wir (nach dem Zähneputzen!) synchron lutschten und das war auch der Moment, in dem ich sie als kleines Mädchen stets bat: *Omi, erzähl von früher als du Kind warst!* Die Omi war keine gute Geschichtenerzählerin, dafür aber sind Kinder umso bessere Zuhörer.

Die Omi lebte wieder in dem gleichen Dorf, in dem sie geboren war als älteste von insgesamt sieben Kindern eines bitterarmen Schneiderleins und seiner Frau. Sie waren so arm, dass die Eltern ihren Kindern noch nicht einmal ein Stückchen Schnur für die Peitsche ihres Kreisels entbehren konnten, worauf die Omi immer wieder zurückkam, so sehr fehlte es an allem. Schon früh träumte sie von der weiten Welt, sie wollte weg, sie wollte Schauspielerin werden (mindestens so realistisch wie Astronautin) und so verließ sie als junges Mädchen das Dorf um im nächst größeren Städtchen als Zimmermädchen in einem Arzthaushalt zu arbeiten: wenig Lohn und noch weniger Freizeit. Und dann kam der Krieg. Mit zwei jungen Soldaten hatte sie Briefkontakt (die geschenkte Bleistiftzeichnung des einen bewahrte sie bis zuletzt), beide fielen und kamen nicht mehr zurück. Aller Träume entledigt.

Sie heiratete dann einen wesentlich älteren Mann, mit dem sie die Liebe nie kennenlernte, aber der ihr finanzielle Sicherheit bot, die sie auch nicht kannte. Die akkurat gebundene Schleife ihrer Schürze wäre ihm an ihr als erstes aufgefallen. Zu gerne machte sie vor, wie perfekt sie diese blind auf dem Rücken zu binden wußte. Mit seinem Tod blieb ihr der gemeinsame, gerade erwachsen gewordende Sohn und ein gutes Vermögen. Doch einsam blieb die Omi bis an ihr Lebensende. Nie machte sie laut, dass sie deshalb etwas entbehrte. Schließe ich die Augen, dann sehe ich sie entweder alleine vor ihrem Teller am Küchentisch mit der Eckbank sitzen. Oder aber verschluckt von ihrem wuchtigen Ohrsessel zum Ausziehen - klein und schmächtig wie sie von jeher war -  mit Blick auf den Schrank mit gläsernen Türen und ihrer Sammeltassen-Sammlung dahinter, verloren in ihrem großen, völlig überhitzten Wohnzimmer, während sie mit ernstem Interesse ihre Yellow-Press-Heftchen durchblätterte. Es schien dann, als hätte die Armut, aus der sie einst entfohlen war, nichts mehr mit ihr zu tun. Oder hätte sich auf eine andere Ebene verlagert.

Schon seltsam, was sich bleibend in Erinnerung drückt, oder? Dererlei Gedanken kamen mir schon bei meinem Urgroßvater in den Sinn. Was weitergereicht wird und überdauert, erhält eine wohl schwer beeinflußbare Eigendynamik. Wie eben diese Geschichten, die Omi mir vererbt hat. Ihre Affinität fürs Geld etwa übertrug sie auf ihren Sohn, der wiederum meinen Teil ihres finanziellen Erbes auf sich *übertrug*. Außerdem hinterließ sie mir gleichzeitig ein paar Fragen: Kann man seine Herkunft vergessen? Kann man vergessen, von wo man mal startete? Und weiter überlegt: stellt denn in der Jugend jeder irgendwann die Weichen, um sich (vermutlich völlig unbewußt) zu entscheiden zwischen Geld und Liebe? Eine fundamentale, weitreichende Grundsatzentscheidung, über die das Leben später womöglich nicht so einfach wieder neu mit sich verhandeln lässt.

 


Dieser Apfelkuchen ist gar nicht von meiner Omi (hey, von ihr aber sind die Maultaschen), doch sie hätte heute Geburtstag gehabt. Da darf ich schon mal an sie denken, selbst wenn auch sie mich - als es drauf ankam - fallen ließ wie eine heiße Kartoffel. Davon abgesehen finde ich, dass das überhaupt ein richtiger Großmutter-Apfelkuchen ist: nämlich grundsolide und saftig, ungekünstelt und einfach. Raffinesse erhält er aber dennoch und zwar durch die mit Calvados marinierten Äpfel und die karamellisierte Zuckerkruste. Mit einem Schlag schmusiger Schlagsahne ein Wohlfühlschmaus!

Gebacken habe ich für Feriengäste, die sich heute wieder auf den Heimweg machten. Welche, die zum Stamm gehören, und für die ich unsere gemeinsame Zeit sehr gerne versüßte. Ganz unkompliziert konnten sie sich testen lassen, das Ergebnis hatten sie unterwegs auf ihrer Rückfahrt aufs Handy erhalten. Aber bald ändern sich ja wieder die Reise-Regeln... man kommt ja kaum hinterher... 

 

Zutaten:

180g Mehl (m: D630)
1/2 Päckchen Backpulver
180g Butter, weich
140g Rohrzucker
1Pr Salz
3 Eier
80g Nüsse (m: Walnüsse)*
1/2 TL Kardamom
1/2 TL Zimt
Ingwer, Nuss groß, gerieben
1 EL Crème fraîche
3 Äpfel (ca. 650g)
3 EL Calvados
3 EL Rohrzucker (ca. 40g)
3 EL Nüsse, gehackt

Zubereitung:

Die Äpfel schälen, vierteln und klein schneiden (m: die Viertel in Streifen geschnitten und dann in Stifte). Mit Calvados marinieren.

Den Ofen auf 180° (O/U-Hitze) vorheizen.

Die Nüsse in einer Pfanne ohne Fett rösten und nicht zu fein mahlen (m: Hälfte gehackt).

Die Butter mit dem Zucker schaumig rühren. Ein Ei nach dem anderen unterrühren. Die Gewürze ebenfalls zufügen und unterrühren. Mehl mit Backpulver mischen und in den Teig rühren. Zuletzt Crème, Nüsse und Äpfel unterheben.

Eine 26er Springform mit Backpapier auslegen. Rand buttern. Den Teig in die Form füllen und glatt streichen. Die 3 EL Nüsse darüber verteilen, ebenso die 3 EL Zucker darüber streuen. 

Den Kuchen für ca. 55min in den Ofen schieben.

Auskühlen lassen und mit Schlagsahne servieren

*Anmerkung m: am besten entfaltet der Kuchen sein Aroma, wenn er über Nacht durchziehen konnte/ mit Haselnüsse schmeckt der Kuchen ebenfalls sehr gut. Wer mag, puderzuckert den Kuchen zum servieren, verdeckt dadurch aber die leicht glitzernde Oberfläche

 

Schietegal: Zucchini-Pizza

Samstag, 10. Oktober 2020


Wie bei dieser *Pizza* mit Blumenkohl ist es mir völlig schietegal, ob ihr dieses Rezept anstelle von Zucchini-Pizza lieber *Zucchini-Pfannkuchen pizza-artig belegt* nennen wollt - wenn das all eure Sorgen sind... geschenkt! Schließlich ist doch wichtiger als der Name, dass es einfach schmeckt, oder? Aber ich hatte es ja schon davon...

Und ich müßte mich schon sehr täuschen, wenn man auf diese Weise nicht selbst Zucchini-verachtenden Kinder dieses Gemüse wunderbar untergeschoben bekäme. Kann *Pizza* jemand widerstehen? Zucchini könnt ihr übrigens auch durch Kürbis austauschen. Und wie ihr diesen Gemüseboden belegt, liegt ebenfalls wieder in Euren Händen. Macht was drauß, kann ich euch nur raten.

Denn das ist eines der Essen, die sich wirklich nebenher kochen lassen - wenig Aufwand und dafür viel *mmmhhhh* am Tisch. Perfekt für wenig Zeit und kaum Lust in der Küche zu stehen. Gut, Käse sollte man mögen. Ansonsten wirds schwierig. Mir fällt ja da stets das vegetarische Feriengast-Kind ein, dass keinen geschmolzenen Käse mochte. Echt??? Sowas gibts? Ich bin damals schier aus den Schuhen gekippt. Aber ich habe sogar schon jemanden kennengelernt, der Erdbeeren richtig fürchterlich findet. 

Ihr kennt die euren, ihr wißt, was ihr denen vorsetzen könnt. Ich mochte diese Pizza sehr (#Gemüsebratling-Groupie) - mehr als meine völlig subjektive Begeisterung kann ich hier schließlich nicht teilen!

 


Das ist meine zweite Variante dieser Zucchini-Pizza. Beim ersten Mal mochte ich die Fotos nicht richtig - und da bin ich doch (nach all den Jahren) wählerisch. Dann wird es einfach nochmals gekocht, so lange, bis Foto und Rezept für meine Ansprüche zusammenpassen. Beim zweiten Mal habe ich das Rezept verändert. Weniger Zucchini und habe sie auch nicht mehr gesalzen, stehen lassen und gut ausgedrückt, sondern direkt weiterverarbeitet - viel unkomplizierter und hat mir alles so viel besser gefallen. 


Zutaten 2P:

300g Zucchini*
2 Eier

50g Mozzarella
40g Comté (oder Parmesan)
3 EL (m: Vollkorn)
2 Zweige Rosmarin
2 TL Oregano, getrocknet
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette

Belag:
3-4 EL Ofentomaten*
ein paar Kirschtomaten, halbiert
rote Paprika, in Streifen
restlicher Mozzarella 
rote Zwiebel, in Ringe geschnitten
Oliven

Zubereitung:

Backofen auf 200°C (Umluft) vorheizen.

Die Zucchini an einer Vierkantreibe raffeln (grob). Mozzarella in Würfel schneiden, Rosmarin fein hacken, Käse reiben. Eier verquirlen und homogen mit dem Mehl vermischen. Alle Zutaten miteinander vermengen und schön würzen. 

Eine Moule á manque (oder Springform) mit Backpapier auslegen. Zucchini-Masse einfüllen und glatt streichen. Für 20min in den Ofen geben.

Nun zuerst mit den Ofentomaten bestreichen, dann belegen wie eine Pizza (m: zuerst Mozzarella, dann Paprika, Tomate, Zwiebeln und Oliven. Nochmals mit etwas Oregano bestreuen und für weitere 20 min in den Ofen geben und fertig backen.

Anmerkung m: ohne Ofentomaten kann man auf Tomaten-Pesto zurückgreifen, notfalls auf Tomatenmark/ natürlich kann man den Belag nach Lust und Laune austauchen. Mais? Vorgegarter Brokkoli?... / zu der Zucchini im Boden schmuggelte ich schon eine (vorgedünstete) Karotte - wenn ihr derlei geraffeltes Gemüse kurz vorgart, dann könnt ihr wild austauschen und mixen.

 

Wissensdurst: Linsen mit gerösteten Kirschtomaten und Meerrettich

Montag, 5. Oktober 2020


Direkt hinter unserem Haus führt ein beliebter Wanderweg (unsere Aussicht!) entlang. Starte ich von unserer Haustür, dann bin ich nach 500 Metern oben angelangt an der Burgruine aus dem 11. Jahrhundert. Dem Weg weiter folgend kommt man durch einen herrlichen Mischwald: unten Pilze oben Kastanien. Für 135 Höhenmeter brauche ich gerade mal 15 Minuten.

Das kommt mir deshalb in den Sinn, weil ich mit dem Habib die faszinierende Arte-Doku *28 Tage unter dem Mittelmeer* über das Tiefseestauchen anschaute. Vier Aquanauten wurden für eben diese Dauer in eine 5 Quadratmeter große Kapsel gepackt, in der sie - um den Wasserdruck ausgleichen zu können - in einem Helium-Sauerstoff-Gemisch lebten. Mit dieser Druckkammer wurden sie dann in die Tiefe gelassen, um erstmals frei und ungebunden die Hundertmeterzone des Mittelmeeres zu erkunden. Das abenteuerliche Unterfangen gilt als Meilenstein, weil viele der komplexen, wissenschaftlichen Untersuchungen für eine Maschine unmöglich gewesen wäre. Einer der Aquanauten meinte: *Abenteuer ist das poetische Wort für Plagerei* - ein Satz, der den Habib sehr amüsierte!

Die Doku ging mir noch eine Weile nach. 100 Meter Tiefe! Wie lächerlich ist das bitte! Wie formulierte der Habib mal so wunderbar: *Emotionen sind der Schaum auf den Wellen im Gegensatz zu Gefühlen, die die Tiefe des Ozeans sind!* (man könnte heute Seminare füllen alleine mit Begriffserklärungen - aber das ist ein anderes Thema). Du meine Güte, wie wenig wissen wir Menschen noch, das war mein wesentlicher Gedanke. Ja, gut, man kann mittlerweile in weitaus größere Tiefen Roboter entlassen. Aber dennoch. 100 Meter - das ist doch Pippi! Die bin ich in weniger als 15 Minuten runtergelaufen.

Wie groß ist des Menschen Hochmut - in Anbetracht unseres begrenzten heutigen Wissensschatzes. Was wissen wir über das Erdinnere? Das Klima? Was wissen wir über das Entstehen von Leben? Selbst wenn wir schon auf dem Mond gewesen sein sollten (ob die Amis tatsächlich dort waren, also da lege ich mich erst fest, wenn zum zweiten Mal Astronauten den Mond betreten), was wissen wir von unserem Sonnensystem? Und wieviel ist das, wenn man nachts in den Sternenhimmel in die Weiten des Universums blickt? Glaubt irgendjemand allen Ernstes, dass Aliens uns für eine höher entwickelte Spezies halten würden, nur weil wir seit dem 18. Jahrhundert ein paar Maschinen erfunden haben? Wie konstatierte Albert Schweitzer: *Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht sicher.*

Versteht mich nicht falsch: die Wissenschaft ist ein wunderbares Instrument, um sich für seine Umwelt zu interessieren, zu forschen, zu untersuchen, zu sezieren, Fragen zu stellen, Theorien auszustellen, Erkenntnisse zu gewinnen, auf Fortschritt zu hoffen uswusf. So geht Wissensdurst! Aber so lange der Mensch forscht, so lange entwickelt sich die Wissenschaft mit ihm weiter, manches erneut sich, überholt oder erweitert sich: ein organisches System! Darauf will ich hinaus.

Was folgerichtig bedeutet, dass man Veränderungen dessen, was als gesichertes wissenschaftliches Wissen gilt, akzeptieren muss, weil eine solche Vorläufigkeit wissenschaftlichen Wissens normal ist. Und das bedeutet weiter, dass für all die vielen, unterschiedlichen, wissenschaftlichen Sparten unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Perspektiven forschen - nicht immer mit den gleichen Ergebnissen. Wodurch die Wissenschaft auf diese Weise sinnbildlich die Diversität spiegelt inklusive aller Widersprüchlichkeiten, die den Bürgern einer Demokratie zu eigen sein sollte. Und desweiteren bedeutet das, dass Konflikt und Konsens zum Alltag der Wissenschaft gehört, weil die Suche nach Wahrheit ein Ringen ist (ein absolut empfehlenswerter Artikel von Prof. Dr. Rainer Bromme, für den der Stellenwert der Wissenschaft in der Gesellschaft genährt und gestützt werden sollte durch eine so offene und öffentliche Wissenschaftskommunikation wie möglich inklusive aller Zweifel und Kontroversen) - was ganz im Gegensatz steht zu dem Mainstream-Konformismus, in den die Wissenschaft so gerne gedrückt wird sowohl von Medien wie Politik aus deren ganz eigenen Interessen. 

All das sollte uns, die wir so viel Vertrauen in die Wissenschaft setzen, bewußt sein! Stattdessen gebärden sich Wissenschaftsgläubige besonders gerne rechthaberisch, als hätten sie die Wahrheit für sich gepachtet, während dem Großteil der Anhänger von Religion zumindest klar ist, dass sie glauben. Mich erinnert das daran, wie unterschiedlich mit Nikotin und Alkohol umgegangen wird: Raucher wissen, dass sie Raucher sind.

 

 

So und zuguterletzt, wie schön, Kinners, ist das Wort *Aquanaut*!!?! Ich habe mich direkt verknallt! Dem nächsten, der mich fragt, was ich beruflich mache, werde ich erklären, dass ich *Cuisinautin* bin: ich lote die Untiefen meiner Küche samt Garten in Südfrankreich aus. 

Dieses Rezept ist einem Lieblingskochbuch einer Feriengästin (coucou Annette) entlehnt, die sehr gut wußte, wie leicht sie mir mit dem Durchblättern eben desselben (und noch mehr dieser Schätze) die heißen Mittagsstunden vertreiben konnte. Ich habe mich also für diesen Teller grob ortientiert an *The modern way to cook*. Und wiederum von der gleichen Gästin ist vom Jahr davor das Rezept der superleckeren Saaten-Cracker - ein sehr fruchtbares Miteinander also unter uns beiden! Oder so leicht geht Inspiration, wenn man einen ähnlichen Geschmack hat! Nicht zu vergessen: auch einige Tomaten sind Mitbringsel von ihr - in Echtgröße und als aufgegangener Samen auf den Fotos auszumachen. Die herzförmige schwarz-rot gemusterte heißen bei uns nun *Annettes Schönlinge*.


Zutaten 2-3P:

200g Linsen*
2 Knoblauchzehen
1 Tomate
einige Zweige Thymian
1 Lorbeerblatt
1 Stück Kombu-Alge
ca, 750ml Gemüsebrühe
Balsamico-Reduktion*
 
400g Kirschtomaten
1 Knoblauchzehe
2 TL Thymian, getrocknet
Salz, Pfeffer
eine Prise Zucker
Olivenöl 
2 EL Semmelbrösel
(optional: einige, frische Feigen)

100g Ziegenfrischkäse*
Abrieb einer 1/2 Zitrone
2 TL Meerrettich-Crème

Zubereitung:

Den Backofen auf 220°C vorheizen.

Die Linsen zusammen mit dem ungeschälten Knoblauch, der ganzen Tomate, dem Thymian, Lorbeerblatt, Kombu-Alge und der Gemüsebrühe aufstellen und ca. 25min köcheln lassen bis die Linsen gar sind - gegebenenfalls noch etwas Wasser zufügen. Lorbeerblatt und Alge entfernen. Mit Balsamico-Reduktion würzen.

Währenddessen die Kirschtomaten halbieren in eine Gratinform setzen, mit Thymian, Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker würzen und mit Oliven beträufeln. Für ca. 15min in den Ofen schieben (für die letzten 5min die halbierten, kleinen Feigen zufügen).

In einer Pfanne Semmelbrösel in etwas Olivenöl zusammen mit dem fein gewürfelten Knofi rösten. In einer Schüssel Ziegenfrischkäse, Zitronenabrieb und Meerrettich mischen.

Zum Servieren die Linsen zuerst in einen tiefen Teller geben, darauf Meerrettich-Käse, Tomaten und Brösel anrichten.

Anmerkung m: die Linsen sind besser verdaulich, wenn man sie über Nacht in Wasser einweicht/ Balsamico-Reduktion und Meerrettich gehen mir nie aus - beides hält sich gut, auf beides möchte ich jeder Zeit zurückgreifen können/ anstelle von Ziegenfrischkäse wurde im Original körniger Frischkäse verwendet/ Veganer ersetzen durch vegane Produkte Ziegenkäse und Meerrettich-Crème


heilsam: Pflaumenkuchen mit Knusper-Mandeln und Toffee-Lavendel-Glasur

Donnerstag, 1. Oktober 2020

Things change - ein Satz, der gerade keine Diskussion auslöst, da wird wohl keiner widersprechen. 2020 zeigt sich dahingehend ja mustergültig. Ändert sich der Mensch zwangsläufig mit. Nicht so wirklich, oder? Am liebsten hätte man doch die Zeit vor Covid zurück.

Mein Goethe zweifelt mit: *Und so finden wir die Menschen, über deren Veränderlichkeit so viele Klage geführt wird, nach vielen Jahren zu unserem Erstaunen unverändert und nach äußeren und inneren unendlichen Anregungen unveränderlich.*

Ganz ehrlich, die allerwenigsten, die ich kenne, verändern sich - sie werden einfach nur älter. Aber anders? Eher nicht. Und meistens hält einen das Umfeld mit in der Spur. Veränderungen mögen viele Menschen nicht sonderlich. Das hat schnell etwas Bedrohliches. Doch gibt es ein größeres Wunder als das der Metamorphose? Das eine Transformation überhaupt möglich ist - das ist doch das großartigste Phänomen dieses Planeten!

Dass ausgerechnet mir eine Verwandlung widerfährt, dürfte für niemanden rätselhafter sein als für mich als Hauptbetroffene. Und ich deute nicht mit 10 Fingern auf mich, um mich als hellste Leuchtboje hinzustellen. Denn mein Verdienst ist wohl am geringsten dabei - viel mehr kommt mir das als segensreiche, himmlische Gnade vor. So ein bißchen wie das Ende bei Sterntaler.

Wenn ich zurückdenke an die leicht zu verunsichernde, schnell errötende Micha, hätte ich selbst wohl nicht geglaubt, dass ich dem Dunstkreis der Fassadenpolierer, Angsthasen und Duckmäuser entweichen kann, in dem ich aufgewachsen bin. Selbst meine Kindergartenfreundin staunt über den Weg, den ich zurück gelegt habe.

Nirgendwo liegen Fluch und Segen enger beieinander als in Beziehungen. Und meine Rettung kam in Person des Habibs in mein Leben, der das Beste ist, was mir je passierte. Schon ganz am Anfang, als sich ungefragte Einmischler gegen uns verschworen und alles daran setzten uns wieder zu trennen, wurden in mir Kräfte geweckt, die ich selbst nicht kannte. *Das bist doch nicht mehr du*, hieß es damals. Stimmt, das musste wohl schon mein neues Ich gewesen sein. Die letzten Jahre waren für mich Therapie: der Habib liebte mich gesund, brachte mir Vertrauen bei, Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit, tiefes Interesse und Verbundenheit. Was ist es ein Unterschied, zu hoffen, dass es solche Werte gibt und sie dann wirklich zu erleben!

Dazu dieser besondere Ort an dem wir leben, die wilde Natur, die Weite, die Stille - all das trug zur Heilung bei. Tut es noch.

Nicht zu vergessen die Reisen, die mir  - wie bereits dem Habib - zur Emanzipation verholfen haben.

Als dritte, wundersame therapeutische Säule kommt noch die Nüchternheit dazu, die mir ebenfalls der Habib vorlebte und an die ich mich nur anzupassen brauchte. Wie in meiner *Über mich*-Beschreibung kann ich gar nicht oft genug wiederholen, wie sensationell sich meine Wahrnehmung verändert, seit ich nüchtern lebe. Es ist, als könnte ich mit Antennen auf dem Kopf wackeln: ich sehe mehr, ich höre mehr - jeder Tag hat an Intensität gewonnen.

Passenderweise spülte mir das Internet ein Filmchen vor die Füße mit einer äußerst unterhaltenden Erklärung zur Nüchternheit aus dem Mund eines richtigen Bilderbuch-Gurus (et je suis absolument d'accord avec lui!). Also wollte man sich an Fasching als Guru verkleiden - dann hätte ich jetzt eine Vorlage. Ob Sadhguru tatsächlich ein waschechter Guru ist, kann ich euch nicht sagen. Ich habe ihn noch nicht durchs Wasser gezogen. An Anhängerschaft scheint es ihm nicht zu mangeln. Mein Guru ist er nicht. Ich halte es mit Gurus ja wie mit Propheten - jedem der Guru, den er verdient. Bref: das muss jeder selbst wissen, wem er vertraut. Aber Sadhguru hat definitiv Charme - der bekäme alles verkauft. Wie findet ihr ihn?

 

 
Wie Charlotte bereits feststellte, könnte dieser Kuchen auf dem Weg sein, sich zu einem guten, alten Blog-Buster zu entwickeln. Dass es die überhaupt nicht gibt! Zumindest bin ich nun Blog 3, der das David-Lebovitz-Rezept aufgegriffen hat. Logo, musste auch ich meinen eigenen Senf dazu geben - der Blog-Name verpflichtet (mettre son grain de sel heißt übersetzt eben genau das). 

So habe ich die Fruchtmenge nochmals mehr erhöht als Petra, eine 26er Form verwendete ich wie Charlotte und ebenfalls wie sie verbrauchte ich die ganze Tüte gehobelte Mandeln. Ich finde ja, dass eigentlich jeder Rührkuchen durch mein Sugar-Spice gewinnt. Zumindest mir schmeckt er dann besser. Das Tüpfelchen auf dem i macht der Lavendel in der abschließenden Glasur on the top.

 
Zutaten:

750g Zwetschgen, säuerlich (inklusive einiger Brombeeren)
 
Mandelbelag:
100g Mandelblättchen
2 EL Weizenmehl 
40 g Brauner Zucker 
½ TL Zimt gemahlen
40 g Butter
 
Teig:
175 g Weizenmehl T 550
½ TL Backpulver
½ TL Natron
1½-2 TL Sugar Spice
½ TL Salz
115 g Butter
120 g Zucker
2 Eier Gr. L
125 ml Buttermilch (m: lait fermenté = Dickmilch)
 
Toffee-Glasur:
30 g Butter
2 EL Brauner Zucker Muscovado
3 EL Sahne
1 Prise Salz
2
TL fein gehackter Lavendel
 


Zubereitung:
 
Ofen auf 180°C Ober-/Unterhitze vorheizen. Eine Springform (26 cm Durchmesser) mit Backpapier auskleiden. Zwetschgen, waschen, trocknen, entsteinen und vierteln (meine kleinen habe ich nur halbiert). Zutaten für den Mandelbelag in einer kleinen Schüssel vermengen. 
 
In einer zweiten Schüssel trockene Teigzutaten vermengen. Weiche Butter in eine Rührschüssel geben und mit dem Handrührer cremig aufschlagen. Zucker zugeben und ca. 3 Minuten zu einer hell-cremigen Masse schlagen. Die Eier nacheinander unterschlagen. Vanilleextrakt unterziehen. Die Hälfte der trockenen Zutaten unterheben, dann die Buttermilch und schließlich die zweite Hälfte der trockenen Zutaten. Nur so lange rühren, bis die Zutaten gerade eben vermischt sind. 
 
Den Teig in die vorbereitete Springform geben und glattstreichen. Die Zwetschgen mit der Hautseite nach unten dicht an dicht auf dem Teig anordnen. Den Mandelbelag auf den Zwetschgen verteilen. Im vorgeheizten Ofen ca. 60 Minuten backen, bis der Teig gerade eben durch ist (Stäbchenprobe - mit mehr Pflaumen brauht er etwas länger). Herausnehmen und abkühlen lassen. 
 
Später Kuchen aus der Form lösen und auf eine Platte setzen. 
 
Die Zutaten für die Toffee-Glasur in einem kleinen Topf mischen und zum Kochen bringen. Temperatur reduzieren und 1 Minute unter Rühren köcheln lassen. Auf dem Kuchen verteilen und einziehen lassen. Mit Schlagsahne servieren.