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Paris ist weit weg 2: venezianische Kartoffeln mit Fêves und Artischocken

Mittwoch, 2. Oktober 2019


Wie schon oft erwähnt ist ein Auto im französischen Outback unabdingbar und völlig alternativlos. Unserem letzten Auto - einem royalblauen Fiesta - trauere ich noch etwas hinterher. Der war mir so in Fleisch und Blut übergegangen, den konnte ich blind rückwärts in jede Parklücke quetschen. Den Fiesta hatten wir wirklich nach allen Regeln der Kunst runtergerockt (was im Übrigen auch eine Form von Ökologie ist). Am Schluß machten wir noch einen Ausflug mit ihm nach Nizza und konnten das Auto bedenkenlos unabgeschlossen in einer Seitenstrasse stehen lassen (alles andere wäre auch nicht möglich gewesen: die Zentralverriegelung war längst kaputt). DEN wollte ganz bestimmt keiner, da schaute niemand interessiert durch die Fensterscheibe.

Ganz treu gab er mit 450 Tausend Kilometer seinen Geist kurz nach dem Nachbarort auf - wir konnten also easy bis nach Hause zurücktrampen. Waren wir mit unserem Asi-Fiesta auf süddeutschen Strassen unterwegs, markierten wir unter all den vielen nagelneuen Statussymbolen das offensichtliche Ende der Nahrungskette. Und wurden nicht selten Opfer von fremdenfeindlichen Attacken. Der Rückschluß kein Geld und Ausländer scheint schräg veranlagte Menschen irgendwo zu triggern - ich hätte es nicht für möglich gehalten...

Nun, nachdem uns der treue Fista (so sein Spitzname) verlassen hatte, mußte ein neues Auto her. Wir entschieden uns wieder für einen Gebrauchtwagen - passend zu unserem Leben und zu unserer Umgebung, in der ein Auto ein reiner Gebrauchsgegenstand ist. Aber halt ein dringend notwendiger. Mit unserem Peugot-Kastenwagen schwimmen wir hier mit wie in einem Schwarm Fische. Wie inkognito. Die Kastenwägen sind einfach praktisch, verbrauchen wenig Sprit und sind dementsprechend extrem beliebt und verbreitet. Das hat zur Folge, dass fast jeder die Hand hebt, wenn wir mit dem Auto unterwegs sind - es könnte ja jemand drinne sitzen, den man kennt...

Vier Jahre fahren wir jetzt mit dem Peugot. Und er hat sich seither optisch deutlich gewandelt, denn als wir ihn kauften, sah er noch tadellos aus. Womit ich bei einem weiteren, kulturellen Unterschied rausgekommen wäre: der Umgang mit Autos. Sind wir in Süddeutschland unterwegs, dann staunen wir über die Dichte von makellosen, gepflegten Autos, die alle frisch vom Band zu kommen scheinen. In Frankreich hingegen könnte man sich wohl in den meisten Autos einem Allergietest unterziehen. Die Hunde, die vielen Feldwege... Um es milde auszudrücken: die überwiegende Mehrzahl sieht nicht nach Garagenwagen aus. Also selbst wenn ich drüber nachdenke, habe ich hier noch nie eine Schlange an der Autoputzanlage gesehen. Gar nie.

Was mich als gebürtige Deutsche dann aber letztendlich doch kupfert, ist eben der aktuelle Zustand der Karosserie unseres Autos. Schaut man sich schräg die Seiten an, dann entdeckt man dort unzählige (!) kleine Dellen. Ähnlich einem seitlichen Hagelschaden - wäre das möglich. Doch die Dellen entstehen, wenn man regelmäßig neben Fränzis parkt. Die hauen nämlich ihre Türen beim Aussteigen sorglos an das Nachbarauto. Hey, und jetzt mal ehrlich: das wäre doch in Deutschland der Stoff aus dem Schlägereien gemacht sind, oder? Also mit der schwäbischen *Heilig's Blechle-Mentalität* wird man hier definitiv unglücklich. Oder zum Serienmörder.


Sollte ich das ein oder andere Gemüt durch diese Lektüre erhitzt haben, versuche ich Neutralität herzustellen, indem es heute ein italienisch inspiriertes Gericht gibt (nich, à la *streiten sich zwei, freut sich der Dritte*). Artischocken esse ich besonders gerne. Und immer, wenn sie auf dem Markt zu einem guten Preis angeboten werden, kann ich selten widerstehen. Sehr oft mache ich sie uns als Vorspeise, aber natürlich passen sie ebenso prima zu diesen venezianischen Kartoffeln.

Zutaten 2P:

700g Kartoffeln
ca. 350 ml Gemüsebrühe
1 große Zwiebel
1 nussgroßes Stück Butter (od. pflanzlichen Ersatz)
Olivenöl
Salz, Pfeffer
1 EL Petersilie, gehackt
(ca. 200g Saubohnen, gepahlt)

4 kleine Artischocken
1 TL Thymian
Salz, Pfeffer
Olivenöl
1 Knoblauchzehe
2 EL Gemüsebrühe
Piment d'Espette

Zubereitung:

Die Kartoffeln schälen und in Würfel von etwa 1cm schneiden. Die Würfel auf Küchen-Krepp ausbreiten und trocknen lassen.

Die Zwiebel in dünne Halbringe schneiden (m: gröber gewürfelt) und in der Butter und einem Schuß Olivenöl mit Geduld (etwa5-10min) golden und glasig braten. Dann die Kartoffelwürfel zu den Zwiebeln in die Pfanne geben und weitere Minuten mitbraten.

Bei sanfter bis mittlerer Hitze die heiße Gemüsebrühe nach und nach zufügen, sodass die Kartoffeln stets knapp bedeckt sind. Salzen und pfeffern. Offen ca. 25min köcheln lassen bis die Brühe dicklich einkocht und die Kartoffeln gar sind, aber noch nicht zerfallen. Kurz vor Servieren die Saubohnen untermischen. Nochmals abschmecken und mit Petersilie bestreuen.

Paralell die Artischocken dazu zubereiten. Diese rüsten (lieber etwas zuviel wegschneiden als Holziges stehen zu lassen - an mich selbst addressiert, vierteln und in Zitronenwasser zwischenlagern. Die Artischocken in Olivenöl anbraten und Farbe annehmen lassen. Dann fein gehackten Knoblauch untermischen zusammen mit dem Thymian und weitere 2min braten. Würzen, die Gemüsebrühe anschütten, Hitze verkleinern, Deckel auflegen und gar ziehen lassen (in ca. 3-5min).

Anmerkung m: ich habe als Topping noch einige, knusprig gebratene Brotwürfel serviert...



Flausen - cremiger Salat aus Saubohnen und weißen Bohnen

Sonntag, 30. Juni 2019


Eine der größten hauseigenen Sabotage-Funktionen des Menschen ist sein Hochmut beziehungsweise sein Egoismus. Alle griechischen Sagen legen darüber Zeugnis ab - und während sich die Erde samt ihre Kulisse verändert hat, blieb sich des Menschen Welt gleich.

In einem von mir sehr geschätzten Buch wird geschildert, wie ein westlicher Mensch aufgenommen wird in eine spirituelle Schule im Himalaya. Seine allererste Lektion wird sich über viele Monate strecken und enden mit der einfachsten der folgenden abzulegenden Prüfungen. Und zwar hat er am Anfang zu begreifen, dass er überflüssig ist, niemand auf ihn gewartet hat, er nicht gebraucht wird und es auf ihn nicht ankommt - à la * Wenn du es nicht machst, dann macht es ein anderer*.

Eine Unterflause des Hochmuts ist das Streben nach Anerkennung. Viele werden ein ganzes Leben lang ihr Gegenüber nur als Publikum missbrauchen, um sich endlich die (versagte) Bestätigung einzuholen, auf die sie - wie sie meinen - auch ein Anrecht haben. Immer zu kurz gekommen, nie richtig wertgeschätzt worden, keiner, der sieht, was man leistet. Den Deutschen wird die Überwindung dieser Hürde besonders schwer gemacht: zum einen hapert es in dieser Nation mit der Großzügigkeit im Allgemeinen (worauf auch der sehr karge Einsatz von Lob zurückzuführen ist), zum anderen wird die Geld-Erwerbstätigkeit zusehr überbewertet. 

Ich behaupte, dass kein anderes Land in Europa den Beruf derart hoch aufhängt wie die Deutschen. Bei jedem Smalltalk, bei sämtlichen Kennenlern-Unterhaltungen ist die Starter-Frage (direkt nach *Aus welcher Gegend kommst du?*) diejenige nach der Arbeit (und damit möglicherweise dem Status). In anderen Ländern gilt das sogar als No-Go. Darüber erkundigt man sich wohl in Frankreich auch irgendwann einmal - aber es ist einfach zweitrangig, denn das Privatleben nimmt den zentralen Platz ein (wir reden von der Landbevölkerung). Da die Fränzis mindestens eine Generation länger schon das Patchwork-Modell leben, haben sie dementsprechend auch mehr Familie um sich.

Ein Tagebuch-Blog, das ich ebenfalls sehr schätze, führt mir deutlich vor Augen, welchen Stellenwert die Erwerbstätigkeit einnehmen kann. Sie saugt nahezu alle Kapazitäten - zeitlich, körperlich und geistig - auf und für den Alltag daneben bleibt kaum noch etwas übrig. Man setzt sein Leben ein, um (beispielsweise) die Betriebsabläufe irgendeiner Firma zu optimieren. Das füllt den Geldbeutel aber auch das Denken. Man kann sich eine Putzfrau leisten, doch die hat während ihrer Tätigkeit zumindest den Kopf für ihr eigenes Leben frei. Und trotz aller Hingabe wird man im Rentenalter einfach entsorgt und von jemand anderem ersetzt.

Wie heißt es so hübsch: *Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht*. Oder: *Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert*. Oder: *Gut meinen macht Herzen weinen.*

Um den Bogen zu den Flausen zurückzuspannen, kehre ich an die Wortwurzel zurück. Und zwar beobachteten wir eine Frau, die einen Babyvogel aufgesammelt hat, um ihn großzuziehen. Offensichtlich nicht wissend, dass die Vogeleltern ihre Küken auch noch außerhalb des Nestes weiterversorgen. Es kann irritieren, dass die kleinen Flausen tatsächlich noch sehr grün hinter den Ohren aussehen (quasi null flugfähig), aber sie hat ihm keinen Gefallen getan, indem sie die Fütterung nun übernehmen will.

Für die Piepmätze sind die ersten Tage außerhalb des Nestes (wie sich bestätigte) die gefährlichste Zeit (in etwa wie für Schildkröten nach dem Schlüpfen der Run Richtung Wasser) -  sie müssen schnell flügge werden. Diese Woche haben unsere kleinen Rotschwänze (die nach den Kohlmeisen unter der Dachterrasse nisteten) das Nest verlassen. Eines hat sich dabei das Genick gebrochen. Die anderen wären um ein Haar Futter für eine schöne, ausgewachsene Äskulap geworden - hätten wir nicht eingegriffen und die Schlange zwangsumgesiedelt. Ein paar Bilder werden euch von uneren Flausen erzählen...


Zu Saison und Temperatur passt dieser cremige Salat mit vielen frischen Kräutern und Bohnen:

Zutaten 2-4P*:

150g fêves (Saubohnen), bereits gepuhlt, blanchiert*
150g weiße Bohnen, gekocht* 
1/2 Bund Frühlingszwiebeln
1 kleine Stangensellerie
2 EL fein geschnittene Petersilie
eingige Blätter fein geschnittene Minze
3 EL Reisessig
4 EL Sesamöl
2 EL helle Soja-Sauce
etwas Zitronensaft
30g Soja-Geschnetzteltes
100g frischer Ziegenkäse
ca. 100ml Kochwasser der Bohnen
(alternativ:  Gemüsebrühe)
Salz, Pfeffer

Zubereitung:

Alle frischen Kräuter fein schneiden - das Grün der Frühlingszwiebeln kann rühig etwas breiter geschnitten sein. Auch die Stangensellerie fein schneiden.

Das Sojageschnetzeltes mit der gleichen Menge an kochendem Wasser übergießen und quellen lassen.

Den Ziegenkäse würfeln und mit Reisessig, Sesamöl, Soja-Sauce und Zitronensaft sowie dem Weiß der Frühlingszwiebel mischen und eine Salatsauce herstellen. Salzen und pfeffern. Je nach dem mit Kochwasser der Bohnen oder Gemüsebrühe auffüllen und die Bohnen darin direkt marinieren. Dann das frische Grün untermengen. Den Salat nochmals abschmecken und mindestens eine halbe Stunde ziehen lassen. Nochmals abschmecken (Bohnen *fressen* Gewürze).

*Anmerkung m: die Menge reicht für 2-4 Personen - wie haben uns ihn geteilt zu Bratkartoffeln. Die weißen Bohnen habe ich selbst gekocht: am Vorabend mit reichlich Wasser quellen lassen, dann spülen, mit neuem Wasser und einem Stück Kombu-Alge aufsetzen und ca. 45-60min köcheln lassen - das Kochwasser eignet sich gut, um die Salatsauce damit zu strecken, außerdem marinieren die weißen Bohnen besser, wenn man sie noch heiß mit der Vinaigrette mischt. Die fêves stammen aus dem Garten und die puhle ich stets abends - wenn ich koche, habe ich meist Hunger und dann dauert es mir zu lange...





2x Nigel: Buttermilch-Polenta mit grünem Frühlingsgemüse und Miso-Mayonnaise

Freitag, 22. Juni 2018


Erbsen und Saubohnen bietet der Garten an und ein letztes Mal nehme ich Spargel vom Markt mit. Der Händler hat das endgültige Aus laut gemacht. So habe ich mich für diesen Teller gleich zwei Mal von Nigel Slater inspirieren lassen. Buttermilch-Polenta gab es ebensowenig hier jemals wie Miso-Mayo. Beides einen Versuch wert. Auch getrennt von einander. Und auch ohne dass man noch an grünem Spargel vorbei läuft. Dafür ließe sich ja die Menge an Saubohnen erhöhen. Oder noch ein paar Zuckerschoten dazujubeln. 

Ach, was schreibe ich: euch wird schon was einfallen. So schwer beim Kochen zu improvisieren, ist es ja nicht... Und ich verkneife mir mal irgendeinen altklugen Satz zum Thema *Improvisieren im Leben* im neuen Blogjahr. Obwohl... Hier auf dem Land, also der französischen Campagne ist ja das Imprivisationstanzen ganz groß. Vielleicht fallen euch zu diesem Essen ja obendrein ein paar Moves ein... in der Gruppe oder allein, um die Herdplatte oder in einer Jurte... immer schön raus damit!


Zutaten 2P:

Polenta
275ml Buttermilch
275ml Gemüsebrühe
120g Polenta
2 Lorbeerblätter
Salz, Pfeffer
1 Stück Parmesanrinde
2 TL Crème fraîche

Miso-Mayonnaise*:
80ml Erdnussöl (m: weniger)
2 TL weiße Miso-Paste
2 TL Senf, körnig
1 kleine Zitrone, die Zesten davon
Schnittlauch 

200g grüner Spargel
1 handvoll Erbsen
1 handvoll Saubohnen

Zubereitung:

Für die Polenta Buttermilch und Brühe miteinander erhitzen, Lorbeerblätter dazugeben ebenso wie die Käserinde und die Polenta einrieseln lassen. Bei leichter Hitze unter aufmerksamen Umrühren um das Anbrennen zu vermeiden die Polenta garen - dauert etwa 30-40min. Salzen, pfeffern und mit  Crème abschmecken.

Parallel dazu das Gemüse putzen: Erbsen puhlen, Saubohnen auch, diese aber zusätzlich aus ihrer Hülle befreien. Den grünen Spargel richten: Enden abschneiden und unteres Drittel schälen. 

Für die Mayo das Eigelb mit dem Senf vermengen und das Öl unter stetigem Rühren langsam anschütten. Mit Miso und Zitronenzesten abschmecken - *für diese Mayonnaise braucht es das Eigelb nicht zwingend. Für die Artischocken bereite ich eine ähnliche Begleitung (ohne Miso) zu und wenn ich mit Senf und etwas Zitronensaft beginne und das Öl in gleicher Manier einfließen lasse, dann entsteht eine ähnlich cremige Konsistenz (für alle Frisch-Eigelb-Verweigerer).

Den Spargel über Wasserdampf garen. Erbsen und Saubohnen kurz vor dem Servieren in kochendes Wasser geben und in zwei-drei Minuten gar ziehen lassen.

Die Polenta auf zwei Teller verteilen, Gemüse ebenfalls, die Mayo zum Gemüse setzen und mit Schnittlauchröllchen garnieren.

Inspiration: Nigel Slater und hier 


Nouruz - As-e-Reshteh

Dienstag, 20. März 2018


In Iran ist uns der Zoroastrismus zum ersten Mal begegnet. Ja, sogar eine deutschsprachige Reisegruppe, die rein auf den Spuren der Zarathustrier unterwegs waren, kreuzte uns. Und jetzt auch in meiner Lektüre in Thailand tauchten sie immer wieder auf. Eines dieser Bücher (ich werde noch darauf zurückkommen) brachte mich auch auf das Neujahresfest Nouruz, das Frühlingsfest oder auch das Fest der Tag- und Nachtgleiche, das seinen Ursprung findet in in der "heidnischen" Religion des Zoroastrismus, und das am heutigen Tag  gefeiert wird.

In dem Buch werden nicht nur die Zeremonien beschrieben, die symbolische Tischdekoration und die verschiedenen Gerichte, sondern auch die religionsübergreifende Gesinnung, mit der Nouruz gefeiert wird. *Heute sind wir weder Muslime noch Juden noch Christen* heißt es in diesem Buch *heute sind wir alle Brüder! Heute sind wir Zoroastrier*. 

Grundsätzlich beten die Zoroastrier das Licht an und gehen - wie eigentlich alle Religionen - von einem Dualismus aus, also dass die Erde sowohl das Gute wie das Böse beheimatet: zwischen dem Herrn des Lichtes und jenem der Finsternis tobt ein Kampf, dessen Schauplatz die Erde ist. In eben diesem Gegensatz ist der Mensch gestellt.

Oder um es mit Nietzsche zu formulieren (*Also sprach Zarathustra*):
*Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist Etwas, das überwunden werden soll. Was habt ihr gethan, ihn zu überwinden? Alle Wesen bisher schufen Etwas über sich hinaus: und ihr wollt die Ebbe dieser grossen Fluth sein und lieber noch zum Thiere zurückgehn, als den Menschen überwinden.*

Doch wie geht *menschliches Wachstum*? Gehen wir davon aus, dass jeder Mensch individuell ist. Jeder hat seine Vorlieben und seine Abneigungen. Ein  Konzept also, zu dem wir 100 prozentig stehen. Aber jedes Konzept hat immer ein polares Gegenüber, mit dem wir uns sehr schwer tun. Wer die Wärme liebt, freundet sich erst einmal mit der Kälte schwer an.

Und wir sind aufgefordert, das Gegenüber zu integrieren! Das ist nicht leicht, kostet Kraft, Überwindung, tut weh, macht Angst....

Wenn uns diese Integration aber geling, so erweitert und vergrößert sich unser Konzept, wir wachsen in jeder Hinsicht zu einem neuen, besseren Konzept, zu einem neuen, erweiterten Menschen. NUR- dieses neue Konzept hat auch wieder ein Gegenüber, ein anderes, neues Gegenüber, und dieses gilt es wiederum zu integrieren, immer und immer wieder neu - so geht die menschliche Evolution!

Meine Brüder, zur Nächstenliebe rathe ich euch nicht: ich rathe euch zur Fernsten-Liebe.“ (nochmals Nietzsche *Also sprach Zarathustra).

In Yazd - einer iranischer Stadt, in der wir uns länger aufgehalten haben - finden sich noch einige kultische Bestattungsorte der Zarathustrier wie *Türme des Schweigens*. In dem Silk Road Hotel fühlten wir uns warm willkommen und ebenso allerköstlichst bekocht. Die As-e-Reshteh aßen wir dort besonders gerne.

Nouraz ist nationaler Feiertag in vielen Ländern und wird etwa gefeiert in: Iran, Aserbaidschan, Afghanistan, Kasachstan, Kirgisistan, Syrien, Tadschikistan, Turkmenistan, in der Türkei, in Usbekistan, Georgien (ein Tag) und Indien bei den Parsen als Jamschidi-Fest (siehe auch Holi). 

Einen schönes, neues Jahr zum dritten Mal (nach diesen und diesen Wünschen) und euch allen viel Licht und Lust am Streben danach!



Zutaten 2P - Schnellvariante:

150g weiße Bohnen, gekocht*
100g Linsen, gekocht*
100g Saubohnen, gefroren*
1 Bund Petersilie
150g Spinat
2 Zwiebeln
1/2 TL Kurkuma
120g Pasta (m: kurze Penne)
600ml Gemüsebrühe
1 TL Sumac
Sonnenblumenöl
2 TL getrocknete Minze
etwas Zitronensaft
Deko
Joghurt
Safran-Wasser
Minzöl

Zubereitung:

Die Zwiebeln schälen, halbieren und in feine Streifen schneiden. In 2 EL Öl zusammen mit dem Kurkuma in ca. 10-15min goldbraun rösten. Mit etwas Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker würzen. Zur Seite stellen.

5 EL Sonnenblumenöl erhitzen, die getrocknete Minze unterrühren, kurz rösten, vom Feuer ziehen und zur Seite stellen.

Den Spinat waschen, von den Stielen befreien, abtropfen lassen und sehr fein hacken. Petersilie waschen, ebenfalls von den Stielen befreien und gleichfalls fein hacken.

Reichlich Salzwasser zum Kochen bringen und die Pasta darin al dente kochen - abschütten und zur Seite stellen.

Die Linsen zusammen mit den weißen Bohnen mit 300ml Gemüsebrühe 5-10min  köcheln lassen. Petersilie und Spinat zufügen und weitere 15min köcheln lassen. Mit 1 Teelöffel Minzöl, Salz und Pfeffer würzen. Pasta und restliche Brühe anschütten, Saubohnen unterrühen und weitere 2min köcheln lassen. Salzen, peffern und mit Zitronensaft abschmecken.

Die Suppe auf zwei Teller verteilen. Zum Servieren mit den Kurkuma-Zwiebeln, Joghurt, Minzöl und Safranwasser dekorieren und mit Sumac besträuen.

*Anmerkung m: Im Original-Rezept werden getrocknete, weiße Bohnen sowie getrocknete Saubohnen verwendet und diese mit den Linsen mit Wasser bedeckt und ca. 1 Stunde 15min köcheln gelassen. Ich würde - für diesen Weg - sowohl die Bohnen wie die Saubohnen am Abend zuvor in Wasser quellen lassen: das verkürzt die Kochzeit und die Verträglichkeit. Das gemeinsame, lange Kochen - im Gegensatz zu meiner Schnellvariante - macht den Eintopf sämiger und schlonziger, weil die Hülsenfrüchte fast musig zerfallen. Die etwas längere Zubereitungszeit lohnt also durchaus!

 Inspiration: Tasting Table


Methusalem-Minestrone

Sonntag, 4. Februar 2018


Die über Hundert Jahre alte Sizilianerin Tonia Nola wurde nach dem Geheimnis ihres hohen Alters gefragt und sie antwortete: *Heiter und ohne Stress arbeiten, nicht neidisch sein und viel Minestrone essen*. Tja, so schlicht könnte sich das Pamphlet einer  Sekte lesen, das Manifest einer Gesundheitsbewegung oder das Transparent eines Weltverbesserers. Aber wirklich um den Finger wickelt es nur aus dem Mund einer Hundertjährigen, oder?

100 Jahre, *Sto Lat* besingen sich die Polen oder prosten sich zu. Aber will man das? Will ich hundert Jahre alt werden? Das wären ja noch ... *rechen*... EWIG!

Tendenziell finde ich die Haltung, etwas auszuhalten, durchzustehen ja nicht die schlechteste. Aber was weiß ich denn? Was weiß ich vom Älter werden, von Krankheit, Schmerzen, Leid? Neenee, da ziehe ich das Genick ein und mache den Mund zu einem Strich - dazu sage ich lieber überhaupt nichts. Vielleicht will ich es irgendwann wie Maud halten und finde, das achzig Lenze, achzig Lenze genug sind... was weiß denn ich!

Örgs. Prompt fällt mir das elendige Queens Lied *Who wants to live forever* ein. Und ich h-a-s-s-e Queen. Jeder hat doch ein paar Bands, von denen er sämtliche Songs unerträglich beschissen findet. Bei mir spielt eben Queen in dem Club der Degradierten. Oder die Scorpions. Oder... aber lassen wir das. Wobei ich an die Freddy Mercury Bar in der sagenhaft faszinierenden Stadt Sansibars (dem Geburtsort eben jenes) die besten Erinnerungen habe: in dem Viertel Jahr, in dem wir uns dort aufhielten, glich Stone Town einem Backofen und die Kleider klebten bereits nach wenigen Schritten schweißnass am Körper. Aber in dieser jener Bar direkt am Meer wehte selbst in der Mittagsglut ein frisches Windchen. Ich bin wieder abgekommen...

Die Wissenschaft hält es ja durchaus für realistisch, dass schon bald jeder zweite von uns (!) über 100 Jahre alt werden könnte. Durchaus eine Rahmenbedingung, die Denkanstoß bietet. Allein in den letzten hundert Jahren hat sich unsere Lebenserwartung gar verdoppelt. Und selbst das Erreichen von 150 Jahren scheint nicht mehr ausgeschlossen. Aber - und jetzt kommt das *Aber* (... als hätten wir es nicht gewußt): die durchschnittliche Lebenserwartung (also ebenso die zukünftige) ist stark gekoppelt an Bildung und Einkommen. Wie heißt doch ein alter, küchenaffiner Spruch, der wohl über Jahrtausende unverändert bleiben wird: Fett schwimmt oben.

Eine kleine Seitentür der Möglichkeiten bleibt bestehen - womit wir wieder bei Tonia Nola wären - es sei denn, man vermeidet Neid und Stress, versucht heiter zu bleiben und schüsselweise Minestrone zu essen. Und ich wäre doch kein Serviceblog, wenn ich mich nicht um eine fröhliche Gemüsesuppe für euch gekümmert hätte, die in kalten Zeiten wie diesen Herz und Bauch erwärmt. Ich bitte euch... Soll einer sagen...


Zutaten - 2P:

1 Zwiebel
2 Knoblauchzehen
1 Stange Lauch
1 Stange Sellerie
1 kleine Kohlrabi
3 Karotten
2 Kartoffeln, festkochend
1 handvoll fêves (oder Erbsen)
1 EL Tomatenmark
1 TL dunkle Miso-Paste
100ml Veggie-Jus
500ml Gemüsebrühe (eventuell plus)
2 Lorbeerblätter
1 Msp Pimenton dela vera
Harissa
Salz, Pfeffer
Rapsöl
100g Crozets 
Olivenöl
frische Kräuter zum Beträuen
(m: etwas Basilikum-Pesto) 

Zubereitung:

Die Zwiebel fein würfeln, ebenso den Knoblauch, das Weiße und Hellgrüne des Lauchs in Ringe schneiden, den Sellerie fein hacken. In wenig Olivenöl anschwitzen. Das Tomatenmark unterrühren und ebenfalls kurz mitrösten. Die Gemüsebrühe anschütten, den Veggie-Fond sowie die Lorbeer-Blätter und Miso zugeben und zum Kochen bringen. Die Crozets zufügen, Deckel auflegen, 5min köcheln lassen, dann die in kleine Würfel geschnittenen Kartoffeln und die in Scheiben geschnittenen Karotten zufügen, Deckel auflegen und ca. 10min köcheln lassen.

Nun den klein gewürfelten Kohlrabi zufügen. Weitere gute 5min köcheln. Den Eintopf mit Salz, Pfeffer, Harissa und Pimenton abschmecken. Kurz vor dem Servieren die geforenen Saubohnen untermengen und direkt in der Suppe warm ziehen lassen. Gegebenenfalls - wers suppiger mag - noch etwas Brühe nachschütten. Auf tiefe Teller verteilen, mit frischen Kräutern oder Pesto garnieren und duftend auf den Tisch stellen.

*Anmerkung m: die Crozets SIND in dem Eintopf - auch wenn sie sich unsichtbar abgesetzt haben... das müßt ihr mir einfach glauben. Eine schöne Variante finde ich, die Crozets nicht in der Suppe gar ziehen zu lassen, sondern getrennt in Brühe gar köcheln zu lassen und sie dann als Einlage vorher knusprig zu braten - s. Rezept Crozets

Die Jamie Minestrone bleibt eine gute Idee, vorallem das Gemüse nacheinader anzubraten bringt zusätzliches Aroma - falls ihrs weniger deftig wie heute wollt...


Verständnis: Graupenrisotto mit Zucchini, Saubohnen und Ziegenkäse

Montag, 3. Juli 2017

Dafür, dass wir keinen Alkohol trinken, koche ich ausgesprochen gerne damit. Gerade Noilly Prat zählt neben Sherry bzw. Portwein zu meinen liebsten Kochweinen. Ist der Noilly erst einmal einreduziert, dann hinterläßt er ein zartes Bouquet von duftenden Kräutern. Große Empfehlung also. Dieser Tage bin ich wieder losgezogen, um Nachschub einzukaufen. In den endlosen Apéro-Schluchten des Supermarktes kann man sich verlieren: Alk, so weit das Auge reicht. Ich beschließe, um Hilfe zu bitten.

In dem Moment, in dem ich die Fachkraft gestellt habe, rattert es in meinem Hirn: Wie spricht man doch gleich wieder *Noilly Prat* aus? Mein erster Versuch scheint fehlerhaft. Der Supermarkt-Angestellte schaut mich so entgeistert an, als hätte ich ihn an seinen Kronjuwelen gezogen und wäre anschließend unter hysterischem Geschrei in Ohnmacht gefallen. Also gut, ich schiebe die Erklärung *un vermouth* hinterher und probiere mich an einer Version mit betonterem *i*. Der Verkäufer erhält für seine pantomimische Darstellung von Ratlosigkeit 10 von 10 Punkten.

Ich überlege mir währenddessen das mit den Kronjuwelen und der Ohnmacht nochmal, seufze genervt, winke ab und nuschle ein *Merci for nothing*. Zurück vor den Alk-Regalen leuchtet mir ein, warum sie hier ihren Apéro so dringend brauchen. Und ich vermisse Deutschland. Das sind genau die Momente, in denen ich mich im Nachbarland fremd fühlen kann.

Hey, wir Deutsche sind super im assoziativen Denken! Richtig groß! Richtig beweglich. Du kannst in Deutschland in einer Gruppe Fremder stehen, dir rutscht ein Wort  von der Zunge weg und die geschlossene Mannschaft sucht fieberhaft und entgegenkommend mit nach dem Begriff. Ja, oder es wird einfach gemeinsam gerätselt, was du gemeint haben könntest. Fast vorauseilend. Also in Deutschland wäre der Ehrgeiz der Fachkraft in der Situation entflammt. Die wäre mit zum Regal und hätte gefragt, welche Farbe das Edikett hat. Oder so. Das kann dir in Frankreich nicht passieren. Die bleiben stehen wie die Ölgötzen und halten Maulaffen feil.

Du kannst in Frankreich - erzählen wir unseren Feriengästen gerne um das Drama zu veranschaulichen - mit einem Wohnwagen hinter dem Auto anhalten und fragen, wo denn hier der Campingplatz ist. Dabei sagst du vielleicht anstelle von *terrain de camping* *place de camping* oder dir gerät die nasale Silbe von *camping* zu sehr oder zu wenig in die Nase, worauf der Fränzi antworten wird: *Quoi?* Was soll das sein? Noch nie gehört. Nein, sowas, also sowas gibt es hier nicht! Sûrement, soetwas gibt es bestimmt in ganz Frankreich nicht. Tja, die trinken hier einfach zu viel Apéro.

Und essen dagegen deutlich zu wenig Gerste. Voilà, ein sommerlicher Vorschlag zum zweiten - nach dem famosen  Pumuckel-Graupenrisotto.
Zutaten 2P: 

100g Perlgraupen
1 Schalotte
2 Knoblauchzehen
2 kleine Zucchini, in 1/2cm -Würfel geschnitten
100g Saubohnen
Gemüsebrühe
Noilly Prat
100g Ziegenkäse
einige Zweige Thymian
1/2 Bund Basilikum
2 TL Tapenade aus grünen Oliven
1/2 TL Tamari
Salz, Pfeffer
Rapsöl

Zubereitung:

Den Knoblauch würfeln. Die Zucchini in Würfel von einem 1/2cm schneiden. Zusammen mit dem Knoblauch die Zucchiniwürfel in wenig Olivenöl golden anbraten. Zur Seite geben. Nun die Schalotte zusammen mit den Thymianblättchen anschwitzen.

Ein Drittel der Zucchini-Würfel zurück in den Topf geben, die Gersten kurz mitrösten und mit einem kräfitgen Schluck Noilly Prat ablöschen. Die Gemüsebrühe anschütten und etwa 45min leicht köcheln lassen. Die letzten fünf Minuten die restlichen Zucchiniwürfel dazu geben. Kurz vor Ende die blanchierten Saubohnen zufügen, den Ziegenkäse unterrühen und mit Tamari und Tapenade würzen. Salzen, peffern. Den in Streifen geschnittenen Basilikum unterheben und zum Servieren mit einigen grünen Oliven garnieren.


Anmerkung m: Liebe Leserschaft, sehen Sie davon ab für die gute Reputation meiner Fränzis in die Bresche springen zu wollen. Ich weiß, derlei Geschichten ermuntern (Urlaubs)Erlebnisse dagegen zu halten, die das glatte Gegenteil belegen. Und ich weiß auch, dass wir Deutsche einen kleinen Überhang zur Rechthaberei haben. DAS ist nun mal mein Erleben. Und keine Sorge, es kommen andere Geschichten, die die Verhältnisse wieder umdrehen werden...

Last call - Malfaldina mit grünem Spargel, Erbsen und Fêves

Dienstag, 21. Juni 2016

Neben der Schlichtheit der (ursprünglichen) Idee, die mich sofort anzog, kam als zusätzlicher Beschleuniger für die Umsetzung mein eingeforener Spargelfond hinzu. Allerdings nicht aus dem Bratenschlauch wie bei Robert, sondern bei mir ist es der Sud, der mir blieb, nachdem ich zuerst die Spargelschalen auskochte um darin dann den weißen Spargel zu garen. Dieses Kochwasser ließ ich hierfür weiter einköcheln. Obendrein winkt das Ende der Spargel-Saison.

Natürlich mußte ich genauso wie Robert ein wenig *eigenfummeln*. Zu den letzten Stangen grünen Spargel gabs noch die ersten Erbsen und Saubohnen dazu. Und ein ordentlichen Stich Butter sowie etwas Zitronenabrieb gesellten sich zum letzten Finish. Ganz und gar prima zu essen - auch zum offiziellen Sommeranfang!

Zutaten 2P:

100g Mehl
80g Hartweizenmehl
2 Eigelb
1 Ei
1 EL Olivenöl
Salz, Pfeffer
evt. etwas kaltes Wasser

150g grüner Spargel 
100g Erbsen
100g Saubohnen
150ml Spargelfond
40g Butter
etwas Zitronenabrieb
Salz, Pfeffer
Parmesan
Zubereitung:

Aus den Zutaten für die Nudeln einen homogenen Teig kneten und mindestens 1 Stunde eingewickelt kühl stellen. Den Pastateig auswellen und zur gewünschten Nudelsorte schneiden (meine waren Malfaldina-ähnlich)

Den grünen Spargel putzen und in mundgerechte Stücke schneiden. In  einem Teil der Butter zuerst die unteren Stücke anbraten, dann die Spitzen zufügen. Den Spargelfond angießen, Deckel auflegen und fertig garen.

Parallel reichlich Salzwasser zum Kochen bringen und die Nudel darin al dente garen.

Zu dem grünen Spargel die ausgelösten Erbsen und fêves zufügen, die Butter unterrühren und mit Salz, Pfeffer, Zitronenschale und einer Prise Zucker abschmecken.

Die Nudeln nicht zu trocken unter die Sauce mischen und mit frisch geriebenem Parmesan servieren.
Quelle: Robert von Lamiacucina

äußerlich grün: Tarte mit Spargel, Erbsen, Ziegenkäse und Pesto

Montag, 30. Mai 2016

Die Erwartungshaltung, dass Schule vorbereiten soll, das Leben eigenverantworlich in Freiheit zu führen, wie man es sich wünscht, hat sich für mich nicht erfüllt. All die vielen auswendig gelernten Details, die zusammengesetzt kein Ganzes, noch nicht ein mal ein Puzzel ergeben - ein mosaikhaftes Stückwerk ohne roten Faden. Danach hatte ich die Schnauze so richtig dicke von aller Theorie. *Was man schwarz auf weiß besitzt, dass kann man getrost nach Hause tragen*. Und dort zum anderen Papier im Regal einsortieren. Ich wollte Praxis.

Dass mich das Leben nach vielen Kurven dennoch an die Uni verfrachtete, überraschte niemanden mehr als mich. Und neben der Erfahrung, dass mir studieren um Welten einfacher fiel als die Schullaufbahn, verdanke ich der Zeit dort vor allem aber eines: ich bin gefeit vor allem Dünkel! Kein Professorentitel noch eine andere here Auszeichnung vermag mir seither Hochachtung oder Ehrfurcht einzuflößen. 

Es wird überall nur mit Wasser gekocht. Und gerade der Status höherer Bildung dient leichterdings und hervorragend zur schmucken Maskarade. Und geht zudem nicht zwangsläufig einher mit überlegener Intelligenz. Über diesen Mehrwert des Studiums bin ich froh. Ich gebe zu, das klingt nahezu blasphemisch. Doch eben diese Erkenntnis birgt für mich eine größere Freiheit, ja Unbefangenheit im Umgang mit Menschen. Äußerlichkeiten vermögen mich weder einzuschüchtern noch mich zu einem Urteil zu verleiten, welches an irgendeinen gesellschaftlichen Rang geknüpft ist. Das Maß aller Dinge kann doch nur das Wesen, der Charakter sein.

Es kann die Ehre dieser Welt
Dir keine Ehre geben,
Was dich in Wahrheit hebt und hält,
Muss in dir selber leben.

Wenn's deinem Innersten gebricht
An echten Stolzes Stütze,
Ob dann die Welt dir Beifall spricht,
Ist all dir wenig nütze.

Das flücht'ge Lob, des Tages Ruhm
Magst du dem Eitlen gönnen;
Das aber sei dein Heiligtum:
Vor dir bestehen können. 
(Theodor Fontane)

Die Ausbildung zur Anständigkeit, Redlichkeit, Wahrhaftigkeit, die Herzensbildung bleibt gänzlich *dir* überlassen und kann keine Universität, keine Institution, keine Gesellschaftsform noch eine Gemeinschaft für *dich* übernehmen. Was ich übernehmen kann, ist einen kleinen Vorschlag für eine weitere Tarte zu liefern -  so grün wie der grünste aller Monate, der Mai: mit grünem Spargel, Erbsen und dicken Bohnen. Verfrischt mit frischem Grün als Pesto aus Minze und Radieschenblätter.
Zutaten - längliche Tarteform 34cm x 11cm:

Tarteteig
100g Dinkel 1050
60g Dinkelvollkorn
80g Butter, in kleinen Flöckchen
Salz
2 EL Quark oder Joghurt
etwas kaltes Wasser

1 Ziegenfrischkäse (ca. 120g)
100g Erbsen
50g fêves (gepuhlt, geschält)
500g grüner Spargel
1/2 Limette, Abrieb davon
1 Pr Zucker
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette
3 EL geriebener Parmesan
etwas Öl

3 Zweige Minze
1/2 Bund Radieschen
1 EL Holunderblütensirup
etwas Limettensaft
Salz, Pfeffer
2 EL Sonnenblumenöl
2 EL Haselnussöl 

Zubereitung:

Die Zutaten für den Tarteteig homogen verkneten und mindestens 1 Stunde eingewickelt im Kühlschrank ruhen lassen. Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche ausrollen und die gebutterte Form damit auskleiden. Für 20min in die Tiefkühltruhe stellen. Den Spargel putzen und schälen.

Den Ofen auf 200° vorheizen. Den Spargel mit Öl bepinseln und für ca 10min im Backofen garen. Währenddessen die Crème aus Ziegenfrischkäse, Erbsen und dicken Bohnen herstellen. Dazu alle Zutaten fein pürieren und mit Salz, Pfeffer, Zucker, Piment d'Espelette und Limettenschale würzen.

Den Tarteboden mit der Crème bestreichen. Die Spargelstangen dicht an dicht darauf verteilen und den Parmesan darüber streuen.

Im 190° heißen Ofen ca. 40min backen (falls die Tarte von oben zu dunkel werden droht: abdecken). Parallel dazu das Pesto zubereiten. Dafür das Radieschengrün zusammen mit den Minzblättern, Sonnenblumenöl, Holunderblütensirup und Limettensaft pürieren. Salzen, pfeffern und das Haselnussöl untermischen. Einige Radieschen fein würfeln.

Die Tarte nach dem Backen kurz ruhen lassen und mit einem scharfen Messer in Stücke schneiden. Gemeinsam mit dem Pesto servieren und die feingewürfelten Radieschen darüber streuen.
Inspiration: Britta von Karmafoodra

Gegensätze: Pilzpolenta mit Pesto von Fêves und grünem Spargel

Dienstag, 17. Mai 2016

In der ersten Hausarbeit, die ich an der Uni abgeben mußte, griff ich auf das mir dienliche Zitat meines Mediävistik-Profs zurück: *Im Mittelalter dachten die Menschen das Gegenteil stets mit*. Und der Prof unterstrich seinen eigenen Satz rot und schrieb *schön* daneben - erfreut also, sich zitiert zu finden (so sind sie, die Profs...).

Eigentlich ein Kuriosum. Dass *im düsteren Mittelalter* der pipolare Aspekt aller Dinge eine Selbstverständlichkeit darstellte. Also, dass zwei Seiten einer Medaille immer gedanklich zusammen gezogen wurden. Himmel und Hölle zwar Gegenteil, aber dennoch eine Einheit - Erde - ausmachten. These-Antithese-Synthese (wie: Armut-Reichtum-Besitz/ laut-leise-Lautstärke/ warm-kalt-Temperatur/ hart-weich-Festigkeit/ Ruhm-Fall-Anerkennung/ Kind-Erwachsener-Alter uswusf).  Klingt heutzutage doch nach höherer Philosophie.

Dabei macht genau DAS *Menschwerdung* überhaupt erst möglich. Wäre der Mensch hier auf Erden nicht zwischen zwei Pole, in das Spannungsfeld von Gut und Böse gestellt, wäre es dahin mit seiner Freiheit. Dann müßte er automatisch einem bestimmten Naturell folgen - Tier gleich. Doch der Mensch besitzt einen freien Willen. Damit kann er sich für oder gegen etwas entscheiden, kann entscheiden, wo er mitspielt und wo nicht, wie er etwas möchte und wie er es nicht haben will. In diesem Spannungsfeld kann Mensch urteilsfähig werden, nur so kann er zu Bewußtheit gelangen.

Prima Gelegenheit meinen neuen Lebensbegleiter dazu zuziehen: Oscar Wildes *Das Bildnis des Dorian Gray*. Dort steht: *Nun, der Weg der Paradoxe ist der Weg zur Wahrheit. Um die Wahrheit zu prüfen, müssen wir sie auf dem Seil tanzen sehen. Erst wenn die Wahrheiten zu Akrobaten werden, können wir sie beurteilen.*

In der Küche bildet Kalt-Warm immer ein schönes gegensätzliches Duett. Hier die warme Polenta, die ich mit einem kalten Pesto aus dicken Bohnen und grünem Spargel serviert habe. Biss geben die getrennt gebratenen Champignon-Hüte. Und das gewisse Eßwas macht wie bei jeder Polenta hier die köstliche Tessiner Polenta, mit der uns die gute Sabine versorgt. Seit wir den Unterschied kennen, wollen wir keine andere mehr. Wirklich nicht!
Zutaten 2P:

200g Champigons
2 Schalotte
1 EL Pilzpulver
90g Polenta 
(m: Farina per polenta corvina integrale ticinese da mais nero)
200ml Milch 
200ml Gemüsebrühe
2 EL geriebener Parmesan
Salz
weißer Pfeffer
ein Stich Butter

Pesto
8 Stangen grüner Spargel 
1 handvoll ausgelöster, gekochter, dicker Bohnen
2 Zehen junger Knoblauch
etwas Zitronensaft
Salz, Pfeffer
1 EL fein gehackter Pistazien
Haselnussöl

Zubereitung:

Das untere Ende der Spargel schälen, in Stücke schneiden und in etwas Wasser mit einem Schuß Essig und etwas Zucker in etwa 10min garen. Kalt abschrecken. Die Köpfe zur Seite legen. Die unteren Abschnitte zusammen mit den dicken Bohnen und dem Knoblauch fein pürieren. Haselnussöl und Pistazien untermischen. Mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken.

Champignons putzen und Stiele von Köpfe trennen. Die Stiele fein wüfeln, ebenso die Schalotten.
Die Schalotten zusammen mit den Pilz-Stielen in der Butter glasig dünsten. 

Brühe und Milch zum Kochen bringen. Die Polenta einrieseln lassen. Das Pilzpulver untermischen.

Bei kleiner Hitze die Polenta unter stetigem Rühren quellen lassen - ca. 25min. 

5 Minuten vor Ende die Champignon-Köpfe in einer kleinen Pfanne in etwas Öl von beiden Seiten goldbraun braten. Zum Servieren den Parmesan unter den Maisgrieß rühren, die Pilz-Köpfe vierteln, die Polenta auf zwei Teller verteilen, die Pilze darüber verteilen, einen guten Löffel Pesto dazu und die Spargelköpfe drappieren. Voilà!
Inspiration Pesto: Sabine von Bonjour Alsace