heilsam: Pflaumenkuchen mit Knusper-Mandeln und Toffee-Lavendel-Glasur

Donnerstag, 1. Oktober 2020

Things change - ein Satz, der gerade keine Diskussion auslöst, da wird wohl keiner widersprechen. 2020 zeigt sich dahingehend ja mustergültig. Ändert sich der Mensch zwangsläufig mit. Nicht so wirklich, oder? Am liebsten hätte man doch die Zeit vor Covid zurück.

Mein Goethe zweifelt mit: *Und so finden wir die Menschen, über deren Veränderlichkeit so viele Klage geführt wird, nach vielen Jahren zu unserem Erstaunen unverändert und nach äußeren und inneren unendlichen Anregungen unveränderlich.*

Ganz ehrlich, die allerwenigsten, die ich kenne, verändern sich - sie werden einfach nur älter. Aber anders? Eher nicht. Und meistens hält einen das Umfeld mit in der Spur. Veränderungen mögen viele Menschen nicht sonderlich. Das hat schnell etwas Bedrohliches. Doch gibt es ein größeres Wunder als das der Metamorphose? Das eine Transformation überhaupt möglich ist - das ist doch das großartigste Phänomen dieses Planeten!

Dass ausgerechnet mir eine Verwandlung widerfährt, dürfte für niemanden rätselhafter sein als für mich als Hauptbetroffene. Und ich deute nicht mit 10 Fingern auf mich, um mich als hellste Leuchtboje hinzustellen. Denn mein Verdienst ist wohl am geringsten dabei - viel mehr kommt mir das als segensreiche, himmlische Gnade vor. So ein bißchen wie das Ende bei Sterntaler.

Wenn ich zurückdenke an die leicht zu verunsichernde, schnell errötende Micha, hätte ich selbst wohl nicht geglaubt, dass ich dem Dunstkreis der Fassadenpolierer, Angsthasen und Duckmäuser entweichen kann, in dem ich aufgewachsen bin. Selbst meine Kindergartenfreundin staunt über den Weg, den ich zurück gelegt habe.

Nirgendwo liegen Fluch und Segen enger beieinander als in Beziehungen. Und meine Rettung kam in Person des Habibs in mein Leben, der das Beste ist, was mir je passierte. Schon ganz am Anfang, als sich ungefragte Einmischler gegen uns verschworen und alles daran setzten uns wieder zu trennen, wurden in mir Kräfte geweckt, die ich selbst nicht kannte. *Das bist doch nicht mehr du*, hieß es damals. Stimmt, das musste wohl schon mein neues Ich gewesen sein. Die letzten Jahre waren für mich Therapie: der Habib liebte mich gesund, brachte mir Vertrauen bei, Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit, tiefes Interesse und Verbundenheit. Was ist es ein Unterschied, zu hoffen, dass es solche Werte gibt und sie dann wirklich zu erleben!

Dazu dieser besondere Ort an dem wir leben, die wilde Natur, die Weite, die Stille - all das trug zur Heilung bei. Tut es noch.

Nicht zu vergessen die Reisen, die mir  - wie bereits dem Habib - zur Emanzipation verholfen haben.

Als dritte, wundersame therapeutische Säule kommt noch die Nüchternheit dazu, die mir ebenfalls der Habib vorlebte und an die ich mich nur anzupassen brauchte. Wie in meiner *Über mich*-Beschreibung kann ich gar nicht oft genug wiederholen, wie sensationell sich meine Wahrnehmung verändert, seit ich nüchtern lebe. Es ist, als könnte ich mit Antennen auf dem Kopf wackeln: ich sehe mehr, ich höre mehr - jeder Tag hat an Intensität gewonnen.

Passenderweise spülte mir das Internet ein Filmchen vor die Füße mit einer äußerst unterhaltenden Erklärung zur Nüchternheit aus dem Mund eines richtigen Bilderbuch-Gurus (et je suis absolument d'accord avec lui!). Also wollte man sich an Fasching als Guru verkleiden - dann hätte ich jetzt eine Vorlage. Ob Sadhguru tatsächlich ein waschechter Guru ist, kann ich euch nicht sagen. Ich habe ihn noch nicht durchs Wasser gezogen. An Anhängerschaft scheint es ihm nicht zu mangeln. Mein Guru ist er nicht. Ich halte es mit Gurus ja wie mit Propheten - jedem der Guru, den er verdient. Bref: das muss jeder selbst wissen, wem er vertraut. Aber Sadhguru hat definitiv Charme - der bekäme alles verkauft. Wie findet ihr ihn?

 

 
Wie Charlotte bereits feststellte, könnte dieser Kuchen auf dem Weg sein, sich zu einem guten, alten Blog-Buster zu entwickeln. Dass es die überhaupt nicht gibt! Zumindest bin ich nun Blog 3, der das David-Lebovitz-Rezept aufgegriffen hat. Logo, musste auch ich meinen eigenen Senf dazu geben - der Blog-Name verpflichtet (mettre son grain de sel heißt übersetzt eben genau das). 

So habe ich die Fruchtmenge nochmals mehr erhöht als Petra, eine 26er Form verwendete ich wie Charlotte und ebenfalls wie sie verbrauchte ich die ganze Tüte gehobelte Mandeln. Ich finde ja, dass eigentlich jeder Rührkuchen durch mein Sugar-Spice gewinnt. Zumindest mir schmeckt er dann besser. Das Tüpfelchen auf dem i macht der Lavendel in der abschließenden Glasur on the top.

 
Zutaten:

750g Zwetschgen, säuerlich (inklusive einiger Brombeeren)
 
Mandelbelag:
100g Mandelblättchen
2 EL Weizenmehl 
40 g Brauner Zucker 
½ TL Zimt gemahlen
40 g Butter
 
Teig:
175 g Weizenmehl T 550
½ TL Backpulver
½ TL Natron
1½-2 TL Sugar Spice
½ TL Salz
115 g Butter
120 g Zucker
2 Eier Gr. L
125 ml Buttermilch (m: lait fermenté = Dickmilch)
 
Toffee-Glasur:
30 g Butter
2 EL Brauner Zucker Muscovado
3 EL Sahne
1 Prise Salz
2
TL fein gehackter Lavendel
 


Zubereitung:
 
Ofen auf 180°C Ober-/Unterhitze vorheizen. Eine Springform (26 cm Durchmesser) mit Backpapier auskleiden. Zwetschgen, waschen, trocknen, entsteinen und vierteln (meine kleinen habe ich nur halbiert). Zutaten für den Mandelbelag in einer kleinen Schüssel vermengen. 
 
In einer zweiten Schüssel trockene Teigzutaten vermengen. Weiche Butter in eine Rührschüssel geben und mit dem Handrührer cremig aufschlagen. Zucker zugeben und ca. 3 Minuten zu einer hell-cremigen Masse schlagen. Die Eier nacheinander unterschlagen. Vanilleextrakt unterziehen. Die Hälfte der trockenen Zutaten unterheben, dann die Buttermilch und schließlich die zweite Hälfte der trockenen Zutaten. Nur so lange rühren, bis die Zutaten gerade eben vermischt sind. 
 
Den Teig in die vorbereitete Springform geben und glattstreichen. Die Zwetschgen mit der Hautseite nach unten dicht an dicht auf dem Teig anordnen. Den Mandelbelag auf den Zwetschgen verteilen. Im vorgeheizten Ofen ca. 60 Minuten backen, bis der Teig gerade eben durch ist (Stäbchenprobe - mit mehr Pflaumen brauht er etwas länger). Herausnehmen und abkühlen lassen. 
 
Später Kuchen aus der Form lösen und auf eine Platte setzen. 
 
Die Zutaten für die Toffee-Glasur in einem kleinen Topf mischen und zum Kochen bringen. Temperatur reduzieren und 1 Minute unter Rühren köcheln lassen. Auf dem Kuchen verteilen und einziehen lassen. Mit Schlagsahne servieren.
 
  
 

12 Kommentare

  1. Ich habe manchmal den Eindruck, dass es für gewisse (Selbst-)Erkenntnisse oder gar -entwicklungen Schicksalsschläge oder Traumata braucht, die das "bis hier" bzw. "" wie weiter" recht generell infrage stellen. Zwar soll es auch jene geben, die sich "einfach so" auf den Weg machen, aber meiner küchenpsychologischen Erfahrung nach sind Schmerzen der eigentliche Katalysator. Wie gut, wenn man da Menschen hat, die einen begleiten. Und manchmal auch ein Stück fabulösen Gebäcks...
    Herzlich: Charlotte

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    1. Meiner Beobachtung, Charlotte, gehen selbst die extremsten Schicksalsschläge nicht zwangsläufig einher mit einer inneren Veränderung. Und wenn - möchte man manchmal klagen - eher Richtung *Trauma* als Richtung *Emanzipation*. Bon, der Willen ist des Menschen Königreich. Daran rüttelt auch nix von außen.

      So wie es nix dran zu wackeln gibt, dass das wirklich ein äußerst gelungener Kuchen ist. Das sollte sich selbst beim zweiten Mal backen bestätigen ;-)) ganz herzlich zurück!

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  2. Für Nüchternheit ist unsere Gesellschaft nicht gemacht

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    1. Da haust du aber ein Statment raus, Herr oder Frau Anonym!

      Als Mittrinker oder Randgruppe?
      Nun, ich als nichtmittrinkende Randgruppe sehe das ähnlich ;-) So einfach ist der Alk nicht rauszukürzen.

      Die Schwierigkeit ist nicht, dass man mal mit Alk für eine Zeit experimentiert und seine Erfahrungen sammelt, sondern dass man dann nicht mehr aussteigen und aufhören kann.

      Und: für Nüchternheit gilt das Gleiche wie für Schwangerschaft: ein bißchen nüchtern gibt es nicht.

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  3. Lustig, dass dem "deutschen Senf", den man dazugibt, im Französischen das Salzkorn entspricht ;-) Der Kuchen sieht fantastisch aus und ruft nach Nachbacken -bald! Momentan sind die Prioritäten etwas anders gesteckt... Herzlich grüßt Hannah

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    1. Und wie alle alten Sprichwörter; Hannah, so bildlich:
      würde an einer Aussage der eigenen Meinung nach nicht die Würze fehlen, könnte man wohl seine Klappe halten und müßte seinen Senf/ Salz nicht dazu geben...

      Für *die Prioritäten* wünsche ich das allerbeste ;)! herzlich zurück...

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  4. Liebe Micha, der Guru ist echt charmant :-) und deinen Kuchen werde ich Ende der Woche nachbacken, wenn wir Besuch bekommen! Was die Veränderung und die Selbsterkenntnis angeht, das ist wohl ein Prozess, der sich ein Leben lang fortsetzt - im besten Falle. Ich gebe dem Guru Recht, das größte Problem ist wohl die Unwissenheit. Herbstliche Grüße, Susanne

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    1. Oder, Susanne? Also ich finde den auch gewinnend - und dass er derart den Humor der Inder trifft :) Ja, hoffentlich bleibt man sich ein Leben lang auf den Fersen, steht sich auf den Schlips und macht sich die eigenen Baustellen immer wieder bewußt. Es wäre zumindest dem Weltfrieden förderlich. Nur seinen letzten Satz würde ich anders formulieren: das größte Problem ist für mich das Böse und das Verstecken hinter Unwissenheit.
      herzlich und schön nass-herbstlich zurück...

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  5. Fast noch schöner als dein Pflaumenkuchen ist, wie du über den Habib sprichst ... Das rührt mich sehr.
    Alles Liebe ...

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    1. Gegen große Vorzüge eines anderen gibt es kein Rettungsmittel als Liebe

      dir auch, liebe Maria, alles Gute für dich und deine ganze family

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  6. Zumindest der Pflaumenkuchen verändert sich etwas - wie so oft Rezepte, die durch die Blogs reisen ;-)

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    1. Na, das Wesentliche des Kuchen, Petra, ist erhalten geblieben - er ist weiterhin sofort erkennbar! Wie gerne greife ich doch Inspiration von dir auf. Das habe ich mir von den Anfängen des Bloglesens - nämlich besonders gerne deinen - bewahrt ;-)

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