Feeder: Spitzkohl-Wickel mit Polenta

Freitag, 11. November 2022

 

Die Tage habe ich mich mit einem Jüngling unterhalten. Sehr gut sogar, nämlich offen, zugewandt und gegenseitig interessiert. 20 Lenze ist er frisch und bereits ein wenig schwunglos, was den Elan für die Zukunft angeht. Wirtschaftsingeneurswesen studiert er im dritten Semester ohne Visionen, was er dann beruflich mal damit anstellen will. Geld verdienen halt.

*Hmm*, meinte ich, *wird ja irgendwie auch immer schwieriger, noch einen dieser guten Berufe ausfindig zu machen, die überhaupt eine Existenz ermöglichen.* Entweder man fristet sein Dasein in einem dieser Bullshit-Jobs. Oder aber man wird regelrecht gefressen von seiner Erwerbstätigkeit und das Leben besteht nur noch aus Arbeiten. 

*Jetzt mal rein von der Beschäftigung, wenn es nur darum ginge, mit was du dich besonders gerne auseinandersetzt - ohne jeden finanziellen Hintergedanken - was würdeste denn dann machen*, fragte ich ihn. Er schaute mich verwirrt an. Ganz so, als hätte er sich dem Thema von dieser Seite noch nie genähert. Sehr lange brauchte er nicht zu überlegen: *Feeder*, sagte er. Ich so: *Hä??? Kannst du mir das wiederholen?* *Feeder.* *Was soll das sein?* Professioneller Gamer bezeichnet man so, werde ich aufgeklärt. Noch nie gehört. Tsss, da sieht man mal: ich lebe hinter den sieben Bergen. *Ich bin in Bezug auf Videospielen nahezu jungfräulich*, bekenne ich. Keinerlei Playstation-Erfahrung vorzuweisen. Ein bißchen Gameboy (Tetris/ Super-Mario) und *Breakout* (das Nostalgie-PC-Spiel beschreibe ich umständlich, weil ich natürlich den Name nicht kenne). Ich muss also nachhaken.

*Ja, und was spielst du dann so? Ballerspiele?* *Auch*. *Und alleine oder verbindest du dich im Netz mit anderen?* *Mal so, mal so* *Und mit deiner Freundin, mit der spielst du ebenfalls?* Ja, zuletzt ein Fantasy-Spiel, das hätte ihnen gut gefallen. *Ich spiele einfach gerne, zum Beispiel nach der Uni ein Stündchen, das entspannt mich, das bringt mich runter* erklärt er sich, *nur um damit Geld zu verdienen, dafür bin ich zu schlecht. Das gilt gleichfalls fürs Programmieren*.

Ich erzähle ihm von einer Arte-Doku, die der Habib und ich kürzlich gesehen haben: *Das Geheimnis der Hieroglyphen*. Wir waren beide total fasziniert mit welcher Obsession dieser junge Franzose sich im 19. Jhdt hinter dieses Rätsel geklemmt hatte, getrieben von Neugier, angefeuert von eigener Motivation. *Tja*, seufzte mein Frischling, *soetwas muß man halt erst einmal finden, etwas für das man brennt.*

Das berührt mich, wie er das sagt. Hat unsere heutige Gesellschaft samt technischen Errungenschaften der Jugend womöglich die Phantasie genommen, frage ich mich. Wo sind die Träume, die Sehnsüchte, die Spielplätze um sich ausprobieren zu dürfen. Wo sind die Möglichkeiten geblieben?

Und eine weitere kleine Anekdote kommt mir in den Sinn und zwar von einem Mathelehrer in der Grundschule. Er beginne seine Stunde oft mit einer Knobelaufgabe, damit hätte er die Rasselbande meistens eingefangen und schnell begeistert. Intrinsische Motivation nennt das die Pädagogik. Ist doch interessant, dass Jungmenschen sich besonders gerne selbst ausprobieren wollen, oder? 

Wird ja im Alter nicht anders: lieber selbst entdecken als irgendetwas nachlabern oder bloß hinterhertigern auf ausgetrampelten Pfaden. Ach, seufze auch ich jetzt innerlich, dass Freiheit sowie innerer Antrieb SOOO entscheidend sind, denn erst dank selbstgemachter Erfahrungen entwickle ich meine Fähigkeiten weiter - sowohl im Materiellen wie im Geistigen. Erst müssen Sinne und Wahrnehmungen verfeinert werden und reifen dank vielfältiger Erlebnisse, dann wächst die Neugier und Faszination an der Welt fast von alleine mit. Und auf diese Weise bildet sich dann Humus, auf dem sich Geist weiterentwickeln kann, nämlich zu einem Wesen, das sich selbst zu bestärken weiß und sich selbst immer besser kennenlernt - das Gegenteil von dem im Außen gefütterten Egoismus und Narzissmus. Versteht ihr den Unterschied? Versteht ihr, was ich meine?



Der Herbst bleibt warm. Keinerlei vorwinterlichen Momente zu verzeichnen. An einem Tag, an dem der Himmel ausnahmsweise mal nicht aufreißen wollte, gabs dann trotzdem einfach so ein Vorgefühl auf die kalte Jahreszeit auf dem Tisch. Krautwickel. Weil Bertrand von der Lebensgemeinschaft unseres Dorfes auf dem Markt so hübschen wie steltenen Spitzkohl verkauft hat - an dem konnte ich nicht vobeilaufen. Gute, alte Hausmannskost, wie ich sie uns immer wieder gerne auf den Teller bringe und direkt erneut mit einem Schwung Grünkern... wenn ich schon dabei bin. Ich glaube, dann mache ich daraus einen Triple und präsentiere mit der nächsten Rezepte-Idee wieder etwas mit Grünkern!

 

Zutaten 2P - 6 Wickel:

1 mittlerer Spitzkohl
Füllung:
75g Grünkern
Oregano
150g Pilze
1 Schalotte
2 Knofi
2 EL Peterslie, fein gehackt
Thymian
geriebener Käse (m: Comté)*
Olivenöl
1 EL Tamari
Harissa
Salz, Pfeffer

Sauce - Wickel:
150ml Brühe
2 EL Tamari
1 TL Rübensirup
2 Lorbeerblätter

120g Polenta 
Gemüsebrühe (m: hälftig mit Mandelmilch)
1 EL Mandelmuß 

Zubereitung:

Grünkern grob schroten.  Mit 150ml kochender Gemüsebrühe übergießen und 1/2 Stunde - 1 Stunde ziehen lassen.

Für die Füllung die Schalotte, den Knofi und die Pilze fein hacken. Zusammen in etwas Olivenöl anbraten. Dann restlichen Zutaten für die Füllung zugeben - außer Käse und Petersilie. Noch etwas Brühe angießen und bei zugedecktem Deckel und leichter Hitze weitergaren lassen - ca. 10-15 min. Dabei immer wieder umrühren und aufpassen, dass die Masse nicht anhängt. Gegebenenfalls noch etwas Brühe zufügen.( Füllung soll aber nicht zu feucht werden).. Zuletzt Petersilie und Käse untermischen und nochmals würzig abschmecken.

6 Blätter vorsichtig von dem Spitzkohl lösen, die mittlere Rippe flacher schneiden und in ausreichendem Salzwasser einige Minuten garen, abschütten (Sud auffangen) und abtropfen lassen. 

Die Füllung auf die 6 Kohlblätter verteilen und in die Kohlblätter einschlagen. Wer mag, wickelt noch Küchengarn herum, dann kann man gut die Kohlwickel auch von beiden Seiten anbraten (m: nicht gemacht).

Sonnenblumenöl in einer Pfanne erhitzen und bei starker Hitze die Wickel auf ihrer Bodenseite (also da, wo der Wickel offen ist) anbraten, bis sie unten mindestens eine schön gold-braune Farbe angenommen haben. Dann Hitze auf kleine Flamme reduzieren, Brühe, Tamari, Rübensirup und Lorbeerblätter zufugen, Deckel auflegen und ca. 10-15min köcheln lassen.

Parallel die Polenta nach Packungsanweisung zubereiten. Zusammen mit den Wickeln und der einreduzierten Sauce servieren.

*Anmerung m: den restlichen Spitzkohl habe ich in einer Pfanne scharf angebraten mit Thymian und Kräutersalz - und dazu serviert/ Käse kann man rauskürzen, hilft aber, die Füllung etwas zusammenzuhalten/ Veganer ersetzen den Käse durch eine vegane Variante


2 Kommentare

  1. Ah, mein Lieblingsrezept von allen. Da kommen starke Kindheitserinnerungen hoch und dabei ist kein Gramm Fleisch enthalten. Damit ist die ganze Familie zufrieden :-)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ach, schön - am Tisch sollen bestenfalls alle zufrieden sein. Und in meinem Universum am liebsten ohne Fleisch. Kochst du die Wickel dann nach einem eigenen Rezept?

      Löschen

Für Kommentare gilt: die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) wurden an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.