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Krabat: Apfeltarte mit Kaffeekruste und Ingwer-Orangen-Guss

Sonntag, 19. November 2023


Eine der wunderbarsten Fähigkeiten von Büchern ist, dass sie verbinden können. Diesen Frühling habe ich *Marie de Brebis*, das ich von jemandem vom Tribe (coucou Monique) geschenkt bekommen hatte, jemandem vom Tribe (coucou Petra) während ihrer Zeit bei uns zum Lesen gegeben. Was uns dann noch näher zusammengebrachte, weil wir ganz ähnlich auf dieses Buch reagiert haben.

Ich erinnere mich, dass ich Vergleichbares mit *Krabat* erlebt hatte. Auf meiner ersten Reise alleine nahm ich *Krabat* mit, liebte die Geschichte wie beim ersten Mal lesen und nach mir verschlang es meine Mitbewohnerin (coucou Katharina), mit der ich mir auf Koh Tao den Bungalow teilte, um Geld zu sparen. Auch uns beide ließ das geteilte Leseempfinden enger zusammen rutschen. *Marie de Brebis* wie *Krabat* kommen entschieden auf die *Bücher meines Lebens - Edition 2*. 

Wobei ich alle Bücher von Otfried Preußler toll finde- doch Krabat ganz besonders. Über diese abgrundtief hundsmiserable Verfilmung war ich damals so aufgebracht, dass ich Preußler einen Brandbrief der Entrüstung schreiben wollte. Er war aber kurz vor dem Kinostart gestorben.

Krabat wurde mir gerade wieder lebendig, weil ich eine Doku über Otfried Preußler angeguckt habe (ja, schon wieder Arte, für die Interessierten unten eingestellt). Mit dem ersten Blick auf Otfried Preußler denkt man, was ein freundlicher, gutmütiger, anständiger Mann - manchen Menschen ist es einfach ins Gesicht geschrieben. Wie erstaunt war ich, dass Preußler über 10 Jahre an Krabat geschrieben hatte - sein Lebensbuch. Ein Buch, dass er sich beim Spazierengehen im Wald wieder und wieder ins Diktiergerät erzählte, daran änderte und feilte... bis sein Meisterwerk fertig war. 

Wieviel von seiner eigenen Biographie darin steckt, auch darauf wäre ich nicht gekommen: er verarbeitet darin seine eigenen traumatischen Erfahrungen im Krieg und 5 Jahre Gefangenschaft in einem russischen Lager. Wieder entlassen mit 25 Jahren, zurück in Deutschland bei seiner großen Liebe Annelies quält ihn die Frage: wie konnte er, wie konnte eine ganze Generation sich derart verführen lassen und in den Bann böser Mächte geraten  - seine Theaterstücke blieben völlig erfolglos, die Thematik interssierte in den 50igern niemanden. Nach dem Krieg beschäftigt mit Wiederaufbau und Verdrängung zieht man heile Welt samt Schlagermusik und Heimatfilmen jeder Art von Aufarbeitung vor.

Erst Mitte der 1990er zeigt die sog. *Wehrmachtsausstellung* Verbrechen einfacher, deutscher Soldaten und löste ein gewaltiges und auch breitgefächertes Echo aus: von Protesten (à la *Diffamierung stoppen!*) bishin zu Zuspruch - ein Land erinnert sich, fragt nach Verantwortung der Väter bzw- Großväter-Generation und: der Einzelverantwortung. Preußler fragt sich auch, wieso ausgerechnet er überlebte.

Die Geschichte von *Krabat* dreht sich um die Frage, was fasziniert an bösen Mächten und wie kann ich ihnen zu widerstehen. Eigentlich ist es eine märchenhafte Fassung der biblischen Geschichte vom verlorenen Sohn. Preußler macht sich die alte sorbische Sage (die als Vorlage diente) von dem Waisenkind aus dem 17 Jhdt ganz zur Auseinandersetzung mit seinem eigenen Leben: der Schwarzmagier/ der Diktator, der seine Knechte im Lager hält. Doch mit schwerer Rückkopplung: die Überlegungen setzen Preußler derart zu, dass er in eine schwere, psychische Krise gerät und die Arbeit an diesem Buch zwischendrin aufgeben muss.

Die Sage spielt in einer Mühle. Wie oft hat der Habib mir dieses Bild vor Augen gesetzt: die Mühlarbeiter, die auf engen, steilen Stegen Doppelzenter-Säcke hochtragen müssen, Getreide-Säcke von 100kg. Heute eine unvorstellbare Viecherei. Der Habib schleppte noch 50kg Zementsäcke den Berg hoch, um dem Hang das Haus abzutrotzen. Heute wiegen die Zementsäcke lediglich 25kg.

Der Gedanke ist schon verführerisch, es im Leben durch magische Kräfte leichter zu haben, anderen voraus zu sein, größer, stärker, mächtiger. Als Jugendlicher hegt man gerne solche Wünsche und Sehnsüchte. Doch die Entscheidung, die Krabat am Ende fällt ist: ich will kein Zauberer mehr sein, ich will, dass das endet, selbst wenn ich dafür sterbe. Krabat entscheidet sich somit bewußt gegen alle Erleichterung, gegen alle Vorteile und für alle Mühen, Plagen, alles Leid und Elend, das unweigerlich dazugehört, wenn man sich dem Leben stellt. Er entscheidet sich in aller Bescheidenheit und Demut lieber hundsgewöhnlich zu sein, 08-15, einer von vielen, nichts Besonderes. Das rettet ihn, sowie die Liebe eines Mädchens, das fest im Glauben verankert ist.

Aber - und das ist das Wesentliche: er entscheidet sich damit gleichzeitig für die Freiheit. Und somit für das Gute. Denn das gilt es sich bewußt zu machen: nur das Gute läßt frei. Das Böse aber raubt dir deine Entscheidungsfähigkeit und Urteilsfähigkeit samt deinem freien Willen - so lautet Preußlers Erkenntnis aus seinen Erlebnissen. Rest seines Lebens bleibt er entschiedener Pazifist. Er hatte sich geschworen, berichtet seine Tochter in der Doku, sich nie wieder instrumentalisieren zu lassen, er hat sich geschworen, nie wieder ein Gewehr in die Hand zu nehmen


 

 *Es gibt eine Art von Zauberei, die man mühsam erlernen muss, das ist die, wie sie im Koraktor steht, Zeichen für Zeichen und Formel für Formel. Und dann gibt es eine, die wächst einem aus der Tiefe des Herzens zu, aus Sorge um jemanden, den man lieb hat*, schreibt Preußler in Krabat.

Im tiefen Mitgefühl liegt die eigentliche Magie.

Und einen Sonntag kann man leichterdings magischer machen, wenn man dazu Kuchen serviert. Ich stelle euch ein weiteres Apfelkuchen-Rezept vor. Denn Apfelkuchen-Rezepte, derer kann man unmöglich genug angesammelt haben. Und dieses Stück Kuchen wird euch in Erinnerung bleiben, da es mit ungewöhnlichen Aromen aufwartet: ein bißchen Kaffee, ein bißchen Inger, ein bißchen Kardamom, ein bißchen Orange. Noch nicht wirklich adventlich aber auf dem Weg dazu.

 

 Zutaten:

Tarteteig:
200g Mehl
110g Butter, kalt
60g Rohrzucker
1 TL Crème fraîche
Salz
10g Instant Espresso
5g Kakao
1/2 TL Kardamom
etwas kaltes Wasser
...
500g Äpfel, entkernt, geschält
2 Eier
100g Mascarpone
200g Crème fraîche
60g Rohrzucker
ca. 2cm Ingwer, gerieben
1 Orange, der Abrieb davon
...
ca. 2-3 EL Muscovado-Zucker
ca. 2-3 EL gehackte Nüsse (m: Haselnüsse)

 

 

Zubereitung:

Alle Zutaten für den Tarteboden miteinander vermengen und rasch zu einem glatten Teig kneten. In Folie wickeln und etwa eine halbe Stunde im Kühlschrank ruhen lassen. Danach eine Tartefom (oder Srpingform) mit dem Teig auslegen und dabei einen Rand hochziehen. Den Boden mit einer Gabel mehrfach einstechen.

Für die Füllung die Äpfel schälen, entkernen und in schmale Spalten schneiden. Die Apfelspalten auf den Teig in der Springform verteilen.

Den Ofen auf 200° Grad vorheizen (m: Intensivbacken = mehr Unterhitze).

In einer Schüssel die Eier, den Zucker, Crème und Mascarpone verrühren, Ingwer und Orangenschale dazu reiben und untermischen. Die Masse über die Äpfel gießen. Zuletzt ein paar gehackte Nüsse sowie den Muscovado-Zucker auf den Kuchen streuen.

Den Kuchen ca. 45 Minuten fallend auf 180° Grad backen.

Anmerkung m: man kann den Guss auch mit 3 Eiern und 300g Schmand backen.

Inspiraiton: Was eignes

 

Abk. : Kokoskuchen mit Rhabarber und Lavendel

Sonntag, 4. Juni 2023

 

Genau genommen handelt es sich um ein Kokosblechrührkuchen mit Rhabarber und Johannisbeeren, weißer Schokolade, Orange und Lavendel. Aber das ist wie im richtigen Leben: zu viel Details schrecken ab. Es reicht eine kleine Überschrift, eine Einordnung, eine kurze Zusammenfassung - damit ist man doch meist schon bedient. *Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest* (Rilke). Vielleicht macht man es sich manchmal zu kompliziert. Bestimmt, da bin ich mir sicher, sollte man jede Form von Grübeln unterlassen. Das tut nicht gut, das führt zu nichts außer Kopfzerbrechen. Was (mir) nicht immer einfach fällt. Sehr oft erhält man nämlich keine Antwort vom Leben auf drängende Fragen. An mir kann das schaben. Wieder fällt mir Rilke dazu sein..., der sagt, dann habe doch einfach die ungelöste Frage selbst lieb... ich hatte es davon. Wäre nur der harte Reifen mit der Geduld nicht. Gut, in einem Rezept kommt spätestens mit der Zutatenliste sowieso alle Infos, die man benötigt.

Die Johannisbeeren etwa könnt ihr gut rauskürzen, wenn ihr schönen Himbeer-Rhabarber bekommt. Die gebe ich oft der Farbe zuliebe hinzu. Oder aber ihr mengt noch ein paar Himbeeren unter - auch super. In Südfrankreich bin ich froh, wenn ich überhaupt Rhabarber auftue. Auf dem Markt seltenst. Und bei uns im Garten habe ich die Hoffnung gesteckt, nach mehreren Versuchen ihn bei uns anzubauen. Er will nicht.

Mach dich rar und du wirst zum Star, sagt man. Das trifft bei mir und meinem Verhältnis zu Rhabarber den Nagel auf den Kopf. Als er noch als Riesen-Trumm im elterlichen Garten wuchs, wollte ich von Rhabarber nix wissen. Aber gerade im Frühling gelüstert mich hier im Süden wenigstens ein Mal im Frühjahr nach einem Kuchen mit Rhabarber.

Um dem Kuchen einen regionalen Twist zu verleihen, habe ich mit Lavendel *parfümiert*. Und unsere Feriengäste haben bestätigt: das darf man ruhig machen, selbst wenn es ungewöhnlich klingt - es schmeckt! Auf Lavendel im Essen reagieren ja viele skeptisch. But I do my very best um gegen diese Vorurteile anzuarbeiten. Naja, hänge ich es etwas tiefer auf: anzukochen.

 


 Zutaten:

1 1/2 kg Rhabarber (m: 1 kg Rhabarber, 250g Johannisbeeren)
250g Butter, weich
160g Rohrzucker (plus etwas mehr)
4 Eier
1 Pr Salz
300g Mehl (m: D630)
3 TL Back-Pulver
100g geriebener Kokos (und etwas plus)
3 EL Lavendel, fein gehackt
180g weiße Kuvertüre
1 Orange, Schale und Saft

 

 Zubereitung:

Rhabarber putzen und in 2 cm breite Stücke schneiden. Von der Orange 2 Tl Schale fein abreiben. 100 ml Saft auspressen. Kuvertüre hacken.

Butter, Zucker, 1 Prise Salz und Orangenschale mit den Quirlen des Handrührers mind. 5 min. schaumig schlagen. Eier nacheinander jeweils 30 Sek. unterrühren. Dann Mehl und Backpulver sowie Kokos mischen und abwechselnd mit dem Orangensaft unterrühren. Die Hälfte der Kuvertüre, sowie die Hälfte des fein gehackten Lavendel unterheben.


Teig auf ein gefettetes Backblech (40 x 30 cm) streichen, mit zusätzlichen Kokosflochen bestreuen und den Rhabarber und die Johannisbeeren darüber verteilen, außerdem dem restlichen Lavendel darüber streuen sowie 2-3 EL Rohrzucker. Im heißen Ofen bei 190 Grad (Umluft 170 Grad) auf der mittleren Schiene 20 min. backen. Restliche Kuvertüre auf den Kuchen streuen und weitere 15 min. backen. Auf dem Blech abkühlen lassen und in Stücke schneiden. 

Anmerkung m: wer keinen Kokos mag, kürzt ihn raus und nimmt insgesamt 400g Mehl

 

Akzeptanz: All-I-Need-Stew mit marinierter Aubergine

Sonntag, 20. November 2022


Ihre beiden Vorgänger habe ich mit Begeisterung gelesen, nun veröffentlichte Dörte Hansen  ihr drittes Buch *Zur See*. Im Zuge dessen schaute ich mir das Interview mit ihr darüber an auf der Frankfurter Buchmesse. Könnte ich mir eine Freundin backen, dann wäre sie wie Dörte. Ich mag ihr Gespür sehr für Brüche und Umbrüche, sowohl in der Gesellschaft, in Familien, im Individuellen, in geschichtlichen Abläufen. Mit viel Mitgefühl aber auch Humor legt sie den Finger ihrer Betrachtungen auf diese offenen Stellen.

Vielleicht sprechen mich ihre Beobachtungen deshalb so sehr an, weil sie eine Auseinandersetzung mit dem sind, was ich als Thema selbst in mir drehe und wende, seit mich letztes Jahr die Stromschnellen zerdellten. Meine Solbruchstellen kamen zum Vorschein und brachten mich und mein Selbstbild sehr ins Wanken. Ich dachte, ich würde stabiler stehen, schon mehr in mir ruhen, gefestiger sein. Dann kam der Sturm und ich zitterte in ihm wie Espenlaub.

*Die Wunde ist der Ort, an dem das Licht in dich eindringt* sagt Rumi. Ein Satz, der 2021 für mich Epoche machte. Und seither suche ich für mich nach einer tieferen Heilung. Neu im Notfallset sind für mich seither die Atemübungen des Dalai Lama. Die Atmung gilt in sämtlichen Meditationstechniken als zentrales Instrument, um in den Augenblick zu finden, um sich zu zentrieren, um zur inneren Ruhe einzukehren. Auch das übergeordnete Ziel von Yoga - für all jene, die es nicht zur reinen körperlichen Ertüchtigung praktizieren - versucht über bewußtes Ein-und Ausatmen, Achtsamkeit zu lehren.

Die letzten Jahre waren für viele von uns anstrengend. Das Außen tönte laut wie nie: ständig neue Katastrophen, Veränderungen, Bedrängungen, Anmaßungen, Unzumutbarkeiten. Manchmal kam ich mir vor wie in einer Gegenstromanlage. Nur irgendwie den Kopf hochhalten. Das benötigte bereits derart viel Kraft, dass wenig Energie für anderes übrig blieb. Sogar das Wichtigste von allem: sich um den Frieden in sich selbst zu kümmern, sich auf sich selbst zu besinnen - Selbstverantwortung.

Irgendwie war ich oft abgelenkt. Wohlwissend: die Wirklichkeit findet nur im Jetzt und Hier statt. Einzig und allein im Zusammentreffen von Zeit und Raum eröffnen sich Möglichkeiten. Wer zweifelt, darf James French demonstrieren lassen, wieviel Kraft steckt in a present mind and mindfullness. Leider, sehr leider stellt sich Aufmerksamkeit und Präsenz nicht automatisch ein. Automatisch degeneriert man - wie das Wort schon sagt - zum Automaten. Zum Zombie. 

In diesem Zusammenhang stieß ich auf Thich Nhat Hanh, den bekannten buddhistische Mönch aus Vietnam, der Anfang des Jahres gestorben ist. Ganz simpel erklärt er, dass wir zuallerst in uns selbst ankommen müssen, dass jeder einzelne eine Verbindung zu sich selbst herstellen muss. Es gibt kein anderes Zuhause als in uns selbst, in unserem Körper und Geist. Darin haben wir es uns einzurichten wie auf einer Insel. Ohne dass wir das nicht geschafft haben, brauchen wir uns überhaupt um gar nichts weiterzubemühen.

Und schon erreichen wir das große Wort *Akzeptanz*. Nur in Frieden und Ruhe kann ich mir Dinge, Geschehnisse, Erlebnisse, mich selbst anschauen. Wenn ich nicht in der Lage bin, alles so anzunehmen, wie es ist, dann verflüchtigen sich Frieden und Ruhe. Alles hängt zusammen.



Es bedarf bestimmt keiner tieferen Weisheit, um einzusehen, dass man den Lauf der Welt nicht ändern kann. Wirklich ändern kann ich nur mich selbst. Und vor sich selbst rennen wir am meisten weg. Wir kommen doch kaum mehr zum Nachdenken, wie soll man da noch Gelegenheit finden, sich selbst zu begegnen. Doch manchmal sind die Zusammenstöße mit sich selbst unausweichlich. Etwa, wenn man in Situationen gerät, in denen alles in einem *Nein* schreit. Weit, weit weg ist alle Akzeptanz, alle Einwillung, aller Friede.

Das sind die Momente, in denen wir eigene Solbruchstellen berühren. Was in mir will wahrgenommen und angenommen werden. Vor was in mir will ich denn eigentlich den Blick abwenden? Dunkelheit sei deine Kerze - halte die Kerze ins Dunkle, sagt Rumi. *Wie kann ich im gegenwärtigen Moment bleiben, wenn er sich unerträglich anfühlt?* - auf eben diese Frage antwortet Thich Nhat Hanh (unten für euch und mich zum Erhalt eingestellt).

Um den Kreis heute zu schließen, zu dem *All-You-Need-Stew*, das ich mit der Reihe zu *Das Böse* kombiniert habe, lenke ich mit dem *All-I-Need-Stew* den Blick auf *das Böse* in mir selbst: Hochmut und Angst und all dem Unglück oder gar Verdrehungen, das daraus resultiert als Konsequenz. Wie kann ich mich dem stellen? Und wie kann ich das Unannehmliche in mir transformieren und erlösen? Denn ganz mit der Bibel: Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge? (Matthäus). Mag spirituelles Streben Privatvergnügen sein, so kenne ich doch keinen anderen Schlüssel (s. Schiller) zur Selbsterkenntnis, der gleichzeitig hilft, sich abzugrenzen vor der Verlogenheit anderer.

 

Das All-You-Need-Stew bereite ich nahezu wöchentlich zu - das ist ja so super abzuwandeln. Diese Lieblingsvariante kombiniert das nussige Quinoa mit diesem Karotten-Pü der Extraklasse, das nichts anderes ist als ein noch geheimgehaltenes DUBB. Damit ich euch aber auch noch zu etwas gänzlich Neuem inspirieren kann, zeige ich euch außerdem die marinierten Auberginen - eine Idee für die letzten ihrer Art für diese Saison.



Zutaten 2P:

Stew:
140g Quinoa*
Kokosfett
250g Gemüsebrühe
1 Lorbeerblatt
1 Zweig Thymian 
1 Knoblauchzehe, gequetscht

300g Karotten 
Kokosfett
Salz
Ahornsirup
1/2 TL Koriander, geschrotet
1/4 TL Zimt
1/4 TL Kreuzkümmel
Piment d'Espelette
1/2 Orange, Abrieb davon und Saft
Pfeffer
2 EL Kokoscrème (oder Mandelmus)
etwas Zitronensaft (oder weißer Balsamico)
Salz, Pfeffer 

3 kleine Auberginen
Olivenöl
fleur de sel
Pfeffer 
2 Knoblauchzehen
4 Zweige Minze
einige Stiele Petersilie
Piment d'Espelette
Rohrzucker
Zitronensaft 

 

Zubereitung:

Quinoa waschen, gut spülen, dann in Kokosfett kurz anrösten. Gemüsebrühe anschütten, Gewürze zufügen, Deckel auflegen und bei kleiner Hitze in ca. 20 min weich garen. Dann Lorbeerblatt, Thymianzweig und Knofi entfernen.

Für das Karottenpü die Karotten bürsten und in feine Scheiben schneiden. Mit Salz marinieren und stehen lassen, bis sie etwas Wasser gezogen haben. Die Gewürze in etwas Kokosfett rösten, Karotten zufügen und bei kleiner Hitze und geschlossenem Topfdeckel weich dünsten. Zuletzt abschmecken mit Orangenschale und -saft, Zitronensaft, Kokoscrème und Ahornsirup. Mit dem Zauberstab pürieren und das Quinoa unterziehen - nochmals abschmecken.

 
Auberginen der Länge nach halbieren und in Spalten von etwa 2cm schneiden.
Den Backofen auf 220° (Umluft 200°) vorheizen. Auberginenspalten in einer Schüssel in reichlich Öl wenden, mit Fleur de Sel und Pfeffer würzen. Dann auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und im Ofen (oben) in 15-20 Min. goldbraun und weich garen.
 
Währenddessen den Knoblauch fein würfeln, Kräuter ebenfalls fein hacken. Alles mit Zitronensaft, Fleur de Sel, Pfeffer, Zucker und Olivenöl mischen. Die Auberginen aus dem Ofen nehmen und gut mit der Marinade durchmischen - idealerweise 3 Stunden marinieren lassen.
 
*Anmerkung m: Man könnte die Karotten auch direkt in dem Quinoa garen, aber ich mag die pürierte (musige) Konsistenz lieber. Je nach Hunger und Beilagen kann man die Menge des Quinoa ruhig auf 180g erhöhen, die der Karotten auf 500g.
 
Daneben erkennt ihr Altbekanntes: der Super-Tofu oder die Zucchini-Bällchen
 
 

DUBB: Maries *gâteau de pauvre*

Sonntag, 21. August 2022


Marie hört man auf dem Markt schon von Weitem lachen. Sie lacht viel und oft, ist eigentlich immer fröhlich und heiter. Und das, obwohl sie viel arbeitet und sehr fleißig sein muss. Manchmal sieht man ihr an, dass sie müde ist. Viele bleiben an ihrem Markttisch stehen, auch ohne etwas zu kaufen. Man will nur ein paar Worte mit ihr wechseln und dabei - ganz unbewußt - ein wenig die Seele an ihr wärmen wie klamm gewordene Finger an einem Holzofen. Bei Marie kann man *good energy to go* mitnehmen: ein gemeinsames Lachen ist immer drin.

Wenn man wie Marie auf Madagaskar geboren ist, dann haben fast alle den gleichen Traum: man will eine Existenz, ein Auskommen. Denn damit erst gelangt man zu Freiheit und Wahl. Armut nimmt die Würde. Und Marie hat ihre Chance ergriffen, als sich ein Franzose in sie verliebte und sie mitnahm auf seinen Bauernhof in die weitentfernte Drôme. Der Anfang war nicht leicht und wenig romantisch. Ganz wie ihre Kindheit - nur auf andere Art und Weise: das Getuschel hinter ihrem Rücken, sie hörte es wohl, die Blicke, die Ausgrenzungen, Herabsetzungen - die Bösartigkeit der anderen verletzte sie tief. Ihre Schwiegermutter aber hielt zu ihnen und stüzte ihren Sohn: *Lass sie reden! Was zählt ist, dass ihr beide euch versteht.* Und das taten sie, treu einander verbunden, durch die Widrigkeiten im Außen umso mehr. Ihre zwei Buben - gerade im besten Frischlingsalter - legen bestes Zeugnis ab, beide absolut wohl geraten. Was rührte mich die kleine Anekdote über ihren Schwiegervater, der sich viele Jahre später an Marie wenden sollte: *Marie*, meinte er, *ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich hatte zu Beginn Vorurteile und weiß jetzt, ich habe dir Unrecht getan. Du hast ein gutes Herz.* Mir trieb diese Geschichte Tränen der Rührung in die Augen. Selten, oder, dass Menschen Fehler einsehen, diese bekennen und um Vergebung bitten. Marie war nicht nachtragend ihm gegenüber. Aber über den Charakter mancher Menschen läßt sie sich trotzdem nicht mehr blenden - dafür hat sie zuviel erlebt.

Nein, Marie hat zwar wie als Gabe ein ungewöhnlich sonniges Gemüt. Aber sie ist nicht eine Frohnatur, weil alles easy bei ihr läuft, sondern weil sie das Gegenteil nur zu gut kennt. Ich finde sie wunderhübsch!

Gute Gelegenheit auf den Blogartikel zu *Fremdelei* zurückzuverlinken!

 


 

Dieses Rezept stammt also aus Madagaskar *le gâteau de pauvre* (der Kuchen der Armen) und wurde mir von Marie weitergeben. Alles fing damit an, dass sie uns diese Kekse zum ersten Mal schenkte und der Habib ganz verrückt danach war. Es ist ihre Schlichtheit, die sie so gefällig machen. Man kann sich an ihnen einfach nicht satt essen. Zudem sind sie nicht zu süß, angenehm mürb und werden mit der Zeit nur besser. Sie sind einfach die perfekte Alltagsbegleitung zu Kaffee oder Tee.

Insgesamt 5 Mal habe ich sie schon zubereitet. Das Formen hat mir Probleme bereitet, weil ich zu kompiziert dachte. Weniger ist mehr, dann klappts auch mit den madegassischen Keksen.

Marie meinte, man könne das Rezept leicht variieren: einen Teil des Mehls mit Kokosflocken ersetzen, ebenso spielen mit dem Verhältnis von Orangensaft und Kokosfett, Orangenschalen-Abrieb untermischen... Mein Habib aber findet, man solle an perfekten Keksen nicht rumdoktern. Und so verschwinden die *Kekse der Armen* immer nach dem gleichen Rezept aus der Keksdose wie von alleine. Ein DUBB-Rezept also.

Ich bekam die Zutaten von Marie als Tassen-Rezept, für euch (und für mich) habe ich sie in Zahlen übersetzt.

 

Zutaten - ein Blech/ ca. 30 Stück:

150ml Orangensaft (frisch gepresst)
150ml Kokosfett, flüssig
75g Rohrzucker
300g Mehl (m: T65/ D630)
1TL Backpulver
 

Zubereitung:

Orangensaft und Kokosfett in eine große Schüssel geben. Ebenso den Zucker. Mehl mit Backpulver mischen und mit einem Holzlöffel so lange vermengen, bis der Teig homogen wird (dauert nicht lange).

Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Herd auf 180° (Umluft) vorheizen.

Dann mit einem Eßlöffel je eine Portion abnehmen und zwischen den Händen länglich rollen (eher von einer Hand in die andere - das bekommt ihr schon raus), bis die Oberfläche dadurch glatter wird und dann die Kekse mit ein wenig Abstand auf das Backblech setzen.

Im heißen Ofen ca. 25-30min goldbraun backen. Auskühlen lassen, danach in einer Keksdose aufbewahren.


derart geflochtene Schachteln ist Kunsthandwerk aus Madagaskar

Leichtsinn - fermentierter Kohlrabi mit Orange und Frühlingszwiebeln

Sonntag, 26. Juni 2022

 

Während der Schulzeit litt ich unter fürchterlicher Prüfungsangst. Vor jeder Klassenarbeit zwang sie mich aufs Klo und ein Monster im Nacken flüsterte mir zu: das kriegst du nicht hin, das kannst du nicht, du wirst versagen.

Als würden sie sich gegenseitig bestärken und große, neuralgische Nester bilden, verließ ich mein Elternhaus mit einem ganzen Konglumerat an unterschiedlichen, weitergegebenen Ängsten, die mich alle klein hielten und hemmten. Es kam, wie es kommen mußte, dass ich mit stürmischer Faszination und Begeisterung auf einen waschechten Abenteurer wie meinen Habib reagierte. Was ein Kerl! Einer, der zigfach ganz alleine die endlose Sahara (4000km!) durchquert hatte und sich in Schwarzafrika bewegte wie meiner eins in Bad Segeberg (symbolisch gesprochen ;). Ein Bekannter (Angehöriger) meines Schlages meinte zu den Reisen des Habib lediglich kopfschüttelnd, man müsse die  Gefahr ja nicht extra suchen. Dem graute grad so nur alleine bei der Vorstellung vor so viel Unbekanntem, vor so viel Unberrechenbarem. Mochte die Großmutter einst gerne großspurig tönen: *Die Ängstlichen habens im Himmel auch nicht einfacher* - Angst läßt sich nicht einfach abschütteln sondern verbeißt sich wie ein Wolf im dichten Schafspelz.

Die Tage sprachen der Habib darüber, dass unseren Beobachtungen nach immer mehr Menschen ganz offensichtlich Mut fehlt. Und da fiel dem Habib ein andere Vorwurf der Angsthasen ein, von denen er wiederholt zu hören bekam, dass er leichtsinnig sei. In dem Moment floß ein nach innen gekehrtes Lächeln über sein Gesicht: *Leichtsinn... Es ist mir noch gar nie aufgefallen, was das für ein schönes Wort ist!* Wir ließen uns *Leichtsinn* auf der Zunge zergehen und entdeckten dabei, dass *leichtsinnig* das Gegenteil zu *schwermütig* darstellt. Denn wer schwermütig ist, der stürzt sich bestimmt nicht in Neues, der traut sich vorneweg nichts zu, der hängt in bleiernen Seilen gefangen - hingegen läßt der leichte Sinn über manches Hinderniss hinwegfliegen. Laut WHO haben die Pandemiejahre die psychischen Erkankungen weltweit um 25 Prozent ansteigen lassen. Das ist enorm, oder?

*Wir Menschen werden wunderbar geprüft; wir könnten's nicht ertragen, hätt uns nicht den holden Leichtsinn die Natur verliehen* (Tasso/ Goethe). Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wir wissen Bescheid und doch hilft uns alle Theorie hier nicht weiter. Mut zeigt sich im Tun. Mut geht Wille voraus, Neugier und vielleicht auch Lebenslust (aber bestimmt nicht die Suche nach dem schnellen Kick - um das hier mal abzugrenzen).

Ein anderer Goethe-Liebling ist dieser Satz: *Von der Kraft die alle Wesen bindet, befreit der Mensch sich, der sich überwindet.* Allen Freigeistern und gleichfalls all jenen, die spirituell streben bleibt nur, sich auszuliefern und zu stellen. Ganz, ganz oft geht mir in dem Zusammenhang der kleine, rumänische Junge durch den Sinn, der eine lange, schwere Krebserkrankung überstanden hatte und gefragt wurde, was er anderen Kindern, die Gleiches vor sich hätten, raten würde. Ich schrieb bereits darüber. Er antwortete ernst: *Mutig sein, an sich selbst glauben und jeden Tag beten.* Das ist so weise! Mit diesen drei Eigenschaften gibt er das Rüstzeug um prinzipiell gut durchs Leben zu kommen an die Hand.

Seien wir realistisch: Mut ist für dieses lebensgefährliche Leben unbedingt erfordlich. Unabkömmlich. Grundvoraussetzung. Völlig alternativlos. Und wenn das Außen zu bedrohlich erscheint, dann fängt man eben zuerst mit dem Inneren an.

*In sich zu gehen braucht ganz schön viel Mut, weil es nicht immer schön ist, was man da so sieht. Aber wenn man sich dem stellt, dann findet man plötzlich eine große Freiheit und öffnet sich für anderes. Man entwickelt seine Qualitäten und Werte - das ist ein großer Reichtum* sagt in einem Interview die wunderbare Isa von Zaz, die so singt, wie ich gerne singen könnte (und by the way übrigens auch keinen Alk mehr trinkt). Und deshalb gibts für heute ein Lied von ihr dazu.

Ja, es ist leichtsinnig, sagt die Vernunft - aber es ist, was es ist, sagt die Liebe, die allein den Stern über allem kennt (Erich Fried)! Also nur Mut - raus ins Leben mit euch! Oder strebt ihr anderes an wie ich? Nämlich irgendwann auch rückblickend wie der Habib zu sagen: mein Leben war unglaublich bunt, vielfältig, reich, gefüllt ... mit Leuchten in den Augen.



Ich will hier keine tiefere Anleitung zum Fermentieren geben sondern lediglich ermuntern. Man kann es ganz komplex angehen und viele Bücher drüber lesen. Oder es einfach ausprobieren. Letztere Type bin ich. Damit aber nichts schief geht, muss man dennoch auf Einiges achten. So dass ich euch mal weiterleite zum *Wurzelwerk*, wo man sich einen guten Überblick zum Thema verschaffen kann.

Für jene, die sich einen Ruck geben, mal mit dieser Art der Konservierung loszulegen, bietet das Fermentieren unglaublich viele Möglichkeiten. Und ich denke, dass es sich mittlerweile herumgesprochen hat, wie gesund die dabei entstehenden Mikroorganismen für die Darmflora und damit für die Gesundheit und das Immunsystem sind. Ein nächstes *Auf gehts!*!


Zutaten:

1kg Kohlrabi
1 Bund Frühlingszwiebeln
1 Orange, Schale und Fruchtfleich
20g Salz (ca. 4 TL) = 2%
 
 

 

Zubereitung:

Kohlrabi schälen, stiften in Julienne (m: Börner-Reibe). In einer Schüssel mit dem Salz mischen und einige Minuten (5-10min) stehen lassen.

Dann die Kohlrabi-Stifte von Hand kneten bis eine Lake-Schicht in der Schüssel stehen bleibt. Die in Frühlingszwiebeln in feine Ringe schneiden. Von der Orange die Schale in feine Streifen und das Fruchtfleich filetieren in kleine Stücke schneiden. Beides untermischen.

In ein entsprechendes Gärglas füllen und dabei gut verdichten. Oben im Gärgefäß ausreichend Platz frei lassen. Ist noch zu wenig Lake da, etwas aus der Schüssel nachfüllen.

Das Beschwerdekit einlegen (m: habe ich nicht), weil das Gemüse immer gut von der Lake abgedeckt sein muss, damit sich kein Schimmel bildet und das Gärgefäß verschließen.

Fermentiansdauer: 7-28 Tage bei Raumtemperatur

Nach 7 Tagen kann man testen - schmeckt es, dann weiterhin im Kühlen lagern, ansonsten weiter fermentieren lassen.

Anmerkung m: die ersten Tage stelle ich das Gärgefäß auf einen Teller, weil durch den Fermationsprozess etwas Flüssigkeit aus dem Glas gedrückt wird - das dauert aber lediglich 4-5 Tage. 

Inspiration: *Geschmacksrevolution Fermentieren* Ingrid Palmetshofer (Danke nochmals an die liebe Spenderin - die Karte ist rausgefallen und damit bin ich des Namen verlustig)

 

****Mit herzlichem Dank für all die freudemachenden Glückwunsch-Mails zum 11. Blog-Geburtstag****

 

Hirnaktivität: Osterkuchen Kulich-Kraffin

Sonntag, 17. April 2022

 

Manchmal sind der Habib und ich deprimiert über diese geistlose Zeit - dieser blanke Materialismus, das offene Gegeneinander, diese schrille Disharmonie, die mutwilligen Lügen. Und überall Mitläufer, die den Anstreichern dieser Welt auf den Leim gehen und hinterherdienern. Nährboden für Zwietracht und Misstrauen.

Unvorstellbar, dass wir uns vor noch nicht allzulanger Zeit mit unsere Feriengästen ohne Mietvertrag einig waren: ein Mann/ eine Frau - ein Wort und die Wohnungen waren gebucht. Verbindlich. Ohne Probleme. Hat jahrelang so funktioniert. Wäre heute nicht mehr möglich. Tribe-Mitglieder natürlich ausgenommen. Aber zuviel Ängste liegen in der Luft. Das macht allgemein unsicher. Und müde und gelähmt. Wem kann man noch was glauben?

Das einzige Gegenmittel gegen Ängste, ist sich zu stellen. Ja, bei sich zu bleiben, sich an sich zu halten und für sich zu stehen. Seinen eigenen Sinnen und seiner eigenen Wahrnehmung zu trauen. Die Menschheit hat ihre Kinderschule hinter sich, der Welpenschutz ist vorbei: erwachsen werden ist dran. Und da gilt ganz die Nena-Definition: der erwachsene Mensch ist frei und selbstverantwortlich.

Uhhhargh, da zuckt die Mehrheit zurück. SOOO phantastisch offengelegt von Dostojewski in seinem Meisterwerk *Der Großinquisitor* - nichts überfordert den Menschen mehr als Freiheit. Und Eigenverantwortung. Das ist nun wirklich zuviel verlangt vom Einzelnen.

Wenn ich eines (trittbrettfahrend) von meinem Abenteurer und Wüstendurchquerer gelernt habe, dann dass es ohne Risiko-Bereitschaft und Gottvertrauen nicht geht. Was hat der Habib Geschichten zu erzählen, wie er sich etwa schwer verletzte bei einer Reifenreparatur mit  Springfelgen, fernab jeder Piste, lange bevor es GPS gab - da kann man nicht darauf hoffen, von anderen gerettet zu werden. Da muss man auf anderes zurückgreifen und bauen können. Da braucht es einen gesunden Menschenverstand und gute Führung von oben. Doch Erfahrungen, die dann in Überzeugung münden, muss jeder selbst machen. Sonst muss man glauben - und Glaube vermag zwar manchmal Berge zu versetzen, aber erlebtes Wissen wiegt mehr, denn es verleiht einen festen Stand und öffnet Horizonte.

Deshalb: Jammern nützt nichts, Missionieren bringt nix. Zu Ostern, dem Fest an dem der Sieg des Geistes über die Materie gefeiert wird, habe ich für alljene, die immer strebend sich bemühen zu Geist, Wahrheit und Wirklichkeit vorzudringen, eine neue Entdeckung der Wissenschaft - und zwar konnte erstmalig die Hirnaktivität eines sterbenden Menschen aufgezeichnet werden: *Der Blick in ein sterbendes Gehirn*. Die Beobachtungen decken sich erstaunlicherweise mit den Berichten von Nahtoderlebnissen. Tatsächlich konnte nach dem Tod eine verstärkte Hirnaktivität festgestellt werden und zwar insbesondere eine Konzentration von Gammawellen, die in einem gesunden Gehirn verknüpft sind mit Konzentration, Verarbeitung von Informationen und Abrufen von Gedächtnisinhalten. Nach dem Tod eines Menschen spielt sich also im Gehirn des Toten zunächst einmal noch mehr ab. Da ist noch was, das sich erst später löst. So lernt die Wissenschaft immer mal wieder was dazu, im Gegensatz zum suchenden Menschen, der von seinen individuellen Erfahrungen und Erkenntnissen sich weiter "schöpft".

Auch Ostern hat nichts mit Wissenschaft zu tun, sondern mit Körper und Geist. Dem "Geist" sollte man nicht ständig aus dem Weg gehen, sondern öfter mal drüber nachdenken, sofern man Zeit findet trotz Medien, die selbst unsere verblödeten Kleinen langweilen.

Körper und Geist - frohe Ostern!


      


In weiten Teilen von Eurasien scheinen Hefegebäcke zu Ostern beliebt zu sein. Dabei unterscheidet sich vorallem die dargereichte Form - ansonsten ähneln sich die Rezepte ja sehr. Gut, die Gewürze variieren ebenfalls. Ich habe mich an diesem Rezept (bei Youtube drübergestolpert) orientiert: schön unkompliziert aber trotzdem was hermachend. So mag ich das.

Wie ihr das Hefegebäck füllt, obliegt eurer Neigung. Bei uns liegen Gebäcke, die mit Rosinen gefüllt sind - so wie das Original - nicht hoch im Kurs. Aber auch eine Möglichkeit. Oder ihr greift mal wieder auf die schöne Idee des alten Blog-Busters zurück, dem Schuedi. Oder aber ihr füllt diesen Zopf mit Mohn nach diesem Rezept der kleinen Mohnstrudelchen. Eignet sich alles hervorragend. Ich habe mich für eine Mandelfüllung entschieden. Aber die Abwechslung machts...

Eine große Sammlung artverwandter Kulitsch-Paska findet sich aktuell auch gerade bei Zorra und ihrer Synchronback-Gruppe!



Zutaten - eine kleine Kuchenform (Ø16cm):

Vorteig - 10 min anspringen lassen:
80ml 
10g Zucker
18g Hefe (frisch)
20g Mehl

Teig:
Vorteig
330g Mehl
40g Butter, flüssig
1 Ei
1 Eigelb*
ca. 80ml Milch

Füllung:
150g Marzipan
100g geröstete und gemahlenen Mandeln
40g Mandelblättchen
1 Eiweiß
1 EL Mandelmuß
30g Zucker*
1/2 TL Kardamom
1 Orange, Abrieb davon

Zubereitung:

Einen kleinen Hefevorteig ansetzen, dafür alle Zutaten miteinander vermengen und ca. 10 min anspringen lassen.

Für den Hauptteig alle Zutaten verkneten (m: Handrührer samt Knethaken dafür verwendet) und den Teig ca. 5-7min geknetet, bis er schön homogen und glänzend ist. Den Teig abgedeckt im Warmen etwa 1 Stunde gehen lassen.

Den Boden der Form mit Backpapier auskleiden, die Ränder buttern und mit Zucker bestreuen. Für die Füllung die Mandeln rösten und dann nicht zu fein mahlen. Mit den restlichen Zutaten gut mischen.

Den gegangenen Teig halbieren. Dann rechteckig auswellen auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche (ca. 30cm x 25cm). Die Hälfte der Füllung darauf verteilen (m: mit Hilfe von kleinem Löffel und Händen). Von der langen Seite den Teig aufrollen. Die zweite Hälfte des Hefeteiges ausrollen und ebenfalls die Füllung darauf verteilen. Nun die erste Teigrolle auf den Anfang der langen Seite des Teiges setzen und daraus eine größere Rolle rollen. Mit einem scharfen Messer die Rolle halbieren, aber an ihrem Ende 2cm zusammenlassen. Den Strang mit der offenen Seite zu einer Schnecke rollen - so über die Mitte fortfahren aber die letzte Rundung als Etage aufrollen. (klingt irgendwie umständlich - da ist das Filmchen vielleicht echt mal hilfreich). Schnecke in die Form setzen, abgedeckt etwa wieder eine Stunde gehen lassen.

Auf der zweiten Schiene von unten bei 170° (O/U-Hitze) - ca. 35-40 min backen. Gegebenenfalls gen Ende abdecken, damit der Kuchen von oben nicht zu dunkel wird.

Anmerkung m: wer den Kuchen nicht mit Mandeln füllt (und dafür das Eiweiß verwendet), kann im Hauptteig auch zwei ganze Eier verwenden (dann ein Schlückchen weniger Milch nehmen)/ Süßschnäbel sollten für die Mandelfüllung etwas mehr Zucker benutzen - wir mögens nicht ganz so süß/ die Originalfüllung besteht aus 80g weicher Butter und 100g Rosinen; außerdem nimmt sie etwas frischen Orangensaft statt Milch für den Hefeteig

Inspiration: Ellens Kitchen (youtube)


das Böse 1/4 - Sonnenschein-Curry mit Blumenkohl und Orange

Sonntag, 16. Januar 2022

 

 

Anfang des neuen Jahres geht mir das alte noch hinterher. Und zwar hinterließ ein Gespräch über meinen Madagaskar-Aufenthalt bei mir nachhaltige Spuren. Es geht doch nichts über ein persönliches, zugewandtes Gespräch! Einer vom Tribe (coucou Axel) fühlte mir auf den Zahn und wollte genauer wissen, warum ausgerechnet Madagaskar mir derart den Helm verbogen hat.

So fing ich an aufzuzählen: die Not, das Elend, die Armut, der Betrug, die Kinderheime, die homöopathischen Kräfte des Maki, des Chamäleon, der roten Zinnobererde, der Rassismus, die Umweltzerstörung, der Sex-Tourismus, die schwarzen Messen... Ich hätte weiter- und weiterlisten könnten, aber am Ende war ich mit meiner Antwort selbst nicht zufrieden. Ja, wie eigentlich lässt sich diese tiefgehende Erfahrung zusammenfassen. Etwas, das übrigens die eigentliche Kunst einer homöopathischen Arzneimittel-Prüfung ausmacht, nämlich für Prozesse (Arzneimittelstufen) sowie für die Ursubstanz eine Überschrift zu finden - eine Gabe, die im hohen Maße der Habib besitzt und wie es ihm nur wenige gleichtun können.

Ich drehte das Thema in mir hin-und her und dann kam mir das zentrale Thema: auf Madagaskar hatte ich begriffen, dass das Böse böse ist, weil es böse ist, sein will und nicht anders sein kann. Das schüttelte mich damals bei meiner Rückkehr derart (unbewußt) ins Mark, dass ich kotzend über der Kloschüssel hing - ich wollte es schier nicht schlucken.

Das klingt erstmal lapidar - das Böse ist böse, weil es böse ist - doch eigentlich wußte ich bereits dank homöopathischer, konstitutioneller Mittel, dass sich das Wesen, der innere Kern eines Menschen nicht ändern lässt. Homöopathische Menschenbilder bilden das ganze Spektrum ab: von seelenlos bis beseelt. Und die Lehre der Miasmatik stellt dar, wie geistige Verdrehungen gesunde Seelen vernichtet. Denn akut - das gilt es zu unterscheiden - kann jeder mal böse handeln. Im Affekt kann jeder Mensch zum Mörder werden. Wird ein Verhaltensmuster aber chronisch, dann wird ein Geist ebenso unheilbar krank wie es ein Körper werden kann. Das bedeutet weiter: die Unsterblichkeit der Seele ist ein Mythos - ein falscher Mythos! Sonst hätte das Böse keine Konsequenz. Doch nichts, kein Gedanke, keine Tat, bleibt ohne entsprechende Folge!

Nun, trotz diesen  Wissens war ich regelrecht zwanghaft gepolt, mich stets auf die Suche nach dem berühmten guten Haar zu machen. Ja, ich war jahrelang die erste, die versuchte Schandtaten anderer zu entschuldigen (schwere Kindheit, Unsicherheit, Komplexe - so halt). Eben ganz getrieben von der Haltung: das kann man doch unmöglich so Scheiße stehen lassen! Das KANN (das DARF) keine Absicht gewesen sein! Womöglich ist aber genau dieses Ausweich-Verhalten ein degeneratives Phänomen unserer Zeit, denn im Mittelalter war den Menschen die Polarität und die Spaltung von Gut ud Böse bewußt - daran wurde nicht herumgedoktort und schon gar nicht glatt gebügelt in das heute allgemeingültige Narrativ: Jeder ist sowohl als auch. Merke: das mag für einzelne Taten gelten nicht aber für den Kern, nicht aber für chronische Verhaltensmechanismen !!!!

Ein Witz passt dazu gut, der mir gerade begegnet ist: *Ein Mädchen liegt blutend und ausgeraubt auf der Straße. Ein Polizist geht an ihm vorüber. Dann ein Arzt. Dann kommt ein Therapeut. Der schaut sich das Mädchen an und meint kopfschüttelnd: Also derjenige, der dir das angetan hat, braucht dringend Hilfe!*

Uns sind alle Beurteilungskriterien flöten gegangen. Wir wissen gar nicht mehr, auf welche Seite sich zu stellen ist, was anständig oder unanständig, absichtlich oder unabsichtlich getan wird, was noch in Ordnung geht und was nicht mehr, wer aus Affekt oder gezielt handelt. Aber exakt darin scheiden sich die Geister. Der Mensch hat das Interesse an der menschlichen Motivation verloren - und an der Konsequenz seines Denkens und Handelns. Wir sind versumpft im großen Einerlei. Wie heißt es so schön: was ist die größte Macht des Teufels? - Dass keiner an ihn glaubt! Oder aber die Vorstellung von allem Satanischen ist völlig schräg bzw. Hollywood geprägt - es muss schon grusel-thriller-splatter-mäßig Blut spritzen. Doch der ganz schlichte Ausgangspunkt von allem Bösen ist die Lüge.

Greife ich ein konstitutionelles Mittel heraus, dessen prägender Wesenszug ist zu spalten und zu lügen. Dieses konstitutionelle Mittel wird sehr schön von Goethe in *Reinecke Fuchs* beschrieben. Darin läßt Goethe den Fuchs sagen:

"Soll es euch nach Wünschen ergehn, so spart mir die Wahrheit! "
wiederholt ich ihm noch; denn führt sie jemand beständig
unklug im Munde, der leidet Verfolgung, wohin er sich wendet.

Das gleiche Mittel zeichnet auch das Grimmsche Märchen *Bruder Lustig*. Es gibt Menschen, die gezielt andere belügen und betrügen zugunsten ihres eigenen Vorteils. Wie die vielen Fabeln veranschaulichen: der Fuchs muss nur lange genug labern, irgendwann wird der eingewickelte Rabe den Käse schon fallen lassen. Der Erfolg spricht für den Fuchs.

Das wußte ich alles, bevor ich nach Madagaskar reiste. Und doch wollte ich es einfach nicht wirklich wahrhaben. Ganz wie unsere Nachbarin, eine Frau mit einem gleichbleibend nachsichtigen Lächeln im Gesicht, die die Überzeugung vertritt, dass alle Menschen gut sind - doch sämtliche Fenster ihres Hauses ließ sie vergittern. Mit diesem Widerspruch lebte es sich bequem(er). Ich war wohl geprägt wie sie von all diesen schönen Poesie-Album-Sprüchen:

Liebe besiegt alles...Weich ist stärker als hart, Wasser ist stärker als Fels, Liebe ist stärker als Gewalt (Hesse). Die wahre Ambition der Frau ist die Ermutigung zur Liebe (Molière)...uswusf.

Bref, ich träumte den schönsten aller Jungmädchenträume: da muss nur ein bißchen meiner Liebe (so viel Eitelkeit muss sein) drauf, dann wandle ich gar einen Saulus zu einem Paulus. Am Schluß steckt in jedem Menschen ein kleines bißchen Liebenswürdigkeit - man muss sie nur herauskitzeln.

Nach Madagaskar kann ich diese Illusion, diese Verblendung nicht aufrecht erhalten. Gespielte, vorgegaukelte Freundlichkeit ist eben keine echte Freundlichkeit. Zu echter Freundlichkeit ist das Böse gar nicht in der Lage. Das Böse kann nicht anders als böse sein. Und es kann auch nicht anders als sein Gegenüber zu Opfern, Personal oder Nutz- und Wirtstieren zu unterjochen. Das Böse kennt keine Verbundenheit sondern nur Seilschaft, das Böse kennt keine Dankbarkeit sondern nur Nutzen, das Böse kennt kein Gesetz sondern nur Willkür (Zitat eines Miasmatikers: *Wenn ich die Wahl habe zwischen Gott und der Willkür, wähle ich die Willkür*), das Böse kennt kein Gewissen sondern nur Skrupelosigkeit, das Böse kennt keine Wahrhaftigkeit sondern nur Täuschung, das Böse kennt keine Empathie sondern nur Taktieren, das Böse kennt nur Manipulation und keine Freiheit. Das Böse ist böse, weil es nicht anders sein will wie böse - das ist nicht zu ändern, daran kann man nicht rütteln, da gibt es nichts zu retten! Es gilt auch umgekehrt: *Es ist, was es ist* (Erich Fried)

 



Das schreit nach einem Konter-Rezept, um nach schweren Gedanken wieder in leichtere Gefilde zu wechseln. Und da warte ich heute mit einem wirklich sonnig-gelbem Curry auf. Dabei ist das indische Curry so ungewöhnlich wie köstlich, so alltäglich wie feierlich, so unkompliziert wie raffiniert. Ein Glück, bekomme ich Rezepte-Empfehlungen von einstigen Feriegästen (coucou Stephanie) einfach zugeschickt. So macht man sich bei mir immer beliebt! Ich fand das Curry absolut super!


Zutaten für Kamala Phoolkopi:

500g Blumenkohl, in kleine Röschen geteilt
4 Kartoffeln, in 2cm Stücken geschnitten
1 TL Kurkuma
4 EL Öl
2 Lorbeerblätter
1 EL Ingwer, frisch gerieben
2 Zwiebeln, fein gewürfelt
1 TL Cayenne (m: etwas weniger)
2 TL Kreuzkümmel
1 TL Rohrzucker
3 Orangen, filetiert
3 grüne Chili-Schoten (m: nicht aufzutreiben)
Salz
125ml Wasser (m: Gemüsebrühe)

Garam Masala:
4 Gewürznelken
1 Zimtstange
2 Kardamomkapseln 

Zubereitung:

Die Blumenkohlröschen und die Kartoffelstücke in einer Schüssel mit dem Kurkuma mischen. Öl in einem schweren Topf stark erhitzen und das Gemüse darin in 2-3min anbraten - dann zur Seite stellen.

Nun in dem gleichen Topf Lorbeerblätter und Garam Masala geben und 1 min braten. Ingwer, ZwiebelnCayenne, Kreuzkümmel und Zucker zufügen und weitere 1-2 min braten bis die Gewürze leicht zu bräunen beginnen - um sie vor dem Verbrennen zu schützen gegebenenfalls etwas Wasser zufügen. 

Nun das Gemüse und die Orangenfilets von 2 Orangen zufügen (die Filets der dritten Orange dienen zur Dekoration) und 125ml Wasser (m: Gemüsebrühe) anschütten (m: brauchte bei mir etwas mehr, zusätzliche Brühe gab ich wie nötig nach und nach dazu). Etwa 15min mit geschlossenem Deckel sanft köcheln lassen, dabei immer wieder umrühren, bis die Kartoffeln gar sind. 5min vor Ende die grünen Chilis zufügen. Zum Servieren mit den restlichen Orangenfilets dekorieren.

Anmerkung m: bei mir brauchte das Curry etwas länger, damit die Kartoffeln durch waren - dicke Empfehlung, eindeutig gästetauglich!

Quelle: *Indien - das Kochbuch* von Pushpesh Pant

 

Urlaub bei uns - Spargel mit Orangen-Hollandaise und Estragon-Gnocchi

Samstag, 1. Mai 2021

 

Neuigkeiten im Staate Frankreich!

Marcon hat in gewohnt kurzfristiger Manier bekannt gegeben, wie der Stufenplan in Frankreich aussehen soll zum Ausstieg aus dem Lockdown. Es ist - wie sollte es anders sein - kompliziert. 

Ich fasse kurz zusammen, dass wir wieder vollen Bewegungsradius haben und die Einreise für Touristen aus der EU und dem Schengenraum zudem ab dem 4. Mai möglich ist. Verpflichtend bleibt aber für alle ein negativer, höchstens 72 Stunden alter PCR-Test sowie eine Selbsterklärung zur Covid-Freiheit - hier findet sich das nötige, auszufüllende Papier: ENGAGEMENT SUR L’HONNEUR A SE SOUMETTRE AUX REGLES RELATIVESA L’ENTREE SUR LE TERRITOIRE NATIONAL METROPOLITAINDEPUIS UN PAYS DE L’ESPACE EUROPEEN

Die Außengastronomie wird ab dem 19.Mai wieder öffnen dürfen. Eine (sich mehr und mehr verkürzende) nächtliche Sperrstunde bleibt uns vorest erhalten. En detail kann man das bei Hilke auf *Mein Frankreich* nachlesen, die sich den französischen Covid-Auflagen in ihrer ganzen Aktualität und Genauigkeit von Beginn an angenommen hat. 
 
Für uns bedeutet das, dass wir im Mai die Türen unserer Ferienwohnungen wieder öffnen werden. Für alle Naturlustigen: Bienvenue! Wir werden die Saison schon schaukeln!

 

 

Ich scheine - tout un coup - einen guten Draht zum Wettergott zu haben, ja, ich grüble, ob ich möglicherweise fähig bin, Regen mit Süßkram herbeizubacken??! Das wärs ja!! Auf jeden Fall haben wir seit diesem Post den schönsten, fruchtbarsten Landregen, den man sich nur ausmalen kann. Man möchte vor Freude nackig im Garten tanzen, denn man kann den Pflanzen wirklich beim Wachsen zusehen. Ideale Bedingungen, um sich unabgelenkt und mit Hingabe ein feines Mittagessen zu kochen. Ein absolutes Dream-Team ist für mich Spargel, Estragon und Orange! So gut, dass der nächste Schwung Spargel in ähnlicher Kombi auf den Tisch gebracht wurde.

Französischer Estragon zählt sowieso zu den Tipps, die ich unseren Feriengästen gerne gebe: geht in eine Gärtnerei und nehmt ein Töpfchen Estragon, Verveine und thym au citron (Zitronenthymian) mit. Das Warum wird sich von ganz alleine erklären, denn leichter kann man sich keine Prise Frankreich mit nach Hause nehmen!

Glücklicherweise gibt es in Frankreich keine Spargel-Mafia. Spargel hat Saison, wenn er Saison hat. Und überhaupt das frankreichbeste am Spargel: Spargelköpfe werden hier als Bruchspargel verkauft - also besonders billig. So kann man (wie könnte man auch nicht???) ganz dekadent ohne Reue zuschlagen. Nicht dass ihr denkt...

 

Zutaten:

Gnocchi:
400g Kartoffeln (mehlig kochend)
100-120g Hartweizengrieß, fein
100g Ziegenfrischkäse
2-3 EL Estragon (m: ca. 30g)
1 Eigelb
Salz

500g Spargel

Sauce:
1 Eigelb
90g Butter
4 EL Orangensaft, frisch
Zesten, einer Orange
Salz, Pfeffer
2 EL Gemüsebrühe
1 EL Noilly Prat 

Zubereitung:

Kartoffeln als Pellkartoffeln kochen, schälen und noch warm durch die Presse drücken.  Mit den restlichen Zutaten zu einem homogenen, kaum noch klebenen Teig verarbeiten (nicht überkneten, sondern nur bis der Teig sich gut verbunden hat). Auf einer mit Hartweizengrieß bestreuten Arbeitsfläche zu fingerdicken Strängen rollen. Von den Rollen etwa 1-2cm dicke, längliche Stücke abschneiden, nochmals über die Schnittkante rollen (oder in eine andere gewünschte Form bringen)

Reichlich Salzwasser zum Kochen bringen und die Gnocchi im Wasser so lange garen, bis sie an die Oberfläche steigen. Aus dem Wasser heben und warm stellen.

Parallel den Spargel auf den Weg bringen. Spargel putzen (ich koche IMMER aus den Spargelschalen einen Sud, dazu zwei Prisen Zucker, eine Prise Salz und einen Schuß Apfelessig), in Stücke schneiden und im Spargelsud weich garen. Spargelsud auffangen. Spargel warm stellen.

Zuletzt die Sauce zubereiten. Dafür in einer Wasserbadschüssel das Eigelb mit dem Orangensaft samt Zesten, dem Noilly dem Orangensaft und der Brühe (in Spargelsud gelöst), sowie etwas Salz und Pfeffer mit dem Schneebesen gut verrühren. Gleichzeitig Butter schmelzen. Die Eimischung auf ein heißes Wasserbad geben und weiter cremig-dicklich aufschlagen, während man eßlöffelweise die flüssige Butter unterzieht bis eine schön-cremige Sauce entsteht. Salzen, pfeffern und sofort mit Gnocchi und Spargel servieren.

Anmerkung m: ich rate, den Spargelsud einzufrieren - für die nächsten Spargel! Will man die Gnocchi anbraten, dann sollten sie gut abgetrocknet sein - sonst neigen sie dazu, in der Pfanne anzuhängen - dafür könnte man sie bereits am Vortag zubereiten...


Zustände: Estragon-Tagliatelle mit grünem Ofenspargel und Orangensauce

Sonntag, 19. April 2020


Die Rede des französischen Präsidenten war mir ein Ärgernis. Endlos-Geschwafel statt Informationen. 27 Minuten Redezeit hätte man auf einen Satz verkürzen können: die strickten Ausgangsbeschränkungen gelten weiter bis zum 11. Mai. In einer Demokratie erwarte ich, dass man mich als mündigen Bürger behandelt. Ich will - gerade jetzt wenn mir meine Freiheiten derart massiv genommen werden - in Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden: welche Prämissen zu welchen Entschlüssen führen, zwischen welchen Szenarien abgewogen und warum sich dann für diese eine und nicht für eine andere Marschrichtung entschieden wird. Ich will Fakten! Seriöse Überlegungen! Lagebesprechung! Stattdessen BlaBla mit der Fußnote *Teile der Antwort würden die Bevölkerung verunsichern.*

Aber hey: ich BIN bereits verunsichert - so wie viele andere auch. Also versuche ich mir weiterhin selbst meine Gedanken zu machen - was bleibt mir. Wir in der Tourismusbranche werden ja völlig in der Luft hängen gelassen. Ähnlich wie in Spanien legt sich ob der Härte der Maßnahmen eine Grabesstimmung über das Volk. Unabhängig davon, dass weder von nah noch fern Rettungswagen-Sierenen aufheulen oder die Regio-Zeitung drei Seiten mehr mit Todesanzeigen drucken muss, geht den Menschen die Situation aufs Gemüt. Wo sonst in den Schulferien in unserer Lebensgemeinschaft ums Eck die spielenden und lärmenden Kinder talweit zu hören waren, herrscht nun Todesstille.

Warum, fragt man sich automatisch, können andere Länder wieder mehr Richtung Normalität zurückkehren und wir in Frankreich nicht? Wie kann ein Virus in einem Land tödlicher sein wie in einem anderen? Überhaupt: ich verstehe diesen Virus nicht. Zu jeder Info über ihn, läßt sich genau so die gegenteilige Behauptung finden. Die tägliche Zahlen-Jonglage der Statistiken hilft mir nicht weiter. Tatsächlich besuchte ich zwei Semester lang ein Seminar über Erhebungen und Statistik - aber Asche auf mein Haupt - mit der einzigen Erinnerung daran, dass es komplizierter ist als es scheint. Das bestätigen mir immerhin Experten, sogenannt auch Professoren der Statistik (s. auf den Nachdenkseiten).

Und wie skurril, dass eine Pandemie so derart unterschiedliche, individuelle Ausprägungen hat! Was sich gut veranschaulicht am Beispiel der Familie der amerikanischen Sängerin Pink: sie berichtet, dass während sie und ihr 3jähriger Sohn todkrank waren, hatten gleichzeitig ihr Mann und ihre Tochter keinerlei Symptome. Mein Seuchen-Verständnis ging seither so: wer Pest hat, hat Pest und wer an Tuberkulose leidet, leidet an Tuberkulose. Versteht ihr, was ich meine? Folgt Willkür überhaupt einem Prinzip?

Nun, worin wir uns bestimmt einig sind, ist, dass der Boden auf den ein Virus trifft, anders ausgeprägt sein kann. Und mit *Boden* meine ich das staatliche Gesundheitssystem. Im Falle von Frankreich war das vor Covid bereits ein lupenreiner Katastrophenfall. Warum glaubt ihr, gab es die Gelbwesten-Proteste? Weil Extremos halt gerne auf der Straße rumstehen?

Die aktuelle Situation veranlasst mich, unsere persönliche Erfahrung zu den französischen Notfallaufnahmen laut zu machen. VOR Covid! Denn leider hatten wir die Ende letzten Jahres. Die Mitfühlenden lasen es zwischen den Zeilen meiner Posts heraus: dem Habib ging es nicht gut. Es ging ihm gar so schlecht, dass ich in einer kalten und regnerischen Nacht an einem Freitag den 13ten im Dezember gezwungen war, die SAMU zu rufen. Und das Elend nahm seinen Lauf.

Eine dreiviertel Stunde später traf der Rettungsdienst ein in Gestalt zweier junger Frauen - mit keinerlei medizinische Ausbildung dafür mit massiven Navigationsproblemen (sie fanden unsere Adresse nicht - in einem Dorf mit 10 Häusern), sowie das Auto zu steuern. Zuguterletzt waren sie nicht in der Lage den ohnmächtigen Patienten mittels Bare in den Wagen zu transportieren. Auf diese Weise (Details erspare ich) Eintreffen in der Notaufnahme des Krankenhauses der Hauptstadt des Departements 2 Stunden später -  ohne medizinische Versorgung. Drei-Minuten-Begutachtung durch eine Ärztin des nachwievor nicht ansprechbaren Patienten weitere 2 Stunden später.

In den völlig überfüllten Fluren der Notaufnahme verbrachte der Habib 17 Stunden auf der Krankenwagen-Pritsche - teils ohne Erinnerung/ Bewußtsein. Um eine Statsionsschwester zu zitieren: *Wir brauchen nicht weiter über diese Zustände hier reden: das ist Tschernobyl*. Dann - endlich - wurde ihm ein vorläufiges Bett im Krankenhaus zugeteilt - für eine Nacht. Entlassen wurde er von einer Ärztin, die seine Krankenakte nicht gelesen hatte, dafür aber einen Zeugen loswerden wollte, der mitbekam, wie ihr ein grob fahrlässiger Fehler mit dem Zimmergenossen unterlief. Entlassen mit einem Röntgenbild, besorgniserregendem Befund aber ohne Diagnose.

Erst in unserer jungen und sehr engagierten Hausärztin aus dem Nachbardorf fanden wir medizinischen Beistand - selbst während ihrer Weihnachtsferien. Alleine über ihre Arbeitsbedingungen zu berichten, würde einen weiteren ganzen Post füllen. Anschließende Untersuchungen folgten 2 1/2 Wochen später in einem eine Autostunde Fahrtzeit entfernten Krankenhaus - das seit 30 Jahren nicht mehr renoviert wurde und kurz vor der Schließung steht (ebenso wie das erst kürzlich erbaute Krankenhaus in der nächsten Kleinstadt - unterbesetzt an Fachärzten - demtsprechend ohne Auslastung). Immerhin mit Scanner. Immerhin äußerst freundlich. Ein Notfalltermin beim Cardiologen konnte von unserer Hausärtzin erst 7 Wochen später vermittelt werden. Wieder in einem anderen Krankenhaus, wieder mit einer Stunde Fahrtzeit. Undsoweiterundsofort...

Ein kollabiertes System zum Kollabieren zu bringen, sollte wohl keiner Pandemie bedürfen.


Wenden wir uns also lieber erfreulicheren Dingen zu wie dem Essen. Mit Spargel vom Markt!!! (drei Ausrufezeichen). Der findet immerhin wieder statt, mit einer ausgedünnten Zahl an Händlern, deren Stände in wirklich grottesk-weitem Abstand in riesigen Schlangenlinien auf einem entsprechend riesigen Parkplatz angeordnet wurden und den man nur von einer Richtung ablaufen darf (was vom Aufbau stark an die Murmelbahn aus Holz für Kinder erinnert). Auf den eingezäunten Markt selbst kommt man erst, wenn man am Eingang - der flankiert ist von viel Polizei - wiederum in Schlangenlinien wartet, bis man - seinen Passierschein vorzeigend und seine Hände desinfizierend - eingelassen wird. Um wieder an langen Schlangen vor den Marktständen zu stehen. Zur Zeit muss man BEWEISEN, dass man das lokal angebaute Gemüse auch wirklich will...

Und wir wollten. So, wie ich ein weiteres, frisches Grün aus dem Garten feiern wollte: den Estragon. Ansonsten ist dieses Gericht Blogspielerei, eine Mischung - wenn man so will - aus diesem oder diesem  und jenem Rezept. Et voilà, so leicht entsteht ein neues Geschmackserlebnis aus Spargel-Orange-Estragon auf der Terrasse bei Dauersonnenschein, einem rufenden Kuckuck in der Nähe und einem Wiedehopf in der Ferne ...

Zutaten 2P:

Pasta
200g Mehl Dinkel (m: 1050)
ca. 15g Estragon-Blätter
2 Eier
1 EL Olivenöl
1 Pr Salz

500g grüner Spargel (m: etwas mehr)
Salz, Pfeffer
1 Pr Zucker
etwas Olivenöl

Orangenbutter
1 Bio-Orange, der Abrieb davon
1/2 Zitrone, der Abrieb davon
1 Orange, der Saft davon
60g weiche Butter
fleur de sel
Pfeffer
Piment d'Espelette
frisch geriebener Parmesan 
(optional: eine handvoll halbierte Physalis)

Zubereitung:

Die Blätter des Estragon vom Stiel ziehen, etwas kleiner hacken und in einem Mixer zusammen mit den zwei Eiern so fein wie möglich pürieren. Nun mit den restlichen Zutaten für die Pasta mischen und daraus sorgfältig einen homogenen Teig kneten, der nicht zu weich und nicht zu fest ist. In Folie wickeln und mindestens 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen - Pastateig also wie gewohnt herstellen und kühl stellen. Nach der Ruhezeit auswellen (m: marcato: bis Stufe 6 von 7) und in Tagliatelle schneiden.

Für die Orangenbutter die Orange und die Zitrone unter heißem Wasser gründlich spülen und mit Küchenpapier abtrocknen, die Schale dünn abreiben, von der Zitrone nur hälftig. Den Saft der Orange auspressen und auf 1 Esslöffel einkochen lassen, abkühlen lassen.

Die Butter schaumig schlagen, abgeriebene Schale und konzentrierten Saft unterrühren, kräftig mit Salz, Pfeffer und Piment d'Espelette würzen. Die Buttermischung bis zur Verwendung kühl stellen (kann schon am Vortag gemacht werden).

Den Backofen auf 200°C vorheizen.

Die Spargelenden abschneiden und das untere Drittel schälen. Eine ofenfeste Form (oder ein Backblech mit Backpapier) mit Öl bepinseln und den Spargel darin einlagig ausbreiten. Mit Olivenöl bepinseln, salzen, pfeffern und mit einer Prise Zucker würzen. Den Spargel für ca. 15 Minuten auf der mittleren Ebene in den Ofen schieben, bis der Spargel gar. 

Reichlich Salzwasser zum Kochen bringen. Gleichzeitig in einer Pfanne die Zitrusbutter schmelzen. Den Spargel in mundgerechte Stäcke schneiden und in der Butter nochmals schwenken, während die Nudeln al dente garen. Die Pasta abschütten, gut abtropfen lassen und mit dem Spargel in der Pfanne wiegen. Eventuelle nochmals salzen und pfeffern und mit Parmesan servieren.