Sanft wiegen mich die Töne der Flöte des Schlangenbeschwörers, die leise aus dem versteckten Lautsprecher spielt, während sich vereinzelt große Tropfen von dem Deckengewölbe lösen. Rücklings beobachte ich ihren Fall. Die runden, ringförmig angelegten Glasfenster des Deckengewölbes werfen matte Lichtstrahlen nach innen, die in der Feuchtigkeit wie Nebelscheinwerfern wirken. Es trifft ringsherum auf opulenten blauen und roten Marmor. Ich schließe die Augen.
Steif und durchgefroren strecke ich mich auf der riesigen beheizten Marmorplatte aus. Die zentrierte und erhöhte Liegefläche teile ich mir lediglich mit einer anderen Frau - jede eingewickelt in ein Leinentuch und gebettet auf einem solchen. Die Schwüle, die Wärme und der Schlangenbeschwörer füllen den Raum. Liegen, atmen, wärmen...
Holzpantoffeln, die hart auf den Steinboden aufschlagen, hallen durch den quadratischen Bau und zerreißen jäh die meditative Stimmung. Zu meinem Erstaunen betritt eine Gruppe von drei Männern das Hararet. Wir Mädels ziehen beide unsere Leinentücher etwas höher. Gleichzeitig beginnt die Wärme langsam zu beißen: ich muß meine Liegeposition immer wieder ändern. Und wie abgesprochen holt mich die Natir, die Bademeisterin, ab zur Schaummassage in einen seperarten, blickgeschützten Raum. Wir sind unter uns.
Sie weißt mich an, das Pestamal abzulegen und mich nackt - nur mit dem kleinen vom Bad gestellten Plastikstring - auf die Bank zu legen. Sie zieht ihr weites Kleid über den Kopf und schlüpft in einen schwarzen Büstenhalter. Er hat rechts am Träger ein kleines Loch in der Spitze. Ihre ebenholzfarbenen Haare bindet sie erneut nach oben. Nach und nach schüttet sie die Seifenlauge über mich, um sie mit kräftigen Bewegungen in mich einzumassieren. Ich werde gewalgt, jede kleine Spannung wird aufgespürt und zur Hingabe aufgefordert ...
Sie drückt mich an ihre Brüste und ihren Bauch. Weich fühlt sich ihr Körper an, so wie der Körper einer Frau, die vielen Kindern das Leben geschenkt hat, die bereits Oma ist. Die Seifenblasen schäumen mir bis ins Gesicht. Kundig gleiten ihre Hände über meine Glieder. Sie faßt mich überall an, sie kennt meinen Körper, sie kennt viele Frauenkörper. Ihre Berührungen gehen mir unter die Haut. Nur wir beide. Ich werde zu ihrem Kind: sie ist meine Patchamama. Sie ist meine Schwester. Und gleichzeitig sind wir beide Kinder der gleichen Mutter. Eins sein im Frau sein, verbunden durch die Urweiblichkeit - älter als die Venus von Willendorf, tiefer als Sprache. Wir kennen uns.
Als ich ihr zu Füßen auf dem Boden sitze, eingeklemmt zwischen ihren Mama-Schenkeln, und sie mir die Haare wäscht, sind wir längst durch die Zeit gefallen: wir schwimmen getragen von Seifenblasen in das Paralleluniversum Harem. Dort ist die Natir die Seele, die, die alles weiß, die, die allen zuhört, die, der alle vertrauen: das Reich der Frauen. Auch ich bin bereit, ihr mein Leben auszubreiten, bis auf das allerkleinste Geheimnis.
So offenbare ich mich mit meinen drei Worten Türkisch, als sie meine Haare fertig zu einem Zopf geflochen hat, strahlend und anhänglich, mit rosigen Wangen: *Danke! Teşekkür! Vielen Dank! Teşekkür ederim! S-E-H-R gut! Ç-O-K güzel!!* Sie lächelt verschnitzt-wissend zurück und antwortet: *Hamam-güzel!*
So offenbare ich mich mit meinen drei Worten Türkisch, als sie meine Haare fertig zu einem Zopf geflochen hat, strahlend und anhänglich, mit rosigen Wangen: *Danke! Teşekkür! Vielen Dank! Teşekkür ederim! S-E-H-R gut! Ç-O-K güzel!!* Sie lächelt verschnitzt-wissend zurück und antwortet: *Hamam-güzel!*
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Bei sensationellem Schneefall stapften wir zu Fuß von unserer Unterkunft zu einer der ältesten, öffentlichen Badeanstalten Istanbuls, dem Gedik Paşa - Danke an dieser Stelle an Isa für wunderherrliche Tipps zum Stadt bestaunen!
Die Initiative *Was schön war* von Anke Gröner und Maximiliam Buddenbohm zieht Kreise - zu diesem Thema sollte sich doch öfters etwas beitragen lassen...
Danke! Ich habe deinen Artikel mit großem Genuss gelesen. Ich war erst einmal im Hamam in Hamburg - ähnliche, wenn auch nicht ganz so intensive Erfahrung.
AntwortenLöschenGroßer Mädelsbadespaß - ganz eindeutig!
LöschenWow! Wie schön! Vielen Dank! Und wirklich ein toller Beitrag für "Was schön war"
AntwortenLöschenVielen Dank, Christiane! Geschrieben für *Menschen mit Menstruationshintergrund* wie Caroline Kebekus so hübsch sagt!
LöschenSo schöne Worte ... du bist eine Poetin :-)
AntwortenLöschenWirklich zu absolut jeder Zeit würde ich mit dir Frauenschwitzen ;-) Vielen Dank für deine Schmeichelei - die mich besonders aus deiner Tastatur schmeichelt!
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