Ahnungsvoll: Mandarinen-Törtchen

Donnerstag, 14. Dezember 2017


Meine Urgroßmutter doppelt mütterlicherseits kam mir gestern in den Sinn. Ich war dabei, Holz umzuschichten - wir haben das nächst greifbare direkt vor der Tür gut verbraucht und das füllte ich von dem Stoß etwas weiter entfernt nach. Meine Großmutter (folgerichtig mütterlicherseits) erzählte gerne über ihre Mutter, dass diese *ja Holz wie Streichhölzer setzen konnte.* Als Kind imponierte mir dieses Bild sehr und es fließt mir - eigentümlicherweise - wirklich stets durch die Gedanken, wenn ich selbst an dieser Arbeit bin.

Inès aka Mme Kaltmamsell fragte nach der Erwerbstätigkeit der Ahnen - mit großem Echo in Blogistan (= ich betone gerne, dass ich hierbei auf eine Wortschöpfung von eben jener zurück greife) ebenso unter ihren Kommentatoren.  Ich las mit großer Neugier mit. Im Mittelalter - so lehrte mich mein Mediävistik-Studium - sprich: vor der Verschriftlichung reichte die mündliche Überlieferung nur zwei Generationen zurück. Aber ich vermute dafür deutlich umfänglicher (also im Vergleich zu heute).

Das Wissen über meine Ahnen ist bestenfalls bruchstückhaft zu bezeichnen. Gerade wenn man bedenkt, dass man bei den Urgroßeltern schon unterscheiden können müßte zwischen vier Urgroßmüttern und vier Urgroßvätern. Regelrecht kurios finde ich, WELCHE Bruchstücke dann überdauern und im Gedächtnis der Nachkommen bleiben. Das Gedächtnis, tssss, welch verschlungene, rätselhaft selektive Pfade nimmt es. Über den Mann dieser Urgroßmutter - übrigens Küfer und Bauer von Beruf - entsinne ich mich einer weiteren Geschichte meiner Großmutter, im gleichen Maße losgelöst aus allen größeren Zusammenhängen. Wieder nur ein einzelnes Bild. Sie berichtete mir lachend, wie ihr Vater - *und wenn er in Unterhose am Frühstückstisch saß* - aufspringen konnte, sobald sein Regimentsmarsch im Radio lief, um dazu im Stechschritt um den Tisch zu marschieren. 

Mir dünkt, man hat zumeist kaum bis keinerlei Einfluß darauf, *WAS* einen an Dichtung und Wahrheit überlebt...

Diese Törtchen werden ganz bestimmt keine nennenswerte Existenz erreichen. Gerade wenn wir Gäste erwarten, stehe ich als Dessert sehr auf diese Art Törtchen. Denn außer etwas Wartezeit bedarf es bei der Zubereitung keinem aufwendigen Spektakel. Dafür wirken sie - zumindest für meine Verhältnisse - bereits schon fast nach Pâtisserie.

Zutaten:

Boden*
75g gemahlene Mandeln
75g Mehl
30g Puderzucker
60g Butter
1 Ei
Salz

weiße Kuvertüre

200g Quark
150g Sahne
30g Puderzucker
2 1/2 Blatt Gelatine
40ml Mandarinensaft

100ml Mandarinensaft (ca. 2 Stück)*
1 1/4 Gelatine
(optional: 1 EL Grand Manier)

Zubereitung:

Die Dessertringe von 5cm Durchmesser am unteren Ende fetten und mit Mehl bestäuben. Die Zutaten für den Boden zügig ohne zu langes Kneten zu einem homogenen Teig verkneten und 1 Stunde kühl stellen. Den Teig ausrollen, mit Dessertringen 4 Kreise ausstechen und zusammen mit den Ringen 30min in die Tiefkühle stellen.

Dann mit einer Gabel mehrfach einstechen und - ebenfalls in den Ringen - bei 170 (O/U-Hitze) etwa 25min backen. Währenddessen kontrollieren, dass sich die Böden nicht wellen - gegebenenfalls mit Hilfe einer Gabel wieder nach unten drücken.

Die ausgekühlten Böden mit über einem Wasserbad geschmolzener, weißer Kuvertüre bepinseln, abkühlen lassen und wieder in die Desserringe setzen.

Quark mit dem Puderzucker mischen. Die Gelatine in Wasser einweichen und gut ausdrücken. In dem Mandarinensaft erwärmen und auflösen - 2 EL Quark dazugeben, dann diese Mischung sorgfältig unter den restlichen Quark verquirlen (m: mit Handrührer). Die Gelatine etwa 10min anziehen lassen. Währenddessen die Sahne steif schlagen - diese dann unter die Quarkmasse mischen. Den Mandarinen-Quark auf die vier Desserringe verteilen. Etwa 30min (oder länger) kühl stellen.

Für die abschließende Fruchtschicht die Mandarinen auspressen. Die Gelatine einweichen, ausdrücken, in wenig Saft erwärmen und auflösen und mit restlichem Saft und Mus vermischen  - als Schlußschicht auf den nun fester gewordenen Quark gießen.

*Anmerkung m: der Teig für die Böden reicht für insgesamt 6 Böden - die Quarkmasse allerdings nur für 4 Törtchen/ das Kompott kann komplett mit Mandarinensaft ersetzt werden - wer mag, gibt für noch kleingeschnittene Mandarinen-Fruchtstücke dazu.


12 Kommentare

  1. >dass man bei den Urgroßeltern schon unterscheiden können müsste zwischen vier Urgroßmüttern und vier Urgroßvätern.
    Dazu mein 'Geburten Paradoxon': wenn man zu Deinen Urgroßeltern deren Großeltern rechnet verdoppelt es sich wiederum ... wenn man das weiter so verdoppelt und, sagen wir bis zu Jesu Geburt zurück rechnet, kommt man auf Milliarden Menschen die damals gelebt haben müssen... Haben sie aber nicht... Einzige Lösung: 'Inzucht' - womit wieder bewiesen ist das wir alle irgendwie miteinander verwandt sind, was wiederum das abschotten vor 'den Fremden' jeglicher Grundlage entzieht...
    Liebe 'brüderliche' Grüße aus Wien
    Axel

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    1. Was ein schöner - und logischer - Gedankengang, Axel! Dem schließe ich mich schlicht an...
      mit *schwesterlichen*Grüßen zurück nach Wien

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  2. Ach, wie wunderschön deine Törtchen sind!!! Und ganz klar: Patisserie! Werde ich nachmachen und freue mich schon jetzt drauf :) Vielen Dank für das Rezept. Liebe Grüße

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    1. Oh, und ich freue mich, Hanne, wenn du nachziehst und die Törtchen euch schmecken!

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  3. Tatsächlich eine interessante Frage ... ich glaub, bei uns waren alle Bauern - und einen Maurer gab es auf der Seite meines Mannes. Aber sicher bin ich eh nicht. Ein schöner, guter Anlass, da einmal fragen zu gehen :-)
    Alles Liebe!

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    1. Die Fragen gilt es zu stellen, Maria, so lange noch Menschen leben mit Antworten darauf. Bestenfalls sogar welche, die diese Menschen noch lebend kannten. Fragmente bleiben die Erinnerungen trotzdem - aber spannend auch ;-)... liebe Grüße zurück

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  4. Gell, beim Holz Umschichten kann man immer gut nachdenken? Mir kommt dann immer ein Spruch meiner Schwieger-Großmutter in den Sinn: "Holz macht dreimal warm" - beim Holzmachen im Wald (das schenke ich persönlich mir), beim Auf-/Umschichten und Reinholen, und im prasselnden Feuer. Die Törtchen sehen klasse aus und schmecken sicher ebenso. Besonders gefällt mir, dass der Boden kein Bisquit ist, sondern ein mürber Teig... Liebe Grüße!

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    1. Überhaupt, bei vieler einfacher Handarbeit lässt sich super nachdenken - das finde ich auch Hannah! Die Hände sind beschäftigt und dann beschäftigt sich nebenher der Geist... Unkrautjäten - BOMBEN Beispiel dafür :-) ... herzliche Grüße zurück

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  5. Von meinen Urgroßeltern weiß ich leider überhaupt nichts. Noch nicht ei nmal Anekdoten. Nur von den Großeltern, die ich aber auch nicht alle persönlich kennen lernen konnte. Dein Dessert hingegen möchte ich sehr gern persönlich kennen lernen, denn ich bin auch kein Fan von stundenlangem Gefriemel, um einen süßen Nachtisch auf den Tisch zu zaubern. :-)

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    1. Eigenartig, oder, wie ganze Generationen der altvorderen Reihen einfach so in der Versenkung und im Vergessen verschwinden... Ich kannte von meinen Großeltern auch nur die Omas. Schön, dass sich das Kennenlernen bei den Törtchen deutlich vereinfachen läßt.. liebe Grüße

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  6. Oha, das klingt lecker. Habe es gleich kopiert, und nun muss es sich erst in die „Testreihe“ eingliedern, da es — wie du ja weißt — für mich erst „verpflanzlicht“ werden muss. Dürfte aber kein Problem sein. Ich freu mich drauf und wenn ich noch solche Kleinigkeiten wie „Dessertringe“ organisiert bekomme, wird es vielleicht eine fruchtig-verführerische Zwischen-den-Jahren-Entdeckung. Ja, ich kenne das auch, dass bestimmte Tätigkeiten oder Situationen Erinnerungen an Erzähltes auslösen und tatsächlich, je älter ich werde, um so mehr schwemmt es da wieder nach oben ... Ich wünsche dir und den deinen ein besinnliches Fest und einen guten Start!

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    1. Das scheint ja ein durchgängiges Phänomen, dass je älter man wird, das Gedächtnis umso früher einsetzt... Bei meinen Geschichten allerdings handelte es sich um *weitererzählte* Geschichten, also Erlebnisse bereits gefiltert durch eine Person. Und da gehts dann schnell zu, wie beim Billiardspielen... wenn du verstehst, was ich meine!

      Ich hoffe, die Törtchen bereiten auch in vegan (Soja-Joghurt/ Agar Agar?) Freude! Dir und deinen Lieben ebenfalls ein frohes Fest!

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