Mit vollem Schrot ins Neue: malziger Purpur-Wicht mit Walnüssen

Donnerstag, 4. Januar 2018


Es ist mir durchaus bewußt, dass ich teilweise in einer Parallelwelt lebe. Oder einer anderen Zeitzone. Also für mein Alter. Wie meinte eine Freundin (alleinerziehend, voll berufstätig): das jetzt gerade, dieses wilde Durcheinander, dieser rappeldichte Terminator, das würde man auch die *Rush-Hour des Lebens* nennen. Die Tage sind derart getaktet, dass man immer irgendwie leicht hinterher hinkt und permanent versucht ist, den Blinker links auf die Überholspur zu setzen. Es läuft nicht cremig. Ich nickte - aber deutlich mehr aus Empathie denn wissend.

Tatsächlich kaufe ich mir meinen kleinen Terminkalender nur aus Anhänglichkeit - viel Termine trage ich nicht ein. Zeitdruck? Ähäm was ist das nochmal gleich? Stress? Hetze? Wer ist wo wie verspannt und warum? Aber doch nicht hier mitten auf dem Land. Fast möchte ich behaupten, dass mehr die Jahreszeiten als die Uhr mein Tempo vorgeben. Klingt wie vom hinterm Mond. Oder zumindest außerhalb der Stromversorgung, oder? Es ist schon ein Glück, dass wir finanziell unsere Existenz so irgendwie gebügelt bekommen. Wobei das auch eine Frage der Zufriedenheit ist - wann ist genug genug. Mit wieviel kommt man aus? Was braucht man... Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus - wobei man derlei ruhig mal geistig kreiseln lassen kann.

Vielmehr wurde mir durch Sylvester wieder bewußt, wie Termine einen blockieren können. Vielleicht muß man dafür so raus aus der Materie sein wie ich, ich weiß es nicht. Aber mir schiens wie ein Brett vorm Kopf, als wäre da ein Riegel vor meinen Gedanken. Dieses doofe Sylvester! Da hatte ichs ja erst von: da glaube ich schon lange nicht mehr dran, dass man den Schiet rauschend feiern kann. Oder ebent nicht mit mir. Ich bin eindeutig auf zu vielen schlechten Feierlichkeiten rumgestanden, die sich am Ende alle gleichen: dieses künstliche Runterzählen, diese aufgesetzte Fröhlichkeit, das dabbige Anstoßen mit Sekt - Kinners, das ist nicht meine Party. Weswegen ich diesen Kappes auch wieder formidabel überschlafen habe. Ohne einen Böller und einem einzigen Konfetti. Ganz nach meinem Geschmack also.

Kaum ist dieses Datum rum, schwups, fallen die geistigen Schranken und ich habe das Gefühl, ein weites Feld liegt vor mir. Raus mit dem Pony auf die Wiese! Die Welt gehört mir.

Allerdings haben sich hier mittlerweile Traditionen etabliert. Eine davon ist, das neue Jahr mit einem Brotrezept zu beginnen. Ganz bodenständig. Ich mußte an meinem dunklen Purpur-Wicht etwas rumschrauben. Der erste Versuch gelang mir nicht so locker und saftig, wie ich mir das vorstellte. Ganz als hätte er sich den kapriziösen Dinkel als Vorbild genommen, für den dieses Rezept in seinen Grundzügen von Günther Weber mal konzipiert war. Nun aber kann ich dieses Vollkornbrot der - also meiner - Öffentlichkeit präsentieren und empfehlen. Mit Salzkorn-TÜV-Plakette.


Für 2 Brote in 750g Form (20cm Länge):

Sauerteig - ca. 10-12 Stunden bei 25°
145g Purpur-Weizenschrot, gorb
145g Wasser
30g Weizen-ASG

Brühstück 1 - über Nacht:
100g Einkorn-Flocken
30g Dinkel-Malzflocken
400g Malzbier, kochend

Brühstück 2 - 1 Stunde vorher angesetzt:
100g Walnüsse, geröstet*
250g kochendes Wasser

Hauptteig:
ST,
BST 1 und 2
515g Purpurweizen, fein gemahlen
120g Wasser*
120g Joghurt
8g Hefe
16g Salz
1 TL Koriander, geschrotet
2 EL Walnuss-Öl

Zubereitung:

Den Sauerteig rechtzeitig anstellen zusammen mit Brühstück 1. Die Walnüsse am nächsten Morgen rösten und in einer Schüssel mit kochendem Wasser überbrühen - ca. 30min ziehen lassen, dann ca. 30min abtropfen lassen. Von dem restlichen Brühwasser der Walnüsse 120ml abmessen für den Hauptteig.

Den Hauptteig zur Autolyse ansetzen - dafür alle Zutaten vermengen außer Salz, 30ml des Wassers , dem Öl und den Walnüssen. Kurz verkneten und ca. 30min ruhen lassen.

Nun den Salz zufügen und das restliche Wasser schlückchenweise anschütten und etwa 8min kneten lassen. Kurz vor Ende die Walnüsse zufügen und unterkneten lassen. Den gekneteten Teig ca. 20min ruhen lassen, dann teilen und auf einer bemehlten Arbeitsfläche länglich wirken und in die vorbereiteten, gefetteten Formen setzen. An einem warmen Ort gehen lassen, bis der Teig die Oberkante der Formen erreicht hat (dauerte bei mir ca. 1 1/2 - 2 Stunden). Vor dem Backen mit dem restlichen Malzbier bestreichen, stippen und einschießen.

Gesamtbackzeit ca. 55min - fallend von 250° auf 200° - die restlichen 5min ohne Form backen. Klopfprobe.

18 Kommentare

  1. Ein bisschen beneide ich dich ja um das geruhsame Landleben ( und hab mir gerade - Neujahrsvorsatz! - vogenommen, hier wieder öfter vorbeizuschauen; digitale Entschleunigung sozusagen). Andererseits kenne ich es nicht anders als mit vollem Terminkalender und einem gewissen Maß an Hektik, und irgendwas scheine ich daran auch zu mögen, sonst hätte ich es vermutlich schon geändert. Insofern: danke für den Anstoß, darüber mal wieder nachzudenken! Und das Brot bewundere ich sehr, aber das Backen überlasse ich dann doch anderen ...

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    1. Alles, Sabine, hat seine Vor-und Nachteile. Das sog. geruhsame Leben muß man auch aushalten können, weil man sich dabei oft selbst auf den Zehenspitzen steht - andererseits ist eben sich selbst immer besser zu kennen der große Vorteil. Des weiteren ist alles eine rein individuelle Angelegenheit, der persönlichen Präferenz. Und manchmal gar schreibt einem schlicht das Leben vor, was gerade dran ist...

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  2. Ganz bei Dir: Von mir aus könnte Silvester, wie es gemeinhin begangen wird, ersatzlos aus dem Kalender gestrichen werden. Auch, wenn es doch immer mal wieder schöne Feiervarianten gegeben hat. Dein Brot stünde sicherlich jeder bestens zu Gesicht.
    Herzlich: Charlotte

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    1. Vielleicht bin ich auch nur gebranntes Kind, das gerne wieder vom Gegenteil überzeugt würde, liebe Charlotte. Es ist ja alles nicht in Stein gemeißelt. Vielleicht schüttle ich auf einer zukünftigen Feier von einem Jahr ins andere wieder mal mein Haar... man weiß es nicht. Es dünkt mir nur gerade sehr unwahrscheinlich...

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  3. Ich bin ja auch nicht so im Mainstream. Seit ich Kinder habe, habe ich mich entschieden, nicht ausser Haus zu arbeiten. Bisher jedenfalls. Zeitplan und Taktung gibt es in der Schulzeit trotzdem in erschreckendem Ausmaß. Leider. Und Silvester... Ach. Ein Wechsel der Jahreszahl, so what. Ich würde es verschlafen, aber naja 😁. Um mich herum ist man in Feierlaune. Machen wir also das Beste daraus.

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    1. Ja, Susanne, das bekomme ich von meinen *bekinderten* Mädels nur zu gut mit: Schule, Kindergarten ect.pp geben ganz schön den Takt vor. Sowas kommt von sowas - dafür wird dir aber im Gegenzug zu Sylvester tüchtig eingeheizt. Wer weiß, was ich dabei verpasse ;-)

      Ach, und apropos Arbeit, das wollte ich dich aus Neugier ja schon längst gefragt haben (wenn du mir gestattest): was hast du eigentlich studiert, bzw. gearbeitet? Ich wäre ja total gespannt auf eine Antwort - privat läßt du ja nich SO viel raus ;-)

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    2. Ich bin eigentlich Juristin. Ich habe eine Zeitlang als Anwältin gearbeitet und später Strafsachen bei der Bundesagentur für Arbeit bearbeitet; er illegale Beschäftigung, dann Kindergeld. Das ist inzwischen alles so weit weg...Inzwischen habe ich nebenbei eine Fortbildung zur Ernährungsberaterin abgeschlossen und überlege noch, was ich damit anfange.
      Und was Silvester angeht...Du verpasst nichts ;-).

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    3. Du ahnst nicht, wie sehr du mit deiner Antwort eine brennende Frage gelöscht hast :-)! Vielen Dank, Susanne für deine Offenheit. Auf Juristin, bin ich bei aller Raterei, nicht gekommen! Außerdem bleibt offen, wohin dich deine Fortbildung führt... ich bleibe dran :-)

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  4. Also ich stelle es mir bei Dir hinterm Mond ganz gemütlich vor. Klar der Takt mag für einen Städter etwas gemächlich daherkommen, aber weniger spannend ist es deswegen ganz bestimmt nicht. Und es bleibt vor allem Zeit für ein paar gescheite Gedanken (was den Städtern manchmal ein büschen abgeht ;-) ).
    Geniess die Wiese mit dem Pony!
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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    1. Jeder wie er meint, Andy, oder so, wie es das Leben gerade anbietet - alles hat sein Zuckerchen auf der einen Seite und die Peitsche auf der anderen. Nur weil ich mehr und mehr Landei bin, muß das nicht für alle *the one and only* Lebensentwurf sein - was gut so ist, sonst wäre es ja auf dem Land so voll wie in der Stadt ;-)
      liebe Grüße zurück und dir auch ein braves-wildes Pony!

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  5. Wir leben in "der Stadt" und trotzdem haben der Inschennör und ich Silvester ähnlich begangen. Die Freiheit haben wir, seit die Kinder aus dem Haus sind und genießen es. Mir reicht die Taktung schon, um gesund zu bleiben.

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    1. Ach, genau, Ulrike, das hat man ja auch immer mit zu bedenken: alles meistens Phase. Sonst wird doch die ein oder andere Einstellung orthodox, unlebendig, Selbstläufer... wie auf Schienen. Das will ja auch kein Mensch. Aber wohlfühlen wäre schon schön - und das scheinen wir zwei (Stadt-Land-unanbhängig) uns zum Jahreswechsel ähnlich gerne im Bett!

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  6. ach super, meine Religion ist auch nicht Stress, Hektik, Termine, sich einspannen zwischen all dem Gedöns. Das kann ich als kinderlose Frau mir auch leisten und lebe diesen, meinen Zeit-Luxus aus vollem Herzen und mit großem Vergnügen. Und kann über die Rumhektiker und Hezter und Gestressten echt nur staunen: warum nur??? Ich glaub, dafür sind wir nicht gemacht und irgendwie hat das doch auch was mit Würde und Souveränität zu tun...Bine

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    1. Oder, Bine? Manchmal ist es eben auch eine Frage, wie man es sich gerade erlauben kann, es sich einzurichten. Die Freundin, die alleine mit Kind gerade so viel arbeiten muß, hat leider wenig Spielraum, sich ihr Leben ganz anders einzurichten. Deswegen sehe ich es wie du: kein Stress zu haben, das empfinde ich als großen Luxus. Ich zahle aber dafür auch meinen Preis...

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  7. Oh wie schön ein neues Brotrezept,wie praktisch das ich noch eine Tüte Rotkorn hier rum stehen habe!
    Müssen es unbedingt diese Flocken sein,oder tun es auch welche aus Hafer?
    Ich mochte noch nie Silvester,dieses gezwungene wachbleiben bis Mitternacht bzw. darüberhinaus.Für mich als Nichtnachteule immer anstrengend.Trotzdem wünsche ich dir noch ein schönes und leckeres neues Jahr.
    Viele Grüße Petra S.

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    1. Nun, Petra, ich konnte die Nacht schon zum Tage machen und habe gerne gefeiert. Die Partys an Sylvester wollten mir nur nie so richtig behagen. Das war aber auch die wilde Jugend. Jetzt bin ich allgemein in ruhigeren Gewässern unterwegs, zudem trinke ich ja keinen Alkohol mehr, da lebt es sich bei Licht und Tag einfach spannender.

      Zur Brotfrage: ob du die Einkorn-Flocken vielleicht mit Dinkel-Flocken ersetzen magst? Haferflocken sollten aber auch funktionieren!

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  8. Und genau deshalb lese ich Deinen Blog so gerne, weil Dein Leben so anders ist als meins. So ist das hier vorbeischauen immer eine kleine Auszeit. Und bei aller äußerlicher Unterschiedlichkeit, finde ich mich oft in Deinen Gedanken wieder.
    Viele Grüße und ein gutes Neues Jahr! Christina

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    1. Genau deshalb lese ich auch gerne andere Blogs, Christina, weil sie mir Einblicke in andere Leben gewähren. Ich kann ja nur von meiner ganz subjetiven Warte aus meiner kleinen (und für mich so großen) Welt erzählen. Und die Unterschiede zu den Welten der anderen sind dabei genauso spannend wie die Gemeinsamkeiten - sind wir uns da auch einig? Dir ebenfalls ein 2018, das dir keine Sorgen aber viel Freude macht!

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