Was bin ich beeindruckt, was alles möglich ist, wenn die Dinge von ganz oben angestoßen werden. Gerade die Deutschen sind ja besonders leicht vor sich herzuschieben - im Gegensatz zu den eigensinnigen Franzosen. Zumindest wenn ich meine Erfahrungsmomente jetzt mal repräsentativ nehme. Mit stolz geschwellter Brust wurde mir aus deutschen Mündern eröffnet, dass man neuerdings kürzer dusche, mit nassen Haaren das Haus verlasse, sich ein Elektrofahrad angeschafft habe... Tout un coup ist Energiesparen neben Sport die neue massenkonforme Freizeitbeschäftigung. Spare Energie und rede darüber. Und, wartet's ab, es geht nicht mehr lange, dann drückt man das für angepasste Technikaffine in eine entsprechende App, damit derlei Ambitionen auch honoriert werden von jenen, die sich das so ausgedacht haben. Sybille Berg unkte dergleichen in ihrem letzten Buch - nur jetzt scheint es nicht mehr aus dystopischer Luft gegriffen.
Bon, selbst wenn ich zur Gruppe *Ich will das Klima nicht retten* gehöre (wieder toller Beitrag von Radio München), darf sich jeder Don Quijote seine Windmühle suchen. Ey, und mir doch stinkend egal, wer glaubt, jetzt auf Waschlappen umsteigen zu müssen. Wobei apropo *stinkend*. In dem Zusammenhang habe ich mich erinnert, was ich schwer ausgedünstet habe, als ich noch in der Stadt lebte. Mein Schweißgeruch setzte sich manchmal gar derart in den T-Shirts fest, dass ich sie wegwerfen musste. Sondermüll. Innere Anspannung setzt Proteine frei - dadurch erhält der Schweiß einen beißenden Geruch. Bestimmt einer der Hauptgründe für den urbanen, täglichen Duschmarathon. Weil dreckig macht sich ja heute eigentlich keiner mehr beim Schaffen. Und als Stinktier kann man sich schwer wohlfühlen in seiner Haut, das weiß ich ja nun selbst. Nur greift das viele Duschen wiederum die Haut an. Ein Teufelskreis. Heute kann ich schwitzen, wie ich will - ich rieche nicht. Überhaupt nicht. Und wenn ich in der Erde buddle, dann bin ich ja deshalb nicht schmutzig. Dreck kann man ganz leicht abspülen im Gegensatz zu Schmutz. Also in punkto Wasserverbrauch wäre ich in der Klima-App bestimmt schnell ein Gold-Plus-Member (# Vorteil Landleben, # harmonische Beziehung, # anständige Ernährung). Für die Muffies wäre mein Rat übrigens der gleiche wie für die Resting-Bitch-Face-Geschädigten... aber mich fragt ja keiner.
Anyway, eigentlich interessiert mich diese ganze Debatte überhaupt nicht, viel spannender finde ich zum Thema Energie, sich zu überlegen, was den inneren Antrieb eines Menschen ausmacht. Woraus speichert sich die hauseigene Energiequelle. Woher zieht jemand die Kraft, seinem Leben eine bestimmte Richtung zu geben?
Nun lebe ich in einem Haus, dass mein Habib einem sehr abschüssigen Stück Land abgetrotzt hat. Komplett selbst erbaubt. Mir ist durchaus bewußt, dass der Habib mit seinem Tatendrang erst die Grundlage unseres heutigen Lebens geschaffen hat. Aber was dafür alles zusammenkommen muss! Was Phantasie, Visionen, Energie, Fleiß, Schweiß, Beharrlichkeit, Neugier, Wagnis, Ausdauer, Bescheidenheit, Unannehmlichkeiten, Kraft, Geduld - denn Geld hatte der Habib wenig zur Verfügung (daran denken wir Kapitalisten heute immer als erstes). Einfach zu beginnen, ohne Strom, ohne fließend Wasser, daneben im Zelt campierend... da gehört schon was dazu, sich einfach dranzumachen, sich einfach auszuprobieren, sich nicht abschrecken zu lassen. Gedanken - Worte - Werke. Was dann alles möglich wird!
Echt, wie groß ist das Potential der menschlichen Schöpferkraft und wie sehr wird daran gespart. Bedauerlicherweise. Warum denn nur? Dabei je kleinteiliger die Vorgaben, Richtlinien und Auflagen von oben werden, wie man zu leben hat, umso wichtiger wird doch, selbst zu wissen, wie man höchstpersönlich gerne leben möchte. Ja, sag doch mal, wie hättest du es denn gerne, dein Leben? Wie würdest du es denn basteln wollen? Und wir reden vom *Wie*, von Qualitäten nicht von irgendwelchen Äußerlichkeiten - die ergeben sich daraus dann zwangsläufig. Von nix kommt nix. Weichen wollen gestellt werden. Sonst landet man nachher in Depressionen und macht für den Murgs andere verantwortlich. Ohne das Zutun des eigenen Willen geht es nicht: WÜNSCHEN - die Willensrichtung auf ein bestimmtes Ziel (ist die sehr komprimierte Bedeutung aus dem etymologischen Wörterbuch). Also, Geburtskind, was willst du, was strebst du an, wohin willst du?
Für den individuellen Umgang mit Ressourcen reicht meines Erachtens der gesunde Menschenverstand. Ich mache das Licht aus, wenn ich einen Raum verlasse, ich muss meine Klamotten nach einmaligen Tragen noch nicht waschen, wenn ich zu Fuß gehen kann, dann meide ich jedes andere Transportmittel, ich ziehe Gebrauchtes Fabrikneuem vor... - nix worauf ich mir als Europäerin gegenüber der Weltbevölkerung moralisch etwas einbilden könnte.
Den Ofen-Sellerie nach Ottolenghi habe ich in hier in einem Resto (das ich euch demnächst vorstellen will) unlängst gegessen. Aber für eine kleine Kugel Sellerie als Beilagengemüse für 2 Personen den Backofen 3 Stunden laufen zu lassen.... das macht keinen Sinn, n'est-ce pas? Das braucht mir keiner zu erklären. Also habe ich eine verkürzte Zubereitungsart gewählt. Das Ergebnis ist nicht das Gleiche, denn durch das lange Garen im Ofen hat der Sellerie eine andere (festere) Konsistenz - trotzdem sind die Sellerie-Stücke (wie man ihnen ansieht, finde ich) absolute Köstlichkeiten geworden. Ganz, ganz sicher bin ich mir aber, dass ich damit trotzdem weder die Welt noch das Klima rette.
Zutaten 2P:
1 1/2 Sellerie-Knollen (1 Sellerie à ca. 350g)
3 EL Olivenöl
1 EL Tamari*
1 EL Hoisin-Sauce*
2 EL Ahornsirup
1 Pr Piment d'Espelette
2 Lorbeer-Blätter
Zubereitung:
Sellerie schälen, halbieren, vierteln und dann in konische Stücke von 1,5cm breite schneiden.
Einen Topf mit genügend Wasser erhitzen - salzen und Lorbeer-Blätter zufügen - und die Sellerie-Stücke für ca. 6-7min garen, dann abschütten und gut abtropfen lassen (oder auch mit dem Küchentuch etwas trocknen)
Den Ofen auf 210°C (Umluft) vorheizen.
Die Marinade in einer ausreichend großen Schüssel vermengen und die Sellerie-Stücke von beiden Seiten gut darin wenden und tränken.
Ein Backblech mit Backpapier bekleiden und die Selleriestücke darauf verteilen (restliche Marinade ruhig noch drüber geben).
Für 15-20min in den Ofen schieben bis der Sellerie schön Farbe angenommen hat. Für den finalen Schliff noch weitere ca. 5min unter den Grill schieben.
*Anmerkung m: bei uns gabs das Kartoffel-Pü mit Olivenöl dazu und Bohnen-Tomtensalat - anstelle von Tamari- und Hoisin-Sauce kann man auch einen EL dunkles Miso verwenden - hatte ich gerade nicht. Aber Miso-Glasur klingt irgendwie griffiger als alles andere.
die Inspiration dafür stammt von einem meiner Lieblingsblogs Chili und Ciabatta aka Petra
wer denkt noch an Münchhausen? |
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