Mottogerecht: Basilikum-Pici mit cœur de bœuf-Sugo

Sonntag, 17. September 2017

*Weißt du*, sagt eine Freundin zu mir, *ein Motto von mir war lange 'Das Leben ist schön'. Aber je älter ich werde, muß ich vor mir eingestehen: 'Das Leben ist nicht schön'.

Und wir schauen uns dabei ohne jede Bitterkeit an und ich nicke. Stimmt. Das Leben ist nicht schön. All das Leid und Elend, die Kriege und Auseinandersetzungen, die Krankheiten und Verletzungen. Mit einem *Tal der Tränen* wurde die Erde im Mittelalter verglichen oder auch das Jammertal genannt.

Im krassen Widerspruch steht die Werbung, die zum Konsumieren anregen soll. Junge, schöne, fröhliche Menschen und alle *Fit for Fun*. Als wäre ein menschlicher Lebenszyklus ein einziges Fest. Ein Partyhopping von Feiertag zu Feiertag. Komisch eigentlich, dass diese Bilder überhaupt greifen. Vielleicht weil man zu gerne glauben möchte, dass das Leben wirklich eine Aneinanderkettung von glücklichen Momenten ist.

Vielleicht verdrängt man auch zu gerne, wie ausgeliefert man doch Schicksalsschlägen gegenüber ist. Hungersnöte, Naturkatastrophen, Unfälle, Lügen, große und kleinen Enttäuschungen, zerbrochene Träume, das Mühen und Scheitern, das Abgrenzen und Durchsetzen, die Einsamkeit, Trauer und Liebeskummer - ach, die Liste ist endlos. *Aus der Kriegsschule des Lebens – Was mich nicht umbringt, macht mich härter* - der alte Nietzsche Spruch. Und ja, ich glaube, das ist möglicherweise das Entscheidende: stärker, mutiger, kräftiger werden, um auszuhalten, was das Leben so für einen bereit hält. So irgendwie, oder?

Und den Kopf immer ein bißchen gen Nacken ziehen - in Demut... wissend, dass das Leben jederzeit zum Schlag ausholen kann. Ein Satz, der mir auch sehr gut gefällt: Im Glück nicht übermütig werden, im Unglück nicht verzagen. Tja, und zusätzlich noch das Gute im Kleinen nicht aus den Augen verlieren. Es bleibt ja nichts, den Lebensmut darf man nicht verlieren. Für dieses eine Leben sind wir angetreten

Wenn ich triste bin, menschenmüde, dann koche ich mir die Welt mit Pasta ein bißchen schöner. Gepflegter Eskapismus - was wären wir ohne ihn. Und da ich dem Rausch abgeschworen habe (nie verstehe ich besser, warum so wenig wieder vom Alkohol lassen können), bleibt mir nur unser Schneckenhaus samt Garten als Rückzug und die Natur als Seelentröster samt ihrem Schöpfer. Aus ihrem spätsommerlichen Garten bediene ich mich heute wieder: an immer noch prächtigen cœur de bœuf-Tomaten bereit ich ein Sugo zu und aus einem ganzen Feld von Basilikum werden Pici gebastelt. So gehts gleich wieder besser - ihr wißt ja, und wenns nur ein Jota ist - ça suffit!


Zutaten 2P:
 
Pici:
180g Mehl
60g Basilikum
60g Spinat (m: pousse d'épinard*)
Salz
Wasser

Sugo: 
1 Zwiebel
2 Knoblauchzehen
2 Lorbeerblätter
1 Zweig Rosmarin
3 Zweige Thymian
1kg cœur de bœuf-Tomaten
Piment d'Espelette
Salz, Pfeffer
eine Prise Zucker
Olivenöl 

geriebener Parmesan zum Servieren

Zubereitung:

Für die Pici den Basilikum und Spinat mit dem Mehl im Mixer pürieren - was bei mir problemlos ging. Um einen homogenen Pastateig, der an Knetmasse erinnert zu erreichen, eventuell noch etwas Wasser hinzufügen. Zum Formen der Pici auf einer leicht bemehlten Arbeisfläche ca. 2 cm große Teigbällchen abnehmen und zu langen grünen Würstchen von etwa 2-3mm rollen. Pici auf einem sauberen, bemehlten Küchenhandtuch zwischenlagern.

Die cœur de bœuf-Tomaten  in Würfel schneiden. Die Zwiebel und den Knoblauch fein hacken. Die Zwiebel in Olivenöl glasig andünsten ohne Farbe annehmen zu lassen, kurz vor Ende den Knoblauch mitrösten. Die Tomaten und die Kräuter hinzufügen und bei offenem Deckel bei kleiner Hitze geduldig sämig einkochen. Wenn das Sugo die gewünschte Konsistenz erreicht hat, die Tomaten durch die flotte Lotte drehen (dank den Pektinen von Kernen und Haut der Tomaten, die mitgekocht werden, erhält das Sugo einen tollen Schmelz). Das Sugo nochmals abschmecken und warm stellen.

Reichlich Salzwasser zum Kochen bringen und die Pici darin al dente garen. Abschütten und unter das Sugo mengen. Mit geriebenem Parmesan servieren.

*Anmerkung m: ich habe dem Basilikum hälftig Spinat zur Seite gestellt in den Pici, um das Grün zu erhalten. 

9 Kommentare

  1. Man(n) darf im Lebens alles verlieren, nur nicht den Humor. Den schwarzen Homor würde ich mit einschließen.
    Ein gutes Gericht hilft über vieles hinweg, vor allem bei denen, die einem guten Brocken niemals abgeneigt sind.
    In diesem Sinne: guten Appetit, auch wenn's schwer fällt.
    Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen ;>)))))
    Viele Grüße
    Rainer

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    1. Wer kennt sie nicht, Rainer, oder, diese Tage, an denen man das Gefühl hat: es kostet schon immer wieder Energie sich auf ein Neues aufzuraffen. Aber wie hat Goethe (mal wieder) so hübsch geschrieben - bin prompt heute über den Satz gestolpert: *Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muß* - also machen wir uns dran.... und vergessen das Essen dabei nicht :)

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  2. Oh das sieht aber lecker aus. Damit kann man sich durchaus gut trösten... Ein bisschen Weltschmerz gehört aber auch zum Leben dazu ;)
    Liebe Grüße,
    Ela

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    1. Erwischt, liebe Ela! Ob sich dazu nicht ein wunderbarer Soundtrack zusammenbasteln liese? Best of Melancholie - nun dann mache ich direkt mal den Anfang mit Aimee Mann - Wise up Hast du auch einen Vorschlag?

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  3. Kochst Du mir heute einen großen Topf Pasta? Ich fühl mich gar nicht *fit for fun*, eher *ok* oder *lonely planet*
    :)

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    1. Hach, einen so großen Topf Pasta, dass man sich reinsetzen kann :) Und du, Sarah, auch eine Idee für einen Melancholie-Soundtrack? (Lonely-Planet als Gefühlsausdruck nehme ich hiermit direkt auf ins Vokabular)

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  4. Liebe Micha, nachdem deine Spinat Pici schon lange auf meiner Nachkochliste standen, führte jetzt kein Weg mehr dran vorbei und ich hab heute mittag grüne Knete gerollt. Einer kleinen Dame auf der Krabbeldecke ist geschuldet, dass die Geduld für 2-3 mm filigrane Pici nicht ausreichte und trotzdem war es sehr, sehr lecker!An deinen Gedanken ist (leider) auch ansonsten viel Wahres - was man so gerne verdrängen möchte, gerade wenn man ein neues Leben "in diese Welt gesetzt" hat und dieses Wesen natürlich am liebsten vor der Erkenntnis, dass das Leben nicht schön ist, bewahren möchte. Auf jeden Fall gilt es doch die schönen Momente im Herzen zu sammeln, so dass man von zehren kann wie Frederick, die Maus. Und wenn es dazu noch frische Pasta und Babyplabbern gibt, kann ich nur dankbar sein.

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    1. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass auf einen schönen Tag 70 Scheißtage kommen sollen. Wäre ein fieses Ungleichgewicht, oder? Nun, so oder so kann ich mich an so ungeheuerliche Glücksmomente erinnern, in denen ich dachte: so, jetzt kann ich jederzeit sterben - allein dass ich das erleben durfte, dafür hat sich das Leben gelohnt. Und die halte ich mir schön warm - auja genau, gerne wie Frederick, die Maus und zehre davon, wenn andere Dinge an mir zerren. Außerdem gibts ja noch die wohlige Zufriedenheit - und davon habe ich glücklicherweise sehr viel in meinem Leben... Nein, ich darf nicht klagen - vorallem dann, wenn ich nach rechts und links schaue, mit was Leben so alles aufwarten kann. Und ich drücke deiner kleinen Familie die Daumen, dass es ihr ähnlich gut ergeht. Aber ich hoffe, davon kann ich mich bald selbst überzeugen - Date im Herbst? (jaja, die Mail kommt :))

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  5. Ach Micha, danke für den Text, danke fürs Rezept.
    Man kommt der Welt schon manchmal abhanden, zurück zu kommen, das ist das eigentlich schwere. Deshalb stärke ich mich jetzt wohl mit Pasta. Es muss ja irgendwie weiter gehen <3

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