Flausen - cremiger Salat aus Saubohnen und weißen Bohnen

Sonntag, 30. Juni 2019


Eine der größten hauseigenen Sabotage-Funktionen des Menschen ist sein Hochmut beziehungsweise sein Egoismus. Alle griechischen Sagen legen darüber Zeugnis ab - und während sich die Erde samt ihre Kulisse verändert hat, blieb sich des Menschen Welt gleich.

In einem von mir sehr geschätzten Buch wird geschildert, wie ein westlicher Mensch aufgenommen wird in eine spirituelle Schule im Himalaya. Seine allererste Lektion wird sich über viele Monate strecken und enden mit der einfachsten der folgenden abzulegenden Prüfungen. Und zwar hat er am Anfang zu begreifen, dass er überflüssig ist, niemand auf ihn gewartet hat, er nicht gebraucht wird und es auf ihn nicht ankommt - à la * Wenn du es nicht machst, dann macht es ein anderer*.

Eine Unterflause des Hochmuts ist das Streben nach Anerkennung. Viele werden ein ganzes Leben lang ihr Gegenüber nur als Publikum missbrauchen, um sich endlich die (versagte) Bestätigung einzuholen, auf die sie - wie sie meinen - auch ein Anrecht haben. Immer zu kurz gekommen, nie richtig wertgeschätzt worden, keiner, der sieht, was man leistet. Den Deutschen wird die Überwindung dieser Hürde besonders schwer gemacht: zum einen hapert es in dieser Nation mit der Großzügigkeit im Allgemeinen (worauf auch der sehr karge Einsatz von Lob zurückzuführen ist), zum anderen wird die Geld-Erwerbstätigkeit zusehr überbewertet. 

Ich behaupte, dass kein anderes Land in Europa den Beruf derart hoch aufhängt wie die Deutschen. Bei jedem Smalltalk, bei sämtlichen Kennenlern-Unterhaltungen ist die Starter-Frage (direkt nach *Aus welcher Gegend kommst du?*) diejenige nach der Arbeit (und damit möglicherweise dem Status). In anderen Ländern gilt das sogar als No-Go. Darüber erkundigt man sich wohl in Frankreich auch irgendwann einmal - aber es ist einfach zweitrangig, denn das Privatleben nimmt den zentralen Platz ein (wir reden von der Landbevölkerung). Da die Fränzis mindestens eine Generation länger schon das Patchwork-Modell leben, haben sie dementsprechend auch mehr Familie um sich.

Ein Tagebuch-Blog, das ich ebenfalls sehr schätze, führt mir deutlich vor Augen, welchen Stellenwert die Erwerbstätigkeit einnehmen kann. Sie saugt nahezu alle Kapazitäten - zeitlich, körperlich und geistig - auf und für den Alltag daneben bleibt kaum noch etwas übrig. Man setzt sein Leben ein, um (beispielsweise) die Betriebsabläufe irgendeiner Firma zu optimieren. Das füllt den Geldbeutel aber auch das Denken. Man kann sich eine Putzfrau leisten, doch die hat während ihrer Tätigkeit zumindest den Kopf für ihr eigenes Leben frei. Und trotz aller Hingabe wird man im Rentenalter einfach entsorgt und von jemand anderem ersetzt.

Wie heißt es so hübsch: *Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht*. Oder: *Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert*. Oder: *Gut meinen macht Herzen weinen.*

Um den Bogen zu den Flausen zurückzuspannen, kehre ich an die Wortwurzel zurück. Und zwar beobachteten wir eine Frau, die einen Babyvogel aufgesammelt hat, um ihn großzuziehen. Offensichtlich nicht wissend, dass die Vogeleltern ihre Küken auch noch außerhalb des Nestes weiterversorgen. Es kann irritieren, dass die kleinen Flausen tatsächlich noch sehr grün hinter den Ohren aussehen (quasi null flugfähig), aber sie hat ihm keinen Gefallen getan, indem sie die Fütterung nun übernehmen will.

Für die Piepmätze sind die ersten Tage außerhalb des Nestes (wie sich bestätigte) die gefährlichste Zeit (in etwa wie für Schildkröten nach dem Schlüpfen der Run Richtung Wasser) -  sie müssen schnell flügge werden. Diese Woche haben unsere kleinen Rotschwänze (die nach den Kohlmeisen unter der Dachterrasse nisteten) das Nest verlassen. Eines hat sich dabei das Genick gebrochen. Die anderen wären um ein Haar Futter für eine schöne, ausgewachsene Äskulap geworden - hätten wir nicht eingegriffen und die Schlange zwangsumgesiedelt. Ein paar Bilder werden euch von uneren Flausen erzählen...


Zu Saison und Temperatur passt dieser cremige Salat mit vielen frischen Kräutern und Bohnen:

Zutaten 2-4P*:

150g fêves (Saubohnen), bereits gepuhlt, blanchiert*
150g weiße Bohnen, gekocht* 
1/2 Bund Frühlingszwiebeln
1 kleine Stangensellerie
2 EL fein geschnittene Petersilie
eingige Blätter fein geschnittene Minze
3 EL Reisessig
4 EL Sesamöl
2 EL helle Soja-Sauce
etwas Zitronensaft
30g Soja-Geschnetzteltes
100g frischer Ziegenkäse
ca. 100ml Kochwasser der Bohnen
(alternativ:  Gemüsebrühe)
Salz, Pfeffer

Zubereitung:

Alle frischen Kräuter fein schneiden - das Grün der Frühlingszwiebeln kann rühig etwas breiter geschnitten sein. Auch die Stangensellerie fein schneiden.

Das Sojageschnetzeltes mit der gleichen Menge an kochendem Wasser übergießen und quellen lassen.

Den Ziegenkäse würfeln und mit Reisessig, Sesamöl, Soja-Sauce und Zitronensaft sowie dem Weiß der Frühlingszwiebel mischen und eine Salatsauce herstellen. Salzen und pfeffern. Je nach dem mit Kochwasser der Bohnen oder Gemüsebrühe auffüllen und die Bohnen darin direkt marinieren. Dann das frische Grün untermengen. Den Salat nochmals abschmecken und mindestens eine halbe Stunde ziehen lassen. Nochmals abschmecken (Bohnen *fressen* Gewürze).

*Anmerkung m: die Menge reicht für 2-4 Personen - wie haben uns ihn geteilt zu Bratkartoffeln. Die weißen Bohnen habe ich selbst gekocht: am Vorabend mit reichlich Wasser quellen lassen, dann spülen, mit neuem Wasser und einem Stück Kombu-Alge aufsetzen und ca. 45-60min köcheln lassen - das Kochwasser eignet sich gut, um die Salatsauce damit zu strecken, außerdem marinieren die weißen Bohnen besser, wenn man sie noch heiß mit der Vinaigrette mischt. Die fêves stammen aus dem Garten und die puhle ich stets abends - wenn ich koche, habe ich meist Hunger und dann dauert es mir zu lange...





2 Kommentare

  1. Du kannst nicht nur lecker kochen, liebe Micha, du kannst auch wunderbar schreiben. Mit Sicherheit kannst du auch noch gaaanz viele andere Sachen ;)

    Und heute hast du wieder so Einiges auf den Punkt gebracht. Bei Vielen ist es zu beobachten - und fast schon ein Zwang - darüber zu reden, wieviel sie arbeiten, was sie arbeiten und was noch zu arbeiten ist. Ich frag' mich dann immer, was soll diese Information für mich??? Jeder hat doch IRGENDWAS zu arbeiten. Das muß doch nicht ständig gepredigt werden. Manche sollte man wirklich mal auf diese schlaue Schule im Himalaya schicken....Außerdem sind doch andere Sachen - wie z.B. deiner überaus gut aussehender Bohnensalat - viel schöner und wichtiger :)

    Und zu den süßen Rotschwänzchen.....wir haben jedes Jahr welche. Vergangene Woche ist leider auch ein Junges von einer unserer - eigentlich total niedlichen - Katzen gefressen worden. Ich hoffe nur, daß die anderen überlebt haben. Mich macht das immer traurig, wenn ich sehe, mit welcher Hingabe die Eltern das Nest bauen, sie füttern und dann sowas....

    So, das war das Wort zum Sonntag - sozusagen ;) Mach's gut bei dieser Hitze.....Morgen ist, zumindest bei uns hier, die ganz heiße Phase erst mal vorbei.

    Liebe Grüße :)

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    1. Liebe Hanne, da muss ich wohl gar nichts weiter schreiben als: wir zwei verstehen uns ;)

      Klar, gibt es Berufe, die von ihrer Tätigkeit eine größere Bedeutung für eine Gesellschaft haben wie andere. Nehmen wir das Paradebeispiel, den Arzt. Aber dann fällt mir direkt auch mal wieder ein Goethe dazu ein: *Beachte das Was, mehr beachte das Wie* - die Frage ist doch vorallem, mit welcher Motivation, Begabung und können jemand seine Aufgaben erfüllt...

      schöne Sommertage auch dir, Hanne!

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