Eingereiht: La Tourte de Meule

Mittwoch, 6. Mai 2020


Während meines letzten Deutschlandaufenthalts traf ich auf der Strasse zufällig einen meiner Lieblingskommilitonen der Kunst-Aka wieder. Wir freuten uns sehr und verabredeten uns für einen kommenden Tag in seinem Atelier. Während mich die Natur komplett verschluckt hat, blieb er weiterhin Kulturschaffender. Nachdem die privaten Eckpfeiler upgedatet waren, redeten wir ansonsten - über was wohl - Kunst.

Was sich gerade sehr verändere im Vergleich zu unserer gemeinsamen Aka-Zeit, erzählte er mir, wäre, dass man sich nun in Gruppen sammle und bewußt in die Tradition eines vorausgegangenen Künstlers stelle - als eine Art *Bewegung*.

Zu gut erinnere ich mich an die Klassen-Besprechungen im Bildhauer-Atelier der Aka, zu deren Anlaß einige Schüler stets ihre Arbeiten präsentierten. Das Werkstück wurde also in die Mitte auf ein Podest gestellt, um das sich die Klasse rundherum setzte. Der schaffende Künstler nuschelte irgendetwas vonwegen, er wisse auch nicht, was es bedeuten will, es wäre so aus ihm/ ihr hervorgekommen und - oh Wunder - da stehe es nun... quasi zu seiner/ ihren eigenen Überraschung (meinte zwischen den Zeilen: die Skulptur eines Original-Genies). Äußerst belustigt schaute ich mich beim ersten Mal in der Runde herum, bereit loszuprusten, wenn ich nur auf verbündete, zuckende Mundwinkel getroffen wäre (was will ich machen, ich komme aus dem Handwerk). Aber nein, versteinerte Gesichter, die angestrengt eher an dem Objekt vorbeischauten als es zu betrachteten. Nach einer kollektiven Schweigeminute (oder zwei oder drei) wurde eine schleppende Frage bezüglich des verwendeten Materials gestellt. Und dann fasste der sehr wortkarge (dafür in seiner eigenen Arbeit sehr produktive wie erfolgreiche) Prof zusammen: *Es muss halt funktionieren.*

Mich nervte dieses Gebaren von Anfang an. Außer ganz wenigen machten die meisten Klassenkameraden ein riesen Geheimnis daraus, welche Epoche in der Kunstgeschichte sie besonders faszinierte, von welchen Künstern sie sich besonders angezogen fühlen. Nicht, dass man nachher direkt Paralellen erkennen könnte. Nicht, dass direkt zu sehen gewesen wäre, von wo man abgeschaut hatte. Das könnte ja an dem eigenen Ruhm abgehen, das hat ja was von geklauten Federn... Also tat man so, als könne man rechts und links sowie Vorausgegangens ignorieren.

Für mich hat das wenig mit einer bestimmten Mode zu tun, für mich ist das schlicht eine Frage des Charakters. Nicht umsonst sind meine Lieblingsblogs all die, die ihre Quellen angeben. Und da zeigt sich ja wohl in *the next Generation* Foodblogs eher der gegenteilige Trend. Die kochen auch alle *intuitiv*.... Bitte schön. Mir können sie allerdings nichts vormachen. 

Ich finde - ganz im Gegenteil -, dass das jemand hebt, wenn er seinen Maßstab laut macht, an dem er sich selbst misst. Zumal es eine realistische Selbsteinschätzung wiederspiegelt (Wenn Du Dich mit anderen vergleichst, könntest Du bitter werden und dir nichtig vorkommen; denn immer wird es jemanden geben, größer und geringer als du - siehe Desiderata).


Wie schön zeigt sich das an Björn, der gerade die Ein-Mann-Welle für Dietmar machte. Und Dietmar ist nunmal ein echter, ein professioneller, ein hauptberuflicher, ein berufener, ein super-kreativer Brotback-Held. Meiner auch! Hinter dem sich Björn aber in keinster Weise verstecken muss. Sein Bageutte ist doch gleiche Weltklasse, oder?!

Als weiteren Beweis halte ich Björns Buch hoch: *Gesundes Brot aus meinem Ofen*. Ich will doch sehr hoffen, dass Björn dafür der verdiente Ruhm zuteil wird. Eigentlich erlebt Brotbacken nun eine neue Renaissance, denn die - nenne ich es mal *Außenbedingungen* - inspirieren zum Selberbacken. Und da empfehle ich erneut den Neueinsteigern ebenso wie den Heimbäckern das schöne Brotback-Buch von Björn, aus dem das Rezept für diese knusprig-weiche Tourte entstammt:

Zutaten - für rundes 1,5kg Gärkörbchen:

Sauerteig:
1. Stufe
80g Weizenmehl 1050 (m: Kamut-Vollkorn)
80g warmes Wasser
16g ASG

2.Stufe
80g Weizenmehl 1050 (m: Emmer-Vollkorn)
80g warmes Wasser

Hauptteig:
gereifter Sauerteig
290g lauwarmes Wasser
480g Weizenmehl 1050 (m: T80)
2g Frischhefe
16g Salz 

Zubereitung:

Alle Zutaten für die 1.Sauerteigstufe vermengen und abgedeckt 6 stunden bei Raumtemperatur reifen lassen (der Teig solle als Zeichen seiner Aktivität Blasen werfen). Dann die Zutaten für die 2.Stufe gut vermegen und weitere 9-10 Stunden beim Raumtemperatur reifen lassen (das Teigvolumen sollte sich dabei deutlich vergrößern und Blasen werfen).

Für den Hauptteig den Sauerteig, das wasser und das Mehl in die Knetschüssel der Küchenmaschine geben. Mit einem Rührlöffel vermengen und 30 min ruheln lassen.

Hefe und Salz zugeben und 3min langsam unterkneten. Den Teig abgedeckt bei Raumtemperatur für 2 Stunden in eine geöle Teigwanne geben. Dirket am Anfang, nach 30 min und nach 60 min dehnen und falten.

Der Teig solllte danach eine sehr gute Kleberentwicklung und viele Luftblasen zeigen. den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche gut bemehlen und schonend, aber straff rund wirken. Mit dem Schluss nach oben 50-60min abgedeckt im Gärkörbchen bei Raumtemperatur gehen lassen.

Während der Teig geht, den Backofen mit einem Backstein im unteren Bereich minestens 30-40min auf 240° (O/U-Hitze/ m: Klimagaren) vorheizen.

Das Brot auf den Einschießer kippen, einschneiden und direkt auf den Backstein schieben. Mit 70g Wasser schwaden und die Ofentür sofort schließen. Die Temperatur auf 210° reduzieren und das Brot in 60min kräftig dunkelbraun backen.



5 Kommentare

  1. Liebe Micha,
    danke für diesen Beitrag. Ich habe Anfang Februar in einer langen Zeit des Krankseins neu zum Brotbacken gefunden, ebenfalls über den Brotdoc, nicht das Buch, sondern eine Zeitschrift - seither backe ich alles selber, habe einen Lievito Madre angesetzt mit Hilfe von Most aus dem Druckfass, entspricht im Prinzip Federweißem, eben auf Apfebasis. Ein absolut geglücktes Experiment.
    Die Tourte de Meule allerdings gelang nicht gut - nun regst du mich an, es erneut zu probieren. Danke. Mach ich - und danke für deinen "entlarvenden" Kommentar,
    so ein bissle Reinhard Mey, der von des Kaisers neuen Kleider singt....

    Mit herzlichen Grüßen
    Ingrid

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    1. Das ist schön zu lesen, Ingrid, dass du - zusammen mit deiner Gesundheit - wieder zum Brotbacken gefunden hast. Ist es nicht ein Hobby, das viel Zufriedenheit gibt? Ich hoffe, dein zweiter Versuch mit der Tourte de Meule glingt dir besser - auch mir gelingen bis heute Brote mal mehr mal weniger gut... aber das erhält mir das Brobacken spannend ;)

      Nach dem Reinhard Mey-Lied muss ich mal schauen, das habe ich gar nicht in den Ohren. Ganz herzlich zurück...

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  2. Oja, so Möchtegernkünstlergebaren kann ich mir lebhaft vorstellen und vergleichbar Lächerliches findet man überall dort, wo Menschen sich und das was sie machen allzu wichtig nehmen...
    Deine Fotos hingegen sind wirklich mal wieder wahre Meisterstücke! Herzliche Grüße von Hannah

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    1. Ich weiß gar nicht, Hannah, ob ich es *Möchtegernkünstlergebaren* nennen würde. Vielmehr nenne ich es, die Weigerung sich in einen größeren Zusammenhang einzureihen. Und eben ganz schlicht seine Quellen zu nennen - vielleicht kippe ich da wiederum ins andere Extrem: ich gebe ja sogar an, von wo ich mir Inspirtion herziehe. Aber ich vergebe mir ja deshalb nix... Ach, andere... sollen se anders machen ;)
      ganz herzliche Grüße zurück

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  3. Von so einem Prachtsexemplar bin ich noch weit entfernt. Bin noch am Lernen: alle 3 Tage ein Brot LG.

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