An die letzten Gedanken knüpfe ich noch diese zwei an: ein Lied, das mich schon lange begleitet und so gut die Traurigkeit vermittelt, die mit (dem Ringen um) Erkenntnis einhergeht. Und dieses Gedicht von Rilke.
Für alle Zarten, die das Gefühl der Befremdung nicht verstecken können, weil das Gegeneinander überwiegt vor dem Miteinander, weil dieses unaufhörliche Spiel der polaren Gegensätze auf diesem Planeten es nicht anders vorsieht. Und für diese schenkt die Poesie von Rilke Zuflucht, Halt und tiefes Verständnis. Zu merken, dass es diese anderen auch noch gibt, reicht manchmal als Gefühl der Unterstützung. Denn mit der jetzigen Zeitenwende verändert sich alles. Selbst die Qualität des Alleineseins steigert sich hin zu einer Art universellen Einsamkeit: nun steht das Individuum immer größeren Räumen gegenüber. Wohl dem unter den Fühlenden, der irgendwo Halt findet, der irgendwo Unterstützung erkennen darf, der weiß, wo und wie er Kraft tanken kann.
Das Karussell
Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.
Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.
Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.
Und dann und wann ein weißer Elefant.
Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber -
Und dann und wann ein weißer Elefant.
Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil -.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel. . .
... und außerdem blüht der Lavendel bald wieder im Juni in Südfrankreich - auch das hilft dem Gemüt verlässlich!
Merci, Micha.
AntwortenLöschenUnd einen wunderschönen Sonntag Euch!
Bisous, Charlotte
Bisou zurück, liebe Charlotte
Löschen"Und dann und wann ein weißer Elephant..." Bises, Sunni
AntwortenLöschenOhne den wollte man sich das Leben nicht vorstellen, oder Sunni!
LöschenVielen Dank auch für deine privaten Zeilen - bestimmt würdest du gut in die Runde passen!
Hallo Micha,
AntwortenLöschenRilke ist doch einfach genial! Das Karussell kannte ich noch nicht - ist ein treffendes Bild für unsere schnelllebige Gesellscahft. Oder ein anderes Bild für das Alltags-Hamsterrad. Ich lese öfter "Du musst das Leben nicht verstehen" und "Über die Geduld".
Gruss,
Sarah
Ja, Sarah, so kann man das Gedicht bestimmt auch lesen. Ich mag *Das Karussell* besonders in Zusammenhang mit dem Song, weil sich Geschichten - für den, der darauf achtet - tatsächlich so lange wiederholen (und im Kreis drehen), bis sie aufgelöst werden... Deine angesprochenen Gedichte von Rilke mag ich auch sehr!
Löschen"Das Karussel" - ein poetisches Meisterwerk und ein gedicht meiner Kindheit, denn mein Vater zitierte gerade die Zeile "und dann und wann ein weißer Elefant" sehr oft. Ich habe es lange einfach für eine Marotte gehalten, bis ich sie im Kontext des Gedichts kennen lernte...
AntwortenLöschenHerzliche Grüße von Hannah
Erstaunlicherweise, Hannah, lese ich das nun wiederholt - mir war dieses Gedicht von Rilke ganz neu begegnet! Schön, das du damit aufgewachsen bist!
Löschenganz herzlich zurück...