Ungerechtigkeit: Paderborner mit Kartoffeln

Mittwoch, 27. April 2016

Über das Brot außerhalb Europas bin ich ja schnell am Mäkeln. Aber das miesestes Brot EVER gabs in Madagaskar in der Hauptstadt Antananarivo. Das Gewicht der Brotstangen von etwa 40cm Länge konnte bestenfalls auf einer Briefwaage ermittelt werden. Das künstlichste Brot, das ich je zwischen den Zähnen hatte. Ich bezweifle, dass in dem Brot Mehl die Hauptzutat ausmacht. *Es* zählt zu den Grundnahrungsmitteln. Daran habe ich mich geschabt. Beziehungsweise an den Gedanken, die sich daran aufhängen. Fragen wie: 

Warum können die Grundnahrungsmittel nicht wenigstens von guter Qualität sein? Warum das weißeste, gehaltlose Mehl? Warum der weißeste, geschälte Reis ohne Nährstoffe? Warum *Soupe chinoise* (Brühwürfel mit chinesischen Eiernudeln) als Sattmacher?

Warum landen bei uns ein Drittel der Lebensmittel auf dem Müll, während unzählige Menschen andernorts verhungern?

Warum können einzelne Menschen für einen einzigen Festtag Millionen verschwenden, und andere (wie in Madagaskar) bekommen 1 Euro 50 monatliches Schulgeld nicht zusammen.

Was arbeitet eigentlich die WHO, wenn (wie in Madagaskar) immernoch Menschen an Krankheiten wie der Pest sterben müssen (2014 - 40 Tote und 112 Infizierte)? Oder Lepra, Bilharziose oder...

Warum müssen sämtliche Hilfsorganisationen eigentlich mit den neuesten Jeeps durch Elendsviertel fahren? Ja, und warum gilt eine Hilfsorganisation noch für seriös, wenn sie 45% der Spenden für Betriebskosten ausgibt? 2013 spendeten allein die Deutschen 4,7 Milliarden Euro - ein Volk in einem Jahr! 

Wo ist der weltweite, politische Wille zu einer Solidargemeinschaft der Menschen dieses Planeten?

Überall klatschte mir in Madagaskar eine himmelschreiende Ungerechtigkeit entgegen: *In der alltäglichen Welt der Tatsachen wurden weder die Bösen bestraft noch die Guten belohnt. Erfolg wurde den Starken zuteil, Misserfolg den Schwachen auferlegt* (Oscar Wilde *Das Bildnis des Dorain Gray*). Gäbe es nicht ein höheres Prinzip der Gerechtigkeit (Karma), an das ich glaube, ich hätte mich in Madagaskar eine Brücke runter gestürzt!

Um meinen Sauerteig wieder in Schwung zu backen, suchte ich mir das *Kartoffel-Paderborner* von Björn aus. Einzige Änderung: ich tauschte Weizenmehl gegen Dinkel aus. Und hatte leider nur eine abgelaufene Hefe zur Hand - dir mir ihren Dienst verweigerte. Ansonsten ein schönes Brotrezept, das dank der Kartoffeln eine hervorragende Frischhalte-Qualität besitzt. Das nächste Mal gibts wie in meinem Standart-Paderborner noch etwas Vollkornmehl dazu...

Zutaten 2 Brote à 1kg:

Sauerteig:
340g Roggenmehl 1150
340g Wasser
16g ASG (m: aufgefrischt)

Brotteig:
Sauerteig
460g Roggenmehl 1150
420g Wasser
320g Dinkelmehl 1050
375g Kartoffeln, frisch, fein gerieben
50g Honig
10g Hefe
26g Salz

Zubereitung:  

Alle Zutaten in den Kneter geben, die Kartoffeln frisch schälen, waschen und mit der Reibe fein reiben.

Den Kneter für 8-9 Minuten den Teig zu einer homogenen Masse verkneten lassen. Dabei darauf achten, daß keine Mehlnester am Schüsselboden oder am Rand verbleiben. Der Teig ist weich und hat eine Konsistenz wie weicher Ton.

Die Formen gut einfetten und auf die Waage stellen. Jeweils
1150 g Teig sofort ohne Stockgare einfüllen, diesen mit Wasser besprühen und mit einem Silikonschaber sauber glatt ziehen. Die Brote für 80-90 Minuten bei Raumtemperatur reifen lassen, bis sie ca. 1 cm unterhalb des Randes der Form stehen.

Mit einer Stipp-Rolle nach erneutem Einsprühen mit Wasser stipfeln und sofort ohne Schwaden in den auf 240°C (Ober-/Unterhitze) vorgeheizten Ofen geben. Nach 5 Minuten auf 210°C reduzieren und für insgesamt 45-50 Minuten backen.
Die Brote aus der Form nehmen und ohne Form auf den Backstein stellen. Bei 220°C noch weitere 10-15 Minuten backen, damit die Kruste schön kräftig dunkel gefärbt wird.


6 Kommentare

  1. Das Rezept nehme ich direkt mal mit! Ich mag das Paderborner sehr gerne und dann noch mit Kartoffeln - tolle Idee :D

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  2. Das ist mehr als gelungen, Michaela. Sehr schön!

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  3. Hallo, Micha,
    warum stellen so Wenige die richtigen Fragen? Ich finde es grandios, dass du über den Tellerrand schaust und lerne noch viel von dir, mit und ohne Rezepte!

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  4. Momentan frage ich mich oft, ob die Menschheit eigentlich schon immer so laut nach ihrem "Recht" gefurden hat und dabei gleichzeitig so himmelweit von Gerechtigkeit entfernt war. Hat man nur mit dem Alter den Eindruck, dass die Schere immer weiter auseinanderklafft, oder ist das wirklich so. Jeder fordert sein Recht auf individuelle Entfaltung seiner Persönlichkeit und seinen persönlichen Reichtum und gleichzeitig schient es den selben Menschen immer gleichgültiger zu werden, was das für die Rechte und das Auskommen aller anderen bedeutet. Die Versorgung des Hungers aller Menschen wird nicht mit hochwertigen Grundnahrungsmitteln sichergestellt, die möglichst in jedem Land auch selbst produziert werden können, sondern sie werden abhängig gemacht von industriell hergestellten leeren Kalorien voller Industrieschrott, die den Namen "Lebensmittel" nicht mehr verdienen. Verdienen tun daran nur die Großkonzerne, denen die Gesundheit ihrer Kunden so scheißegal ist wie der persönliche Profit heilig.

    Herzlich, Katja

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  5. die brotfotos aus madagaskar indes sind einfach wunderschön – wenn man jetzt mal alles ausblendet, was da gar nicht schön ist. ich schätze es sehr, dass du nicht nur resigniert die achseln zuckst. du weißt ja.

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  6. ganz tolles Rezept, wie überhaupt alle bisherigen Brotrezepte, die ich von dir stibitzt habe - danke dafür. Voller Geschmack und gute Haltbarkeit, in meiner Variante mit Vollkornanteil..

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