Das Schusterbrot: Emmerbrot mit Kartoffeln, Kefir und Quinoa-Pops

Mittwoch, 20. September 2017


An den Tagen, auf den ich auf meiner Unterlippe nage, vor mich hin grummle und über die weitverbreitete Schlechtigkeit von überhaupt allem referiere, dann erinnert mich der Habib an DEN Schuhputzer. 

Als Quergeschichte muß ich an dieser Stelle einschieben, wie hoch ich an einer innigen, langjährigen und vertrauten Beziehung schätze, dass man sich zusammen eine eigene Sprache erlebt. Stichwörter, die man sich zuzuwerfen vermag, die für Aussenstehende überhaupt keinen Sinn ergeben, entfalten sich vor dem geistigen Auge des Eingweihten zu einem exklusiven Gefühlskino.

So wie es mir eben ergeht, wenn der Habib von *dem Schuhputzer* redet. Ich glaube, es war unsere zweite gemeinsame Reise. Nach Ägypten. *Die Pyramiden*, meinte mein Habib, *muß jeder mal in seinem Leben gesehen haben* (er besuchte sie mit mir zum vierten Mal). Und ich stehe mal wieder ganz an der Seite meines Habibs: allein das Ägyptische Museum in Kairo revolutionierte meinen Kunstgeschichtsunterricht. So wurde mir bis dato beispielsweise beigebracht, dass die Griechen die Erfinder der Glasaugen von Skulpturen gewesen wären... halt nach den Ägyptern - wie ich nun weiß...

Aber ich schweife ab. Der Schuhputzer. Mitten in der trubeligen Innenstadt von Kairo rauchte ich mit dem Habib eine Shisha. Und vor eben diesem kleinen Café saß er, der Schuhputzer, mit seinem allerkleinsten Einzelhandelsgeschäft und polierte das Leder fremder Schuhe. Mit schillernden Augen, leuchtend vor Lebenslust und ansteckender Lebensfreude. Und dabei derart in sich und seiner Würde ruhend, dass die Luft um ihn nur so funkelte. Der Inbegriff von Zufriedenheit. In der Gesellschaftshierachie ganz weit unten - in der Herzensbildung ganz weit oben. 

Wohlstand? Habseligkeiten? Pfffhh, er kann sich morgens noch nicht einmal erlauben, darüber nachzudenken, wie er sich so fühlt - im Speziellen wie Allgemeinen. Wenn er nicht arbeitet, wenn er nichts verdient, dann bleibt er hungrig. Möglicherweise seine Familie auch. Es beschämt mich stets und im Gegenzug komme ich mir vor wie ein degeneriertes Kapitalisten-Weichei... Dann blicke ich rüber auf die Fotographie, die bei uns im Wohnzimmerschrank hängt und bin froh, dass der Habib *unseren Schuhputzer* als Bild festgehalten hat. Ein Abglanz der Wirklichkeit, aber immerhin...

Brav höre ich auf zu mümmeln und holt mich mit dem Backen von Brot wieder auf den Boden der einfachen Tatsachen. Und einnehmend duftet nachher die ganze Wohnung nach dem frischen Brot - ein Geruch, der zu den Top Ten meiner Lieblingsdüften zählt. Bei dem Rezept hielt ich mich schön an Altbewährtes: Emmer, Kartoffeln und Kefir in der Zutatenliste, obendrein eine gute Dosis Quinoa-Pops und voilà: ein saftiges Brot mit krachender Kruste!


Zutaten 2 Laiber à 750g:

Weizen-Sauerteig: bei ca. 22° 12-16 Stunden
130g Weizen 1050 (m: T110)
160g Wasser
12g Anstellgut, aufgefrischt

Hauptteig:
Sauerteig
300g Emmer-Vollkorn
225g Weizen 820 (m: T80)
60g Roggen-Vollkorn
160g Weizen 550 (m: T65)
150g Kefir
300g Kartoffeln, gekocht
350g Wasser
17g Salz

+60ml Wasser
75g Qunioa-Pops

Zubereitung:

Alle Zutaten außer dem Salz, dem Quinoa-Pops und den 60ml Wasser kurz verkneten und 30 Minuten zur Autolyse stehen lassen.

Dann das Salz beifügen, und schluckweise während des Knetens die 60ml - ca. 12 Minuten. Erst die letzten 1-2min vor Knetende die Pops dazufügen.

Teigruhe 2 Stunden, dabei 2 Mal nach je 40 Minuten falten. Den Teig auf eine gut bemehlte Fläche gehen, teilen, zu zwei länglichen Teiglinge formen und in Gärkörbchen verfrachten.

Dann Gare nach Wunsch, bzw. nach Temperatur: 12-15 Std. bei 5-7° im Kühlschrank oder ca. 2-2,5 Std. bei 20-25° 
m: 4 Stunden im Kühlschrank und anschließend eine gute Stunde bei Zimmertemperatur (oder direkt aus dem Kühlschrank in den vorgeheizten Ofen).

Bei 240° mit viel Feuchtigkeit einschießen und fallend auf 180° 50 Minuten backen. Dann auf Heißluft umschalten und 5 weiter Minuten bei leicht geöffneter Backofentür knusprig backen.

10 Kommentare

  1. so, und jetzt musst du mir mal verraten, wo du in Frankreich Kefir findest - ich habe mich schon mit Buttermilch sehr schwer getan... .

    Und ja, an dem Schuhputzer sollte man sich ein Beispiel nehmen!

    LG
    Connie

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    1. Connie, bei uns gibt es Kefir im kleinen Bio-Supermarkt - sogar aus deutscher Bezugsquelle. In den großen Supermärkten habe ich ihn noch nie gesehen - ebensowenig wie Buttermilch...

      liebe Grüße

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  2. Was für eine schöne Krume dein Brot hat....ganz großartig.
    Verleitet auf jeden Fall zum nachbacken.

    Lieben Gruß
    Dagmar

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    1. Ich mochte die Mischung sehr - aber Zutaten wie Emmer, Kartoffeln und Kefir - da kann eigentlich nichts schief gehen, oder Dagmar?
      liebe Grüße zurück

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  3. Das Rezept hört sich spannend an. Das habe ich mir gleich mal rauskopiert.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Hält sich prima frisch, das Brot, liebe Andrea - und eine schöne Kruste gibts obendrein - meine Empfehlung hast du :)

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  4. Danke, dass du uns den Schuhputzer nahe gebracht hast.
    Eine ähnliche Wirkung hat auf mich "Treibsand" von Henning Mankell, den ich gerade lese und in Sachen Demut lernen geradezu wärmstens empfehlen kann.
    Christine

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    1. Dein Buchtipp, Christine, kenne ich nicht - werde ich aber direkt ändern. In puncto Demut kann man sich gar nicht genügend bilden - notfalls übernimmt es vermutlich das Leben...

      viele liebe Grüße

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  5. Das Rezept kommt mir gerade zur rechten Zeit. Ich mag im Moment sehr Kartoffelbrote und werde das hier gleich nachbacken. Danke sehr!
    Herzlich
    Rosalie

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    1. Kartoffelbrote, liebe Rosalie, sind eine sichere Bank - die schmecken immer und halten sich wunderbar frisch...
      liebe Grüße

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