Verlust - mediterrane Serviettenknödel mit Spinat und pochiertem Ei

Freitag, 30. März 2018


Mir fällt nichts ein, was mehr formt und prägt wie Verlust. Das Schmerzhafte brennt sich tiefer ein als das Lustvolle. Blödes Ungleichgewicht auf Erden. Niemand wird über seine persönlichen Geschichten zum Thema Verlust nachdenken müssen. Bang - und sie sind mit dem Stichwort wieder da.

Wie ich schon mal erwähnte, hatte ich als Kind eine besonders enge Bindung zu unserer Katze. Ein typischer Dorf-Kater, getigert, weiße Socken, weiße Brust, unkastriert und damit hauptberuflich Streuner also auswärts tätig. Zum Fressen kam er, ein kurzes Ausruhen, aber sehr anhänglich war er nicht. Eine seiner Eigenheiten entsprach ganz seinem herrschaftlichen Namen Sultan. Wurde er beschmust, konnte er hingebungsvoll schnurren. Doch das letzte Glied seines gestreiften Katzenschwanzes wippte dabei dezent missgelaunt, so, als wäre er nie ganz zufrieden. Und ich kraulte mir einen Wolf an diesem Kater, um die 100 Prozent zu erlangen. Suli war einfach mein Augapfel.

Jeden Morgen, bevor wir zur Schule gingen, machte ich die Katzentür, zog ich den Rollladen zur Terrassentür hoch und da stand er schon, bereit an sein Fressnapf zu stürmen. Und eines Tages stand er dort nicht. Auch am nächsten und übernächsten Tag nicht. Es vergingen Wochen, Monate bis ich mich als Kind damit abfinden sollte, dass Suli nie wieder dort stehen würde.

Und ich verstand die Welt nicht mehr. Warum? In mein abendliches Gebet hatte ich Gott gebeten, auf alle aufzupassen, die mir lieb waren - inklusive dem namentlich aufgeführten Suli. Man hatte mir erklärt, dass man mit Gott handeln könne: bin ich brav, ist Gott brav. Gott jedoch schien diese Abmachung nicht zu kennen. Mehr als merkwürdig. Und mir dämmerte: Irgendetwas stimmte hier vorne und hinten nicht, irgendetwas stimmte hier grundsätzlich nicht an dem, was man mir als Gott verkauft hat. Mit dem Verschwinden von Suli starb auch mein Vertrauen in den römisch-katholischen Gott. Dieser Bruch war für mich Auslöser, mich auf die Suche nach dem zu machen, was mich heute im Inneren zusammenhält.


Serviettenknödel esse ich sehr gerne - Zeit, die Fränzis dafür zu erwärmen. Selbst wenn es wenig Essen gibt, die unfranzösischer tönen wie Knödel aller Art. Oder bereits die Optik! Da hüpft ein Fränzi nicht so einfach drüber. Den Geschmack habe ich aber defitiniv Richtung Frankreich gezogen. Zweierlei Varianten habe ich mir hierfür erdacht:


Zutaten 4P:

250g Weißbrot (vom Vortag)
1 kleine Zwiebel
1 EL Petersilienblätter, fein gehackt
1 EL Butterschmalz
180ml Milch
2 Eier
Salz, Pfeffer
Muskat
1 1/2 TL Thymian-Blättchen
Piment d'Espelette
je 50g Oliven-Tapenade
je 50g Tomaten-Confit 

Rahmspinat
pochierte Eier nach Daniel Düsentrieb

Zubereitung:

Das Weißbrot fein würfeln. Zwiebeln und Knoblauch schälen und ebenfalls fein würfeln. Zwiebeln und Knoblauch in 20g Butter  zusammen mit dem Thymian anschwitzen. Die Milch dazugeben und 2 min köcheln lassen. Die heiße Milchmischung über die Brötchenwürfel gießen. Die Eier beifügen und mit Salz, Pfeffer, Piment und frisch geriebenem Muskat würzen.

Alles sehr gut mischen und 10 Min durchziehen lassen. Die Masse teilen und eine Hälfte mit der Tapenade, die andere mit dem Tomaten-Confit vermengen. Ein nasses, aber gut ausgewrungenes Geschirrtuch auf der Arbeitsfläche ausbreiten. Die Brötchenmasse darauf geben, dabei aber rechts und links einen guten Rand von etwa 5cm lassen, damit man das Bonbon sich gut zubinden läßt.

Die Masse zu einer Rolle formen und locker in das Tuch wickeln. Die Seiten mit einem Küchengarn (Bonbon) zubinden. In einem ausreichend großen Topf reichlich Wasser zum Kochen bringen. Den Knödel hineingeben und in dem leicht siedendem Wasser 30 Minuten ziehen lassen. Dann auswickeln und mit einem scharfen, dünnen Messer in dünne Scheiben schneiden. 

Etwas abkühlen lassen und von beiden Seiten in einer Pfanne in etwas Butter knusprig braten.

Anmerkung m: ich friere die gekochten und ausgekühlten Serviettenknödel gerne ein - angebraten schmecken mir sie am besten.

Dazu gab es Rahm-Spinat: kleingehackter Knoblauch, cremig einköchelte Sahne und frischer Spinat, entstielt, und in Streifen geschnitten, schlicht gewürzt mit Salz und Pfeffer.


5 Kommentare

  1. Ein frohes langes Wochenende Euch!
    Und liebe Grüße aus der Hauptstadt!
    PS : Hast Du auf Deutschlandfunk Kultur die "features" zu Siebeck nach seinen eigenen Tonbandaufnahmen gehört? Am 28.3. Sehr amüsant!

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  2. Ich liebe Serviettenknödel, natürlich, weil ich sie mit meiner Oma verbinde. Ein Trostessen, der über ihren Verlust hinwegtröstet. Denn eigentilch finde ich es ganz gut, wenn man über die Verlustig-gegangenen nachdenkt, nicht, dass ich mich gerne im Schmerz suhle, aber so hin und wieder, bei einem Teller Serviettenknödel...

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  3. ein Traumknödelgericht <3 schöner geht ein Knödel ohne Fleisch kaum.
    Dein Post hat mich sehr berührt, wir müssen uns wohl auch langsam aber sicher von unserem Kater verabschieden, ein weiterer Verlust im Leben, der immer in meinem Herzen bleiben wird...
    Schöne Ostern liebe Micha <3

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  4. Deine Geschichte hat mich sehr berührt ... Tiere tun uns Menschen so gut - und sei es "nur" um uns durch ihren Verlust den Weg zu weisen ... Alles Liebe!

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  5. so, liebe Micha, du siehst - ich bin dabei mich durch all deine Rezepte durchzukochen... Ich liebe Serviettenknödel auch sehr (eben auch "Wasserziehlinge" oder so, eben alles, was geknödelt, gerollt, genockerlt, gegnotschit wird und dann in siedendem Wasser aufsteigen darf, bzw. eingerollt zur Gare reift...) Auf jeden Fall war diese mediterrane Variante sehr gut. Ich muss ja gestehen, dass ich Knödel immer als Verwertung von altbackenem Brot (auch älter als vom Vortag, also so richtig knochentrocken, aber bereits um sein Schicksal wissend, frühzeitig in kleine Stücke geschnitten) "missbrauche"... und es kommt noch "schlimmer": Da wir recht häufig Vollkornbrot /-Brötchen haben, wandert auch solches in die Knödeln. Sie sind bei mir also nie semmelig blond, sondern herzhaft nussig. Schmecken wahrscheinlich einen Tick anders, als das Original, aber uns sehr gut und die gesammelten Brotreste wurden zu einem feinen Mittagessen geadelt... Da fehlte nix. Danke auch für diese Serviettenknödelinspiration und natürlich den Text... Hannah

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