bises: Sahne-Linsen mit Knusper-Mozzarella

Donnerstag, 12. März 2020


In Frankreich verändert Corona bereits kulturelle Eigenheiten, nämlich die der Begrüßung. Man gibt sich keine bises, kleine Küßchen auf die Wange rechts und links, mehr. Das ist - da sind sich alle einig - so angebracht wie vernünftig. Aber es führt auch zu verlegenen Momenten, wenn man solche alteingebürgerten Rituale einfach fallen lassen muss. Das bises-Geben ist eine Geste der Nähe, des Entgegenkommens, des Vertrautseins miteinander, die man mit denen wechselt, mit denen man enger und weniger eng ist. 

Anfangs in Frankreich war mir das manchmal zusehr in meinem Tanzbereich (ihr kennt die Dirty-Dancing-Szene: *Das ist mein Tanzbereich und das ist dein Tanzbereich). Eben: Abstand, Baby. Bei Körperkontakt mit anderen bin ich seit jeher sehr eigen. Mais bon, ich hatte mich daran gewöhnt - Mensch gewöhnt sich ja an vieles. Faszinierend beim bises-Geben ist für mich, wieviel Zusatzinformationen man über Menschen erhält. Es fühlt sich mit jedem anders an. Ein Nachbar etwa, der beim Lachen mehr Zähne zeigt als die Mundwinkel nach oben zuziehen (wenn ihr versteht, was ich meine), hat Wangen aus Granit. Gletscher-Feeling total!

In die Feinheiten des französischen bises-Geben wird man nach und nach unterwiesen. Das ist VIEL komplexer als es scheint! So ist die Anzahl der bises regional unterschiedlich: hier in der Drôme beispielsweise wechselt(e) man drei, in Paris hingegen sind es nur zwei. Und ob man nun mit der linken oder rechten Wange beginnt, hängt ebenfalls davon ab, wo genau man sich gerade in Frankreich befindet.

Außerdem handelt es sich bei den bises mitnichten nur um eine reine Form der Begrüßung. Vielmehr weben sich um die bises ähnliche Legenden wie um die geheime Fächersprache. Naja, nicht umsonst gilt Frankreich als das Land, in dem AMOUR großgeschrieben wird. Und irgendwoher müssen die Patchwork-Familien ja herkommen. Fremdgehen gilt als Kavaliersdelikt. Ich erinnere an die Geschichte um den französischen Ex-Premier François Hollande, der mit der Vespa samt Croissant-Tüte am Lenker zu seiner Geliebten gefahren sein soll. Nicht, dass er eine Affaire hatte echauffierte die Gemüter der Fränzis, sondern dass er sich dabei erwischen ließ...

Anyway - derlei muss nun ohne Bises-Absprache vonstatten gehen. Damit komme ich noch gut zurecht. Wie das mit dem Rest aussieht, werden wir sehen...

Ansonsten bieten mir momentan die regelmäßigen Gespräche mit Christian Drosten, dem Leiter der Virologie der Berliner Charité eine Orientierungshilfe - ein ruhiger, sachlicher Mann, dem gut zuzuhören ist (inzwischen auch als Skript zum Nachlesen) - (und gen Ende des Jahres unterliegt Drosten für mich entschieden einer Entzauberung). Und dieses Interview mit Italiens bekanntestem Viruloge fand ich genauso erhellend wie die Darstellung in der SZ sich exponentielles Wachstum nochmals vor Augen zu halten: es hat die Form einer Hyperbel (via Kaltmamsell)!

Es gilt wohl momentan, das gesellschaftliche Leben auf kleinen Rahmen zu begrenzen - das sollte sich soweit rumgesprochen haben. Könnte schlimmer sein, oder (mein altes Madagaskar-Motto)! Man könnte sich beispielsweise etwas Feines kochen... so lange das noch so uneingeschränkt geht. Vielleicht schärft das nebenher das Bewußtsein wieder für die kleinen Freuden. Dann wäre schon etwas in dieser Misere gewonnen.
 
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Vermeiden sollte man allerdings als beliebtestes Small-Talk-Thema des Augenblicks über Corona zu reden. Zumindest nicht am Tisch. Zumindest nicht in Frankreich. Denn manche Dinge muss man sich bewahren - gerade in unruhigen Zeiten. Und Fränzis können es nicht ausstehen, wenn beim Essen Themen angesprochen werden, die den Appetit verhageln könnten. Wo kommen wir denn hin, wenn nicht einmal mehr in Ruhe das Essen schmecken darf.

Der cremig-knusprige, Fäden ziehende Mozzarella und die würzigen Linsen waren uns ein Fest - es lässt sich beim Verzehr nahezu alles Vergessen, was den Genuß beeinträchtigen könnte. Promis!

Zutaten 2P:

130g Linsen (m: grüne)
1 Karotte
1 Stück Sellerie
1 Stück Navets (Kohlrübchen)
1 Schalotte
1 Knoblauchzehe
2 Lorbeerblätter
1 Nelke
4 Stiele Petersilie
4 Stiele Koriander
Salz, Pfeffer
1 TL Savora-Senf
2 EL Sahne
1 EL Crème fraiche
Weißwein
Zitronensaft
Öl

1 Kugel Mozzarella
1 Ei
Semmelbrösel
Mehl
2 TL Thymian
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette

2 Kartoffeln, am Vortag gegart
Salz, Pfeffer
Öl

(optional: Balsamico-Reduktion)

Zubereitung:

Sellerie und Kohlrübchen feinst würfeln (sollte je ca. 2 EL ergeben), ebenso die Karotte, die Zwiebel und den Knoblauch (vorher den Trieb entfernen). In etwas Öl anschwitzen, Linsen zufügen, einen guten Schuß Weißwein angießen, dann mit Wasser auffüllen, sodass alles gerade so bedeckt ist. Lorbeerblätter zufügen, in ein Stück Zwiebel die Nelke stecken und ebenfalls in den Topf geben, desweiteren die Stiele von Petersilie und Koriander. Aufkochen lassen und dann bei kleiner Flamme ca. 15-20min sanft köcheln lassen. Linsen in ein Sieb abschütten (etwas Kochwasser auffangen), Lorbeerblätter, Stiele und Nelke entfernen. Sahne, Crème, Senf und einen Schuß Wein im gleichen Topf cremig binden lassen, Linsen wieder dazugeben. Salzen, pfeffern und mit etwas Zitronensaft abschmecken. Gegebenenfalls für eine cremigere Konsistenz noch etwas Kochwasser zufügen. Warm stellen.

Parallel die Kartoffeln in kleine Würfel schneiden und in Öl golden und knusprig braten. Salzen, pfeffern.

Mozzarella auf Küchenpapier etwas entfeuchten, die Kugel halbieren, salzen und pfeffern. Semmelbrösel mit Thymian in einem Schüsselchen richten, in zwei weiteren verrührtes Ei (leicht gesalzen und gepfeffert) und etwas Mehl. Mozzarella wie ein Schnitzel erst in Mehl, dann Ei, dann Semmelbrösel wenden. Öl in einer Pfanne erhitzen (so lange bis das Fett heiß genug ist - Test: Bläschen, die sich an einem Holzlöffelstiel bilden) und von beiden Seiten golden und knusprig braten.

Linsen nochmals abschmecken und die fein gehackten Kräuter - Petersilie und Koriander - unterziehen. Linsen, Kartoffelwürfel und Mozzarella nacheinander gestapelt anrichten und servieren.

Inspiration: Astrid von Arthurs Tochter kocht



5 Kommentare

  1. Gefällt mir ausgesprochen gut, dieses lecker klingende, vegetarische Gericht. Ob wegen Corona zur Zeit noch Mozzarella erhältlich ist? Italien hat ja dicht gemacht. Und ja, sich weiterhin nur nicht verrückt machen, und sich vor allem nicht das Essen vermiesen lassen, das ist wohl gegenwärtig die richtige Einstellung. Danke fürs Rezept!

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    1. So ganz, Christian, kommt man nicht drumherum, wie alle anderen irritiert zu sein von den täglich sich überschlagenden Neuigkeiten und Veränderungen, die der Corona-Virus mit sich bringt. Aber ein Stück Alltag gilt sich auch im Ausnahmezustand zu bewahren: und das ist für mich die Ruhe beim Essen... Alles Gute dir!

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  2. Wunderbar, das feine Gericht nehme ich mir gene mit! Die Gemüseregale waren hier heute erfreulich gut gefüllt, möge es so bleiben :-)
    Grosses bises aus dem Bayerwald!

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  3. Liebe Micha, wenn ich etwas wirklich liebe, außer Käse, dann ist es gebackener Käse. Und panierter Käse, wohlig Fäden ziehend! <3 Bleib gesund und munter, passt auf euch auf, Du und der Habib. Mit vielen lieben Grüßen nach Frankreich!

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  4. Panierten Mozzarella könnte ich auch mal wieder machen, danke für die Erinnerung.

    Liebe Grüße
    Birgit

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