Adventskalender: Financiers de Pierre Hermé

Freitag, 18. Dezember 2020


Meist stand die Omi am Fenster vom Treppenaufgang mit Blick auf unsere Dorfhauptstrasse. Meist war es schon dunkel und die Straßenlaternen leuchteten. Immer war es Adventszeit. *Ohhh*, rief die Omi hell und hoch, *da sehe ich das Christkind laufen!* Wir Kinder stürmten zu ihr: *Wo, Omi, wo?!* *Ach*, sagte sie dann bedauernd den Kopf schüttelnd, kaum dass wir sie erreicht hatten, *jetzt ists gerade um die Ecke gebogen.* 

Es waren auch die Sternstunden der Omi (eher Sternminuten), denn wie selten bot ihr das Leben Gelegenheit für ihre eigentliche Berufung - die der Schauspielerin. Und dann diese denkbar dankbare Rolle! Der Treppenabsatz war eine ideale Bühne (gut erhöht), das Publikum (ihre Enkel) in diesem Sujet (Weihnachten) leicht zu begeistern und etwas vom glitzernden Sternenstaub des Christkinds färbt auch auf jene ab, die mit dem Finger auf es zeigen (die Omi). Nie war ich enttäuscht, keinen Blick auf das Christkind erhascht zu haben. Im Gegenteil. Hey, das Christkind war schließlich im Dorf, *ums Eck* - alles in bester Ordnung! Und die Vorfreude auf Heilig Abend steigerte sich noch mehr! Die Omi sah verlässlich jeden Advent das Christkind durchs Dorf huschen.

 


 

Mindestens genauso verlässlich ist der kulinarischen Adventskalender von Zorra, den es seit gefühlt IMMER gibt - wie eben auch ihren Foodblog Ein Mal umrühren - Kochtopf. Gerade dieses Jahr tun derlei Rituale besonders gut. Irgendwie scheint der gewohnte Boden nicht mehr so tragbar, alles schwimmt, wackelt, alles wird in Frage gestellt - umso schöner sind feste Gewohnheiten wie Zorras Adventskalender, der einen kleinen Halt in unsicheren Zeiten gibt. Und umso mehr freue ich mich, dieses Jahr wieder mitzumachen! 

Seit jeher geben sich die Teilnehmer für ihr Türchen viel Mühe! Gar nicht mal wegen all der Preise, die es dort zu gewinnen gibt, vielmehr weil Kult einfach verpflichetet. Und da will man schließlich nicht verkacken. Es lohnt also, auch alte Kalender durchzublättern.  



 

Ich habe mir ebenfalls ein besonderes Rezept für mein Türchen aufgehoben. Und zwar financiers. Financiers habe ich erst vor kurzem so richtig für mich entdeckt und zwar mit diesen Schokolastigen  hier mit starker Schlagseite zu Brownies. Dabei stellte sich für mich fest, dass ich die Konsistenz von diesen Dingern absolut hinreissend finde. Ja, ich muss sagen, mit dem ersten Bissen offenbarte sich für mich der Erfolg dieses typischen, französischen petit four (kleines französisches Feingebäck). Dazu sind sie noch sensationell easy nebenher aus dem Handgelenk zu schütteln! Bref: genau mein Fall Zuckerbäckerei!  

Traditionell werden sie in der Form kleiner Goldbarren gebacken in speziellen financiers-Backformen. Für den Hausgebrauch funktionieren Mini-Muffinsformen ebenso wie eine klassische Muffinsform, wie ich sie benutzt habe. So werden sie eher kleine Kuchen, die sich perfekt als Dessert eignen. Dabei lässt sich nicht nur durch die unterschiedliche Größe ihr Charakter verändern - sie sind auch sonst sehr variabel.

 


 

Das Grundrezept dieser heutigen financiers ist von Pierre Hermé. Pierre Hermé schrieb in deutschsprachigen Blogistan-Foodie-Kreisen bereits Geschichte mit seinen Sablés au Chocolat et fleur de sel - ein Blog-Buster-Rezept!  Ein Mann mit sehr guter Reputation also - nicht nur in Frankreich! Soll heißen, voilà, voilà ihr bekommt ein supi Basis-Rezept an die Hand, das ihr ganz nach euren Vorlieben abwandeln könnt. 

Mit Orangenschale und Cointreaux, Walnüssen und Bittermandel-Aroma, mit Kardamom und Cranberries... tobt euch aus! Ich habe eine Schwäche für kandierten Ingwer - dieser in Verbindung mit etwas kandierter Orange, Schokolade, gehackten Nüssen und fleur de sel ergibt eine Kombination, der ich schwer widerstehen kann...

 

Zutaten 8 Stück (in einer regulären Muffinsform):  

 

4 Eiweiß (ca. 120g)
90g Zucker (m: Rohrzucker)
40g Mehl
1 Msp Backpulver
20g Haselnuss, geröstet, gemahlen
50g Mandeln, geschält, gemahlen
100g Nussbutter (gebräunte Butter)
50g kandierter Ingwer
20g kandierte Orangenschale
 
50g Schoko-Drops
50g Pistazien, gehackt
fleur de sel

 

Zubereitung:

Die Butter bei niedriger Temperatur schmelzen und unter Beobachtung zu Nussbutter bräunen. Abkühlen lassen.

Die Haselnüsse ohne Fett in einer Pfanne duftend anrösten und fein mahlen. Kandierten Ingwer wie Orangenschale fein schneiden. Mehl mit gemahlenen Nüssen und Backpulver mischen.

Die Eiweisse und den Zucker mit dem Handmixer auf kleinster Stufe 1-2 Minuten anschlagen. Mehl-Nuss-Mischung sowie kandierte Früchte hinzugeben und verrühren. Ebenso die geschmolzene Butter unterrühren.

Abgedeckt etwa eine halbe Stunde kühl stellen - der Teig wird dadurch etwas fester..

Ofen auf 180°C (O/U-Hitze) vorheizen.

8 Mulden einer Muffinsform mit Backpapier auskleiden (m: nur den Boden mit Backpapier ausgelegt und die Ränder gefettet). 

Den Teig in die Vertiefungen verteilen. Mit einem kleinen Löffe in der Mitte ein Loch formen und darin die Schoko-Drops reinfüllen. Pistazien mittelfein hacken und mit jeweils einer Prise fleur de sel auf die acht Muffins verteilen. In den vorgeheizten Ofen schieben und ca. 30 Minuten backen (m: etwas kürzer)

 

*Anmerkung m: Die Teigmenge ergibt ca. 24 Stück, wenn ihr die financiers wie in der Mini-Muffin-Form (∅ 50 mm) backt - welche ich nicht besitze. 

Sie financiers schmecken am zweiten und dritten Tag - wenn sie etwas durchgezogen sind - nur noch besser!
 
Eigentlich hatte ich vor gesalzene Erdnüsse zu verwenden, aber ich hatte noch Pistazien offen, daher griff ich wieder nach denen plus dem fleur de sel.

 

Originalzutaten nach Pierre Hermé:  

115 g de beurre (Nussbutter)
20 g de noisettes en poudre (geröstete, gemahlene Haselnüsse)
150 g de sucre glace (Puderzucker)
50 g de farine (Mehl)
2 g de levure chimique (Backpulver)
60 g d’amandes en poudre (gemahlene Mandeln)
140 g de blancs d’œufs (Eiweiß)

Original werden sie bei 200°C für 8-10min (in der financiers-Form) gebacken, 3 min in der Form gelassen bevor man sie zum völligen Auskühlen auf ein Küchengitter setzt.

15 Kommentare

  1. Oh Micha, vielen Danke für die lieben Worte! Da werde ich ja direkt rot. Deine Omi war cool, scheint mir!

    Ich liebe Financiers auch, weil sie so fein und obendrauf noch beste Eiweissverwertung sind. Danke für dieses schöne und leckere Türchen!

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    1. Liebe Zorra, es war mir ein großes Vergnügen, ein Türchen für deinen Kalender füllen zu dürfen! Toll, wie du das jährlich stemmst und andere damit erfreust!

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  2. Ein schönes Rezept und auf deinen letzten Aufruf muss ich wohl auch nochmal zurück kommen.. ich ignoriere Mal, da er schon 7 Jahre alt ist ;)

    Gruß Volker

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    1. Ich empfehle die Sablés gerne hier nochmals, Volker :)
      Robert von Lamiacucina hat gerade auch eine schöne Variante vorgestellt!

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  3. Mhhh, was für ein tolles Türchen. Die Financiers klingen richtig lecker und perfekt für die Weihnachtszeit.

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    1. Sie sind ganz wunderbar schnell nebenher gebastelt - und dafür so lecker. Das ist ja meine liebste Bäckerei: wenig Aufwand - große Wirkung!

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  4. Auch ich gehöre zu den Financier-Liebhabern und bin von Deinem Rezept angefixt... Nach Weihnachten werden sie gebacken.
    Nachdem Du mich aufgeklärt hast: was sind Schoko-Drops?
    viele weihnachtliche Grüße aus Freiburg und: bleibt gesund!
    Monika

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    1. Monika, mit Drops meine ich *Schoko-Tröpfchen* - vielleicht nehme ich das nächste Mal auch eine gewürfelte Lieblingsschokolade. Ich dachte, dass die Tröpfchen besonders gut geeignet sind, weil sie formstabil sind.
      Joyeux Noel nach Freiburg!

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    2. Danke Micha!!! Alle Unklarheiten beseitigt!
      Ich habe die Schokotröpfchen sogar in meinem Vorrat, die Weihnachts-Financiers werden zusammen mit einem Orangensalat ein wunderbares Dessert am 1. Weihnachtstag sein... die Freundin meines Sohnes liebt Financiers, die sie durch mich kennengelernt hat und wird sich sicher sehr freuen. Ich auch...
      Grüßle Monika

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  5. Danke für das feine Rezept welches ich gerne auf meine "Nachkochliste" setze. Bis und mit Neujahr sind meine Kochaktivitäten gesetzt (bis auf ganz wenige frische Zutaten auch schon zu Hause gebunkert).
    Ich ziehe es speziell z.Z. ... vor, ruhig, gezielt und rasch einzukaufen.
    Ich wünsche Euch bereits jetzt besinnliche Festtage und bedanke mich gerne für den netten Kontakt im zu Ende gehenden Jaht.
    Diesmal (halt) beste Grüsse aus der Schweiz ;-)
    Peter

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    1. Peter, das wünschen wir dir auch: friedliche Weihnachten und rutsch gut und gesund gen 2012!

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    2. Herzlichen Dank - mache ich!
      Das 2012 muss ich nicht mehr haben (siehe meine seinerzeitige Antwort mit den 9 vergangenen Jahren ...).
      Packen wir zusammen das neue Jahr 2021 ;-)

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  6. Find ich süß, dass deine Omi das jedes Jahr gemacht hat! Klingt nach einer wunderbaren Tradition.

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    1. Ja, Jenny, das hatte auf dem Land tatsächlich Tradition. Ganz so, wie man auch ein Glöckchen leutete, um das Christkind an Heiligabend anzukündigen...

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  7. Die Törtchen sehen so lecker aus. Mit den Nüssen, Gewürzen einfach eine tolle Nascherei zur Weihnachtszeit! Lg Verena

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