DUBB: Maries *gâteau de pauvre*

Sonntag, 21. August 2022


Marie hört man auf dem Markt schon von Weitem lachen. Sie lacht viel und oft, ist eigentlich immer fröhlich und heiter. Und das, obwohl sie viel arbeitet und sehr fleißig sein muss. Manchmal sieht man ihr an, dass sie müde ist. Viele bleiben an ihrem Markttisch stehen, auch ohne etwas zu kaufen. Man will nur ein paar Worte mit ihr wechseln und dabei - ganz unbewußt - ein wenig die Seele an ihr wärmen wie klamm gewordene Finger an einem Holzofen. Bei Marie kann man *good energy to go* mitnehmen: ein gemeinsames Lachen ist immer drin.

Wenn man wie Marie auf Madagaskar geboren ist, dann haben fast alle den gleichen Traum: man will eine Existenz, ein Auskommen. Denn damit erst gelangt man zu Freiheit und Wahl. Armut nimmt die Würde. Und Marie hat ihre Chance ergriffen, als sich ein Franzose in sie verliebte und sie mitnahm auf seinen Bauernhof in die weitentfernte Drôme. Der Anfang war nicht leicht und wenig romantisch. Ganz wie ihre Kindheit - nur auf andere Art und Weise: das Getuschel hinter ihrem Rücken, sie hörte es wohl, die Blicke, die Ausgrenzungen, Herabsetzungen - die Bösartigkeit der anderen verletzte sie tief. Ihre Schwiegermutter aber hielt zu ihnen und stüzte ihren Sohn: *Lass sie reden! Was zählt ist, dass ihr beide euch versteht.* Und das taten sie, treu einander verbunden, durch die Widrigkeiten im Außen umso mehr. Ihre zwei Buben - gerade im besten Frischlingsalter - legen bestes Zeugnis ab, beide absolut wohl geraten. Was rührte mich die kleine Anekdote über ihren Schwiegervater, der sich viele Jahre später an Marie wenden sollte: *Marie*, meinte er, *ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich hatte zu Beginn Vorurteile und weiß jetzt, ich habe dir Unrecht getan. Du hast ein gutes Herz.* Mir trieb diese Geschichte Tränen der Rührung in die Augen. Selten, oder, dass Menschen Fehler einsehen, diese bekennen und um Vergebung bitten. Marie war nicht nachtragend ihm gegenüber. Aber über den Charakter mancher Menschen läßt sie sich trotzdem nicht mehr blenden - dafür hat sie zuviel erlebt.

Nein, Marie hat zwar wie als Gabe ein ungewöhnlich sonniges Gemüt. Aber sie ist nicht eine Frohnatur, weil alles easy bei ihr läuft, sondern weil sie das Gegenteil nur zu gut kennt. Ich finde sie wunderhübsch!

Gute Gelegenheit auf den Blogartikel zu *Fremdelei* zurückzuverlinken!

 


 

Dieses Rezept stammt also aus Madagaskar *le gâteau de pauvre* (der Kuchen der Armen) und wurde mir von Marie weitergeben. Alles fing damit an, dass sie uns diese Kekse zum ersten Mal schenkte und der Habib ganz verrückt danach war. Es ist ihre Schlichtheit, die sie so gefällig machen. Man kann sich an ihnen einfach nicht satt essen. Zudem sind sie nicht zu süß, angenehm mürb und werden mit der Zeit nur besser. Sie sind einfach die perfekte Alltagsbegleitung zu Kaffee oder Tee.

Insgesamt 5 Mal habe ich sie schon zubereitet. Das Formen hat mir Probleme bereitet, weil ich zu kompiziert dachte. Weniger ist mehr, dann klappts auch mit den madegassischen Keksen.

Marie meinte, man könne das Rezept leicht variieren: einen Teil des Mehls mit Kokosflocken ersetzen, ebenso spielen mit dem Verhältnis von Orangensaft und Kokosfett, Orangenschalen-Abrieb untermischen... Mein Habib aber findet, man solle an perfekten Keksen nicht rumdoktern. Und so verschwinden die *Kekse der Armen* immer nach dem gleichen Rezept aus der Keksdose wie von alleine. Ein DUBB-Rezept also.

Ich bekam die Zutaten von Marie als Tassen-Rezept, für euch (und für mich) habe ich sie in Zahlen übersetzt.

 

Zutaten - ein Blech/ ca. 30 Stück:

150ml Orangensaft (frisch gepresst)
150ml Kokosfett, flüssig
75g Rohrzucker
300g Mehl (m: T65/ D630)
1TL Backpulver
 

Zubereitung:

Orangensaft und Kokosfett in eine große Schüssel geben. Ebenso den Zucker. Mehl mit Backpulver mischen und mit einem Holzlöffel so lange vermengen, bis der Teig homogen wird (dauert nicht lange).

Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Herd auf 180° (Umluft) vorheizen.

Dann mit einem Eßlöffel je eine Portion abnehmen und zwischen den Händen länglich rollen (eher von einer Hand in die andere - das bekommt ihr schon raus), bis die Oberfläche dadurch glatter wird und dann die Kekse mit ein wenig Abstand auf das Backblech setzen.

Im heißen Ofen ca. 25-30min goldbraun backen. Auskühlen lassen, danach in einer Keksdose aufbewahren.


derart geflochtene Schachteln ist Kunsthandwerk aus Madagaskar

1 Kommentar

  1. Hallo Salzkorn, diese genialen kleinen Kuchen habe ich inzwischen auch schon zweimal gebacken, einmal genau mit diesem Rezept, einmal habe ich einen Teil des Orangensafts durch Zitrone ersetzt. Beide Male war der Teig mit 300 g Mehl (Dinkel, 1050 / 630) noch fast flüssig (= fiel schwerreißend vom Löffel). Ich habe so wenig wie möglich Mehl dazugegeben, aber es waren trotzdem fast 100 g zusätzlich. Und der Teig war keineswegs trocken, die Küchlein sind es auch nicht. Habe ich vielleicht etwas falsch gemacht? Ich habe auch Salz verwendet, aber daran kann es kaum liegen. Oder? Antwort wäre sehr freundlich. Anonyme, aber deswegen nicht weniger herzliche Grüße - letigre

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