besternt - Lieblingstarte mit Walnuss und Zwetschgen

Sonntag, 1. Oktober 2023


Der Habib und ich unternahmen für kurze Zeit einen Rollenwechsel: nicht wir vermieten die Ferienwohnung sondern wir verkrümelten uns zwischendrin einfach selbst zum Urlauben. Ca changes les idées - das bringt auf andere Gedanken. Und tatsächlich brachte der Perspektivwechsel einiges an Bereicherung für mich. Abgesehen davon, dass wir ein übertrieben launig-klassisches Touri-Programm gefahren haben ob der Kürze der Zeit, fühlten wir uns in dem Appartement sehr wohl. 

Tatsächlich haben wir über die bloodyfcking Monopolistenplattform gebucht, die wir umgekehrt als Betreiber dissen. Christine, unsere sympathische Vermieterin, klagte mir schwer ihr Leid, dass die an der Decke klebende Anspruchshaltung der Gäste ihr zunehmend das Leben schwer macht... was sich ohne Umschweife in der Bewertung niederschlagen würde. Über das Bewertungssystem von dieser Plattform muss ich bestimmt nicht mehr viel schreiben - die meisten haben darüber mit Sicherheit schon Unterkünfte gebucht. Das wird man ja anschließend als Gast sehr kleinteilig befragt sowie animiert in unterschiedlichen Kategorien (Sauberkeit, Ausstattung, Lage, Einchecken usw...) Sterne zu vergeben. 

Und ehrlich, ich weiß nicht, was es da rumzudoktoren gibt: über Sämtliches kann man sich üblicherweise im Vorhinein informieren, das ist alles sehr gut beschrieben. Passt mir die Lage nicht, dann suche ich mir eine andere Unterkunft aus. Und ich wüßte nicht, was ein nagelneuer Teller oder ein unbenutzer Stuhl so anderes kann als ein gebrauchter, und ob man nicht auch zurechtkommt mit einem Flusen in einem Eck für die Dauer von wenigen Tagen. Zumal ein fabrikneu eingerichtetes Zimmer eh den Charme eines Möbelhauses verströmt, oder? Außerdem hat man ein Appartement gemietet und kein Appartementverleiher. Hey, man hat Urlaub, man will es sich schön machen, eine gute Zeit haben. Da achtet man (ich) doch automatisch auf die schönen Dinge und sucht nicht das Haar in der Suppe. Aber das Spiel kennt man ja. Man kennt es aus Familie und Beziehungen: wer kritisieren will, der findet was zum Hacken. Oder ebenfalls schönes Beispiel das perfekte Dinner. Leider nicht 100 prozentig perfekt, das hat man nun mal genau zu nehmen... wenn man schon mal gefragt wird... Und viele werden gerne gefragt, womöglich im verblendeten Glauben, damit anderen einen Dienst zu erweisen und Orentierungshilfe zu bieten, weil die ja alle zu bescheuert sind, sich selbst ein Urteil zu bilden.

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich beschißener finde: das Bewertungssystem oder wie die Menschen damit umgehen. Und mit meiner Kritik stehe ich nicht alleine da - es reicht ein wenig quer zu lesen, um einen sehr guten Eindruck von der Ungerechtigkeit zu erhalten, die daraus für die Gastgeber resultiert - ohne dagegen wirklich etwas tun zu können. Am Ende schaut nämlich alles nur nach einer beknackten Zahl, das reicht als Info, um die genau geht es schließlich.

Weil wo fließt eigentlich mit in die Bewertung, dass jede Unterkunft eine Geschichte hat, der *Hoster* dort vielleicht im Elternhaus aufgewachsen ist, oder das Haus renoviert oder wie mein Habib gar komplett neu erschaffen hat. Aber kann man den *Charakter* eines Ortes und seine Eigenheiten in Zahlen ausdrücken? Wie fängt man Ambiente und Atmosphäre ein? Schwupps, und da sind wir mal wieder bei einem Lieblingsthema von mir: dem Fühlen!

Es rührte mich sehr, dass Christine meinte, dass wir die ersten wären, die erkannt hätten, dass ihr Zuhause eine Seele habe - seit 2017... seit sie bei dieser Plattform ist. Das konnten wir gar nicht glauben. Was ist los mit der Welt?

Aber was will man erwarten von dem allgorithmischen System einer Plattform, die nur vermittelt aber nichts produziert und das Kritisieren nicht nur impliziert sondern provoziert. Maß und Zahl seziert und tötet dabei. Lebendig ist nie perfekt, bestimmt nicht steril und ein bunter Ort niemals ein *Superhost* . 




Sämtliche Sterne erhält seit jeher diese Tarte mit Mandeln, Himbeeren und Pinienkerne. Ein ähnlich freundliches Feedback habe ich die Tage in den Kommentaren erhalten für die Tarte mit Blaubeeren, Minze und Frischkäse. Tartes habe ich wirklich einige tolle Evergreens, die ich selbst ebenfalls seit vielen Jahren schätze. 

Meine Nusstarte ist ganz leicht zu verwandeln in eine wunderbare Spätsommer-Tarte, die die letzten Nüsse verbraucht, bevor die neuen fallen und der reichhaltigen Zwetschgen-Ernte versucht, gerecht zu werden. Durch die anhaltende Trockenheit sind die Zwetschgen recht fest und nicht sehr saftig. Ich konnte so locker 600g auf die Nussmasse setzen. Früchte mit viel Saft würde ich mengenmäßig etwas reduzieren. Ansonsten kam diese Tarte derart gut an, dass ich sie direkt 2 Mal hintereinand gebacken habe.

 

Zutaten:

Boden:
200g Mehl
110g Butter, kalt
60g Zucker
1 Prise Salz 
1 EL Crème fraîche
etwas kaltes Wasser


Guß:
50g geröstete, gehackte Walnüsse
100g geröstete, gemahlene Walnüsse
100g Butter
80g Rohrzucker
3 Eier
1-2 El brauner Rum
 je 1 EL Lavendel und Rosmarin, fein gehackt

ca. 600g Zwetschgen*


Zubereitung:

Die Butter in Flöckchen mit den restlichen Zutaten für den Tarteboden zügig zu einem homogenen Teig verarbeiten und zu einer Kugel formen, in Folie packen. Diesen für mindestens eine halbe Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
 
Die Tarteform butten, den Teil ausrollen und die Form samt Rand damit auskleiden. Den Boden mehrfach mit einer Gabel einstechen und die Form (eingehüllt in eine Tüte) für etwa 15min in die Tiefkühltruhe stellen.

Den Backofen auf 200° vorheizen (Umluft)
 
Die Butter schmelzen. Zucker und gemahlenen Mandeln in eine Schüssel geben und die geschmolzene Butter unterrühren. Die Eier zugeben und kräftig schlagen, bis die Masse aufhellt. Zuletzt die gehackten Nüsse, Rum und Kräuter unermischen.
 
Die Mandelmasse glatt auf dem Tarteboden verstreichen. Dann die entkernten Zwetschgen darauf setzen und etwas in die Masse drücken. In den heißen Ofen schieben und ca. 45min fallend auf 180° backen.

Schmeckt am besten durchgezogen am nächsten Tag.



9 Kommentare

  1. Dein Nuß-Guß hört sich göttlich an! Ein paar Zwetschgen hängen noch an unserem Baum....allerdings ziemlich hoch. Mal schauen, ob ich mir für dein köstliches Rezept noch einige angeln kann. Liebe Grüße und vielen Dank 😊

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    1. Das war 2023, liebe Hanne, einer meiner Lieblingstartes - eine Leiter rauszufummeln und etwas Kletterei würde sich in meinem Geschmacksuniversum lohnen. Brombeeren passen aber bestimmt auch gut!

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  2. Es geht nichts über eine gute Tarte - und alles mit Walnuss und Zwetschge ist eh klasse!

    Ich habe da ehrlich noch nie gebucht... Diese Vermittlungsplattformen sind allgemein speziell - und die Anspruchshaltung von Menschen auch, vor allem im Urlaub. Wenn man kurz schaut, ist alles dabei, von "schönster Urlaub meines Lebens" bis "totale Abzocke, nie wieder" für das gleiche Ziel im gleichen Zeitpunkt. Ich finde, das sagt mehr über die Menschen aus, die so kommentieren als über die Unterkunft.

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    1. Ganz einhellig, wir zwei Barbara! Sowohl was Tarte wie Plattformen angeht ;)

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  3. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Sternebewertungen extrem mühsam sind, wenn man Objekte vermietet. Habe mir ehrlich gesagt darüber noch gar nie so eingehend Gedanken gemacht, weil ich weder in der Vermietersituation drin stecke, noch je Sterne vergeben habe auf so einer Plattform. Daher, danke fürs Aufmerksammachen!

    Der Kuchen ist gespeichert... ob ich den auch mit tiefgefrorenen Zwetschgen machen kann? Herzlichst, Pierina

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    1. Liebe Pierina, ich empfinde diese Bewerterei als echt gefährlich: man kann damit regelrecht Existenzen ruinieren... mit so einem Bullshit! Aber ja, das WWW samt seinen Algorithmen und deren Einfluß auf Menschen...

      Und die Tarte funktioniert bestimmt mit Tiefkühl-Zwetschgen - nur neigen die bestimmt mehr zum Saften. Ich würde also mengenmäßig mit etwas weniger belegen. Brombeeren kann ich mir auch gut vorstellen!

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  4. Liebe Micha,
    ich miete mich manchmal auch in den Gästezimmern in meinem eigenen Haus ein. Ich genieße den Urlaub im eigenen Haus ... und manchmal fallen einem wirklich Dinge auf, die man verbessern könnte.
    Vielleicht sollten wir uns als Gastgeberinnen mal austauschen ... jaja, die Bewerungssysteme. Ich versuche mir nicht so viel draus zu machen (denn (Stamm-)Gäste, die ins Haus passen und deren Feedback, sind am wichtigsten). Es gelingt mir besser als vor 5 Jahren ... aber manchmal ärgere ich mich auch sehr.
    Auch allgemein über die möglichen Bewertungen von allem - und wenn dann Leute bewerten, die selbst nix machen und keine Ahnung haben, aber es besser wissen ...
    Viele Grüsse,
    Sarah

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  5. Die Tarte sieht sehr lecker aus. Leider habe ich jedoch keine Info über die Größe der Tarteform in dem Rezept entdeckt. Kannst du mir diese bitte noch nachliefern? Viele Grüße Sandra

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    1. Eine klassische Tarteform hat einen Durchmesser von 26cm, Sandra. Aber ich habe sie auch schon in meiner größeren Tarteform (28cm) gebacken - dann wird der Boden etwas dünner... auch gut. Bref: nicht so entscheidend. Aber Tartes und Quiches schüttle ich mir nach Jahren in F auch aus dem Ärmel, daher klappen die eigentlich immer - und bei dir bestimmt auch :)

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