WW-Klimakterium I: gefüllte Ofen-Paprika

Sonntag, 4. August 2019


Wir hatten uns doch in einseitiger Absprache geeinigt, dass ich mich ein Mal im Monat echauffieren darf. Voilà, ausgewählt habe ich - unter all den schier unendlichen Möglichkeiten - die Klima-Debatte.  Sie schafft es bei mir an die Spitze und wurde somit gekürt zum  *Aufreger des Monats*.

Es steht so spitz auf Knopf, dass es nicht mehr fünf vor 12 zu nennen ist, sondern der dramatische Kipppunkt des Klimas könnte exakt im Sommer 2019 erreicht sein (Link via Maximillian) - der letzte Moment quasi, das Ruder nochmals rumzureißen. Oder ab dann halt nie wieder. Chance verpasst. Blöd, aber vielleicht lebt es sich dann sorgloser. Dann ist die Nummer durch. Würfel gefallen. Ist der Ruf erst ruiniert...! Leben wir einfach - geht eh alles den Bach runter.

Und hey ja, mit Blick auf die Medien ist man sich erstmals weltweit einig, dass jetzt aber wirklich Zugzwang herrscht: jeden Tag mindestens eine Meldung, die belegt, dass das Wetter nicht einfach spinnt wie immer, sondern die Extreme zunehmen. Mit deutlich mehr Tempo als gedacht: die Welt wird viel schneller heiß, Gletscher schmelzen schneller als errechnet, Permafrostböden tauen um die Wette, die Abholzung des Regenwaldes knackt zuverlässig einen Rekord nach dem anderen, für die Ressourcen-Ausbeutung grast man bereits am Meeresgrund... ihr bekommt die Liste vermutlich ohne meine Hilfe erweitert.

Ich bin ja großer Fan von pars pro toto: man nehme ein Beispiel und leite anhand dessen weiter auf größere Zusammenhänge. Alors, greife ich als Beispiel für die rasante Zerstörung der Natur etwas Naheliegendes heraus: das Mittelmeer. Das bietet sich auch deshalb gerade an, weil ich mir jüngst die Arte-Doku *Das Mittelmeer -  zwischen Massentourismus und Umweltverschmutzung* angetan habe - und nicht fassen konnte, was ich sah: man schwimmt im Mittelmeer mittlerweile in einer toten Kloake. Auf die Frage: *Ist das Mittelmeer noch zu retten? antwortet in dieser Doku Marco Affronte (italienischer Naturwissenschafter und EU-Parlamentarierer): *Ich sage.... vielleicht. Vielleicht.* Bref: Das Mittelmeer gleicht in etwa dem Zustand der ganzen Welt.

Auf den Punkt bringt es Corinne Lepage (französische Juristin, spezialisiert auf Umweltrecht und EU-Parlamentarierin): *Bisher wurden noch nie ökologische Interessen über Wirtschaftsinteressen gestellt. Bei der Frage um den Zustand und die Bedrohung des Mittelmeeres sind wir heute am etwa selben Punkt wie vor etwa 30 Jahren. [...] Es fehlt in erster Linie an einem echten politischen Willen, die großen Probleme ernsthaft anzugehen. Das gilt für das Mittelmeer, den Klimawandel und vieles mehr.* 

GANZ GENAU. Ich fasse zusammen: was Krisenbewußtsein und Informationsstand angeht hat sich binnen 30 Jahren rein überhaupt nichts geändert. Verändert hat sich lediglich der Zustand der Erde. Und zwar zum deutlich schlechteren. Es wird geredet und nix getan. Wir trippeln gekonnt auf der Stelle. Insofern kann ich an einer (Achtung: Kalauer) *aufgeheizten* Klima-Debatte nur eines bestaunen: die Scheinheiligkeit! Und die bringt mich schier auf die Palme. Ich muss mir die Hand vor den Mund halten, um nicht loszuko****... also lasse ich lieber andere für mich singen...


Gerade leben wir saisonal in üppigen Zeiten: der Garten gibt alles und noch mehr her. Unter anderem Paprika. Die fülle ich mit dem roten Halbvollkorn-Reis, den ich aus Thailand mitbrachte und der lustigerweise mit seiner Inkarnatfarbe an Hack erinnert. Ein Mal mehr stelle ich fest, dass ich Fleisch auf dem Teller nicht mehr brauche. Gemüse macht mich glücklicher wie jedes tote Tier.

Zutaten 2P:

ca. 3-4 Paprika-Schoten*
100g Reis (m: roter Halb-VK)*
1 rote Zwiebel
2 Knoblauchzehen
2 EL Brokkoli (fein gehackt/ optional)
50g schwarze Tapenade
2 Zweige Rosmarin
12 Blätter Basilikum
Piment d'Espelette
1 Ei, GR L
1 Mozzarella
Gemüsebrühe
Salz, Pfeffer
Olivenöl 

Sauce:
1 rote Paprika, gegrillt, gehäutet
2 Karotten
50ml Kokos-Crème
1/2 TL Ras el Hanout
4 EL Orangensaft
Salz, Pfeffer
1 Pr Rohrzucker
weißer Balsamico
etwas Gemüsebrühe

 
Zubereitung:

Zwiebeln und Knoblauch sowie den Brokkoli und den Rosmarin fein hacken. Alles zusammen in dem Olivenöl anschwitzen. Den Reis zufügen, gut mit Gemüsebrühe bedecken und sanft köcheln lassen. Wenn notwenig noch etwas Gemüsebrühe anschütten. Kurz vor Ende der Garzeit den Brokkoli zufügen. Würzig abschmecken mit Tapenade, Piment, Salz und Pfeffer.

Etwas abkühlen lassen. Dann das Ei untermischen und den fein geschnittenen Basilikum.

 Ofen auf 200° (O/U-Hitze) vorheizen.

Paprika-Schoten halbieren, entkernen, in eine ofenfeste Form setzen und die Füllung darin gut angedrückt häufen. Mozzarella in Scheiben schneiden und darauf verteilen. Etwas Oregano darüber sträuen, mit etwas Olivenöl besprenkeln und nochmals leicht salzen und pfeffern und auf der mittleren Schiene für ca. 30min garen.

In der Zwischenzeit die Sauce zubereiten. Dafür die gebürsteten Karotten klein schneiden, ebenso den gegrillten und gehäuteten roten Paprika. Mit wenig Kokosmilch und wenig Gemüsebrühe bedecken und gar köcheln lassen. Währenddessen mit Ras el Hanout würzen. Pürieren. Salzen, pfeffern. Orangensaft zufügen. Je nach gewünschter Konsistenz noch etwas Brühe oder Kokos-Crème unterziehen. Zuletzt mit etwas weißem Balsamico abschmecken.

Die Sauce auf zwei Tellern verteilen und mit den Paprika-Schoten servieren.

*Anmerkung m: die Anzahl der Paprikas richtet sich nach deren Größe. Meine waren eher kleiner. Ansonsten sollten auch zwei Stück reichen. Der Halb-Vollkornreis braucht etwas länger von der Garzeit - das gilt es zu bedenken.


9 Kommentare

  1. "sich in einseitiger Absprache einigen" ... sowas sorgt bei mir am Sonntagmorgen für einen lauten Schmunzler.
    Aber leider ist der Rest verdammt ernst!
    Trotzdem noch einen schönen und genussvollen Sonntag. Und danke für das Teilen deiner Gedanken, die wie immer hervorragend formuliert sind.
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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    1. Danke, Andy, für deine Unterstütung. Und wenn der eigene Humor verstanden wird - ohne, dass man sich erklären muss: auch schön :)
      liebe Grüße gen Zürich!

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  2. Mal wieder habe ich die Tatsachen gelesen und es graust mich noch immer davor.

    Mit dem Fleisch ist es so eine Sache, ja es wird bei mir auch immer weniger. Dabei stelle ich mir vor, mit welch wenigen Zutaten man eigentlich auskommt um ein gutes Essen zu zubereiten.

    Viele Grüße von einer permanenten Leserin!

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    1. Frau Permanent-Leserin, merci fürs mal Lautmachen! Wie du ja verfolgen kannst, fühle ich mich weder einer Vorbild-Funktion verpflichtet noch will ich ansonsten etwas vorgeben. Um andere müssen sich andere kümmern - ich bin mit mir ausgelastet ;)
      Aber ja, ein gutes Essen braucht für mich - wie du schreibst - ein paar gute, wenige Zutaten und kein Tier mehr...
      ... von den grausligen Tatsachen lenkt es leider nicht hundertprozentig ab!

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  3. Mir ging es wie Andy: "die Einigung in einseitiger Absprache" brachte mich zum Schmunzeln. Mit manchen Menschen, so mit dir, lasse ich mich auf solch einseitige Absprachen einvernehmlich und gerne ein. Habe ich aber bei der Diskussion um das Thema Klimaschutz das Gefühl, dass hier Menschen entscheiden, die wohl keine Zukunft der Erde, der Menschen, des lebenswerten Lebens auf der Erde möchten und dies mit ihren Taten (!!!! "scheinheilig, jawoll, oberoberoberscheinheilig und es müsste ein schlimmeres Wort dafür geben) anstreben, dann möchte ich sehr wohl mitreden können. Kann ich ja, wird man sagen, schließlich haben wir eine Demokratie.. oja. Ja, es ist echt zum Ko** Ich muss dabei immer an deinen Beitrag denken, in dem du das Sprichwort zitierst: "Die Treppe wird von eben nach unten geputzt". Wie wahr ist das! Bis dahin war ich eher so der Ansicht, dass wir als Verbraucher mit unserem Konsumverhalten viel bewegen können. Dein Beitrag hat mir die Augen geöffnet und ich sehe es heute tatsächlich anders. "Von oben nach unten" schon allein aus dem Grunde, weil viele Verbraucher es bis heute nicht begriffen haben und munter weitermachen... Da muss "von oben" und natürlich auch "oben" (!!!) "ein Riegel" vorgeschoben werden mit dem manche Dinge dann nicht mehr möglich sind, es sie nicht mehr gibt, sie nicht hergestellt, benutzt etc werden dürfen... Manchmal frage ich mich, ob das überhaupt möglich ist und tja, wenn ich das so lese... Deine Paprikaschoten sind der einzig erfreuliche Aspekt dieses Beitrages und stehen für morgen Mittag auf dem Programm. Mexicoschnelle Sommergrüße von Hannah

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    1. Danke, Hannah, für deine Gedanken! Und wie schon angedeutet (durch WW-Klmakterium I) wird auch ein II, vielleicht ein III folgen. Dann geht es genau um das, was du jetzt ansprichst: das einzelne Konsum-Verhalten und am Ende um den so wunderbar sinnbildlichen Spruch: *Die Treppe wird von oben nach unten geputzt*. Ja, das sind irgendwie keine erfreulichen Themen - gerade weil sie so brisant sind. Glücklicherweise habe ich *Grosstadtgeflüster* entdeckt. Die haben mir dann TROTZDEM wieder gute Laune gemacht. Das ist (mir) auch was wert :) liebe Grüße zurück... und ich bin gespannt, wie dein/ euer Ofen-Paprika-Urteil ausfällt!

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    2. Wie nicht anders zu erwarten: Prima hat's geschmeckt - allen dreien! Ganz in der "Brüderlein komm spiel mit mir Manier" abgewandelt mit Dinkel Couscous war es noch schneller vorbereitet und war sehr lecker. Und dieses Schwesterchen der DUBB Paprikasoße ist auch sehr gelungen. Geröstete Paprika sind echt ein Muss für den TK! Ja, den hab ich, betreibe ich und möchte nicht missen. Das Thema individuelle Ökobilanz ist sicher eines der spannendsten und heikelsten und auch hier viel Scheinheiligkeit bzw. und schlimmer.... Viele Grüße von Hannah

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  4. keine toten tiere essen, gemüse aus der region find ich klasse. aber reis aus thailand? ist das klimafreundlich
    ?

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    1. Individuelle Öko-Bilanz, spannendes Thema. Dazu komme ich noch! Wie siehts da bei dir aus?

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