Ariadne-Faden: Kartoffel-Curry nach Tanja Grandits

Mittwoch, 29. April 2020


*Friseure und Frauenärzte behält man*, lachte meine Gynäkologin, nachdem ich mich bei ihr dafür bedankt hatte, dass sie mir so kurzfristig während meines Deutschlandaufenthaltes einen Termin einberaumt hatte -  zwar bin ich schon immer Patientin ihrer Gemeinschaftspraxis aber innerhalb dieser die ihres Mannes (der jedoch leider verhindert war). Ich lachte zurück: *Meinen Frauenarzt habe ich direkt gefunden, meinen Friseur suche ich noch.*

Warum das zwischen mir und Friseuren ungebrochen kompliziert ist? Wenn ich es nur wüßte! Schon länger versuchte ich ja (von Coiffeur zu Coiffeur wandernd) Richtung Pony zu insprieren (Ihr erinnert euch: was zwischen Charlotte und Helle. Oder so.). Wollte keine/r machen - und jeder neue Haarschnitt endete wie der davor: ich trug die Haare irgendwie zusammengebunden. Wobei ich jetzt prinzipiell selten zum Friseur gehe. Allerallerhöchstens alle zwei Jahre. Weder sitze ich gerne lange vor dem Spiegel, noch mag ich es, wenn mir jemand am Kopf rumfummelt. Zumal offen getragene Haare eher was für Städtermädchen sind. Ob im Handwerk oder im Garten fördert es den Arbeitsablauf nicht zwingend, wenn einem permanent Haarsträhnen die Sicht verdecken.

Nun habe ich letztes Jahr kurzerhand selbst die Schere angelegt - wenige Tage nach einem Friseur-Besuch - und mir einfach selbst einen Pony geschnitten. Und siehe da: mir gefällts, ich finde, ich sehe irgendwie *französischer* aus und er hat mir einiges an flatterie eingebracht. Und weil ich mir den Pony selbst verpasst habe, kann ich ihn dementsprechend supi selbst in Schuß halten.

Nur morgens wird mir mein Pony zunehmend zum Phänomen. So sehr, dass ich mich langsam frage, ob mir diese verschiedenen Strubbel-Bilder, die sich mir täglich bieten, nicht vielleicht mehr erzählen wollen à la *diese sonderbaren, zufälligen Zeichen, durch die ein höheres Wesen mit uns zu sprechen scheint* (Goethe). Nich, andere können schließlich auch im Kaffeesatz lesen. Oder in Händen. Oder lassen Stäbchen oder Runen fallen. Oder schlagen das chinesische I-Ging auf. Oder man zieht Karten dazu - für den Leiter von Tarot-Seminaren (fällt mir ein) fertigte ich einst als selbstständige Theaterplastikerin verschiedene Symbole (Kelche, Schwerter, Münzen, Stäbe...) in XL an.

Jeder sucht sich dort Rat, wo er glaubt, Hilfe zu finden. Viele halten die Wissenschaft für den sichersten Hafen der Erkenntnis - ungeachtet dessen, wie sehr das Ergebnis jeder Untersuchung von der jeweiligen Position abhängt, die im Raum und /oder Zeit eingenommen wird. Ein wackeliger Boden also: *Die Unterscheidung zwischen Tatschen und Interpretationen ist ebenso schwierig wie zwischen Fakten und Fiktionen* (Interpretation in den Wissenschaften).

Tja, aber was dann? Bleibt nur noch der Glaube? Jetzt kann man kollektiv mit den Schultern zucken und murmeln: *Es ist halt komplex* (das passt IMMER und gerade fällt es wieder besonders häufig). Ziehe ich Goethe dazu - ohne den ja bekanntermaßen bei mir wenig geht:

Nun begegnet mir noch gar der Aberglaue, der mir als das Schädlichste was bei den Menschen einkehren kann, verhaßt bleibt. Wir spielen mit Vorraussagungen, Ahnungen und Träumen und machen dadurch das alltägliche bedeutend. Aber wenn das Leben nun selbst bedeutend wird, wenn alles um uns sich bewegt und braust, dann wird ds Gewitter durch jene Gespenster nur noch fürchterlicher.
Lassen Sie in dieser Ungewißheit des Lebens, rief Eduard, zwischen diesem Hoffen und Bangen, dem bedürftigen Herzen doch nur eine Art von Leitstern, nach welchem es hinblicken, wenn es auch nicht danach steuern kann.
Ich ließe mir's wohl gefallen, versetzte Mittler, wenn dabei nur einige Konsequenzen zu hoffen wäre; aber ich habe immer gefunden, auf die warnenden Symptome achtet kein Mensch, auf die schmeichelnden und versprechenden allein ist die Aufmerksamkeit gerichtet und der Glaube für sie ganz alleine lebendig.*

Dann löse ich auf: Das mit der Pony-Mystelei ist natürlich quatschiger Spaß. Bei allen anderen Orakeleien wäre ich vorsichtig, wenn ich nicht weiß, was ich tue (*Besen! Besen! Seid's gewesen!*) oder an wen ich mich wende (bedenke: die Polarität gilt auch fürs Geistige). Die Gretchenfrage bleibt: wem übergebe ich die Autorität/ Hoheit meiner Meinungsbildung. Denn: es hilft alles nix, an irgendetwas MUSS man sich orientieren, will man nicht zu Grill oder Triebholz verkommen. Woran, das steht jedem frei. Fest steht: ohne Ariadne-Faden findet man aus dem Labyrinth nicht raus - und wird obendrein von einem Ungeheuer erledigt.


Bevor mir in anstrengenden Zeiten der Text zu anstrengend gerät, warte ich als Gegengewicht mit einem unkomplizierten Eintopf auf. Dieses Kartoffel-Curry ist schnell zubereitet und dabei wirklich fein gewürzt. Da wir noch keine eigenen Tomaten haben, griff ich auf confierte, eingefrorene Kirschtomaten zurück. Und, ja, die Portion für angeblich vier haben wir bis auf einen kleinen Rest mit großer Lässigkeit geschafft. Inspiration ging ein Mal mehr von Susanne aka Magentrazerl aus! Vielen Dank, liebe Susanne, für die feine Muse!

Zutaten 2P:

1 grosse Zwiebel, fein gewürfelt
2 Knoblauchzehen, fein gewürfelt
1 1/2 EL Kokos-Fett
1 TL Currypulver
1 TL Piment, gemahlen
1 TL Paprikapulver
1 TL Kreuzkümmel, gemahlen
1 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen
2 EL Senfkörner
1 grosse Prise frisch geriebene Muskatnuss
3 EL frischer Thymian, fein geschnitten
600ml Gemüsefond

200ml Kokoscrème
500 g Kartoffeln, festkochend

1 EL Tomatenmark
200 g Cherrytomaten (m: confiert, eingefroren)
200 g rote Linsen, kalt abgespült
Salz

2 EL Buchweizen 

Zubereitung:

In dem Kokosfett die fein gewürfelte Zwiebel sowie die ebenfalls klein gehackten Knoblauchzehen anbraten. Dann die Gewürze zufügen und weitere fünf Minuten und mitbraten. Dann das Tomatenmark ebenfalls kurz mitrösten.

Die Kartoffeln schälen und grob Würfeln (ca. 2cm). Die Gemüsebrühe und der Kokosmilch anschütten (Brühe habe ich nach und nach beigefügt - so steuert sich die individuell-gewünschte Sämigkeit/ Flüssigkeit des Eintopfs am besten). Kartoffel-Würfel und Linsen untermischen. Mit Salz würzen und bei kleiner Hitze und aufgelegtem Deckel ca. 20 Minuten köcheln lassen. Kurz vor Ende die konferierten Tomaten einrühren. Nochmals abschmecken.


Den Buchweizen in einer Pfanne trocken rösten und über das Curry streuen.

Quelle: Susanne aka Magentrazerl bzw. Tanja Grandits 


10 Kommentare

  1. Liebe Micha,
    herzlichen Dank für deine Beiträge, die ich immer gerne lese. Ja, den Ariadnefaden haben wir alle nötig; den Faden in der Hand halten, auch wenn die Hand manchmal zittert oder schlaf wird. Ein gutes Bild.
    Vielen Dank auch für dieses schöne Rezept; ich werde es heute kochen, etwas abgewandelt noch die Champignons reinschnippeln, die wegmüssen.
    Herzliche Grüße und Alles Gute
    Ingrid
    Ps: Hier im Großraum Stuttgart regnet es im Moment, nicht viel, aber immerhin.

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    1. Die Champignons, Ingrid, werden bestimmt auch gut passen - das ist ja das Gute an Curry. Meist sind sie ja doch sehr variabel.

      Und ich habe sehr lange nach meinem Ariadne-Faden suchen müssen - und unter der Orientierungslosigkeit sehr gelitten. Seitdem ich meinen roten Faden in der Hand habe, ist mir das Leben deutlich leichter und lichter.

      herzliche Grüße zurück...
      Wir hatten gestern den ersten Landregen seit EWIGKEITEN. Wir nehmen weiterhin gerne jeden Tropfen!

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  2. Gibt es eigentlich irgendwen, der nach dem Friseurbesuch so richtig zufrieden ist? Wobei, meist bin ich es ja, wenn ich noch im Salon sitze ... Aber zuhause dann ... Wieder so ein Phänomen.
    Auf jeden Fall finde ich es großartig, dass du es schaffst, nur alle zwei Jahr zum Friseur zu gehen :-)
    Alles Liebe zu dir, Micha!

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    1. Aber echt, Maria, das stimmt. So lange man noch vor dem Spiegel im Salon sitzt, scheint die Welt noch in Ordnung. Wobei ich normal den Sparfuchs mache (ohne Föhnen) und dann hüpft die Katze sowieso erst zuhause aus dem Sack. Schön zu lesen, dass es anderen auch so geht.
      Und das ganze Kunststück an alle 2 Jahre ist: Haare zusammengebunden ;-)
      Dir auch alles Liebe, Maria!

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  3. Friseur... pff. Der ist noch nicht erfunden, der mir das recht macht. Gar nicht so dumm, dass sie gerade zu haben, lasse ich halt wuchern, auch wenn ich mich gerade dem Stadium "struppiger Besen" nähere. Ich lasse das jetzt einfach mal.
    Und die Ehre für das geniale Curry, die gebührt Tanja Grandits.

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    1. Oder, Susanne? WO ist der Maître, der mit meinen Haaren zurecht kommt? Ich habe ja so langsam alle Hoffnung aufgegeben...
      Und Muse bleibt Muse und die bist DU für das Curry :-)

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  4. Du hast uns das Bild mit deinem Pony unterschlagen, Micha!

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    1. Tja, Sarah: #kein Insta-Girl ;-)
      Aber vielleicht beim nächsten 12 von 12 (und wenn dann especially for you!)

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  5. Meine Friseurin (die die gleichen Haare hatte wie ich, und die damit echt zurecht kam, das erste Mal, das ich nicht sofort die Haare zu Hause nochmal gewaschen habe) ist nach Andalusien ausgewandert.
    Bei meinen kurzen Haaren leider nicht machbar jedesmal dorthin zum Friseur zu gehen.
    Aber jetzt wüsste ich wirklich gerne, wie Du mit Pony aussiehst. (ich kann mir das sehr gut bei Dir vorstellen)

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    1. Bei einem Kurzhaarschnitt, Constanze, wäre es doch SEHR von Vorteil, jemand in greifbarer Nähe zu haben, der weiß, was zu tun ist. Ich drücke dir die Daumen, dass du wieder eine Friseurin findest!

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