Das lesenswerte Buch *Menschliche Dinge* von Karine Tuil hat mich insofern fasziniert, als dass Tuil darin hervorragend eine Gesellschaft illustriert, in der Freizügigkeit als höchstes Kulturgut und größte Errungenschaft hochgehalten wird. Exakt was der Weltreisende eben in der Ferne mit großem Unbehagen beobachten kann: DER Exportschlager weißer Touristen in andere Länder ist Suff und Hurerei! Tuil beschreibt weiter, wie die sexuelle Freiheit, die von keinem religiösen Sitten-Korsett mehr begrenzt wird, elementar eine Gesellschaft formt samt den Auswirkungen auf Hierachien, Beruf, Status, Partnerschaft, Familie, den Einzelnen. Sex als unterschwelliger Motor einer Gesellschaft *der Sex und sein destruktives Potential, der Sex und seine unbändige, tyrannische, unstillbare Triebkraft*
Tuils Schreibstil gefällt mir gut, ihre Figuren sind verständlich, menschlich, nachvollziehbar. Und alle eint, dass sie Opfer sind einer zutiefst sexulisierten Gesellschaft.
Was also, wenn der Körper die Hoheit innehat, wenn *der unbezwingbare Drang des sexuellen Begehrens* sich seine halsbrecherische Bahn schlägt ungebremst von äußeren Institutionen und wenn Alkohol als weiterer wesentlicher, gesellschaftlicher Baustein seinen Teil der Enthemmung beiträgt?! Oder wie eröffnet Tuil ihr Buch: *Sex war unbestreitbar der wirksamste Brandbescheluniger, löste das ultimative Inferno aus - Schluß mit der Maskarade...* Hinter aller Fassade und Kosmetik schlummert die Frage: und wie halten wir es mit dem Beischlaf.
Um das Beispiel einer bourgeoisen Familie, einflußreich, prominent, gut situiert, zeichnet Tuil die ganze Klaviatur sexueller Abgründe: von Seitensprüngen, Affairen, Doppelleben, ménage à trois, offene Beziehungen....bishin zu Karriere-Ambitionen, sexueller Belästigung, Nötigung, Missbrauch, Vergewaltigung. Sie thematisiert die #metoo-Debatte um Harvey Weinstein, die Geschehnisse der Sylvesternacht in Köln 2016, die Affäre um Strauß-Kahn und die weltbekannte Episode von Bill Clinton und Monica Lewinsky- alles Indizien einer sexkranken, degenerierten Gesellschaft, deren Strukturen nur *unter großen Mühen und mit Zugeständnissen-Lügen-Versprechungen, der Dreieinigkeit der haltbaren Ehe* stabil bleiben, so Tuil - und einhergehen mit einer krankhaften Körperwahrnehmung und krankem Gefühlsleben.
Unsere Kultur ist schon derart lange sexgetränkt, es fällt uns nicht mehr auf in Werbung, Mode, Gebaren. Alles dreht sich um Geld, Macht, Sex und Alk. Alles dreht sich um Sexyness samt Fuckability-Spanne (toller bereits verlinkter Auftritt von Caroline Kebekus). Vor einigen Jahren, schreibt Tuil, scheiterten die Wissenschaftler der Universität von Montreal an einer Studie, in der sie die Auswirkung von Pornos auf Männer näher untersuchen wollten, in dem sie eine Gruppe von Männern, die regelmäßig Pornos schauen, einer zweiten gegenüberstellen wollte, die noch nie pornographische Inhalte komsumiert hat. Sie scheiterten aus dem schlichten Grund, dass sie keinen einzigen Mann auftreiben konnte für letztere Gruppe. Was Männer nicht automatisch zu Tätern macht und nichts rechtfertigen oder entschuldigen soll, aber, es liegt in der Natur des Triebs, dass Männer gerade in der Jugend unter Testosteron-Schüben leiden. Gleichzeitig kehrt sich die Überdosis ins Gegenteil: zunehmend mehr Männer haben Orgasmus-Schwierigkeiten. Vaginalen Schönheitsoperationen, deren Häufigkeit in Deutschland mittlerweile mit Nasen-Korrekturen gleichgezogen haben, können als Einflußmerkmal auf Frauen herangezogen werden. Zweifellos aber wird jedem vor Augen geführt, dass auf Sex keine tragbaren Beziehungen aufzubauen sind, sondern die Alk-Sex-Kombi auf kurz oder lang in den Ruin führt. Einen Gefährten/ Gefährtin findet man auf diese Weise bestimmt nicht.
Tuil greift auf, dass vor etwa 40 Jahren in Frankreich zum ersten Mal eine Vergewaltigung als Verbrechen eingestuft und vor Gericht behandelt wurde. Die leitende Rechtsanwältin äußerte sich damals folgendermaßen: *Eine Vergewaltigung ist, wie der Rassismus, wie der Sexismus, in dem sie übrigens wurzelt, der ernst zu nehmende Hindweis auf eine soziokulturelle Krankheit. Die Gesellschaft, die an der Vergewaltigung krankt, kann nur dann genesen, wenn sie nach der Diagnose bereit ist, das große Räderwerk ihrer Kulturmaschinerie und deren Inhalt radikal infrage zu stellen.*
Haben wir das in den letzten Jahrzehnten in Frage gestellt, um Weichen anders zu stellen? Die Fälle häuslicher Gewalt steigen stetig ebenso wie Vergewaltigungsdelikte.
Und jetzt tun wir alle ein bißchen gekünstelt betroffen und überrascht... Religöse Menschen, die bei Tuil als Randfiguren auftauchen, werden von ihr als ewig Gestrige dargestgestellt aus der Zeit gefallen, fanatisch-orthodox. Selbstbestimmte Menschen, die eigene innere Werte, die in Spiritualität wurzeln, einer solchen Gesellschaft entgegenstellen, kommen bei ihr nicht vor. Nicht von ungefähr warnen sämtliche Religionen seit jeher vor unheilsamen sexuellen Handlungen. Das Warum muss man niemanden erklären, das erklärt sich von selbst. Oder um den Dalai Lama hier zu wiederholen: kein Glück und keine Zufriedenheit ohne Tugendhaftigkeit. Soetwas kommt von soetwas.
Tortillas ist für diese Zucchini-Fladen natürlich eine komplett falsche Bezeichnung. So, wie *Galettes* eben in Frankreich Buchweizen-Pfannkuchen benennen und keine Obst-Tartes mit eingeklapptem Rand. Aber irgendwie haben mich die kleinen Fladen rein optisch an Tortillas erinnert - ihr verzeiht mir also hoffentlich diese Taufe.
Es handelt sich um unkomplizierte, schnelle Sommerküche und ein weiteres Rezept für Zucchini, derer man bekanntlich nicht genügend haben kann. So, wie ein Salat-Plus-Essen immer eine meiner liebsten Gerichte sein wird, wenn es heiß ist. Die kommen bestimmt wieder auf den Tisch.
Zutaten 2P/ 4 Stück:
ca. 400-450g Zucchini (m: mittlere Größe)
1 Ei (Größe L)
30g Mehl (halb Einkorn VK/ halb D1050)
1/4 TL Back-Pu
70g Käse (m: Tomme de Brebis)
Kräuter (m: 1/2 Bund Petersilie/ Rosmarin/ Thymian)
1 Frühlingszwiebel
2 Knoblauchzehen
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette
Olivenöl
Zubereitung:
Zucchini halbieren, das wattig-kernige Innere etwas entfernen (m: nur wenig entnommen, weil meine Zucchini knackig und frisch war) , die Zucchini grob reiben, salzen, gut vermengen und ca. 10min Wasser ziehen lassen. Dann die Zucchini gut ausdrücken.
Den Backofen auf 180° (Umluft) vorheizen und ein Backblech mit Backpapier auslegen.
Das Mehl mit dem Back-Pu und dem Ei mit Hilfe eines Schneebesens verrühren. Die Frühlingszwiebel sowie die Kräuter fein wiegen, den Knofi fein hacken.
Nun alle Zutaten miteinander vermengen, den gut ausgedrückten Zucchini mit dem Rest.
Das Backpapier mit Olivenöl bepinseln, die Teigmenge vierteln, mit feuchten Händen (oder einem Löffel) auf dem Backpapier setzen und zu 4 Teigfladen verstreichen, die zwischen 0,5 und 1cm dick sind. Mit Olivenöl beträufeln und für etwa 20-25min goldbraun backen.
Inspiration: Youtube
Wunderhübsch ;) Zum Reingabeln! Ein Essen für Leib & Seele :)
AntwortenLöschenSolide Alltagsküche mit Blumen :)
LöschenDer Komponist Mozart hat sich zeit seines Lebens (er wurde nur 33 Jahre alt) auseinandergesetzt mit der niedrigen Liebe und dem Unterschied zur hohen Liebe. Stellung bezieht er in der Oper die Zauberflöte und favorisiert absolut die hohe Liebe.
AntwortenLöschenVermutlich gilt auch hier mal wieder der oft rangeholte Goethe: *Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen*. Schönes Beispiel mit Mozart, danke, habe ich sogar auch schon was dazu geschrieben:
Löschenhttps://salzkorn.blogspot.com/2022/02/pamina-tamino-maple-sesam-tofu-with.html
Kein Sex vor der Ehe oder absolute Enthaltsamkeit tut aber offensichtlich auch nicht allen gut bzw. stellt ebenfalls ein Risiko dar. Die religiösen Gemeinschaften schützen mit ihren Auffassungen also auch nicht unbedingt vor bösen Überraschungen oder Straftaten
AntwortenLöschenWo liest du das? Hat hier keiner behauptet und war auch nicht das Thema.
LöschenAber wenn du schon so kommst, dann hänge ich einen Erfahrungsbericht des Habib hier an: in Afrika mischen sich in manchen Gegenden muslimische Dörfer mit christlichen Dörfern. In den einen kann man das Auto unabgeschlossen stehen lassen, in den anderen darf man sich vom Auto nicht entfernen ohne dass es aufgebrochen wird - und jetzt darf geraten werden, wo welche Bedingungen herrschen....
Ach Mika, sei doch nicht so empfindlich, die anonyme Schreiberin hat doch nur die andere Seite der Medaille aufgezeigt……und mit dem Erfahrungsbericht des Habib
AntwortenLöschenwerden deine stimmigen Zeilen auch nicht stimmiger😘lg
Doch, ich bin empfindlich! Gerade wenn es um anonyme Kommentare geht, die nur unfundiert dagegen halten wollen. Für einen Post wie diesen nehme ich mir einiges an Zeit, da stecken Recherchen dahinter, die ich mit Links versehe, um dann meine Meinung zu äußern und eine Haltung zu beziehen. Mit offiziellem Namen. Und es ist so (SO!) einfach, als Unbekannter gegen etwas zu treten. Und es so (SO!) viel einfacher, etwas kaputtzumachen wie etwas aufzubauen. Und mit dem Bericht meines Habibs habe ich einen weiteren Blickwinkel auf das Unterthema (Alkohol) zum Hauptthema (Zügellosigkeit) angeboten. Und, ehrlich, wenn ich eines nicht leiden kann, dann mich zu rechtfertigen bei Leuten, die nicht mitdenken. Deshalb schalte ich solche Kommentare meist nicht frei - aber deinen habe ich heute genutzt, um mir etwas Luft zu verschaffen 😘 !
LöschenDie Zucchini Tortillas sind absolut lecker. Beim nächsten Mal muss ich nur definitiv die doppelte Menge machen. Bestens dazu passte dein frischer Kohlrabi Salat. Ein feines Grain de Sel Mittagessen!
AntwortenLöschenSo simple und doch so gut, oder Hannah? Echt, und ihr habt mehr als 2 Stück pro Person geschafft! Okay - dann kamen die wirklich super an :) Vielen Dank mal wieder fürs eifrige Nachkochen und mir dann auch hier ein Feedback zu lassen - das freut mich immer sehr! ganz herzliche Grüße zum kleinen Weilerberg!
LöschenUnser Einschulungsessen gestern :-), gepaart mit deinem Karottensalat... Grain de sel stets mit am Tisch... Viele Grüße an euch!
AntwortenLöschenwie mit am Tisch bei Euch sitzen... also fast ;-)
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