klar und verständlich: Thymian-Flammkuchen mit Kirschtomaten

Samstag, 1. September 2018


Alles ist komplex. Alles scheint undurchschaubar, vielschichtig, manchmal gar polyvalent. Wer will da durchsteigen. Nein, nein, es IST kompliziert. Permanent, fast gebetsmühlenartig bekommt man das auch suggeriert. Vorsicht: verzwickte und vertrackte Angelegenheit! Vorsicht: Hierfür braucht es eine Expertenmeinung!

Die wissenschaftliche Betrachtungsweise hat uns gelehrt, den Dingen immer tiefer auf den Grund gehen zu wollen. Es wurden die Zisselier-Instrumente gezückt, der Mikroskopblick angeschaltet und unaufhaltsam seziert. Vom Stöckchen ins Zweigchen. So spezifisch wie nur möglich. Bis man vor lauter Hackfleisch nicht mehr weiß, was es mal war. *Willst du dich am Ganzen erquicken, so mußt du das Ganze im Kleinen erblicken* sagt Goethe, der mit Aufkommen der wissenschaftlichen Arbeit bereits befürchtete, dass sich die verschiedenen Forschungssektoren zu sehr voneinander absondern und vereinzeln. Bei aller Detailverliebtheit wird versäumt gleichfalls und im gleichen Maße die Beziehungen und Vernetzungen unter den verschiedenen Wissenschaftsbereichen zu untersuchen und herzustellen. Mit einer Beschränkung auf ein einzelnes Fachgebiet drohe Starrsinn - so folgert Goethe weiter -  und versuche man dennoch über den Tellerrand zu schauen, drohe die Unzulänglichkeit. Je mehr Spezialistentum umso mehr gerät das große Ganze aus dem Blick, weil das uralte Prinzip der Analogie außer Acht gelassen wird.

Alles hängt mit allem zusammen - seien es nun die Abläufe im menschlichen Körper oder das Klima auf der Erde. Das macht es auf den ersten Blick nicht zugänglicher. *Die Natur ist wie ein Beil. Grad und einfach geht sie hindurch, und nur die unendliche Modifikation des einzelnen macht es so schwer, sie zu verstehen* befindet wieder Goethe. Das heißt: dem menschlichen, individuellen Verstand übergeordnet ist das Wesentliche und Wahrhaftige.

Kann man denn das Denken dahingehend trainieren, einfach, klar und verständlich zu sein? Ganz im Sinne der Natur. Richtung  dem großen Ganzen - also in die entgegengesetzter Richtung, die wir so sehr geübt und verinnerlicht haben. Ich versuche es zumindest, denn auch darin folge ich Goethe aus voller Überzeugung: *Das Wahre, Gute, Vortreffliche ist einfach*. Also übe ich mich zwischendurch darin (hier schon mal angedeutet oder auch hier), meinen Fokus so grob wie nur möglich einzustellen. Ich siebe mit Fragen wie: Finde ich diese Geschichte gut/ klar/ verständlich oder nicht? Will ich dabei mitmachen oder nicht? Simple Fragen mit Ja/Nein-Antworten.

Bei Büchern bin ich durchaus rigoros geworden. Nächstes Beispiel: Thomas Mann *Doktor Faustus*. Ich dachte, als Goethe-Groupie der ersten Stunde müsse ich dieses Stück Weltliteratur dringend gelesen haben. Und schleppte es mit nach Thailand (immerhin deutlich dünner als *der Zauberberg*, den ich ganz unterhaltsam in Erinnerung habe). Nach mühseliger Lektüre hielt ich auf Seite 4 inne, um dem Habib folgenden Satz daraus vorzulesen: *Die Natur selbst ist zu voll von vexatorisch ins zauberische spielenden Hevorbringungen, zweideutigen Launen, halbverhüllten und sonderbar ins Ungewisse weisenden Allusionen, daß nicht die züchtig sich beschränkende Frömmigkeit  eine gewagte Überschreitung darin hätte sehen sollen, sich mir ihr abzugeben.* 

Oder? Gehe direkt wieder zurück an den Satzanfang, geht dabei nicht über Los. *Sag' mal*, fragte ich den Habib, *muss ich mir das wirklich geben?* Der lachte nur und erwiderte:* Wer's verschraubt und verschachtelt braucht.* Ich habe es dann eingetauscht - ungelesen - gegen *Der menschliche Makel*. Unnötigen Komplikationen aus dem Weg zu gehen: funzt ebenfalls für mehr Einfachheit in meinem Leben...

Schlicht halte ich es oft auch in der Küche. Ein schnelles, feines Essen, das aus guten, wenigen Zutaten besteht. Wie dieser Flammkuchen. Der Boden wurde mit wildem, selbst geschnittenem und getrocknetem Thymian gewürzt, darauf eine Zitronen-Knoblauch-Tomaten-Creme verstrichen und bestreut wurde das Ganze mit Kirschtomaten aus dem Garten, sowie etwas Comté-Käse und Oregano. Brauchts mehr? Gerade nicht...


Zutaten 2P/ 2 Flammkuchen:

160g Dinkel 1050
60g Einkorn-Vollkorn
1 TL, klein Salz
3 TL Thymian, getrocknet, fein gehackt
2 EL Öl
120ml Wasser

3 EL Crème fraîche
2 TL Tomate confite
1 TL Tomatenmark
2 Knoblauchzehen, fein gehackt
1/2 Zitrone, Abrieb davon
Salz, Pfeffer
600g Kirschtomaten
100g Comté, gerieben
2 TL Oregano, getrocknet
etwas Olivenöl

Zubereitung:

Für den Flammkuchenteig das Mehl, das Salz, den Thymian und das Öl mit 60ml Wasser in einer Schüssel vermengen und zügig erst mit einem Holzkochlöffel, dann mit den Händen zu einem glatten Teig verkneten. Bei Bedarf noch etwas Wasser zugeben. Teig beiseite stellen. 

Den Ofen mit einem Pizzastein vorheizen (ca. 250°). 

Knoblauch fein hacken. Zitronenschale abreiben. Mit Crème, Tomatenmark und Tomatenconfit vermengen. Abschmecken mit Salz, Pfeffer, einer Prise Zucker und Piment würzen.

Die Kirschtomaten halbieren 
  
Den Flammkuchenteig teilen, jeweils schön dünn auswellen, dann auf ein Backpapier verlegen. Mit der Crème bestreichen, den Tomatenhälften belegen und mit Käse und Oregano bestreuen. Nochmals leicht würzen, mit Olivenöl beträufeln und die Flammkuchen im heißen Ofen nacheinander knusprig braten.

Anmerkung m: Flammkuchenteig nach Juliane - der mich in seiner Schnelligkeit, Luftigkeit und prima Handhabe absolut überzeugt. Außerdem sollte - für mein Dafürhalten - Falmmkuchen ein Blitz-Essen sein!


12 Kommentare

  1. Ganz meine Meinung! Einfaches kann so gut sein und ist oft am besten. Rezepte mit wenig Zutaten, aber dafür qualitativ Hochwertiges, bevorzuge ich bis auf ein paar Ausnahmen.
    Gruss,
    Sarah

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    1. Ja, manchmal Sarah, darfs auch mehr Gedöns sein. Aber so im Alltag kann man halt nicht jedes Mal viel Kokolores machen...

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  2. Genial!!! (steht auf und geht Thymian vom Balkon holen...)

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    1. ... und wenig später steht auf Evas Tisch ein supi Flammkuchen :)

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  3. Soeben nachgebacken und vom Kleinsten bis zum Grössten geschätzt worden! Danke für die Idee.
    Pierina

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    1. Oh, ein Feedback wie im Bilderbuch! Vielen Dank, Pierina (was ein ungewöhnlicher Name!)

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  4. Das sieht herrlich aus, mir läuft das Wasser im Munde zusammen! Das wird nachgemacht.

    Liebe Grüße!

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    1. Und ich, Juliane, werde wohl an deinem Flammkuchenteig kleben bleiben. Sowas von überzeugend. Und was habe ich davor einen Aufwand betrieben (Hefe, Reifezeit...) Der hier ist einfach gut - Danke für die Muse!

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  5. Bildschön!
    Ich hatte auf die Tomatenernte meines Vaters gehofft um einen Koffer voll davon nach Paris zu schleppen. War aber nix. Viel weniger als sonst. Dafür habe ich gerade Zwetschgen eingefroren…
    Liebe Grüße in den Süden!

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    1. Also wir, Svea, hatten auch schon eine VIEL bessere Tomtenernte. Aber gut, jammern auf hohem Niveau! Ob wir uns irgendwann wieder kriegen in FR? liebe Grüße zurück...

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  6. Klar und verständlich... auch ich habe gleich notiert und vorgemerkt... Dieser Blitz Flammkuchenteig reizt mich ja sowas wie zum Nachbacken und neben Zwetschgen und Äpfeln haben wir gerade auch wunderschöne Tomaten... Spätsommerliche Grüße von Hannah

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  7. ENDLICH habe ich ihn nachgebacken - zwar noch nicht mit eigenen Tomaten - aber sicher nicht zum letzten Mal! Der Teig ist wirklich ein DUBB! Was meinst du - kann man den Teig auch im Voraus vorbereiten oder reagiert da dann irgendwie das Gluten oder was weiß ich und er wird klebrig oder brüchig? (auch wenn er schnell geht, würde ich ihn für einen Anlass gerne schon vorbereiten) Viele Grüße von Hannah

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