Voll ernst gemeint - Tarte aux ognions de Roscoff, fourme d'ambert et figues

Mittwoch, 23. September 2020


Meine Schreibanlässe finden sich von ganz alleine. Im Gespräch oder beim Lesen - stets dann, wenn in meinem Kopf etwas angestoßen wird. Dann rattert's, die Synapsen sind magnetisch aufgeladen und ziehen weitere zum Thema passende Puzzlesteine ins Kleinhirn. Dieses Mal steuert mir Herr Buddenbohm mit seinem finalen Satz: “Ihr werdet es euch ein Leben lang fragen, was ernst gemeint ist“ die passende Überschrift dazu bei.

Ich fände es ja bedeutend klüger, diesen seinen letzten Satz als Frage an sich selbst zu stellen statt sie ans außen zu richten. Und zwar immer wieder zwischendrin sich selbst mal auf die Füße stehend und penetrant nachspürend: *Meine ich das, was ich da sage/ arbeite/ schreibe/ lebe/ vorgebe wirklich ernst?* Wie sehr folgt man seinem Inneren, seiner Neugier, seinen eigenen Interessen, befriedigt seinen höchstpersönlichen Erlebnisdrang? Das ist die Schau nach innen. Umgekehrt, was die Außenperspektive betrifft, ist einem manchmal gar nicht mal bewußt, für was man den Stellvertreter macht, für was man Beispiel lebt.

Und um noch kurz auf das von Maximilian beschriebene vor Zorn explodierene Mädchen einzugehen, so finde ich ja spannend zu beobachten, warum ein Kind derart tobt. Und dabei lässt sich sehr gut unterscheiden, ob ihm etwas fehlt oder schmerzt. Oder ob ihm einfach nur etwas gegen den Strich geht und der Terror deshalb angezettelt wird, um sich aller Aufmerksamkeit gewiß zu sein und schlußendlich damit seinen Willen gegen die Eltern durchzusetzen. Ist gar nicht schwer. Und dann gibts noch eine kleine Gruppe der sogenannten Schwererziehbaren, bei der ich manchmal den Eindruck habe, dass die mit ihrem Betragen der Gesellschaft exakt diese Frage spiegeln: *Meint ihr das eigentlich ernst, was ihr uns da vorspielen wollt?* Doch, die Frage ist schon in beide Richtungen nicht schlecht.

Direkt klebte sich ein weiterer Mosaikstein ins Gesamtbild mit dem kleinen Beitrag im ZDF, in dem die Zirkus-Pädagogin Geraldine vorgestellt wird: als Schaustellerkind im Wohnwagen aufgewachsen und nach dem Abi unterwegs in der Welt als Reisende und Lebenskünstlerin. Nun lebt sie in einem Planwagen bei Freiburg mit ihrem Freund zusammen und sagt über sich selbst, dass das was sie durch ihre Arbeit gerne weitergeben möchte immer getragen sei vom gleichen Leitmotiv: *Gehe deinen eigenen Weg, finde eine eigene Art an die Dinge ranzugehen, lerne selbstständig denken, folge dem, was du magst und dich interessiert - auch wenn es so gar nicht zusammenpasst, versuche es trotzdem mal und verbiete dir nichts.* Hat mich beeindruckt.

Außerdem fiel mir in diesem Zusammenhang eine meiner Lehrerinnen ein. Frau Legeland: streng, kompetent, strukturiert, gefürchtet, klein, untersetzt, mit toupierter Föhnfrisur - eine unangefochtene Autorität. Sie unterrichtete Deutsch, Latein, Geschichte und Politik. Einige ihrer rot umrandeten Merksätze schafften es ins Ultralangzeitgedächtnis. Gerne hakte sie im Stehen eine Hand in der Knopfleiste ihres Kostüms ein - was sehr militärischer wirkte und irgendwie an Napoleon erinnerte. Selbst die Oberstufe spritze von den Stühlen hoch, wenn sie das Klassenzimmer betrat, um im Chor: *Guten Morgen, Frau Legeland* zu rufen. Ohne, dass das von ihr je so eingeführt worden wäre. Und sie war definitiv nicht die Type, deren Mund Sätze wie: *Das meine ich jetzt ganz ernst!* verließen. Ob man sie mochte oder nicht, aber ihre Haltung gab eine unmissverständliche Marschrichtung vor.

Zu meiner Freude kann ich am Schluß noch meinen Goethe hinzuziehen, denn in *Die Wahlverwandtschaften* findet sich doch zu allen Themen eine bereichernde Notiz: 

*Man nimmt in der Welt jeden, wofür er sich gibt; aber er muss sich auch für etwas geben. Man erträgt die Unbequemen lieber als man die Unbedeutenden duldet.*

 

 

Die Feigen sind mit der Hitze und Trockenheit gut zurecht gekommen - zumindest besser als die meisten anderen Bäume. Für all jene, bei denen keine Feigen vor der Haustür wachsen, können diese ersetzen durch Birnen-Schnitze. Was sich nicht einfach austauschen läßt, ist der großzügige Einsatz von Kräutern wie Thymian und Rosmarin (ersteren sammle ich hier wild auf den umgebenden Wiesen). Das gibt der Tarte erst diesen Schmelz, der mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Dazu einen großen Salat - franchement, wie Gott in Frankreich! Mir hat die Tarte ja derart gefallen, dass es bald darauf wieder eine gab. Für euch folgt dann also in Kürze ebenfalls die nächste.


Zutaten - längliche Tarteform oder Durchmesser von 24cm* - 2/3P:

70g Dinkel 1050 
80g Einkorn-Vollkorn
4 Zweige Rosmarin, fein gehackt
75g Butter, kalt, in Flöckchen
1 EL Crème fraîche
fleur de sel
Chili-Flocken
Muskatnuss-Abrieb
2 EL Parmesan, gerieben
etwas kaltes Wasser

500g rosa Zwiebeln (m: ognion de Roscoff)*
100g fourme d'Ambert (m: 25g davon ersetzt durch einen Bleu)
100g Crème fraîche
Salz, Pfeffer
1 Ei
1 Bund Thymian, die Blättchen davon
1/4 TL Kreuzkümmel*
Olivenöl
weißer Portwein

einige Feigen

Zubereitung:

Aus den Zutaten für den Boden zügig einen homogenen Teig kneten, in Folie wickeln und mindestens eine halbe Stunde (oder gar Stunde) kühl stellen. Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche dünn auswellen und eine gefettete Tarteform mit Rand auskleiden. Mit einer Gabel den Boden mehrfach einstechen. In eine Tüte packen und eine halbe Stunde in der Tiefkühle parken.

Die Zwiebeln schälen, halbieren und in dünne Streifen schneiden. In Olivenöl mit Geduld und dem Tyhmian schön glasig braten, so dass sie eben beginnen, leicht Farbe anzunehmen (dauert etwa 10-15min). Salzen, pfeffern, mit Kreuzkümmel würzen und kurz vor Ende mit dem Port ablöschen.

Ofen auf 200° vorheizen (m: Intensivbacken).

Den Käse klein schneiden. Ei mit der Crème verquirlen, mt Käse und den Zwiebeln mischen und auf den Tarteboden füllen und noch mit einigen Thymianblättchen bestreuen. Für 25min in den Ofen schieben. Dann den Ofen auf 180° runterstellen, die Tarte aus dem Ofen nehmen, die Feigenscheiben auf der Tarte verteilen, und für weitere 15-20m Minuten fertig backen.

*Anmerkung m: die Roscoff-Zwiebeln ist eine rosa-Sorte mit Anbaugebiet in der Bretagne. Der Kreuzkümmel hilft, die Zwiebeln etwas besser zu verdauen. 

Zu der Süße der Feigen ist ein Käse mit Charakter nötig. Der fourme d'Ambert passt prima. Aber auch ein Blauschimmelkäse harmonisiert in dieser Tarte gut. 


Feigen habe ich schon oft mit Käse gepart:

 

**** mit Gorgonzola in der Pasta

**** mit Raclette-Käse auf Kartoffel-Talern sogar schon 2 Mal

**** logo, mit Ziegenkäse

**** mit Mozzarella

**** mit Bleu auf Topfen-Blätterteig

**** und hier wäre Münster-Käse auch super


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