Unsere alleinstehende Nachbarin hat vergangenen Frühling ein schwarz-weiß geschecktes Katerchen mit etwas kurz geratenen Beinen bei sich aufgenommen, um die Einsamkeit während des ersten confinements besser zu ertragen. Sie taufte ihn *Rebelle*. Und seither laufen sie ganz einhellig zu dritt sapzieren: ihr pummeliger, ebenfalls extrem kurzbeiniger, weißer Terrier, der vor Energie strotzende Rebelle und die nun weniger einsame Héloise.
Wobei die Gesellschaft auf Rebellen ja grundsätzlich nicht gut zu sprechen ist. Doch geht das aktuell herrschende System unter, dann wendet sich das Blatt der Beurteilung radikal und Rebellen werden zu Helden stilisiert. Schon komisch, oder? Wie sich alles ins Gegenteil verkehren kann, wenn man nur die Perspektive wechselt? ( gerade ein Lieblingsthema von mir...).
Vielleicht färbt aber auch nur die Umgebung auf mich ab. Tatsächlich ist die Drôme eine Brutstätte der Rebellion und Frankreich weit bekannt für ihre Widerstandskämpfer während des 2. Weltkrieges. In den Höhlen des rauhen Hochvercors versteckten sich les réstistents, wo heute zu ihrem Gedenken das sehenswerte *Memorial départemental de la Résistence du Vercors* errichtet wurde. Und so abgeschieden unser Tal auch scheint, so wurde es dennoch zum Schauplatz des Krieges mit den Deutschen, worüber ein kleines, privates Museum im Nachbarort berichtet. Fahren wir zum Einkaufen nach Crest, dann passieren wir jedes mal die Gedächtnisstätte von Nancy Bertrand, die dem Widerstand als Nachrichtenübermittlerin diente, dabei erwischt und daraufhin von einem deutschen Offizier exekutiert wurde.
Wer in der Drôme lebt, lebt in Mitten von Zeugnissen der Rebellion. Doch nicht nur die der Vergangenheit - gleichzeitig auch die der Gegenwart.
Der Autor des Artikels *Unter Bibern und Wölfen lebt es sich gut* in der FAZ (coucou Maria und Arthur) sieht eben in diesen historischen Wurzeln begründet, warum in der Brust der Dromois bis heute der Geist von Protest und Widerstand schlägt - aber nicht minder der von Solidarität und Toleranz. Tatsächlich machen hundert Gemeinden der Drôme mit sechsundfünfzigtausend Einwohnern als Ökorebellen von sich reden und zwar mit dem Pilotprojekt die Biovallée samt eigenem Qualitätslabel. Die Biovallée dient europaweit als Vorzeigemodell für Biolandwirtschaft und Nachhaltigkeit. Dieses Engagement schenkte der Drôme ihre heutige Wasserqualität und Bioversität, wofür die Assoziation in Australien 2005 den ersten Platz machten und den River Prize (den Weltpreis für Wassermanagmenet) gewannen - unter 450 Kandidaten aus 35 Ländern!
Schon jetzt werden bei uns vierzig
Prozent der Äcker und Felder biologisch und im Einklang mit der Natur bewirtschaftet. Selbst unser Dorf Gigors et Lozeron wird ob der Schönheit seiner
Landschaft in diesem Artikel namentlich erwähnt - da bin ich natürlich ziemlich stolz!
Und ich bin sehr zufrieden nicht nur in einem Naturschutzpark sondern zusätzlich in einem Biovallée zu leben (doppelter Naturschutz hält besser) - dank der Überzeugung und dem Starrsinn einzelner Visionäre! Bestimmt lässt sich jetzt leichter nachvollziehen, warum wir uns so ausdrücklich Naturliebhaber als Feriengäste wünschen - denn es wäre zu schade, wenn ein solcher Ort nicht entsprechend wertgeschätzt würde.
Grundsätzlich halte und stehe ich ja lieber für mich selbst. Aber müsste ich wählen zwischen Team *Ja-Sager, Mitläufer und Sich-in-der-größten-Gruppe-Verstecker* und Team *Widerständler, Rebellen und Für-eine-Sache-Einsteher* dann würde mir die Entscheidung leicht fallen...
In letzter Zeit bin ich meinem Blogmotto *Sich das Leben etwas schöner zu kochen* SEHR treu geblieben. Ich freue mich darauf, euch die vielen köstlichen Ideen vorzustellen, die sich momentan in der Wartehalte sammeln.
Dieses hier ist von Bettina Matthaei, die nicht nur erklärt eine meiner liebsten Kochbuchautorinnen ist, sondern auch bei mir ihr eigenes Label hat. Dieses Sonntagsgericht stammt aus ihrem tollen Buch *Gemüse kann auch anders*, aus dem ich schon die Möhrennudeln mit Linsen-Nuss-Sauce vorstellte (keine Empfehlung übrigens mehr für den Spirelli). Ich habe es etwas nach meinem Geschmack angepasst (Navets anstelle von Sellerie, mehr Sauce...). Für alle leidenschaftlichen Rezepte-SammlerInnen habe ich aber das Original belassen - damit niemand Angst haben muss, dass ihm durch meinen individuellen Dreh etwas entgehen könnte...
Zutaten 4P (m: 2P):
Ragout:
600g Sellerie (m: 400g Navets)
400g Gemüsebrühe (m: 350g)
1 Lorbeerblatt
300g Schalotten (m: rote Zwiebel)
4 Zweige Thymian
250g vorgegarte Maronen (m: 120g eigene)
Olivenöl
Salz, Pfeffer
Muskatnuss
Cayenne (m: Piment d'Espelette)
Wattleseed (nach Belieben - m: nicht gehabt)
150ml Rotwein
(m: 50ml Portwein, ein Schuß Rotwein, 1-2 EL Tamari-Sauce)
50g eiskalte Butter (m: Roux zum Binden)
Semmelknödel:
200g Chiabattabrot (m: eigenes, helleres Brot)
150g warme Milch
100g Zwiebeln
1/2 Bund Petersilie
2 Eier
150ml Milch
20g Mehl
30-40g Semmelbrösel
Olivenöl
Zubereitung:
Mit den Semmelknödel beginnen. Brote fein würfeln und mit der warmen Milch übergießen - ab und zu umrühren Zwiebeln fein würfeln und in Olivenöl glasig dünsten. Petersilie fein hacken. Eier verquirlen und zu den Brotwürfeln geben, die Masse salzen und pfeffern, dann Zwiebeln und Petersilie untermischen. 20g Mehl und 30-40g Semmelbrösel zur besseren Formbarkeit dazugeben (m: meine Brote waren vom Vortag - gab nur etwa 1 EL Semmelbrösel aber eben auch die zerbröselten Spekulatius hinzu).
Aus dem Teig 16 kleine Knödel formen und in gerade siedendes Salzwasser geben (m: über Wasserbad gegart). In 4-7min gar ziehen lassen. Sobald sie an die Oberfläche schwimmen, sind sie fertig. Mit der Schaumkelle herausheben, etwas ausdampfen lassen und mit dem Ragout anrichten.
Für das Ragout die Sellerie (m: gelbe Navets) schälen, in 2cm Würfel schneiden und zusammen mit dem Lorbeerblatt in der Brühe bei mittlerer Hitze ca. 15-20min kochen lassen. Abgießen, Brühe dabei auffangen.
Schalotten je nach Größe halbieren oder vierteln (m: rote Zwiebel in 1cm Würfel schneiden), Maronen ebenfalls wenn nötig etwas verkleinern. Zwiebel in Olivenöl mit Thymian glasig dünsten, Maronen und Sellerie (Navets) dazu und bei kleiner Hitze ca. 5min mitgaren. Würzen mit Salz, Pfeffer, Piment, Muskatnuss und (falls vorhanden) Wattleseed.
Ragout aus Pfanne nehmen, warm stellen. Rotwein und 150ml Brühe (m: sämtliche) zum Bratsatz geben, aufkochen, etwas einreduzieren lassen. Von der Herdplatte nehmen und nach und nach die kalte Butter unterschlagen bis die Sauce sämig ist (m: mit Roux gebunden).
Anmerkung m: Hälfte der Semmelknödel für uns zubereitet
Quelle: *Gemüse kann auch anders* von Bettina Matthaei
Liebe Micha, bei euch gibt es also auch noch Plätzchenreste! Gerade gestern habe ich Lebkuchen mit Orangenfilets und einer Quarkcreme geschichtet zu einem leckeren Nachtisch umgebaut. Den ein oder anderen Weihnachtsbäckereirest ins Mittagessen wandern zu lassen, klingt auch nach einer tollen Idee! Das Ragout gefällt mir besonders. Schönen Sonntag euch! Herzliche Grüße von Hannah
AntwortenLöschenLiebe Hannah, nein, Plätzchenreste gibt es hier keine mehr - das Essen gab es letztes Jahr schon. Selten kann ich direkt bloggen, was gestern erst auf dem Tisch stand. Du weißt ja: bis alles eingetippt ist, die Fotos gerichtet... Abe die Grundidee für die Semmelknödel benötigt aber keine Plätzchenreste. Pain d'épice gibt es in Frankreich das ganze Jahr gegenüber. Reste von einem Hefezopf oder Brioche sind eine tolle Alternative - oder man zieht sich als Anregung heraus, einfach mal ungewöhnliche Gewürze zu verwenden. Viele liebe Grüße zurück und euch eine schöne Woche!
LöschenWie erwartet: Total gut! Das Wattleseed (noch nie davon gehört zuvor) habe ich nach etwas Nachlesen über den Geschmack mit 1/2 TL Zimt, 1 Msp. Kakao und 1 Msp Muskat ersetzt. "Was schmeckt bekommt recht". So dieses hier! Viele Grüße von Hannah
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