Allgemeinwesen: mediterraner Eintopf mit Artischocken und Erbsen

Freitag, 1. Februar 2019


*Was soll man denken, wenn man im Kabarett Nachrichten erfährt und Nachrichten zum Kabarett werden* hörte ich eine Kritik bezüglich *Die Anstalt*, eine Sendung die ich sehr schätze für ihre sorgfältigen Recherchen, ihren Informationsgehalt und die interessante Verknüpfung der Fakten.

Politisches Kabarett war irgendwie noch nie sexy, oder? Derlei Komik wird leicht ungemütlich oder gar anklagend - eine Stimmung, die sich wohl bei Systemkritik schlecht vermeiden lässt. Wir Deutschen sollten der Führrungsriege unseres Landes samt seinem Propaganda-Apparat ja besonders skeptisch gegenüberstehen - müßte man meinen. Ob unserer Vergangenheit. Unnötig zu erwähnen wie falsch das deutsche  Volk einst gelenkt wurde. Eigentlich gebranntes Kind...

Komischerweise werden jedoch Widerständler lieber in die Verschwörungstheoretikerecke gedrückt oder mit Plattitüden à la *Jaha, dann sollen doch die in die Politik gehen und es besser machen* platt gemacht. Wobei sich das in meiner kindlichen Auffassung von Demokratie nicht SO schwierig gestalten dürfte. Demokratie ist die Staatsform, deren Maxime es ist im Interessenverbund der Mehrheit verbindliche Entscheidungen zu treffen. Das dürfte - rein theoretisch - nur die Auswertung von Zahlen sein: was der größten Menge der Menschen innerhalb dieser Staatsform zugute kommt, kann man bestimmt auswerten und realisieren. Der umgesetzte Volkswillen durch Volksvertreter. That's all.

Tja, wenn es mal so einfach wäre, könnte man dagegen hauen. Aber manchmal ist es auch nicht so kompliziert wie immer getan wird. Meine Rede. Manchmal wäre gut daran getan, einfach wieder öfters zu *verallgemeinern* (oder sich an Beispielen orientieren - auch ne Möglichkeit).

Mein unangefochtener König des politischen Kabaretts ist und bleibt Volker Pispers, der leider seit geraumer Zeit und nach dreißigjähriger Tätigkeit die Bühne verlassen hat. Aus einem seiner letzten Auftritte fiel mir erneut die Redewendung *divide et impera* (teile und herrsche) auf, welche auf diesem Blog ja erst kürzlich zu Weihnachten fiel. Nun, dachte ich mir, was wäre denn der umgekehrte Gedankenweg. Und da landete ich bei der Solidaritätsgemeinschaft. Oder etwas pathetischer: Schicksalsgemeinschaft. Die zentralen Themen, die eine Gesellschaft regeln, bleiben Rente, Gesundheitswesen, Bildung, Staatsverschuldung, Arbeitslosigkeit und Steuergerechtigkeit. Das sind die Kernfragen über die wir diskutieren müssen, wollen wir über den großen Rest reden: Wie wollen wir leben? In Deutschland? In Europa? In der Welt? Dann lassen wir uns nicht weiterhin mit unbedeutenden Nebenschauplätzen ablenken.

Nicht nur die Gelbwesten-Bewegung zeigt, dass Politik und Bürger in entgegengesetzte Richtungen ziehen. Weltweit kann man Unzufriedenheit darüber beobachten. Greife ich nur mal die überwiegend (!) friedlichen Proteste in Hamburg zum G20-Gipfel als Beispiel auf. Tiefgreifende und zwar generelle Meinungsverschiedenheiten, die mittlerweile selbst die Jüngsten verstehen und Schüler und Kinder auf die Strasse bringen (letzteres beeindruckendes Bild: March for our lives) - einen Tatbestand, den ich so erschütternd wie beschämend finde (an alle Erwachsenen: Hallo Haltung?!)

Womit ich wieder bei der Vereinfachung herauskomme. Denn tatsächlich kristallisiert sich heraus, dass ein Volk viel konsensfähiger ist, als uns gerne glauben gemacht wird. Urban Pirol hat in seinem Jahresrückblick  einige Beispiele aufgeführt, für die sich klare Mehrheiten finden: Abschaffung von Glyphosat (Wunsch und Wille von 86% der Deutschen), Begrenzung der Amtszeit von Bundeskanzler und Ministern auf zwei Legislaturperioden (54%), Anhebung des Mindeststundenlohns wenigstens auf 12 Euro (82%), keine Rüstungsexporte in Krisengebiete, Aufnahme von flüchtenden Menschen in Not (82%), kostenloser Nahverkehr, bezahlbarer Wohnraum...

Sehr aus dem Herzen sprach mir auch Erwin Pelzig in der vorletzten Sendung der Anstalt zum Thema *Fleischindustrie* - so sehr, dass ich seinen Beitrag hier einstelle und mit drei Ausrufezeichen versehe!!! Hiermit geschehen. Und zwar nicht als Foodblog oder gar als vegetarischer Foodblog, sondern weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir ganz unabhängig von jedweder Couleur oder Geschmacksrichtung hinter Herrn Pelzig als die Mehrheit dieser Gesellschaft stehen! (noch ein Ausrufezeichen, jawohl).

Wenn jetzt nicht ein Eintopf wie die Faust aufs Auge als Abschluß zu diesem Post paßt, also dann weiß ich auch nicht. Zum aktuellen Wetter paßt er übrigens auch. Wer an keine frischen Artischkocken bekommt, könnte sie durch eingelegte aus dem Glas ersetzen.


Zutaten 2P:

200g Einkorn, ganzes Korn
2 Artischocken
100g Erbsen (m: gefroren, eigene)
100g Kichererbsen, gekocht*
40g getrocknete Tomaten 
1 TL getrockneter Thymian
1 Lorbeer-Blatt
1 rote Zwiebel
2 Knoblauchzehen
Noilly Prat
Gemüsebrühe
Salz, Pfeffer 
Piment d'Espelette
Olivenöl

6 grüne Oliven
frisch geriebener Parmesan

Zubereitung:

Einkorn am Abend zuvor einweichen. Mit frischem Wasser spülen und nun leicht bedeckt mit Gemüsebrühe aufsetzen und ca. 10min vorkochen. Abschütten, Kochwasser auffangen.

Tomaten mit Wasser überbrühen und ca. 10min ziehen lassen. Artischocken putzen, achteln und in Zitronenwasser zur Seite stellen.

Zwiebeln und Knoblauch fein hacken. Tomaten abtropfen lassen und ebenfalls fein hacken. Zwiebeln, Knoblauch und Tomaten in dem Olivenöl anbraten. Einkorn zugeben, Gemüseconfit, Noilly und einen Teil der Gemüsebrühe. Thymian und Lorbeerblatt untermischen, Deckel auflegen und 10min leicht köcheln lassen. Kichererbsen und Artischocken untermischen, falls nötig nochmals Gemüsebrühe zufügen und weitere 15-20min köcheln lassen. Kurz vor dem Servieren die Erbsen dazu geben und kurz gar ziehen lassen.

Abschmecken mit Salz, Pfeffer und Piment.

Zum Servieren, die grünen Oliven entsteinen und grob hacken. Mit dem Parmesan garnieren.

*Anmerkung m: ich habe mir angewöhnt, immer selbst gekochte Kichererbsen geforen in der Tiefkühle portionsweise griffbereit zu haben - sie schmecken einfach viel besser als die aus der Dose, aber brauchen eben Vorlauf: einweichen, kochen... und die Zeit fehlt manchmal beim spontanen Essenzubereiten. In diesem Fall könnte man sie aber immerhin zusammen mit dem Einkorn am Abend zuvor einweichen.



4 Kommentare

  1. Und zig Ausrufezeichen kommen noch von mir obendrauf, liebe Micha!!!!!!!!!!! Für deinen Post! Für die treffenden Worte! Und für das - meiner Meinung nach - beste Video von Erwin Pelzig!!! Bleibt zu hoffen, dass bald eine Wende eintritt......

    PS: Dein feiner Eintopf bekommt erstmal ein Ausrufezeichen für das Aussehen und die zauberhafte Schüssel! Liebe Grüße :)

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    1. Schön, Hanne, deinen Rückhalt zu erhalten! Wobei ich - zugegebenermaßen - dachte, die Ressonanz auf diesen Artikel wäre größer, der Zuspruch breiter. Wir sind doch die Mehrheit, das hätte ich mir gewünscht, auch hier zu spüren und zu lesen. Wo ist die Unterstützung meine Leserschaft?

      Merci auch für das Essens-samt-Geschirr-Kompliment :-)

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  2. Liebe Micha, doch hier bin ich und hatte nur nicht kommentiert, weil es deinen klugen Worten, bereichert durch das Video von Erwin Pelzig, kaum was hinzuzufügen gibt. Ich fühle mich dann selbst auch eher rat- und hilflos und mache vielleicht auch ein bisschen die Augen zu, indem ich manche Dinge, die in der Welt (leider!!!) passieren, gar nicht so nah an mich ran lasse. Was nicht heißt, dass sie mich unberührt lassen. Ja, eine Wende, viele Wenden sind bitter nötig, aber so träge wie wir Menschen sind, wenn es darum geht unsere Komfortzonen zu verlassen. Mh.. da fühle ich mich wirklich hilflos. Aber wenn ich dann einen Roman wie "Leere Herzen" von Juli Zeh lese (ich weiß noch nicht ganz, ob ich ihn weiterempfehlen kann oder nicht) denke ich nur: So weit darf es nicht kommen. So eine Zukunft möchte ich nicht für meine Tochter weiterdenken müssen.
    Dein Teller, dein Pulli ;-), dein Eintopf sind für mich dazu ein tröstlicher Gegenpol und ich denke mir, dass wir doch nicht alleine sind. Wir müssen nur mehr werden und bewusster und manchmal vielleicht etwas bestimmter. Herzliche Grüße von Hannah

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    1. Liebe Hannah, manchmal reicht als Haltung einfach nur für sich selbst (oder in diesem Fall für mich ;-), die Faust nach oben zu halten (symbolisch) und zu rufen: *Ich bin dagegen! Ich bin mit diesen vielen anderen dagegen!* Das tut mir schon gut, dann fühle ich mich doch gleich verstanden und weniger alleine. Weil - wie bereits geschrieben - dachte ich ja doch, dass eine breite Masse sagt: Genau! Der Pelzig hat ja sowas von recht. Das hätte mich einfach nochmals bestätigt... in meiner Vorstellung meiner Gesellschaft! ganz herzliche Grüße zurück!

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