Zu den Sternstunden meiner Kindheit zählten die Momente bei der Oma, die mit uns im Haus über uns wohnte. Es kam leider nicht oft vor, dass wir zum Spielen hoch durften. Aber wenn, dann stellte die Oma alles zur Verfügung, was sie hatte. Wir durften in ihren durchsichtigen, Spitzen verzierten Unterkleidern Prinzessin spielen. Wir durften sogar ihr Geschmeide anlegen, dass sie gut versteckt in kleinen Schachteln zwischen den Schlüpfern versteckte. Wir durften mit gestürzten Lippen unsere Milch aus bunt dekorierten Sammeltassen nippen und von erlesenen Tellerchen Rosinen picken. Das ganze Wohnzimmer wurde zu einem einzigen Beduinen-Lager mit einer Höhle aus Decken und Kissen. Und Vorgelesen hat die Oma auch, aus dem Gebrüder Grimm-Märchenbilderbuch, das ich heute noch besitze, mit meiner Lieblingsgeschichte *Die Gänsemagd*.
Der Oma habe ich zu verdanken, dass ich ein Pferdemädchen wurde, das reiten lernte. Und besonders an der Oma schätze ich ihren Gerechtigkeitssinn: nie hat sie eines ihrer Enkelkinder bevorzugt. Stets war sie im Geben auf gleiches Maß bedacht. Streng führte sie Buch darüber.
Zur Krönung bekam dann mal nur eines der Mädchen ihre Aufmerksamkeit. Ganz exklusiv. Dafür wurde man höchstpersönlich zum Mittagessen eingeladen und durffe sich sein Lieblingsgericht wünschen. Mein Lieblingsessen waren Kartoffel-Spätzle mit Rahm-Spinat. Angeblich mögen viele Kinder keinen Spinat, aber ich fand Spinat schon immer super. Die Oma behauptete von sich, dass niemand schönere Spätzle schaben könne, als sie. Und ich sehe, das alte, abgewetzte Messer mit Holzgriff noch vor mir, dass sie dafür stets benutzte.
Selbst wenn im Wesentlichen der Haussegen mehr als schief hing , so gab es doch immer Momente, die für kleine Lichtsprinkler sorgten. Leben eben.
An Kartoffel-Spätzle hatte ich mich schon mal versucht. Aber Ionen trennten sie von den Spätzle von der Oma. Und nun wurden sie mir wieder in Erinnerung gebracht! Vielen lieben Dank in die Pfalz an Susanne und Axel, die mir dieses Familien-Rezept erneut auferstehen ließen.
Wie es sich für ein derart vergangenheitsschwangeres Gericht gebührt, habe ich mich gehörig daran abgearbeitet. Denn je simpler ein Rezept ist, umso mehr Spielraum. Zumal ein waschechtes Omi-Rezept nicht wirklich nach Grammangaben funktioniert, sondern par pife (der Nase nach) gemacht wird wie der Fränzi sagt, halt aus der Lameng geschüttelt. Kartoffel-Spätzle bestehen aus rohen Kartoffeln, Mehl, Ei und Salz - der Rest ist Tingeltangel. Also ob man noch Muskatnuss-Abrieb zufügt, oder Thymian... Und die richtige Teigkonsistenz: das sieht man dann schon. Ihr versteht...
Ich habe also - wie von Susanne und Axel weitergegeben - die Kartoffeln im Hexler zerkleiner. Mal etwas feiner, mal ein wenig gröber. Dann habe ich sie fein gerieben und zuletzt die Raspel-Seite verwendet, die man sonst nie benutzt (ich nur für frischen Meerrettich) - und die stellte sich letztlich als Oma-Seite heraus. Ich habe aus dem Teig kleine Nocken geformt, ich habe ihn durchs Knöpfli-Brett gedrückt und selbstredend klassisch geschabt. Ich habe sie am nächsten Tag angebraten oder direkt verwendet... Alles richtig spitze! Je einfacher ein Rezept, umso alltäglicher landet es auf dem Tisch. Und solche Rezepte mag ich ja gerade besonders, wie die kürzlich verbloggten Quinoa-Pfannkuchen etwa...
Aber hier eine Richtlinie, die ich so auch von Susanne und Axel erhalten habe. Der Rest ist ausprobieren. Auch habe ich festgestellt, dass die frischen Kartoffeln jetzt etwas mehr Mehl benötigen, wie später, wenn sie bereits einige Zeit lagerten.
Zutaten ca. 3P:
ca. 350g Kartoffeln (m: Mona Lisa)*1 Ei
ca. 150g Mehl (+/- m: D1050)
Muskatnuss
Salz
Nicht zu vergessen all die Kombinationsmöglichkeiten - neben Rahm-Spinat. Dafür einige Links für euch, damit ihr seht, wie herrlich kompatibel Kartoffel-Spätzle sind. In der Pfalz ißt man sie auch gerne einfach mit etwas Schmand, wurde mir erzählt. Ich finde sie auch super angebraten mit viel Butter und Petersilie. Oder Pangrattato (ihr wißt schon, Semmelbrösel in viel Butter knusprig gebraten mit Thymian und Knofi). Oder etwas Raclette-Käse in der Pfanne darüber schmelzen lassen,
- oder wie die Käse-Spätzle mit Zwiebel-Birnen-Schmelze (eh ein tolles Rezept)
- ....
- mit Rahm-Wirsing
- ....
- mit Gewürz-Rotkohl
- ....
- mit Zwiebeln und Ziegenkäse
Oderoder...




Guten Sonntag-Morgen, liebe Micha, was für eine feine Kindheitsgeschichte! Meine Oma war leider - für mich jedenfalls, andre Enkel mochten sie - ein schwieriger, parteiischer Fall. Von diesem deinem Oma-Spätzlerezept hab ich noch nie gehört.
AntwortenLöschenDas klingt ziemlich gut. Wir machen halt den klassischen Teig und seit er nimmer jeden Tag arbeiten geht, ist mein Guter der Spätzlezubereiter. Ich bin der Sossenkoch.
Danke für deine schöne Erinnerungsgeschichte und schöne Zeiten euch "da drüben" Evi