Herbergsmutter Pro und Contra 2 - Schokoladentarte mit Feigen und Brombeeren

Mittwoch, 26. August 2020


Zum Abschluß meiner kleinen Festwoche zur Homepage-Einweihung und im Anschluß an diese vorausgegangenen Gedanken hole ich ein Mal mehr das Goethezitat hervor: *Das wahre Studium der Menschheit ist der Mensch* - die Neugier und das Interesse an der menschlichen Artenvielfalt wird sich für mich nie abnutzen. Ausgesprochen gut gefällt mir also, dass man beim Vermieten von Ferienwohnungen Menschen sehr schnell sehr gut kennenlernt, denn: sie sind privat hier. Soll heißen, natürlich sind Feriengäste *Kunden* von uns und alles fängt mit einer Geschäftsbeziehung an, aber man geht ja normalerweise als Privatperson in Ferien. Der Satz *Privat bin ich ganz anders* funktioniert also nur mäßig. Als Touri trägt man Freizeit-Klamotte, es steht Kür und keine Pflicht an, Terminstress war möglicherweise vorher und solche Dinge wie Beruf, Bildung, Eigentum ectpp spielen keine bis eine bedeutungslose Rolle. Bref: in kurzen Hosen und FlipFlops sehen wir alle gleich aus. Womit der Mensch im Vordergrund steht und nicht die Verpackung. 
 
Hinzu kommt, dass wir an einem Ort leben, der von sich aus sehr pur ist, sehr ungeschminkt und deshalb viel von einem Menschen preis gibt: das Bühnenbild lenkt die Aufmerksamkeit auf den Charakter. Man lernt Menschen auf diese Weise wie in Zeitraffer kennen. Das ist abwechslungsreich, das ist unvorhersehbar, das ist eine große Bereicherung. Es könnte allerdings auch eine Ernüchterung sein: wer über das Blog kommt, wird feststellen müssen, dass ich wie alle anderen ebenfalls nur mit Wasser koche - lediglich an einem besonders schönen Ort.

    Das Minus hängt mit diesem Plus eng zusammen. Wenn andere sensibel auf Elektro-Smog reagieren, dann schlagen wir seismographisch auf mitgebrachte 'bad energy' aus. Wir sind hier ausgewildert und ausgenüchtert, verwurzelt und verwoben. Wenn ein Windhauch von hinten schräg durchs Gebüsch zauselt, dann bekommen wir das mit. Ein Misston, ein schiefer Blick, eine merkwürdige Betonung - das geht hier nicht einfach unter, das fällt uns auf. Würde es helfen, dann würden wir anmerken: *Miesepeter, Dauernörgler, Bämuls, Stinkstiefel und Querschläger müssen leider draußen bleiben*. Alleine man kann sich vor derlei nicht schützen. Mitgehangen mitgefangen. Und schlechte Energie breitet sich ähnlich aus,  wie wenn man einen flachen Stein übers ruhige Wasser springen lässt. Wie Mehltau, der sich über ein ganzes Feld legt. Der einzige Trost ist in solchen Fällen: Feriengäste reisen früher oder später wieder ab. Und: unsere Gäste sind sowas von überwiegend nette Exemplare - man muss halt auch mal Glück haben!

Womit wir direkt bei dem besten Plus überhaupt rausgekommen wären: Stammgäste. Eine Entwicklung, die immer ähnlich abläuft. Es matched direkt. Und zwar nicht nur auf zwischenmenschlicher Ebene, sondern die Qualität dieses besonderen Ortes wird erspürt ebenso wie die Schönheit und der Reichtum der umgebenden Natur wahrgenommen wird. Die Begeisterung ist bleibend und nachhaltig und die Gäste kommen wieder und wieder... irgendwann im Gepäck eine Pflanze mit Wurzeln. Mir ihr *fußen* sie dauerhaft direkt im Anschluß an unsere Terrasse, verweben sich fest in unsere Gedanken und mir-nix-dir-nix begleiten wir Paare und Familien manchmal über Generationen. So entstehen enge, freundschaftliche Beziehung, so entsteht ein Tribe. 
 
Und ein überbordender Garten, durch den ich nicht laufen kann, ohne Sträuche, Beeren, Rosen, Trauben, Tomaten selbst Bäume zu streifen, die alle von Gästen stammen - und eher vergesse ich einen botanischen Namen als den Namen der Überbringer; diese Verbindungen bleiben mir ewig. Genau diese Menschen sind für mich le top du top des Vermieten! An alle, die vom Stamm hier mitlesen - aber das wißt ihr ja: Wiedersehen macht Freude!
 
 

Diese Saison zeigt sich wieder: komplett alle unsere Feriengäste lieben Feigen. Hier in der Drôme sind Feigen völlig gewöhnlich - quasi jeder hat einen Feigenbaum im Garten. Ich finde Feigen vor allem wunderschön, aber ansonsten einfach nur süß. Reine Feigenmarmelade ist mein Fall nicht. Wieso ich sie nur für Gäste koche, weil die sich danach so die Finger schlecken. Ausnahme macht jedoch mein Schlecksel, aber da erhält diese Zuckerfrucht auch einen Gegenpart. Genau wie in dieser Tarte:  die Lieblichkeit der Feige wird wunderbar ausgeglichen und aufgefangen durch die Zartbitterschokolade und die Brombeeren. Also diese Tarte ist mir richtig gut geglückt: die geliebte Kardamom-Note, eine Nuance Piment und ein wenig Thymian. Superlecker!

Was die Mengen der Feigen angeht, könnt ihr spielen - da unsere Baum reichlich trägt, war ich großzügig mit diesen kleine, Tischtennisball großen Früchte. Bei einer größeren Art könnt ihr die Feigen auch in Scheiben schneiden. Wer noch nie Vollwert-Rohrzucker verwendet hat, dem rate ich hier ihn unbedingt mal auszuprobieren - ich finde, er passt hier optimal.

Zutaten - Tarteform 26cm:

150g Mehl
50g gemahlene Mandeln
60g Zucker (m: Vollrohr)
1 Pr Salz
30g Kakao-Pulver
1 Eigelb (m: kleines Ei)
110g Butter
(evt. etwas kaltes Wasser) 

125 Schokolade
100ml Sahne
200g Crème fraîche
1 Ei
20g Mehl

20g Zucker (m: Vollrohr)*
3 Kardamom-Kapseln, die Kerne davon
1/4 TL Piment, gemahlen

150g Brombeeren
Feigen
1 TL Thymian-Blättchen 

Zubereitung:

Aus den Zutaten für den Tarteboden einen homogenen Teig kneten und mindestens eine halbe Stunde eingewickelt kühl ruhen lassen. Tarteform buttern, Teig auswellen und die Form damit auskleiden. Mehrfach mit einer Gabel einstechen und für ca. 15min in die Tiefkühle stellen. 

Ofen auf 200° vorheizen und den Boden blind backen: ein Backpapier passgenau darüber leben, mit Hülsenfrüchte beschweren und 15min.  Backpapier mit Hülsenfrüchte entfernen und weitere 10min bei 180° weiterbacken.

Ein Eßlöffel Zucker mit den Kardamomkernen fein zerstoßen. Schokolade bei geringer Hitze in Sahne und zusammen mit den Gewürzen und dem Zucker schmelzen. Vom Herd ziehen und restliche Zutaten mit Schneebesen homogen untermischen - ohne die Masse dabei aufzuschlagen.

Ich habe die Brombeeren unter die Schoko-Creme gezogen - wer mag kann die Brombeeren aber auch mit den Feigen auf der Crème verteilen. Beides gut. Mit etwas Thymian bestreuen und ca. 20 min bei 160° (O/U-Hitze) fertig backen.

Am besten schmeckt die Tarte am nächsten Tag etwas gekühlt.

*Anmerkung m: sind die Feigen nicht so vollreif und zuckersüß wie meine, dann kann man die Zuckermenge in der Schokocreme auf 30 oder 40g Zucker insgesamt erhöhen.

 

Geschwister im Blog-Universum: 

 

die Feigentarte mit Ziegenkäsequark sowie diese Variante
 
 


6 Kommentare

  1. Die Tarte klingt so, dass mit beim Lesen schon das Wasser im Mund zusammen läuft und die Bilder verstärken diesen Effekt! Wie schade, dass reife Feigen bei uns Mangelware sind bzw. zu Apothekerpreisen verkauft werden. Heute im Supermarkt gesehen für € 0,79 pro mickrigem Stück.
    Herzliche Grüße, Alpenveilchen

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    1. Oh, 80 Cent das Stück Feige - das macht diese Frucht wirklich zum reinen Luxus, Alpenveillchen! Kein Wunder lieben die meisten so sehr Feigen. Einfach, weil sie in vielen Orten so rar und selten sind! herzliche Grüße zurück...

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  2. Oh, was für ein toller Text und dazu diese wunderbare Tarte. Leider gab es Feigen heute im Supermarkt nur für 75Cent das Stück, da wären dann doch Scheiben angesagt.
    Was die Menschen betrifft, so habe ich größtenteils ein scheinbar untrügliches Antennensystem entwickelt. Es hat mich tatsächlich bisher nur wenige Male getrogen.Sonst funktionierte das Frühwarnsystem. Allerdings brauchte ich selbige Situation mehr in Kollegenkreisen, nie bei den Schülern in fast 40 Jahren. Sehr nützlich ist es übrigens im Internet, wo ich in den vielen Jahren zweimal ganz schrecklich und mit langen Folgen innerlich für mich auf Personen reinfiel, die ihren persönlichen Glanz und Erfolg täglich präsentieren, allein das hätte mich aufmerken lassen sollen. Ich hätte gewarnt sein sollen, aber...aus Fehlern lernt man ja auch, selbst in einem fortgeschrittenen Alter.Meine Großmutter benutzte häufig den Spruch: Trau, schau, wem!, dessen Sinn mir als Kind und Jugendliche eigentlich verschlossen blieb. Heute würde ich ihn sofort unterschreiben.Leider kann man sich weder bei Gästen noch sonst im Leben immer aussuchen, wer einem begegnet. Dafür ist es immer doch auch schön zu erleben, dass letztlich Gutes zu Gutem findet, egal wo. Herzlich, Sunni

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    1. Auch bei dir sind Feigen so teuer, Sunni? Hier in Südfrankreich könnte man Feigen nach rechts und links verschenken. Aber transportieren lassen sie sich nicht gerne weite strecken - schon gar nicht, wenn sie schön reif sind.

      Ein solches Frühwarnsystem ist Gold wert - schützt es einen doch vor Enttäuschungen. Und geblendet ist Mensch nun mal schnell. Ich denke dabei sehr gerne an die vielen Fuchs und Rabe - Fabeln. Wenn etwas gar zu sehr schillert und glänzt... dann werde ich misstrauisch ;-)

      Ansonsten darf man sich aber - wie du so schön schreibst - auch auf den Magnetismus verlassen. Und das ist doch nun wirklich eine tolle Sache! ganz herzlich zurück...

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  3. Wir haben es gleich ausprobiert und sind total begeistert. Den Gästen haben wir es mit den Worten von Pippi Langstrumpf kredenzt: "Das haben wir noch nie probiert, das wird sicher gut!" (voller Vertrauen auf deine Rezepte. Hat sich auch wieder gelohnt.)
    Meine Tochter in Vermont/USA musste sich mit einem Foto begnügen. Sie bekommt keine frischen Feigen...
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Das weltschönste Kompliment für einen Foodblog, Andrea, ich freue mich :)

      Und deinen wunderbaren Pippi Langstrumpf-Satz werde ich übernehmen - den werde ich oft einsetzen können!
      einen guten Rutsch ins WE euch!

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