Leichtsinn - fermentierter Kohlrabi mit Orange und Frühlingszwiebeln

Sonntag, 26. Juni 2022

 

Während der Schulzeit litt ich unter fürchterlicher Prüfungsangst. Vor jeder Klassenarbeit zwang sie mich aufs Klo und ein Monster im Nacken flüsterte mir zu: das kriegst du nicht hin, das kannst du nicht, du wirst versagen.

Als würden sie sich gegenseitig bestärken und große, neuralgische Nester bilden, verließ ich mein Elternhaus mit einem ganzen Konglumerat an unterschiedlichen, weitergegebenen Ängsten, die mich alle klein hielten und hemmten. Es kam, wie es kommen mußte, dass ich mit stürmischer Faszination und Begeisterung auf einen waschechten Abenteurer wie meinen Habib reagierte. Was ein Kerl! Einer, der zigfach ganz alleine die endlose Sahara (4000km!) durchquert hatte und sich in Schwarzafrika bewegte wie meiner eins in Bad Segeberg (symbolisch gesprochen ;). Ein Bekannter (Angehöriger) meines Schlages meinte zu den Reisen des Habib lediglich kopfschüttelnd, man müsse die  Gefahr ja nicht extra suchen. Dem graute grad so nur alleine bei der Vorstellung vor so viel Unbekanntem, vor so viel Unberrechenbarem. Mochte die Großmutter einst gerne großspurig tönen: *Die Ängstlichen habens im Himmel auch nicht einfacher* - Angst läßt sich nicht einfach abschütteln sondern verbeißt sich wie ein Wolf im dichten Schafspelz.

Die Tage sprachen der Habib darüber, dass unseren Beobachtungen nach immer mehr Menschen ganz offensichtlich Mut fehlt. Und da fiel dem Habib ein andere Vorwurf der Angsthasen ein, von denen er wiederholt zu hören bekam, dass er leichtsinnig sei. In dem Moment floß ein nach innen gekehrtes Lächeln über sein Gesicht: *Leichtsinn... Es ist mir noch gar nie aufgefallen, was das für ein schönes Wort ist!* Wir ließen uns *Leichtsinn* auf der Zunge zergehen und entdeckten dabei, dass *leichtsinnig* das Gegenteil zu *schwermütig* darstellt. Denn wer schwermütig ist, der stürzt sich bestimmt nicht in Neues, der traut sich vorneweg nichts zu, der hängt in bleiernen Seilen gefangen - hingegen läßt der leichte Sinn über manches Hinderniss hinwegfliegen. Laut WHO haben die Pandemiejahre die psychischen Erkankungen weltweit um 25 Prozent ansteigen lassen. Das ist enorm, oder?

*Wir Menschen werden wunderbar geprüft; wir könnten's nicht ertragen, hätt uns nicht den holden Leichtsinn die Natur verliehen* (Tasso/ Goethe). Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wir wissen Bescheid und doch hilft uns alle Theorie hier nicht weiter. Mut zeigt sich im Tun. Mut geht Wille voraus, Neugier und vielleicht auch Lebenslust (aber bestimmt nicht die Suche nach dem schnellen Kick - um das hier mal abzugrenzen).

Ein anderer Goethe-Liebling ist dieser Satz: *Von der Kraft die alle Wesen bindet, befreit der Mensch sich, der sich überwindet.* Allen Freigeistern und gleichfalls all jenen, die spirituell streben bleibt nur, sich auszuliefern und zu stellen. Ganz, ganz oft geht mir in dem Zusammenhang der kleine, rumänische Junge durch den Sinn, der eine lange, schwere Krebserkrankung überstanden hatte und gefragt wurde, was er anderen Kindern, die Gleiches vor sich hätten, raten würde. Ich schrieb bereits darüber. Er antwortete ernst: *Mutig sein, an sich selbst glauben und jeden Tag beten.* Das ist so weise! Mit diesen drei Eigenschaften gibt er das Rüstzeug um prinzipiell gut durchs Leben zu kommen an die Hand.

Seien wir realistisch: Mut ist für dieses lebensgefährliche Leben unbedingt erfordlich. Unabkömmlich. Grundvoraussetzung. Völlig alternativlos. Und wenn das Außen zu bedrohlich erscheint, dann fängt man eben zuerst mit dem Inneren an.

*In sich zu gehen braucht ganz schön viel Mut, weil es nicht immer schön ist, was man da so sieht. Aber wenn man sich dem stellt, dann findet man plötzlich eine große Freiheit und öffnet sich für anderes. Man entwickelt seine Qualitäten und Werte - das ist ein großer Reichtum* sagt in einem Interview die wunderbare Isa von Zaz, die so singt, wie ich gerne singen könnte (und by the way übrigens auch keinen Alk mehr trinkt). Und deshalb gibts für heute ein Lied von ihr dazu.

Ja, es ist leichtsinnig, sagt die Vernunft - aber es ist, was es ist, sagt die Liebe, die allein den Stern über allem kennt (Erich Fried)! Also nur Mut - raus ins Leben mit euch! Oder strebt ihr anderes an wie ich? Nämlich irgendwann auch rückblickend wie der Habib zu sagen: mein Leben war unglaublich bunt, vielfältig, reich, gefüllt ... mit Leuchten in den Augen.



Ich will hier keine tiefere Anleitung zum Fermentieren geben sondern lediglich ermuntern. Man kann es ganz komplex angehen und viele Bücher drüber lesen. Oder es einfach ausprobieren. Letztere Type bin ich. Damit aber nichts schief geht, muss man dennoch auf Einiges achten. So dass ich euch mal weiterleite zum *Wurzelwerk*, wo man sich einen guten Überblick zum Thema verschaffen kann.

Für jene, die sich einen Ruck geben, mal mit dieser Art der Konservierung loszulegen, bietet das Fermentieren unglaublich viele Möglichkeiten. Und ich denke, dass es sich mittlerweile herumgesprochen hat, wie gesund die dabei entstehenden Mikroorganismen für die Darmflora und damit für die Gesundheit und das Immunsystem sind. Ein nächstes *Auf gehts!*!


Zutaten:

1kg Kohlrabi
1 Bund Frühlingszwiebeln
1 Orange, Schale und Fruchtfleich
20g Salz (ca. 4 TL) = 2%
 
 

 

Zubereitung:

Kohlrabi schälen, stiften in Julienne (m: Börner-Reibe). In einer Schüssel mit dem Salz mischen und einige Minuten (5-10min) stehen lassen.

Dann die Kohlrabi-Stifte von Hand kneten bis eine Lake-Schicht in der Schüssel stehen bleibt. Die in Frühlingszwiebeln in feine Ringe schneiden. Von der Orange die Schale in feine Streifen und das Fruchtfleich filetieren in kleine Stücke schneiden. Beides untermischen.

In ein entsprechendes Gärglas füllen und dabei gut verdichten. Oben im Gärgefäß ausreichend Platz frei lassen. Ist noch zu wenig Lake da, etwas aus der Schüssel nachfüllen.

Das Beschwerdekit einlegen (m: habe ich nicht), weil das Gemüse immer gut von der Lake abgedeckt sein muss, damit sich kein Schimmel bildet und das Gärgefäß verschließen.

Fermentiansdauer: 7-28 Tage bei Raumtemperatur

Nach 7 Tagen kann man testen - schmeckt es, dann weiterhin im Kühlen lagern, ansonsten weiter fermentieren lassen.

Anmerkung m: die ersten Tage stelle ich das Gärgefäß auf einen Teller, weil durch den Fermationsprozess etwas Flüssigkeit aus dem Glas gedrückt wird - das dauert aber lediglich 4-5 Tage. 

Inspiration: *Geschmacksrevolution Fermentieren* Ingrid Palmetshofer (Danke nochmals an die liebe Spenderin - die Karte ist rausgefallen und damit bin ich des Namen verlustig)

 

****Mit herzlichem Dank für all die freudemachenden Glückwunsch-Mails zum 11. Blog-Geburtstag****

 

kleine Köstlichkeit zum 11ten: Blondies mit confierten Erdbeeren

Sonntag, 19. Juni 2022


11 Jahre blogge ich jetzt. Und es fällt mir schwer, dazu eine Bilanz zu ziehen. Bloggen spielt in meinem Selbstverständnis keine Rolle. Ich identifiziere mich nicht über das Blog. So war das schon immer. Zumal ich keine typische Foodbloggerin bin. Gerichte mit Geschichte. So irgendwie. Aber das hat gar kein richtiges Genre. Keine echte Zielgruppe. Das mag für manche nicht Fisch nicht Fleisch sein, aber wie sagt der Badener: *So ischs worre* (So ists geworden). Das Blog mutierte irgendwie organisch zu dieser seltsamen Mischform. So sitze ich irgendwie zwischen zwei Stühlen - ganz wie als Deutsche, die in Frankreich lebt und nicht mehr Deutsche aber auch noch kein Franzose ist. Spitzen-Gelegenheit mal wieder auf einen echten Lieblingspost zu verlinken!

Ich kann noch nicht einmal mehr sagen, mit welcher Motivation ich das Projekt *grain de sel - Salzkorn* gestartet habe. Vielleicht, weil ich damals eine begeisterte Foodblog-Leserin war. Ich mochte es sehr, mich für mein tägliches Kochen von Blogs inspirieren zu lassen. Und Foodblog-Rezepte waren wirklich immer verläßlich. Also damals. Vor über 11 Jahren. Das wußte ich als Koch-Novitzin zu schätzen. Vielleicht kam mir irgendwann der Gedanke, das kann ich doch grad so, foodbloggen. Das kann ich vielleicht sogar besser als andere. Ganz wie Jane Goodall, die berühmte Schimpansenforscherin. Sie wurde in einem Interview mal gefragt, wie sie denn zu diesem eigenartigen Berufswunsch kam, in den afrikanischen Urwald zu ziehen, um Affen zu beobachten. Und ich liebte ihre Antwort so sehr, dass ich sie mir leichterdings behalten habe. Jane Goodall erwiderte darauf, sie hätte als junges Mädchen *Tarzan* im Kino gesehen und war sich ganz sicher, dass sie Tarzan eine bedeutend bessere Jane gewesen wäre. Augenblicklich war ich in Jane Goodall verliebt! Sehr gerne verlinke ich auf das von ihr iniziierte, weltweite Projekt, das Jugendliche zum Mitgefühl für alle Lebewesen und Interesse an unterschiedlichen Kulturen ermutigen will: *Roots & Shoots*. Eine gute Idee!

Das macht mir an meiner Art zu bloggen wohl die meiste Freude, dass ich - ganz mit dem vor 10 Jahren laut gemachten Gedicht - mir schrankenlos Gedanken machen und mich dabei Mitteilen kann. Und das schriftliche, laute Formulieren ist eine prima Übung für die eigene Klarheit.

Aber das mache ich ja nun 11 Jahre. Wenn ich morgen damit aufhöre, fehlt mir möglicherweise nichts. Jetzt schon blogge ich bereits bedeutend weniger als zu Beginn. Da war die Schlagzahl ja totally überambitioniert.

Es bleibt also weiterhin beim jährlichen Fazit: so lange mein Leben mir Energie übrig läßt, das Leben nicht zu sehr stürmt und tobt, so lange wird nebenher weitergebloggt. Danke für Eure treue Begleitung!

 


Das Sammeln der Walderdbeeren war einer dieser Momente, die losgelöst sind, frei, kindlich, behaglich, behütet: alles ist gut, alles hat seine Ordnung, alles hat seinen Sinn. Die guten Mächte sorgen sich um jene, die sich beharrlich mit dem Herzen an sie wenden. Wer diese Gewißheit im Herzen trägt, dem kann nicht viel passieren. Ganz mit Teresa von Avila: *Nichts verwirre dich, nichts erschrecke dich, Gott verändert sich nicht...* So habe ich denken müssen an das Kinderbuch *Das Rosenresli* von Johanna Spyri, die Schweizer Schriftstellerin, die alle dank der *Heidi* kennen. Mag die Welt laut sein, in Willkür und Lüge wenig Orientierung bieten, die einfachen Regeln der Tugenden und Ethik kann man eh nur mit dem Herzen befolgen.

150g Walderdbeerchen habe ich gesammelt. Und Fuchsbandwurm hin oder her, die ein oder andere verschwand doch direkt im Mund. Man sagt, früher wurde die Landbevölkerung von den Fürsten ausgeschickt um die Beeren zu sammeln, streng verboten, sie dabei selbst zu genießen, denn sie waren dafür bestimmt, die fürstliche Gicht zu lindern, durch die die Blaublüter ihre übermäßigen Wildbraten reuen mussten. Walderbeeren schmecken wir das Konzentrat von Erdbeeren. So kam ich auf die Idee, dass sie wohl sehr gut durch confierte Erdbeeren zu ersetzen sind - so, wie man sie auch benötigt für das weltbeste Erdbeer-Eis! Es sind richtig kleine Köstlichkeiten geworden, diese Blondies, zumindest wenn man dem Habib Glauben schenken mag, der bei jeder Verkostung diese Worte wiederholte.

 

Zutaten Blondies mit confierten Erdbeeren/ Waldbeeren

180g Butter, gebräunt
100g weiße Couverture, fein gehackt
Bittermandel-Tropfen
2 EL Rosenblütenwasser
1 Pr Salz
50g Vollrohrzucker
50g Rohrzucker
50g Mandeln, geschält, geröstet, gehackt
150g Mehl (m: 100g Einkorn-VK/ 50g D1050)
2 Eier 
150g Walderdbeeren*

Zubereitung:

Zuerst die Butter in einem Topf bei mittlerer Temperatur erhitzen. Aufschäumen lassen, dann bei kleinerer Hitze simmern lassen. Wenn die Butter anfängt sich zu klären, auf jeden Fall dabei bleiben und unter Rühren den Bräunungsgrad der Butter überwachen. Sobald die Butter schön bräunlich ist, sofort vom Herd ziehen, und die gehackte Couverture zufügen (es gilt aufzupassen, weil wenn die Butter in dem Topf zu dunkel wird, schmeckt sie nachher verbrannt).

Eine Auflaufform oder ein Brownieblech (ca. 18 x 25 cm) fetten (oder mit Backpapier auslegen). Den Backofen auf 160 Grad Ober-/Unterhitze (Umluft: 140 Grad) vorheizen. Kuvertüre hacken. Butter in einem Topf schmelzen. Topf vom Herd ziehen, Kuvertüre zugeben und darin auflösen lassen. Beiseite stellen. 

Eier, Rosenwasser, Salz, und die zweierlei Zucker schaumig schlagen .

Kuvertüre-Mix zugeben. Zuletzt das Mehl sowie die gehackten Nüsse unterrühren. Blondie-Teig in die vorbereitete Form geben und glatt streichen. Mit den Erdbeeren bestreuen. Die Blondies im vorgeheizten Backofen ca. 30min backen - möglicherweise etwas länger (Stäbchenprobe). Auskühlen lassen. Schmecken am nächsten Tag besser.

Anmerkung m: Walderdbeeren durch normale Erdbeeren ersetzen - ca. 250g und zwar folgendermaßen: 

Ofen auf 135° vorheizen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen, die Erdbeeren halbieren, auf das Blech legen und ca.15-20 Minuten im Ofen rösten und dann abkühlen lassen/ mit Blaubeeren oder Himbeeren werden die Blondies ebenfalls gut schmecken

 

12 von 12 - Juni 2022

Sonntag, 12. Juni 2022










Das Tal sieht aus wie Mitte August. Gestern auf dem Markt war die Trockenheit und die Angst vor Gewitter mit Hagel dominantes Thema. Aber ich habe auch - einfach so - eine Kennenlerngeschichte erzählt bekommen, die ich ja horte, weil... ihr wißt Bescheid... Und gelacht mit jemand habe ich auch, dem ich auf den Kopf zusagte, dass sie verliebt sei und sie staunte, dass ich nun schon die Zweite bin in einer Woche, die ihr das unterstelle. Selbst wenn es (noch) nicht so ist, scheint es sie für andere wahrnehmbar bereits zu umkreisen. Gefiel mir sehr, dieser Gedanke!

Ein Grund auf dem Land zu leben, ist unser Frühstück. Erdbeeren und Himbeeren aus dem Garten. Eben noch am Strauch - dann zu oberst auf dem Porridge. Priceless, oder?!

Ein Appartement - das Heimchen - will noch für Nachzügler, die heute erst anreisen, fertig gerichtet werden. Ein guter Moment, um darin Urlaub zu machen, denn auf der Terrasse davor blüht gerade üppig die Kerzen-Palmlilie. Und auf der anderen Seite öffnen sich die Blüten des Sommerflieders.

Anschließend gehen wir Café trinken. Nein, keine Lust auf Markt heute, das hatten wir gestern. Und waren sehr umrundet von vielen Menschen. Heute lieber ruhiger im Grünen. Dazu gabs selbstgebackene Brownies, die ich wohl verbloggen werde. Tags zuvor hatte mich das rosarote Waldvöglein zu sich in den Wald gerufen - eine der letzten Wildorchideen und einer meiner Lieblinge. Rings um das Waldvöglein rankten sich herrlich reife Walderdbeerchen. Das Sammeln der kleinen Beeren war ein wunderschöner, idyllischer Moment - ganz allein im Wald, das Rascheln der Blätter, der GERUCH (!) - den ich sehr genossen habe. Mal wieder ganz bei Goethe: *Sammler sind glückliche Menschen*.

Zurück wieder vorbei an der Drôme - mit Wasserstand wie (s.o.) Mitte August. Wir werden wirklich gegrillt. Die Wettervorhersagen stempeln uns im Südosten Frankreichs weiterhin zu einer der heißesten Regionen von Europa und lassen uns Woche für Woche Wetteraufzeichnungsrekorde brechen. Diese anhaltende Hitze im Frühjahr wird uns Drômois im kollektive Gedächntis bleiben.

Das Mittagessen fällt entsprechend leicht aus - eine Variante des Stew, das es gefühlt ein Mal pro Woche gibt, weil so gut und so leicht zu verändern.

Im Garten tummeln sich die Schmetterlinge an den Blumen, die der Hitze trotzen.

Ich mühe mich weiter ab, endlich *Maschinen wie ich* abzuschließen. Danach werde ich Schluß machen mit  Ian McEwan. Was ist das für ein erbärmliches Menschenbild, in dem Intelligenz, Mathematik und Juristerei sowie Begehren über Herzensbildung, echten Werten und Demut stehen. Oder andersherum gedreht schafft McEwan ein gutes Stimmungsbild, was übrig bleibt in einer gottlosen Welt. Gefühle sind nicht programmierbar, Individualität kein automatischer Prozess, Wahrhaftigkeit kein Zahlenspiel und Bewußtsein unendlich viel mehr als Datenauswertung. Wir finden nicht zusammen, dieses Buch und ich. Aber die letzten Seiten rutsche ich jetzt halt noch runter.

Eine Runde Yoga. Stetigkeit gibt mir Halt in einer Welt, die sich in ständiger Bewegung dreht (s. ebenso das Frühstücksriutal). Ja, ich glaube, in Stetigkeit liegt eine Offenbarung verborgen, die wiederum auf das große Mysterium Zeit zurückzuführen ist. *Ich bin mehr als jemals überzeug, dass man durch den Begriff der Stetigkeit den organischen Naturen trefflich beikommen kann* (Goethe).

Tja, und dann halt wieder Gießen - ein Glück haben wir wenigstens noch Zisternenwasser zur Verfügung!

Ein Sommersonntag im Juni, den andere ganz anders erlebt haben. Geknipste Eindrücke davon bündelt wie jeden Monat Caro von *Draußen nur Kännchen*.

luftige, briochige Sonnen-Buns mit dunkelroten Gemüse-Patties

Donnerstag, 9. Juni 2022

 

 

Ist euch schon mal aufgefallen, dass es einen Unterschied macht, ob man Pommes mit den Fingern ißt oder mit einer Pommesgabel aufspießt? Ich finde, der Geschmack verändert sich. Nur durch die Art und Weise, wie die frittierten Teilchen in den Mund geschoben werden. Wobei ich jetzt ausgesprochen selten Pommes esse. Aber als Beispiel. Als weiteres Beispiel zu meinem sonstigen Standart-Beispiel Nudeln. Weil Nudeln schmecken in unterschiedlicher Form anders. Bei gleichem Teig wohlgemerkt! Das ist doch genauso völlig phänomenal, oder?

Manchmal brauchts gar nicht viel, um den alltäglichen Dingen wieder einen neuen Dreh zu verleihen. *Mental Health* nennt man das neudeutsch. Oder wie Einstein lange zuvor sagte: *Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.*

Nun, eigentlich bin ich kein großer Burger-Fan, aber das gleicht sich dadurch aus, dass ich gerne mit den Fingern esse. Sieht nicht immer schön aus, wenn man in einen Burger beißt, aber es macht einfach Spaß. Alle Tischsitten darf man fahren lassen und sich pur aufs Essen konzentieren, auf seine Finger, die Aromen...

Burger hat bei uns außerdem wieder Aufwind bekommen dank dem Porridge-Frühstück. Sonst würde ja irgendwie dem Brötchen wieder ein Brötchen folgen. Da oute ich mich wohl als verwöhnt - irgendwie hinterläßt das jahrelange Foodbloggen dann wohl seine Spuren: wenn ich selbst bestimme, was gekocht wird, dann darfs auch abwechslungsreich sein.

Deshalb gibts, wenn es Burger gibt, natürlich stets einen anderen Burger. Und wegen dem neuen Dreh im Alltäglichen...



Dabei sieht ein selbstgebastelter Burger oft aufweniger aus, als er ist. Der Brötchenteig ist schnell zusammengeknetet - es braucht (wie so oft) lediglich ein bißchen Zeit. Die Brötchen lassen sich aber auch hervorragend einfrieren, sollte es mittags schneller gehen müssen. Oder zum Abendbrot. Denn dann wollen nur noch die Patties zubereiten werden.

Für diese stand das Motto Pate: viel hilft viel. In einem Burger-Bun darf ein vegetarisches Pattie AUF GAR KEINEN FALL untergehen. Deshalb muss da ordentlich Bums ran. Außerdem finde ich wichtig, dass die Zähne in einen Burger irgendwie auf Widerstand stoßen, wenn man reinbeißt. Also das Gegenteil von einem Marshmallow-Gefühl (wobei ich nicht wüßte, wann ich zuletzt ein Marshmallow gegessen hätte, aber ihr wißt, was ich meine). Genau dafür hat das grobe Soja-Geschnetzelte gute Dienste geleistet. Ich fand den Buger super. Also für einen Burger sogar richtig super!


Zutaten 4 Sonnen-Buns:

210g Mehl (m: 50g davon Einkorn-VK)
90g Wasser, warm
1 Ei
20ml Milch
20g Butter, weich
1 (kleiner) TL Salz
1 12/2 TL Zucker
10g Hefe
Sesam als Deko

Zubereitung:

Das Ei veruqirlen und die Hälfte zu Seite stellen. Hefe in etwas warmen Wasser (nicht heiß!) auflösen und alle Zutaten miteinander verkneten (m: Handrührmaschine), bis ein homogener Teig entstanden ist, der sich vom Schüsselrand löst (ca. 7 min). Dann an einem warmen Ort zugedeckt gehen lassen, bis sich der Teig gut verdoppelt hat - dauert etwa eine gute Stunde.

Den Teig in vier gleichgroße Stücke teilen, rund schleifen und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech setzen und abgedeckt nochmals gehen lassen - dieses Mal ca. eine knappe Stunde (hängt von der Raumtemperatur ab - die Buns sollten nahezu Vollgare haben.

Ofen auf 200°C vorheizen.

In die restliche Eihälfte ein wenig Wasser mengen und die Oberfläche der Buns damit bepinseln und mit mit Sesam bestreuen. Für etwa 15-20 min golden backen.

 

 

 

4 Burger-Pattie*:

140g Haferflocken
1 kleine rote Zwiebel
150g schwarze Bohnen, gekocht2
200g rote Bete, gekocht
30g getrocknete Shitake-Pilze
3 Knoblauchzehen
Gemüsebrühe 
80g Mais
50g Soja-Geschnetzeltes, grob, getrocknet
Harissa
1 EL Öl
1 EL Tamari-Sauce
1 TL Cumin
1 TL Paprika-Pulver
je 1TL Oregano/ Thymian/ Rosmarin 
1 TL Pimentos dela verra
etwas frischer Koriander, gehackt
Harissa
Salz, Pfeffer

 

 

Zuereitung:

Die Shitake-Pilze mit kochendem Wasser übergießen und quellen lassen. Die Pilze von den Stielen befreien und diese entsorgen, den Rest etwas kleiner schneiden.Ebenso das Soja-Geschnetzelte mit der angegebenen Menge kochendem Wasser übergießen und zur Seite stellen

Die Haferflocken in einem Mixer als erstes zu Haferflockenmehl zerkleinern (muss nicht superfein sein). Dann die Bohnen zufügen, Pilze, Zwiebel, Rote Bete und Gewürze und nur so lange mixen, bis eine homogene Masse entstanden ist. Die Masse in eine Schüssel geben, nun das Soja-Geschnetzelte und den Mais untermischen und nochmals abschmecken. Hände leicht einölen, Masse vierteln und in der Hand zu Patties formen. Auf vier zurecht geschnittene Backpapierstücke setzen und für 15 Minuten die Patties ruhen lassen. Anschließend sind sie griffiger und weniger klebrig.

In einer beschichteten Pfanne mit etwas Öl von beiden Seiten anbraten. Wer einen Cheese-Burger basteln will, legt auf die zweite Seite direkt die Scheibe Käse, damit diese schön schmilzt und deckt dafür die Pfanne mit einem Deckel ab.


Den Burger nach Belieben stapeln: mit Majo bestreichen, Salatblatt, Pattie, Stück grüne Paprika (auf Foto leider nicht zu sehen ;) und Gemüse-Confit. Aber ganz eurem Gusto überlassen. Ein paar gebratene Champignons passen auch gut. Oder wer mag Cornichons oder rote Zwiebelringe. Oderoder...

Inspiration Pattie: Yuen Men Cooking - Youtube/ light brioche burger buns - The clever carrot  

 

 

Ich weiß, Thronjubiläen erhalten mehr Aufrufe. Oder Schlammschlachten vor Gericht von Hollywood-Stars. Wobei ich bei letzterem ebenfalls viel gelernt habe: eine Person mit *histrionischer Persönlichkeitsstörung* kenne ich selbst, mir fehlte nur seither für das eigene psychologische Gutachten das spezifische Wort! Immer gut, wenn das Kind einen Namen hat und man weiß, mit wem oder was man es zu tun hat.

Aber ich wollte die Aufmerksamkeit noch auf etwas anderes lenken. Schließlich erleben wir den bedeutenden Beginn einer Zeitenwende mit. Wer gedanklich noch eine Portion Gehalt vertragen kann, dem möchte ich den von Radio München eingelesenen Text von Julia Weiss *Die Abschaffung der Seele*  (Youtube) ans Herz legen/ für jene, die lieber lesen, ist er im Multipolar-Magazin abgedruckt. 

Der Text beschäftigt sich mit nichts Geringerem als der Gestaltung der Zukunft der Menschheit - nochmals gleiches Thema wie hier in meinem Post *die Entscheidung*. Dank der Eitelkeit und der Hybris der Machthaber und Elite machen sie keinen Hehl darauf, wohin sie steuern und wie sie die Weichen stellen. Kern dieser Auseinandersetzung bleibt die damit verbundene Frage an den Einzelnen, welchen Weg er für sich einschlagen will.

Salat-Plus mit Kouign - bretonische Kartoffel-Käse-Plätzchen

Mittwoch, 1. Juni 2022


Doch, er erinnere sich noch sehr gut, meinte ein Alteingesessener, als wir bei Gusto einen café zusammen getrunken haben, als kleiner gamin schon hätte er seinem Großvater im Garten geholfen und 1945 hätte der Sommer mit genau der gleichen Hitze und Trockenheit begonnen wie dieses Jahr. Zwar ist das Wetter Standart-Smalltalk-Thema Nummer 1 auf dem Land, aber gerade schaut man wohl doch öfters gemeinsam in den Himmel. Über einen Monat keine zählbare Regentropen, die gefallen wären und das bei Hochsommertemperaturen. Das Gießverbot kommt selten früh. Schon deutlich anders als sonst, macht doch die Artenvielfalt in der Drôme das mediterrane sowie alpine Mischklima aus. Und der Mai ist eigentlich der Monat, in dem meine Lieblingswolken über uns hinwegziehen, die, die auf Halbmast hängen und immer wieder schauern, bis der Mistral wieder dazwischenfunkt und alles blank putzt.

Also hofft man mal auf einen ausgiebigen Landregen - so wie anderenorts Sonne herbeigewünscht wird. Gut, dass der Mensch das Wetter noch nicht machen kann. *Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen*, sagt Jean Jaurès. Aber magere Jahre, Äcker, die brach liegen zur Erholung, Missernten und dergleichen sind nun mal im engen Rechenkorsett der Weltwirtschaftsindustrie nicht vorgesehen. Gäbs ein politisches Quartettspiel würde die Kapitalismus-Karte die Demokratie-Karte lässig trumpfen, fiel im Gespräch mit Feriengästen. Überhaupt: auch viele Unterhaltungen landen bei polititschen Themen. Alles irgendwie einschlägig aufgeladen, oder? Man hat eigentlich so gar keine Lust mehr, sich damit auseinanderzusetzen... und wird doch irgendwie immer genötigt durch täglich neue Ungeheuerlichkeiten und Unzumutbarkeiten. Als wäre die sorglose Zeit, in der man dieses Rauschen weitestgehend ignorieren konnte, vorbei.

Vielleicht ist das mit ein Grund, warum ich das Blog gerade eher stiefmütterlich behandle. Denn sobald ich den Laptop aufmache, komme ich um derlei Themen einfach schwer drumherum. Das zieht mich so ab von mir, das tut mir nicht gut. Klar, ich könnte auf Amöbe machen oder mich auf Sportmeldungen konzentrieren. Aber für beides fehlt mir die entsprechende Grundaussattung. Still vor mich hinzumümmeln, dafür habe ich mir keine Stirnfalten erarbeitet und Sportübertragungen aus Fußballstadion oder dergleichen funktioniert nur in Kombi mit Alk. Nüchtern macht das ja keiner freiwillig mit.

In diesem erhellenden Interview erneut mit der gelenkig-denkendend Ulrike Guérot  lerne ich, dass die politikwissenschaftliche Empirie herausgefunden hat, dass derlei Gedanken bereits ein Privileg darstellen -  tiefer anteilnehmen zu können weil noch ausreichend Restkapazität für derlei Themen gelingt lediglich einem sehr kleinen Teil der Gesellschaft (noch geringer wird dementsprechend die Anzahl der kritisch Hinterfragenden) - der Rest ist schlicht ausgelastet mit der Organisation des Alltags. So höre ich fast unisono, ach, abwinkend, wir ahnens zwar, doch an den kommenden Herbst will keiner denken: jetzt ist erstmal Sommer. Dieses Jahr im Süden Frankreis bereits im Frühling.



Gekocht wird hier natürlich weiterhin. Herausgegriffen aus dem Fundus, der sich mittlerweile staut, habe ich ein Salat-Plus-Essen. Längst mal wieder fällig, oder?

Die Bretonen und die Butter - das weiß in Frankeich jeder, dass das eine große Liebe ist! Ich erinnere etwa an die anderen Kougin (sehr ähnlich geschrieben), den bretonischen Butterkuchen. Auch so supersündige Dinter! Und gute Butter zählt für mich ebenfalls zu den größten Köstlichkeiten der Welt. Echt, ein Hoch auf die Kuh! Ich habe die nordfranzösischen Kartoffelplätzchen mehr in den Süden gezogen und Thymian und Knoblauch sowie einem Tomme de brebis beigefügt. Damit kommen sie gut zurecht!


Zutaten 4P:

500 g Kartoffeln (m: festkochend)
Salz
100 g würziger Hartkäse (m: Tomme de brebis)
100 g weiche Butter, plus etwas zum Backen
100 g Mehl (m: D1050)
Thymian
3 Knoblauchzehen, fein gehackt


Zubereitung:

Kartoffeln schälen, würfeln und in Salzwasser gar kochen. Abgießen, kurz ausdampfen lassen dann in eine Schüssel geben und mit einer Gabel zerdrücken.

Den Käse dazu reiben. Butter und Mehl zugeben, alles zu einem glatten Teig verkneten und mit Salz würzen.

Teig auf der leicht bemehlten Arbeitsfläche ca. 0,5 cm dick ausrollen und Plätzchen mit ca. 6 cm Durchmesser ausstechen. Übriger Teig kann rasch zusammengeknetet und erneut ausgerollt und ausgestochen werden.

Teigplätzchen portionsweise in der Butter von beiden Seiten goldbraun ausbacken.

Anmerkung m: ich hatte die Kartoffeln ausversehen als Pellkartoffeln gekocht -  mein Teig war nach dem Zusammenmengen recht fettig und zum Auswellen bedurfte es doch eine gut bemehlte Arbeitsfläche. Geschmeckt haben uns die Plätzchen, weil einfach mal ganz anders - gerne wieder.

Quelle: Susanne aka Magentratzerl

 


schon immer mein Ding, hier in Südfrankreich besonders charmant: Flohmärkte