Ariadne-Faden: Kartoffel-Curry nach Tanja Grandits

Mittwoch, 29. April 2020


*Friseure und Frauenärzte behält man*, lachte meine Gynäkologin, nachdem ich mich bei ihr dafür bedankt hatte, dass sie mir so kurzfristig während meines Deutschlandaufenthaltes einen Termin einberaumt hatte -  zwar bin ich schon immer Patientin ihrer Gemeinschaftspraxis aber innerhalb dieser die ihres Mannes (der jedoch leider verhindert war). Ich lachte zurück: *Meinen Frauenarzt habe ich direkt gefunden, meinen Friseur suche ich noch.*

Warum das zwischen mir und Friseuren ungebrochen kompliziert ist? Wenn ich es nur wüßte! Schon länger versuchte ich ja (von Coiffeur zu Coiffeur wandernd) Richtung Pony zu insprieren (Ihr erinnert euch: was zwischen Charlotte und Helle. Oder so.). Wollte keine/r machen - und jeder neue Haarschnitt endete wie der davor: ich trug die Haare irgendwie zusammengebunden. Wobei ich jetzt prinzipiell selten zum Friseur gehe. Allerallerhöchstens alle zwei Jahre. Weder sitze ich gerne lange vor dem Spiegel, noch mag ich es, wenn mir jemand am Kopf rumfummelt. Zumal offen getragene Haare eher was für Städtermädchen sind. Ob im Handwerk oder im Garten fördert es den Arbeitsablauf nicht zwingend, wenn einem permanent Haarsträhnen die Sicht verdecken.

Nun habe ich letztes Jahr kurzerhand selbst die Schere angelegt - wenige Tage nach einem Friseur-Besuch - und mir einfach selbst einen Pony geschnitten. Und siehe da: mir gefällts, ich finde, ich sehe irgendwie *französischer* aus und er hat mir einiges an flatterie eingebracht. Und weil ich mir den Pony selbst verpasst habe, kann ich ihn dementsprechend supi selbst in Schuß halten.

Nur morgens wird mir mein Pony zunehmend zum Phänomen. So sehr, dass ich mich langsam frage, ob mir diese verschiedenen Strubbel-Bilder, die sich mir täglich bieten, nicht vielleicht mehr erzählen wollen à la *diese sonderbaren, zufälligen Zeichen, durch die ein höheres Wesen mit uns zu sprechen scheint* (Goethe). Nich, andere können schließlich auch im Kaffeesatz lesen. Oder in Händen. Oder lassen Stäbchen oder Runen fallen. Oder schlagen das chinesische I-Ging auf. Oder man zieht Karten dazu - für den Leiter von Tarot-Seminaren (fällt mir ein) fertigte ich einst als selbstständige Theaterplastikerin verschiedene Symbole (Kelche, Schwerter, Münzen, Stäbe...) in XL an.

Jeder sucht sich dort Rat, wo er glaubt, Hilfe zu finden. Viele halten die Wissenschaft für den sichersten Hafen der Erkenntnis - ungeachtet dessen, wie sehr das Ergebnis jeder Untersuchung von der jeweiligen Position abhängt, die im Raum und /oder Zeit eingenommen wird. Ein wackeliger Boden also: *Die Unterscheidung zwischen Tatschen und Interpretationen ist ebenso schwierig wie zwischen Fakten und Fiktionen* (Interpretation in den Wissenschaften).

Tja, aber was dann? Bleibt nur noch der Glaube? Jetzt kann man kollektiv mit den Schultern zucken und murmeln: *Es ist halt komplex* (das passt IMMER und gerade fällt es wieder besonders häufig). Ziehe ich Goethe dazu - ohne den ja bekanntermaßen bei mir wenig geht:

Nun begegnet mir noch gar der Aberglaue, der mir als das Schädlichste was bei den Menschen einkehren kann, verhaßt bleibt. Wir spielen mit Vorraussagungen, Ahnungen und Träumen und machen dadurch das alltägliche bedeutend. Aber wenn das Leben nun selbst bedeutend wird, wenn alles um uns sich bewegt und braust, dann wird ds Gewitter durch jene Gespenster nur noch fürchterlicher.
Lassen Sie in dieser Ungewißheit des Lebens, rief Eduard, zwischen diesem Hoffen und Bangen, dem bedürftigen Herzen doch nur eine Art von Leitstern, nach welchem es hinblicken, wenn es auch nicht danach steuern kann.
Ich ließe mir's wohl gefallen, versetzte Mittler, wenn dabei nur einige Konsequenzen zu hoffen wäre; aber ich habe immer gefunden, auf die warnenden Symptome achtet kein Mensch, auf die schmeichelnden und versprechenden allein ist die Aufmerksamkeit gerichtet und der Glaube für sie ganz alleine lebendig.*

Dann löse ich auf: Das mit der Pony-Mystelei ist natürlich quatschiger Spaß. Bei allen anderen Orakeleien wäre ich vorsichtig, wenn ich nicht weiß, was ich tue (*Besen! Besen! Seid's gewesen!*) oder an wen ich mich wende (bedenke: die Polarität gilt auch fürs Geistige). Die Gretchenfrage bleibt: wem übergebe ich die Autorität/ Hoheit meiner Meinungsbildung. Denn: es hilft alles nix, an irgendetwas MUSS man sich orientieren, will man nicht zu Grill oder Triebholz verkommen. Woran, das steht jedem frei. Fest steht: ohne Ariadne-Faden findet man aus dem Labyrinth nicht raus - und wird obendrein von einem Ungeheuer erledigt.


Bevor mir in anstrengenden Zeiten der Text zu anstrengend gerät, warte ich als Gegengewicht mit einem unkomplizierten Eintopf auf. Dieses Kartoffel-Curry ist schnell zubereitet und dabei wirklich fein gewürzt. Da wir noch keine eigenen Tomaten haben, griff ich auf confierte, eingefrorene Kirschtomaten zurück. Und, ja, die Portion für angeblich vier haben wir bis auf einen kleinen Rest mit großer Lässigkeit geschafft. Inspiration ging ein Mal mehr von Susanne aka Magentrazerl aus! Vielen Dank, liebe Susanne, für die feine Muse!

Zutaten 2P:

1 grosse Zwiebel, fein gewürfelt
2 Knoblauchzehen, fein gewürfelt
1 1/2 EL Kokos-Fett
1 TL Currypulver
1 TL Piment, gemahlen
1 TL Paprikapulver
1 TL Kreuzkümmel, gemahlen
1 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen
2 EL Senfkörner
1 grosse Prise frisch geriebene Muskatnuss
3 EL frischer Thymian, fein geschnitten
600ml Gemüsefond

200ml Kokoscrème
500 g Kartoffeln, festkochend

1 EL Tomatenmark
200 g Cherrytomaten (m: confiert, eingefroren)
200 g rote Linsen, kalt abgespült
Salz

2 EL Buchweizen 

Zubereitung:

In dem Kokosfett die fein gewürfelte Zwiebel sowie die ebenfalls klein gehackten Knoblauchzehen anbraten. Dann die Gewürze zufügen und weitere fünf Minuten und mitbraten. Dann das Tomatenmark ebenfalls kurz mitrösten.

Die Kartoffeln schälen und grob Würfeln (ca. 2cm). Die Gemüsebrühe und der Kokosmilch anschütten (Brühe habe ich nach und nach beigefügt - so steuert sich die individuell-gewünschte Sämigkeit/ Flüssigkeit des Eintopfs am besten). Kartoffel-Würfel und Linsen untermischen. Mit Salz würzen und bei kleiner Hitze und aufgelegtem Deckel ca. 20 Minuten köcheln lassen. Kurz vor Ende die konferierten Tomaten einrühren. Nochmals abschmecken.


Den Buchweizen in einer Pfanne trocken rösten und über das Curry streuen.

Quelle: Susanne aka Magentrazerl bzw. Tanja Grandits 


Cosy-Einkaufen: Sauerampfer-Bällchen mit Gemüse-Sauce

Sonntag, 26. April 2020


Was schön war - fange ich so an - war mein Gespräch mit einem Mitarbeiter von *La Vie Clair*. Und dabei war das seither ein Geschäft, in dem ich gar nicht eingekauft habe. Aus dem schlichten Grund, weil *La Vie Clair* eine Kette ist, und ich lieber den Einzelhandel unterstütze. Crest, unsere nächste Kleinstadt, hat nämlich außerdem zwei kleinere, privat geführte Bio-Läden und vor allem in einem von beiden war ich bis dahin Stammkundin. Meine eigentliche Anlaufstelle hat aber seine Türen mit Covid geschlossen und nimmt nur noch Online-Bestellungen entgegen. Wer nicht für einen Wert von 60 Euro einkauft, bezahlt 5 Euro Dienstleistung. Und in dem anderen Bio-Laden bin ich letzte Woche rausgeworfen worden, weil ich wagte, lediglich Waren für etwa 8 Euro mitzunehmen und dann auch noch bar zahlen wollte.

Ich komme also ins *La Vie Claire*und atme die gute Atmosphäre ein. Es läuft ruhige, heitere Musik, das ganze Team ist in entspannter Stimmung. Wie eine kleine Oase. Das hatte ich diesem Mitarbeiter das letzte Mal schon gesagt, wie sehr ich das schätze. Zufällig kamen wir in dieser Unterhaltung auf den Laden, in dem ich zuvor als Kundin abgelehnt worden war, und er erzählte mir, dass seine Freundin dort arbeiten würde, und ihr Chef (derjenige welcher mir die Tür gewießen hatte) auch für die Belegschaft in unerträglichem Maß angespannt sei. Wir redeten dann weiter über seine Erfahrungen mit der Kundschaft im allgemeinen. Es würde von Woche zu Woche anstrengender, meint er, weil die Menschen offensichtlich zunehmend unter Druck geraten. Sie hätten Angst, sie hätten Sorgen. Er wiederum habe keine Angst vor dem Virus, er habe Angst vor den Menschen. Wir versichterten uns gegenseitig, wie wohltuend so kleine, freundliche, zugewandte, zwischenmenschliche Lichtblicke sind. Er führte mich anschließend von sich aus zur Frisch-Hefe, heute morgen hätten sie ein Päckchen bekommen. Von den vier übrig gebliebenen Würfel legte ich  dankbar einen in die Tasche. Erst jetzt fiel mir auf, dass er auf den Wangen erste Anzeichen von trockenen Ekzemen hatte. Das kenne ich. Bin ich innerlich aufgeraut - etwa wie Ende letzten Jahres - kämpfe ich auch mit solcher Haut.

Mehl bleibt weiterhin Mangelware. Ebenso übrigens - und das gab es in diesem Maße noch gar nie - Samentütchen. Alle entdecken ihren Garten neu.

Für den Markteinkauf absolvierten wir wieder den gleichen Parcours-Lauf wie die Woche zuvor um ebensoviele Stände wie Polizei. Immerhin mit einer Neuerung. Da man ja nur in eine Richtung über den unübersichtlich Fußballfeld großen Markt Slalom laufen darf, hat man keine Chance, sich einen Überlick zu verschaffen. Nun - das ist die Neuerung - muß man sich nach einem Rundgang nicht erneut außen am Eingang anstellen, sondern darf - ohne wieder über Los zu müssen - seitlich vorbei eine weitere Runde drehen. Es hat was von versteckter Kamera. Von den ansässigen Gemüse-Produkteuren war dieses Mal kein einziger vertreten - nur Bio-Großmarkt. Und teilweise mit Preisen! Hätte man mir vor Jahren gesagt, dass ich mal klaglos ein Kopf Blumenkohl für bald 8 Mark einpacken würde - ich hätte mir mit dem Zeigefinger an die Stirn getippt...

Ehrlich gesagt: ich kam bedrückt nach Hause. Einerseits erleichtert, wieder daheim zu sein und gleichzeitig bemüht, die viele, schlechte Schwingung abzuschütten. Man wird ja so feinfühlig, so ausgewildert und ausgenüchtert wie wir sind. Wir setzten uns mit einem Caro und mitgenommenen Croissants auf die Terrasse in der Sonne. Und das hier im Outback! Vermutlich haben wir keinen blassen Dunst, worüber wir seufzen. Andere haben ganz andere Sorgen. Wie Bernard, der fast angefangen hätte zu heulen, als wir ihn getroffen haben. Seine kleine Chocolaterie seht kurz vor dem Ruin. 

Aber, was will ich machen, ich v-e-r-m-i-s-s-e meine Wochenmärkte, das Gemüse selbst auswählen zu dürfen und zwar bei meinen gewohnten, wöchentlichen Marktständen. Und ich vermisse mein geliebtes, südfranzösisches Flair beim Café-Trinken unter Spatzen. Ich vermisse, einfach losmarschieren zu können, und mich über Maienwiesen kugeln zu können. Ich vermisse, Blumensträuße für unsere Feriengäste zu richten, das Lustwandeln auf Pflanzenmärkten im Frühling, die beginnende Flohmarktsaison...

Wie konnte das nur passieren, dass von unseren liebgewonnenen Gewohnheiten außerhalb unseres Zuhauses nichts mehr übrig geblieben ist? Wir tun so, als müßten wir lediglich ein paar Tage auf dem Kalender durchstreichen, und dann erhalten wir unsere Normalität zurück. Dabei wissen wir, dass es unser altes Leben so schon gar nicht mehr gibt. Dieses zeitgleiche, weltweite, anhaltende Großereignis wird Rückkopplungen auf alle Schichten unserer Gesellschaft haben, die ich mir mit meinem Erbsenhirn noch nicht mal ansatzweise ausmalen kann. Es fällt mir schwer, loszulassen. Ich trauere ...


Sauerampfer passt heute gut, oder? Den habe ich schon als Kind geknabbert, wenn wir über die Wiesen gestreunert sind. Gekocht verliert er von seiner Säure - zumal ich aus unserem Kräutergarten nur die jungen, hellgrünen Blätter verwende - sodass er die Knödelchen würzt ohne aufdringlich zu sein.

Zutaten 2P:

400g Kartoffeln, am Vortag gekocht
120g Mehl (m: D1050)
1 Ei
1 kleine Zwiebel
40g Sauerampfer, von den Stielen befreit
Salz
Muskatnuss-Abrieb

2 Stangen Lauch
1/2 Paprika, grün
1 EL Crème fraîche
100g Kürbis (oder Karotten)
200g Gemüsebrühe
1 Schuß Weißwein
1 EL Crème fraîche
Salz, Pfeffer
1 Pr Zucker
1 Stich Butter

Zubereitung:

Die kleingewürfelte Zwiebel in der Butter glasig dünsten, kurz vor Ende den feinst gehackten Sauerampfer zufügen und kurz mitbraten. Kartoffeln schälen, fein pressen, mit dem Mehl vermengen. Restliche Zutaten sowie die Schnittlauch-Röllchen untermischen und kräftig abschmecken (Kartoffel braucht entsprechend Salz). Aus dem Teig etwas kleiner als Tischtennisball große Knödel formen. Reichlich Salzwasser zum Sieden bringen und die Knödelchen darin garen - fertig sind sie, wenn sie an die Wasseroberfläche steigen. Abschöpfen und warm stellen.

Gleichzeitig den Lauch putzen, waschen und in feine Ringe schneiden. Den Kürbis klein würfeln, ebenso wie die mit einem Sparschäler geschlte Paprika. Butter in einer Pfanne erhitzen und den Porree darin anschwitzen ohne Farbe annehmen zu lassen. Kürbis und Paprika zugeben, kurz mitbraten, dann mit Weißwein ablöschen. Mit Gemüsebrühe aufgießen, salzen und pfeffern und die Prise Zucker zufügen. Bei milder Hitze weichgaren - zuletzt die Crème unterrühren.

Die Gemüse-Sauce zusammen mit den Sauerampfer-Knödelchen servieren.



Gastbeitrag: Hannahs Kerbelsuppe

Donnerstag, 23. April 2020


„Grün, grün, grün, sind alle meine Kleider, grün, grün, grün ist alles was ich hab‘. Darum lieb‘ ich, alles was so grün ist, weil mein Schatz ein Gärtner, Gärtner ist.“  Natürlich singen wir „Gärtner“ und nicht „Jäger“, wie es meist heißt, einfach, weil uns die Gärtner viel näher sind als die Jäger. Bei einem Gärtner kann sich auch unsere dreijährige Tochter sehr gut vorstellen, was der so macht – dasselbe was sie auch mit Begeisterung tut. Was ein Jäger so macht, das war noch nie Thema, und ehrlich gesagt weiß ich selbst es auch gar nicht sooo genau und reduziere es wahrscheinlich zu sehr auf das Töten von Tieren und alle jagdbegeisterten Leser können mir wiedersprechen. Wie dem auch sei – nach meinem bisherigen Erleben gehören auf jeden Fall die Gärtner – ähnlich wie die Ornithologen - mit zu den angenehmsten Zeitgenossen. Und mit „Gärtner“ meine ich nicht die Gestalten, die mit Laubbläsern herumrennen, Sträuchern den „Hausmeisterschnitt“ verpassen und Granitstelen statt Hecken pflanzen.  „Gärtner“ sind für mich die Menschen, die leuchtende Augen bekommen, wenn die ersten Knospen schwellen, deren Händen man die Arbeit ansieht, in deren Gesichtern sich die Jahreszeiten eingekerbt haben. Menschen, die vor zarten Pflanzen andächtig in die Knie gehen, um sie zu bestaunen, Menschen, die sich sehnlichst Regen wünschen, wenn alle anderen vom „schönen Wetter“ schwärmen. Menschen, die in dem Verständnis leben, dass Pflanzen auch ein Wesen innewohnt. Menschen, die raunen: „Der Kerbel steht so schön – wann machen wir mal wieder Kerbelsuppe?“ Und genau diese Suppe essen wir dann mit großem Genuss.


Zutaten:

2 sehr große Gärtnerhände voll Kerbel (wer ihn nicht im Garten hat, sondern kaufen muss: 2 Bund)
1 Stange Lauch
500 g Kartoffeln
¾ l Gemüsebrühe
¼ l Weißwein *
1 Zitrone, Saft zum Abschmecken
150 – 250 ml süße Sahne (je nachdem wie kerbelbetont / sahnig man die Suppe mag)
Rapsöl zum Andünsten
Salz, Pfeffer, Muskatnuss
Optional: 2 Eigelb **

Zubereitung:

Kerbel waschen und verlesen, dabei die dickeren Stengel abknipsen, die dünnen Verzweigungen zwischen den Blättern kann man ruhig dran belassen.
Kartoffeln schälen und in kleine Stücke schneiden, Lauch putzen und in Ringe schneiden.

Lauch in Rapsöl andünsten, Kartoffelwürfel und die Hälfte des Kerbels dazugeben. Kurz mit dünsten dann mit Weißwein ablöschen und mit Brühe aufgießen. Zugedeckt köcheln lassen bis die Kartoffeln gar sind. Dann den restlichen Kerbel dazugeben und alles pürieren. Nun mit Salz und Pfeffer sowie Zitronensaft abschmecken. Die süße Sahne mit etwas geriebener Muskatnuss sowie einer Prise Salz würzen und dann leicht anschlagen. Unter die Suppe ziehen.

* Da bei uns kleine Gärtner(innen) mitessen, ersetze ich den Weißwein durch mehr Brühe plus ein Schluck Weißweinessig. Weißwein ist aber schon feiner.

** Um aus der Suppe eine richtige Festtagssuppe zu machen (und wer Verwendung für zwei übrige Eiweiß hat) kann sie mit 2 Eigelb legieren. Diese dazu einfach verquirlen und nach dem Pürieren in die Suppe rühren. Dann nicht mehr kochen!


©Hannah Nußbaumer, lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Ettenheim, wo sie mit viel Leidenschaft einen Bio-Laden betreiben. Hannah liebt als Gartenarchitektin das Leben mit und im Garten, das Sammeln, Ernten und Kochen. Ohne ihre beiden Herzensmenschen um sich herum wollte sie nicht sein, und ohne schöne (Kinder)Bücher, Stifte und der Möglichkeit sich draußen zu bewegen würde ihr etwas fehlen. Das Binden von Blumenkränzen, das Herstellen eines Hefeteiges sowie das (Er)kennen der uns umgebenden Umwelt sollte ihrer Meinung nach den gleichen Stellenwert haben wie Algebra und Grammatik.

DUBB: grüner Börek

Mittwoch, 22. April 2020


Ich gehöre zu alljenen, die nur Geschichen erzählen können, die mir irgendwie widerfahren. Meine Geschichten. Geschichten meines Umfelds. Geschichten meiner Zeit. Und gerade passieren ja Dinge - ich bekomme einfach nicht die Augen zugekniffen: in den ersten drei Wochen des Ausnahmezustands hat Frankreich bei 5,8 Millionen Kontrollen 359.000 Bußgeld-Strafzettel verteilt. 

Hilke vom Blog *Mein Frankreich* fasst nicht nur die strikten Regeln der Ausgangssperre zusammen, sondern etwa auch den französischen Bußgeld-Erlaß im Zusammenhang mit dem confinement:

*Zum 29. März 2020 gab es die inzwischen dritte Verschärfung. Die Grundstrafe bleibt bei 135 Euro. Das Bußgeld für die Nichteinhaltung der Maßnahmen erhöht sich bei einem Rückfall innerhalb von 15 Tagen auf 200 € und auf 450 € für die erhöhte Strafe, wenn sie nicht rechtzeitig bezahlt wird.

Wenn es mehr als drei Verstöße innerhalb von 30 Tagen gibt, wird der Verstoß zum Vergehen. Es wird mit einer sechsmonatigen Haftstrafe, einer Geldstrafe von 3.750 Euro sowie einer zusätzlichen Strafe für gemeinnützige Arbeit (TIG) bestraft.

Frankreich überwacht mit Drohnen aus der Luft sowie Zivilstreifen die Einhaltung der Ausgangssperren.*

Ich WILL nicht von Drohnen überwacht werden! Nicht auf der Straße und nicht im Wald! Liebes Frankreich, wir zwei, das war lange Zeit ein großes, amoureuses Abenteuer, aber im Moment haben wir eine Krise!

Und die Geschichte aus unserer Nachbarschaft schiebe ich noch hinterher: Bertrand - aus der Lebensgemeinschaft - pflanzt als Kleinstbauer Biogemüse an. Arbeitend auf einem seiner Felder weit entfernt von den nächsten Häusern, während seine zwei kleine Buben drumherum spielten, wurde er von der Polizei angesprochen: *Was machen die zwei Kinder hier draußen?* Bertrand: *Ich bin alleinerziehend, ich arbeite, die Schulen sind geschlossen.* Polizei: *Sie haben genau 10 Minuten, um die Kinder nach drinnen zu bringen!*

Und jetzt erklärt mir BITTE, dass ich dieses Intermezzo falsch interpretiere! Was passiert nur gerade mit unserer Gesellschaft?
 

Ich komme mir vor wie in einer geschüttelten Schneekugel: alles außerhalb unseres Gartens ist in Auffuhr. Und ich kann nur warten, dass sich das Durcheinander wieder legt. In unruhigen Zeiten sind Rituale eine Festung. Also: lange schon kein DUBB mehr hochgehalten, oder?

Hiermit verweise ich euch zurück auf den Börek. Dieses Mal gefüllt mit halb Spinat und halb Wildkräutern, die so herrlich püschelig wuchern in den grünsten Wochen des Jahres. Und anstelle von einzelnen Schneckchen habe ich eine große gelegt - dabei gilt es zu beachen, dass man die allererste (innerste) Rolle etwas weniger füllt als die äußeren (wegen des engeren Einrollens). Einen weiteren Tipp habe ich noch: hat man mehr als zwei Personen am Tisch sitzen, kann man die Filoteig-Blätter doppelt legen - so sättigt der Börek gleich deutlich mehr... Ansonsten same-same: DUBB!


Zustände: Estragon-Tagliatelle mit grünem Ofenspargel und Orangensauce

Sonntag, 19. April 2020


Die Rede des französischen Präsidenten war mir ein Ärgernis. Endlos-Geschwafel statt Informationen. 27 Minuten Redezeit hätte man auf einen Satz verkürzen können: die strickten Ausgangsbeschränkungen gelten weiter bis zum 11. Mai. In einer Demokratie erwarte ich, dass man mich als mündigen Bürger behandelt. Ich will - gerade jetzt wenn mir meine Freiheiten derart massiv genommen werden - in Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden: welche Prämissen zu welchen Entschlüssen führen, zwischen welchen Szenarien abgewogen und warum sich dann für diese eine und nicht für eine andere Marschrichtung entschieden wird. Ich will Fakten! Seriöse Überlegungen! Lagebesprechung! Stattdessen BlaBla mit der Fußnote *Teile der Antwort würden die Bevölkerung verunsichern.*

Aber hey: ich BIN bereits verunsichert - so wie viele andere auch. Also versuche ich mir weiterhin selbst meine Gedanken zu machen - was bleibt mir. Wir in der Tourismusbranche werden ja völlig in der Luft hängen gelassen. Ähnlich wie in Spanien legt sich ob der Härte der Maßnahmen eine Grabesstimmung über das Volk. Unabhängig davon, dass weder von nah noch fern Rettungswagen-Sierenen aufheulen oder die Regio-Zeitung drei Seiten mehr mit Todesanzeigen drucken muss, geht den Menschen die Situation aufs Gemüt. Wo sonst in den Schulferien in unserer Lebensgemeinschaft ums Eck die spielenden und lärmenden Kinder talweit zu hören waren, herrscht nun Todesstille.

Warum, fragt man sich automatisch, können andere Länder wieder mehr Richtung Normalität zurückkehren und wir in Frankreich nicht? Wie kann ein Virus in einem Land tödlicher sein wie in einem anderen? Überhaupt: ich verstehe diesen Virus nicht. Zu jeder Info über ihn, läßt sich genau so die gegenteilige Behauptung finden. Die tägliche Zahlen-Jonglage der Statistiken hilft mir nicht weiter. Tatsächlich besuchte ich zwei Semester lang ein Seminar über Erhebungen und Statistik - aber Asche auf mein Haupt - mit der einzigen Erinnerung daran, dass es komplizierter ist als es scheint. Das bestätigen mir immerhin Experten, sogenannt auch Professoren der Statistik (s. auf den Nachdenkseiten).

Und wie skurril, dass eine Pandemie so derart unterschiedliche, individuelle Ausprägungen hat! Was sich gut veranschaulicht am Beispiel der Familie der amerikanischen Sängerin Pink: sie berichtet, dass während sie und ihr 3jähriger Sohn todkrank waren, hatten gleichzeitig ihr Mann und ihre Tochter keinerlei Symptome. Mein Seuchen-Verständnis ging seither so: wer Pest hat, hat Pest und wer an Tuberkulose leidet, leidet an Tuberkulose. Versteht ihr, was ich meine? Folgt Willkür überhaupt einem Prinzip?

Nun, worin wir uns bestimmt einig sind, ist, dass der Boden auf den ein Virus trifft, anders ausgeprägt sein kann. Und mit *Boden* meine ich das staatliche Gesundheitssystem. Im Falle von Frankreich war das vor Covid bereits ein lupenreiner Katastrophenfall. Warum glaubt ihr, gab es die Gelbwesten-Proteste? Weil Extremos halt gerne auf der Straße rumstehen?

Die aktuelle Situation veranlasst mich, unsere persönliche Erfahrung zu den französischen Notfallaufnahmen laut zu machen. VOR Covid! Denn leider hatten wir die Ende letzten Jahres. Die Mitfühlenden lasen es zwischen den Zeilen meiner Posts heraus: dem Habib ging es nicht gut. Es ging ihm gar so schlecht, dass ich in einer kalten und regnerischen Nacht an einem Freitag den 13ten im Dezember gezwungen war, die SAMU zu rufen. Und das Elend nahm seinen Lauf.

Eine dreiviertel Stunde später traf der Rettungsdienst ein in Gestalt zweier junger Frauen - mit keinerlei medizinische Ausbildung dafür mit massiven Navigationsproblemen (sie fanden unsere Adresse nicht - in einem Dorf mit 10 Häusern), sowie das Auto zu steuern. Zuguterletzt waren sie nicht in der Lage den ohnmächtigen Patienten mittels Bare in den Wagen zu transportieren. Auf diese Weise (Details erspare ich) Eintreffen in der Notaufnahme des Krankenhauses der Hauptstadt des Departements 2 Stunden später -  ohne medizinische Versorgung. Drei-Minuten-Begutachtung durch eine Ärztin des nachwievor nicht ansprechbaren Patienten weitere 2 Stunden später.

In den völlig überfüllten Fluren der Notaufnahme verbrachte der Habib 17 Stunden auf der Krankenwagen-Pritsche - teils ohne Erinnerung/ Bewußtsein. Um eine Statsionsschwester zu zitieren: *Wir brauchen nicht weiter über diese Zustände hier reden: das ist Tschernobyl*. Dann - endlich - wurde ihm ein vorläufiges Bett im Krankenhaus zugeteilt - für eine Nacht. Entlassen wurde er von einer Ärztin, die seine Krankenakte nicht gelesen hatte, dafür aber einen Zeugen loswerden wollte, der mitbekam, wie ihr ein grob fahrlässiger Fehler mit dem Zimmergenossen unterlief. Entlassen mit einem Röntgenbild, besorgniserregendem Befund aber ohne Diagnose.

Erst in unserer jungen und sehr engagierten Hausärztin aus dem Nachbardorf fanden wir medizinischen Beistand - selbst während ihrer Weihnachtsferien. Alleine über ihre Arbeitsbedingungen zu berichten, würde einen weiteren ganzen Post füllen. Anschließende Untersuchungen folgten 2 1/2 Wochen später in einem eine Autostunde Fahrtzeit entfernten Krankenhaus - das seit 30 Jahren nicht mehr renoviert wurde und kurz vor der Schließung steht (ebenso wie das erst kürzlich erbaute Krankenhaus in der nächsten Kleinstadt - unterbesetzt an Fachärzten - demtsprechend ohne Auslastung). Immerhin mit Scanner. Immerhin äußerst freundlich. Ein Notfalltermin beim Cardiologen konnte von unserer Hausärtzin erst 7 Wochen später vermittelt werden. Wieder in einem anderen Krankenhaus, wieder mit einer Stunde Fahrtzeit. Undsoweiterundsofort...

Ein kollabiertes System zum Kollabieren zu bringen, sollte wohl keiner Pandemie bedürfen.


Wenden wir uns also lieber erfreulicheren Dingen zu wie dem Essen. Mit Spargel vom Markt!!! (drei Ausrufezeichen). Der findet immerhin wieder statt, mit einer ausgedünnten Zahl an Händlern, deren Stände in wirklich grottesk-weitem Abstand in riesigen Schlangenlinien auf einem entsprechend riesigen Parkplatz angeordnet wurden und den man nur von einer Richtung ablaufen darf (was vom Aufbau stark an die Murmelbahn aus Holz für Kinder erinnert). Auf den eingezäunten Markt selbst kommt man erst, wenn man am Eingang - der flankiert ist von viel Polizei - wiederum in Schlangenlinien wartet, bis man - seinen Passierschein vorzeigend und seine Hände desinfizierend - eingelassen wird. Um wieder an langen Schlangen vor den Marktständen zu stehen. Zur Zeit muss man BEWEISEN, dass man das lokal angebaute Gemüse auch wirklich will...

Und wir wollten. So, wie ich ein weiteres, frisches Grün aus dem Garten feiern wollte: den Estragon. Ansonsten ist dieses Gericht Blogspielerei, eine Mischung - wenn man so will - aus diesem oder diesem  und jenem Rezept. Et voilà, so leicht entsteht ein neues Geschmackserlebnis aus Spargel-Orange-Estragon auf der Terrasse bei Dauersonnenschein, einem rufenden Kuckuck in der Nähe und einem Wiedehopf in der Ferne ...

Zutaten 2P:

Pasta
200g Mehl Dinkel (m: 1050)
ca. 15g Estragon-Blätter
2 Eier
1 EL Olivenöl
1 Pr Salz

500g grüner Spargel (m: etwas mehr)
Salz, Pfeffer
1 Pr Zucker
etwas Olivenöl

Orangenbutter
1 Bio-Orange, der Abrieb davon
1/2 Zitrone, der Abrieb davon
1 Orange, der Saft davon
60g weiche Butter
fleur de sel
Pfeffer
Piment d'Espelette
frisch geriebener Parmesan 
(optional: eine handvoll halbierte Physalis)

Zubereitung:

Die Blätter des Estragon vom Stiel ziehen, etwas kleiner hacken und in einem Mixer zusammen mit den zwei Eiern so fein wie möglich pürieren. Nun mit den restlichen Zutaten für die Pasta mischen und daraus sorgfältig einen homogenen Teig kneten, der nicht zu weich und nicht zu fest ist. In Folie wickeln und mindestens 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen - Pastateig also wie gewohnt herstellen und kühl stellen. Nach der Ruhezeit auswellen (m: marcato: bis Stufe 6 von 7) und in Tagliatelle schneiden.

Für die Orangenbutter die Orange und die Zitrone unter heißem Wasser gründlich spülen und mit Küchenpapier abtrocknen, die Schale dünn abreiben, von der Zitrone nur hälftig. Den Saft der Orange auspressen und auf 1 Esslöffel einkochen lassen, abkühlen lassen.

Die Butter schaumig schlagen, abgeriebene Schale und konzentrierten Saft unterrühren, kräftig mit Salz, Pfeffer und Piment d'Espelette würzen. Die Buttermischung bis zur Verwendung kühl stellen (kann schon am Vortag gemacht werden).

Den Backofen auf 200°C vorheizen.

Die Spargelenden abschneiden und das untere Drittel schälen. Eine ofenfeste Form (oder ein Backblech mit Backpapier) mit Öl bepinseln und den Spargel darin einlagig ausbreiten. Mit Olivenöl bepinseln, salzen, pfeffern und mit einer Prise Zucker würzen. Den Spargel für ca. 15 Minuten auf der mittleren Ebene in den Ofen schieben, bis der Spargel gar. 

Reichlich Salzwasser zum Kochen bringen. Gleichzeitig in einer Pfanne die Zitrusbutter schmelzen. Den Spargel in mundgerechte Stäcke schneiden und in der Butter nochmals schwenken, während die Nudeln al dente garen. Die Pasta abschütten, gut abtropfen lassen und mit dem Spargel in der Pfanne wiegen. Eventuelle nochmals salzen und pfeffern und mit Parmesan servieren.


Geier - gebackenes Blumenkohl-Sandwich mit Spinat/ Lauch und Käse

Mittwoch, 15. April 2020


Der Geier ist bei uns der größte Vogel im Himmel mit einer Flügelspannweite von beinahe 3 Metern. Und wo ein Geier ist, da ist normalerweise auch ein zweiter. Wenn im Frühling die Schafe im Tal verteilt auf den Wiesen stehen, dann lassen sich die Geier von der Terrasse beobachen. Und eine ganze Kolonie von Geiern - über 40 Stück - die in mächtigen Spiralen der Thermik folgen, ist großes Kino, ist ein eindruckvolles Spektakel!

Ich denke, wenn ich die Geier sehe, an die Pyramiden, die wir in Ägypten besuchten, deren Türstürze oft mit Geier-Hieroglpyphen geschmückt sind, so dass man, um von einem Raum in den anderen zu gelangen, unter ihnen hindurch muß. Wer es versteht: tief symbolisch.

Und mir fallen die Himmelsbestattungen ein, die uns in Tibet begegneten. Und zuletzt im Iran in Zusammenhang mit dem Zoroastrismus, wo wir die *Türme des Schweigens* begutachteten, der Ort an dem die Tote den Geiern übergeben wurden. Gut, müsste (!) ich mich jetzt entscheiden, wo ich lieber Bestatter wäre, dann wohl eher in unserem Kulturkreis. Denn für die Geier müssen die Leichen von den Ragyapas - Gebete rezitierend - entsprechend zerstückelt und die Knochen gar mit Hämmern pulverisiert werden. Auf diese Weise wird der Tote restlos von den Vögeln in den Himmel getragen. Eigentlich ein schöneres Bild.

Für den Toten selbst sollte die Art der Bestattung gleich sein. Egal ob als spiritueller Mensch oder nicht. Denn geht der eine davon aus, dass der Geist samt Bewußtsein ohne Körper fortlebt und die Hülle dann eh nicht mehr gebraucht wird, so hat sich für den Atheisten mit dem Tod ja sowieso alles komplett erledigt. Ein Gedankenspiel, das gut passt zum Fest der Auferstehen, das wir gerade gefeiert haben. 

Nur wurde mir jüngst wieder vor Augen gehalten, dass die Mehrheit der Menschen einfach nullkommanull Vorstellung von *Geist* hat. Ein  Wort, das wohl nur mit Mühe mit Inhalt gefüllt werden kann. Das hat mir die Sendung über Hexenverfolgung regelrecht demonstriert (unterirdisch in dem Zusammenhang auch das Thema der Denunziation - welches, wie ich erschüttert registriere, eine Renaissance erlebt). Aber worauf ich eigentlich rauswollte: im Mittelalter wurden die bereits verschacherten Leichen der *Hexen* wieder ausgegraben, um ihnen dann die Gliedmaßen abzutrennen, damit diese Teufel nicht in ihren Körper zurückkehren und Rache nehmen können. Da schlägt man sich doch die Hand vor den Kopf. Aber soviel weiter sind wir seither nicht gekommen. Ehrlich, kein Wunder kapieren die wenigsten Polarität - oder die Tiefe von Homöopathie...

Nun, um alle meine Geier-Assoziationen loszuwerden, verweise ich euch noch auf den alten, Schwarz-Weiß-Film *Die Geierwally*. Dieser Film war wiederum die Empfehlung eines französischen Freundes, der definitiv mein Telefonjocker für Geschichte und bewegte Bilder wäre. Ein ganz tolles cineastisches Zeitzeugnis!

Zuguterletzt muss ich euch noch die Geschichte von meinem sensationellen Geier-Foto erzählen. Erkennt ihr auf dem einen Bild die Feder, die der Geier im Flug verliert? Exakt diese habe ich später ganz am Rande unseres Gartens in einer Hecke gefunden. Hätte ich keine Beweis-Dokumente - das würde mir doch kein Schwein glauben, oder?!


Zurück zum Teller. Wir essen nachwievor viel Kohl, weil ich uns damit auf einen Einkaufsschlag mit viel Gemüse eindecken kann. Und das Einkaufen von Lebensmitteln war noch nie freudloser wie momentan. 

Die Blumenkohlscheiben halten gebacken gut zusammen. Wir haben diese Sandwiches schon gegessen in der Spinat-Wildkräuter-Edition (jedes frische Kraut erhält gerade seine Extra-Aufmerksamkeit - das werdet ihr in den kommenden Rezepten sehen) und in der Variante mit Lauch (der nun bald anfangen wird zu schießen und runter muss vom Feld). Wir bevorzugten als Füllung den Lauch, der sich geschmacklich besser ins Gesamte einfügt. Wirklich lecker, die knusprige untere Blumenkohl-Scheibe, der zerlaufene Käse... nicht von ungefähr habe ich dieses Gericht bald wieder auf den Tisch gebracht.

Zutaten 2P:

1 Blumenkohl (600g)
2 Frühlingszwiebeln
(oder junger Knoblauch)
4 EL Butter
Salz, Muskat
2 Eier (M)
40g Einkorn-Vollkornmehl
50g Semmelbrösel
200 g Blattspinat/ Wildkräuter
(oder besser: 2 Stangen Lauch)
125 g Raclettekäse in Scheiben
Butter/ Öl

Zubereitung:

Blumenkohl in Röschen teilen (m: über Wasserdampf al dente gegart) und im Universalzerkleinerer oder in einem guten Mixer fein mixen - allerdings nicht zu völligem Mus.

Frühlingszwiebeln (oder junge Knoblauchstangen) putzen und in feine Ringe schneiden und diese kurz in etwas Butter schwenken. Mit wenig Salz und Muskat würzen. Abkühlen lassen.

Den Ofen auf 220 Grad vorheizen (Umluft 200 Grad).

Blumenkohl mit Eiern, Zwiebeln und Mehl und Bröseln mischen, abschmecken. Die Masse soll so fest sein, dass man sie gerade gut formen kann. Ein Backblech buttern (besser auf Backpapier) oder mit einer Silikonmatte auslegen.
Die Blumenkohlmasse darauf zu 4 Rechtecken formen, die an Toastscheiben erinnern. Mit jeweils ein wenig Bröseln bestreuen.

Im Ofen etwa 20 Min. backen, dann herausnehmen und abkühlen lassen.

TK-Spinat einfach auftauen lassen und dann gründlich ausdrücken. Oder frischen Spinat waschen und in reichlich kochendem Salzwasser einmal aufwallen lassen, dann abgießen, abschrecken und ebenfalls ausdrücken. Ein paarmal durchschneiden, dann leicht salzen. (im Falle von Lauch: diesen in Butter kurz rösten, 3-4 EL Gemüsebrühe dazugeben, mit Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker würzen und weich garen).

Butter in einer Pfanne aufschäumen lassen, alle 4 Blumenkohl-Scheiben mit der Bröselseite nach unten einlegen (ging in meiner größten Pfanne nur nacheinander - also jeweils 2 Scheiben), das geht am besten mit einem breiten Pfannenwender.

Zwei Scheiben mit Spinat belegen, 2 Min. backen. Spinat mit Käse belegen und mit Pfeffer bestreuen.

Mit den beiden anderen Blumenkohlscheiben belegen (m: Deckel auflegen), noch kurz durchwärmen und dann auf Teller setzen.
 
Quelle: SZ-Magazin










12 von 12 - April 2020

Sonntag, 12. April 2020













1. Wir beginnen den Ostersonntag mit einem außergewöhnlichen Start, nämlich mit einem *european breakfast* - so zumindest wird es unterwegs auf den Frühstückskarten dieser Welt genannt, wenn Ei mit Brot angeboten wird... anstelle von unserem alltägliche Porridge.

2. Das Wimmelbild zeigt unsere Wildbienen: es ist jedes Jahr beeindruckend, wenn sie wieder in ihren Bienenstock oberhalb des Esstischfensters in einer Nische in der Natursteinmauer einziehen - als würden sie abwarten, bis die Kirsche in voller Blüte steht. Wie ortstreu sie sind. Anhänglich? Die Bienen wissen mich zu berühren

3. und 4. Unser Garten ist unser Naherholungs-, Beschäftigungs- und Hauptaufenthaltsort - nur ist es viel zu lange schon besorgniserregend trocken. Und viel zu warm. Unsere Wasserreservoirs sind so leer wie im Spätsommer und grün veralgt. Zudem ist die Wasserpumpe kaputt - doch der Tausendsassa Habib bekommt sie wieder hin

5. Mittagessen: Gemüse mit Gemüse - Kürbisgnocchi, Romanesco, Haselnuss-Brösel, Zitronenthymian

6. und 7. und 8.  Im Treibhaus wächst und gedeiht es unter dem grünen Daumen des Habibs, so dass es eine wahre Freude ist, Blumen neben Gemüse - als Babypflanze sind sie alle gleich süß!

9. Kuchenzeit, den kennt ihr schon, den Kaffeekuchen - dieses Mal mit doppelter Nescafe-Dosis: lecker!

10. sonnenbadendes Smaragdeidechsen-Männchen

11. die Küchenschelle bekam hier schon einen eigenen Post - für mich lebt sie im Zwischenreich von Pflanze und Tier (ihr Fell!!) und bei ihr zu sitzen und über ihre Zartheit zu streicheln vermag Trost zu spenden (mehrfach erprobt). Außerdem: ist sie alleine wegen ihres Namens nicht soetwas wie die Schutzpatronin der Foodblogs?

12. notwendiges, allabendliches Gießen - vorbei an einem von Feuerwanzen belagerten blühenden Kohlrabi - die Hauptarbeit übernimmt der Habib, während ich Yoga mache.

voilà, voilà - ein heimeliger Ostersonntag, der überwiegend draußen stattfand und unberührt vom Rest der Welt...
... mehr Eindrücke von heute zusammengefasst in 12 Bildern wie jeden Monat yon Initiatorin Mme Kännchen


Ostern 2020 - Desiderata


*Gehe ruhig und gelassen durch Lärm und Hast und sei des Friedens eingedenk, den die Stille bergen kann. Stehe, soweit ohne Selbstaufgabe möglich, in freundlicher Beziehung zu allen Menschen. Äußere deine Wahrheit ruhig und klar und höre anderen ruhig zu, auch den Geistlosen und Unwissenden; auch sie haben ihre Geschichte. 

Meide laute und aggressive Menschen, sie sind eine Qual für den Geist. Wenn Du Dich mit anderen vergleichst, könntest Du bitter werden und dir nichtig vorkommen; denn immer wird es jemanden geben, größer und geringer als du. Freue dich deiner eigenen Leistungen wie auch deiner Pläne. 
 
Bleibe weiter an deinem eigenen Weg interessiert, wie bescheiden auch immer. Er ist ein echter Besitz im wechselnden Glück der Zeiten. In deinen geschäftlichen Angelegenheiten lasse Vorsicht walten, denn die Welt ist voller Betrug. Aber nichts soll dich blind machen gegen ebenfalls vorhandene Rechtschaffenheit. 

Viele Menschen ringen um hohe Ideale, und überall ist das Leben voll Heldentum. Sei du selbst, vor allen Dingen heuchele keine Zuneigung, noch sei zynisch, was die Liebe betrifft, denn auch im Augenblick aller Dürre und Enttäuschung ist sie doch immerwährend wie Gras. 

Ertrage freundlich und gelassen den Ratschlag der Jahre, gib die Dinge der Jugend mit Grazie auf. Stärke die Kraft des Geistes, damit sie dich in plötzlich hereinbrechenden Unglück schütze. Aber erschöpfe dich nicht in Phantasien. Viele Ängste kommen aus Ermüdung und Einsamkeit. Neben einer heilsamen Selbstdisziplin sei freundlich mit dir selbst.

Du bist Kind Gottes genauso wie die Bäume und die Sterne; du hast ein Recht, hier zu sein. Und, ob es dir bewußt ist oder nicht, es besteht kein Zweifel, das Universum entfaltet sich wie vorgesehen. Darum lebe in Frieden mit Gott, was für eine Vorstellung du immer von ihm hast. 

Was auch deine Arbeit und dein Sehnen ist, erhalte dir den Frieden mit deiner Seele in der lärmenden Wirrnis des Lebens. Mit all der Schande, der Plackerei und den zerbrochenen Träumen ist es dennoch eine schöne Welt. Strebe behutsam danach glücklich zu sein.* 
(Max Ehrmann)


In diesem Sinne einen schönen Oster-Sonntag euch allen!



Feld-Lilie

Pabuk: Physalis-Tarte

Donnerstag, 9. April 2020


Silbern erhellt der Mond das Tal. Ich bin aus tiefem Schlaf erwacht und blicke aus dem Fenster, das ich vorsorglich abgedunkelt habe. Es tut mir nicht gut, wenn das Mondlicht direkt auf mich trifft. Vollmond. Er macht mich unruhig. Ich lausche in die tiefe Stille. Kein Geräusch ist zu hören. Es ist eine Stille, der der Frieden fehlt. Man merkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Eine Atmosphäre, die mich an Thailand erinnert:


Kein Lüftchen bewegte sich. Als würde alles innehalten. Die Blätter hingen regungslos an den Zweigen, das Grillenzierpen legte eine Pause ein und das Froschkonzert wurde aus aktuellen Gründen vertagt. Kein Mopedheulen weit und breit. Alles blieb zuhause. Unbeteiligt. Lahmgelegt. Wie Mehltau über allem. Man konnte es mit Händen greifen: irgendetwas liegt in der Luft. Man spürte es wie ein Tier.

Und so warteten wir mit allen anderen. Wie warten aufs Christkind. Nur andersherum. Es hieß, ein Tropensturm rollt auf uns zu, der schwerste den die Andaman-See seit vielen Jahrzehnten zu erwarten hat. Chai - unser Vermieter - hatte Angst. Und Angst steckt an. Er kannte Geschichten über solche Stürme nur von seinem verstorbenen Vater - wie Dächer und ganze Häuser wegfliegen und Palmen umknicken wie Mikado-Stäbchen. Das Militär fuhr regelmäßig die Küstenstrasse entlang und informierte über Lautsprecher alle Anwohner, dass sie nicht in ihren Häusern bleiben konnten. Über hunderte Kilometer wurde ein Küstenstreifen am thailändischen Festland evakuiert - ebenso wie die Inseln Koh Tao, Koh Samui und Koh Phangan.

Ich schlief schlecht, diese erste Nacht nach seiner Ankündigung, ein Ohr auf laut gestellt, stets auf Habacht, jederzeit bereit hochzuschrecken. Aber Pabuk bewegte sich auf dem Meer sehr langsam. Wir warteten drei Tage und Nächte auf ihn - wie in einem Zeitvakuum mit bleiernen Gewichten an den Stunden. Unvergesslich. Wie verschluckt von einem Schlund aus grauem Nebel. So muss es sich anfühlen, wenn sich *das Nichts* aus *Die unendliche Geschichte* nähert. Große Hektik als wir zum evacuation center gebracht wurden (mein eigentliches Pabuk-Ereignis - doch dazu ein anderes Mal). Denn dann - am Schluß - kam alles anders. Denn dann ging Pabuk - hingegen aller Ankündigungen - die Puste aus. Der Zyklon schrumpfte zu einem Stürmchen zusammen.


Leider habe ich diese Hoffnung gerade nicht. *Was*, seufze ich beim Frühstück gen Habib sorgenvoll Richtung Zukunft blickend, *wenn die Grenzen zu bleiben? Was, wenn diese Saison kaum Feriengäste zu uns kommen können?* Ich schaue in das Garten gebräunte Gesicht des Habibs. *Ijooh*, macht er, *auch das kriegen wir hin. Auch das geht vorbei.* Wie Balsam wärmt mich die Kraft seiner Zuversicht und inneren Ruhe. Wie eine Katze fühle ich mich, über die eine entschiedene Hand einmal vom Kopf über den Rücken bis zum Schwanz streichelt und die dabei jeden berührten Muskel gespannt entgegenstreckt. Jede sollte einen Habib haben.


Mir fällt ein wie *Der Alchimist* Santiago zurechtweißt, warum ihn die Zukunft interessiere - denn komme etwas Gutes auf ihn zu, dann überrasche es ihn allzeit gut; ist es jedoch etwas Schlechtes, dann aber belaste ihn es vor der Zeit: *Wenn du der Gegenwart Beachtung schenkst, dann kannst Du sie verbessern. Und wenn Du sie verbessert hast, dann wird das Nachfolgende auch besser sein. Vergiss also die Zukunft und lebe jeden Tag im Vertrauen, dass jemand für uns sorgt. Jeder einzelne Tag enthält die Ewigkeit in sich.* Also halten wir uns an die Gegenwart: den duftenden Fliederstrauch auf dem Küchentisch, die ersten aufplatzenden Rosen im Garten, an das Rotschwänzchen, das direkt über der Terrassentür sein Nest errichtet, die Habib-Zöglinge im Treibhaus, die wacker ihre grünen Köpfchen rausstrecken. Und an ZAZ und die Zärtlichkeit! Und ein Stück Kuchen zwischen den Zähnen.


Tarteform 24cm

Teig:
60g Haselnüsse, geröstet, gemahlen
40g Einkorn-Vollkorn
90g Dinkel 630
Salz
1/4 TL Kardamom
etwas kaltes Wasser
90g Butter, kalt in Flöckchen
20g Crème fraîche*
etwas kaltes Wasser

250g Phyalis (m: eigene)
200g Mascarpone
70g Rohrzucker
Abrieb 1/2 Orange
30m Orangensaft
3 Eier
1 EL Maisstärke
(optional 2 EL Grand Manier
oder 1TL Orangenblütenwasser)

Zubereitung:

Aus den Zutaten für den Boden zügig einen homogenen Teig kneten, in Folie wickeln und mindestens 1 Stunde kalt stellen. Eine Tarteform (m: mit herausnehmbaren Boden) buttern und mit Mehl bestäuben. Teig so ausrollen, dass man damit die Form samt Rand auskleiden kann. Nochmals für 10 Minuten in die Tiefkühle.

Für die Füllung Phyalis aus ihrer Hülle befreien. Maisstärke in Orangensaft glatt rühren. Dann alle Zutaten glatt pürieren/ mixen.

Ofen auf 210° Umluft (m: Intensivbacken) vorheizen. Die Tarte für 15min blindbacken - dafür Boden mit Backpapier abdecken und mit Hülsenfrüchte ausfüllen. Nach der Viertelstunde im Ofen, Backpapier und Hülsenfrüchte entfernen und für weitere 5min bei 200° backen.

Die Phyalis-Crème auf den Boden gießen und in ca. 30min bei 175° (O/U-Hitze) fertigbacken. Auskühlen lassen.

*Anmerkung m: für weniger Geübte empfehle ich die Crème fraîche im Tarteteig durch ein Eigelb zu ersetzen - gibt dem Teig mehr Zusammenhalt. Die Fülle kann nach Belieben mit Grand Manier oder Orangenblütenwasser parfümiert werden (wie die Fränzis so hübsch sagen). Phyalis könnte man durch Mango (die bekomme ich gerade sehr günstig angeboten hier in F) ersetzen und etwas Limettenabrieb - dann aber möglicherweise (s. Kommentare) besser eine kalte Crème mischen, die mit Agar Agar (oder Gelatine) gebunden und auf den völlig blind gebackenen Boden gegossen wird...

der Löwenzahn färbt die Wiesen unseres Tals gelb

ZAZ singt den wunderschönen, alten Chanson *la tendresse* - man kann vieles entbehren, aber was ist das Leben ohne Zärtlichkeit...