Ungeheuer - Apfelkuchen oder Apfel mit Kuchen

Sonntag, 29. März 2020


Ich gebe es zu: auch ich bin über die Frage der Verhältnissmäßigkeit der Maßnahmen gestolpert. Das hat zum einen damit zu tun, dass in Deutschland Erkältung und Grippe schnell in einen Topf geworfen werden und man deshalb beide Begriffe gerne miteinander vertauscht - was zwangsläufig die anfängliche, mediale Verharmlosung verstärkte. (Im Gegensatz zu Frankreich, wo begrifflich deutlich zwischen beiden Krankheiten unterschieden wird -  entsprechend der unterschiedlichen Krankheitsverläufe). Zum anderen leuchten mir viele der Einschränkungen schlicht nicht ein. Keiner konnte mir bisher schlüssig erklären, warum im Falle einer Pandemie nationalen Grenzen dicht gemacht werden. Warum konzentriert man sich nicht grenzüberschreitend mit vereinten Kräften auf erkannte Krisenherde - das wäre doch viel sinnvoller, viel solidarischer und vorallem VIEL effektiver. Und zwar für die Weltgesundheit!

Wie sehr dieser Virus wüten kann, sieht die Welt in Italien. Und doch revidiere ich meinen Verdacht nicht, dass die Enteignung sowie der finanzielle Ruin der Kleinen zugunsten internationaler Monopolisten (s. etwa hier und hier) ein verdecktes Motiv für die außergewöhnlichen Maßnahmen sind. Ein Reset unseres Finanzsystems steht schon lange an (Stichwort *Jubeljahr*). Es deutet gar darauf hin, dass es noch viel ungeheuerlicher sein könnte. Doch um bereit zu sein, sich mit derlei Skrupellosigkeit auseinanderzusetzen, muss man es mit dem Anspruch des Regisseurs Kurosawa halten: *Ein Künstler schaut niemals weg*, denn man blickt tief in die Bösartigkeit der Menschen. Wahrlich, die Hölle muss niemand mehr erfinden, die Erde ist bereits die Potenz davon.

Eigentlich kann man sich gar nicht hindenken wie perfide höhere Interessen umgesetzt werden, hätte Arte nicht hilfreich und parallel zur momentanen Krise die Dokumentation *Bloß keine Tochter* ausgestrahlt. Der Film zeigt, dass der gravierende Frauenmangel kein nationales, selbst verschuldetes Phänomen einzelner (asiaischer) Länder ist, sondern Folge gezielter Bevölkerungspolitik von Industrienationen nach dem Zweiten Weltkrieg sowie deren Angst vor einer Bevölkerungsexplosion. Hilfspakete wurden an die Auflage von Geburtenkontrolle gekoppelt. Das Thema der indischen Massen-Zwangskastrationen und -sterilisationen der untersten Kaste beschreibt ebenso der von mir kürzlich gelesene Roman *Das Gleichgewicht der Welt*, der mich fassungslos zurücklies.

Warum soll die Angst vor dem Bevölkerungswachstum der führenden Riegen mit dem Klimawandel weniger geworden sein? Ein Virus wie dieser könnte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: während man Kapital umschichtet, wird gleichzeitig die Bevölkerung dezimiert. Ja, ich weiß, eine wahrlich ungeheuerliche Vermutung.

Nun wird eine Diskussion angestoßen, in der man Volksgesundheit gegen Wirtschaftskraft gegeneinander abwägen will. Zwei Prinzipien, die sich aus ethischen Gesichtspunkten noch nicht einmal berühren dürften (ein guter Moment, um sich den kaputt gesparten Gesundheitssektor - nicht nur in Deutschland - in Erinnerung zu rufen). Müsste man sich in Entweder-Oder-Manier für einen Wert von beiden entscheiden, kreiert man eine klassische Zwickmühle. Bref: das Covid-Virus ist das eine, was die Politik daraus macht das andere.


Über einen Gedankengang, der mehr und mehr gestreut wird, geriet mein Blut derart in Wallung, dass es mir den Schlaf raubte. Denn um die obige Überlegungen auf die Spitze zu treiben, wird nun auf beispiellose Weise versucht, Alt und Jung gegeneinander auszuspielen: Es könne nicht sein, sagte der Vize-Gouverneur von Texas in einem Fernsehinterview auf Fox News, dass die Wirtschaft der Coronakrise geopfert werde. Man müsse wenigstens diskutieren, ob nicht die älteren Bürger geopfert werden sollten. Unter der Rubrik: *Die Alten sterben sowieso*. Eine Idee, die wohl mehrere für nachdenkenswert halten: *Retten wir Leben oder verlängern wir das Sterben?*. Oder: *Altenheime sind wahre Zeitbomben*. Oder manche Länder wie Malta isolieren nun Menschen über 65...

Merken wir eigentlich noch, wie verkommen wir sind? Wie sehr wir von jedem guten Weg abgekommen sind. Wie sehr ohne Werte und Moral? Jeder Mensch durchläuft den gleichen, biologischen Zyklus - wie kann in der Bewertung eines Menschenleben unterschiedlich gewichtet werden, an welcher Stelle der einzelne in diesem Zyklus steht? Sollte man vielleicht Waffen an die Jugend verteilen, um dem Elend der Alten ein schnelleres Ende zu bereiten? Ersticken soll ja ein sehr qualvoller Tod sein. Und im Falle von Covid zudem ein einsamer. Wohlangemerkt sei: Covid verschont die Jungen nicht, auch sie können daran sterben - nur im Vergleich weniger häufig.

Sämtliche indigenen Völker zeichnen sich darin aus, dass sie ihre Alten besonders ehren. Gut, sie leben auch im Einklang mit der Natur - eine Harmonie, von der der moderne Mensch sich schon längst abgewandt hat. Die degenerierte Industriegesellschaft verdreht diesen Respekt in die andere Richtung: Kinder laufen nicht mehr selbstverständlich mit sondern werden helikoptert - was sich widerspiegelt in einem angezogenen und ausgeprägen Eigensinn und Starrsinn, wie Heidi Keller, Professorin für Psychologie, darlegt: *Wenn Kinder bei uns sich malen, füllen sie das ganze Blatt, Kinder in kamerunischen Dörfern malen sich winzig klein. Sie sehen sich dort als Teil eines sozialen Gefüges, wir sind sehr raumgreifend.*
  
Mir ist, als hätten die Industrienationen die amerikanische Konsum-Kultur so verinnerlicht, dass uns gar nicht bewußt wird, dass wir das *America-first*-Prinzip bereits individualisiert haben: *Ich zuerst - nach mir die Sinnflut.*

Doch - um wieder etwas Licht ins Dunkel fallen zu lassen - jede Krise beinhaltet auch eine Chance, wie Frau Novemberregen so trefflich schreibt: Es sind merkwürdige Zeiten, in denen alles unglaublich beschleunigt passiert, aber gleichzeitig auch alles in einer unglaublichen Klarheit reduziert ist, alle Sterne brillieren, alle Sollbruchstellen brechen, es gibt sehr wenig "dazwischen" im Moment.* Der Putz brökelt - jeder kann nun zeigen, was darunter zum Vorschein kommt. Für Wahrheitssuchende gibt es viel zu entdecken...


Wie heißt es so schön: Poesie ummantelt die bittere Pille der Wahrheit mit Zucker. Es gibt Kuchen zum heutigen Text. Mit der Symbolfrucht der Erkenntnis: einen Apfelkuchen mit extra viel Apfel. Man könnte auch sagen Apfel mit etwas Teig...

Zutaten - eine Springform:

125 Butter
90g Rohrzucker
3 Eier
1/2 P Backpulver
200g Mehl (m: D630)
50g geröstete, gemahlene Haselnüsse
1 1/2 kg Äpfel (m: ca. 1 1/4 kg)
(Saft 1/2 Zitrone) 
1/2 Tonka-Bohne, Abrieb davon

40g Butter
2 EL Rohrzucker  mit Zimt
(oder Sugar-Spice)

Zubereitung:

Eine Springform buttern und mit Mehl bestäuben.

Äpfel schälen und in große Stücke schneiden (je nach Größe der Äpfel in Achtelstücke) und mit dem Zitronensaft beträufeln.

Butter mit dem Zucker cremig aufschlagen und dann nacheinander die Eier umrühren. Zuletzt Mehl zusammen mit dem gesiebten Backpulver unterrühren (m: 2 EL Ofen-Apfelmus untergemischt).

Äpfel unter den Teig mischen und dann in die vorbereitete Springform feben und etwas glätten (so gut das eben geht).

Im vorgeheizten Backofen bei 200 °C Ober-/Unterhitze auf der unteren Schiene ca. 50 bis 55 Minuten backen. Nach 45 Minuten mit viel flüssiger Butter bestreichen (m: Butterflöckchen darauf verteilt) und mit Zucker samt Gewürz der Wahl (Zimt oder Sugar-Spice) bestreuen. 


Sollte der Kuchen zu dunkel werden mit etwas Backpapier abdecken.

Anmerkung vom Original-Rezept: Es scheint zwar, dass es zu viele Äpfel sind im Verhältnis zum Teig, aber keine Angst. Der Teig sucht sich seinen Weg durch die Äpfel und dient eigentlich nur als zusammenhaltende Form für die Äpfel.  


Anmerkung m: Ich hatte das Back-Pu vergessen - hat trotzdem funktioniert, doch empfehlenswerter ist es, den Teig damit etwas aufzulockern. Ein wirklich safiger Kuchen, der sich ganz prima mit Schlagsahne essen lässt. Ach, und auf dem einen Bild mit den Wildtulpen ganz links: da wohnen wir...

Inspiration: CK
 
die Wild-Tulpe - jedes Frühjahr eine Erscheinung

Gastbeitrag: Hannahs rosarote Gnocchi

Freitag, 27. März 2020


Kann man heute in der aktuellen Situation, in der unser Leben so stark von den Gedanken, Nachrichten und Sorgen um, von und vor dem Corona Virus bestimmt ist, einen Blogpost schreiben, ohne darauf Bezug zu nehmen? Zumindest als Gast hier, die ich ja nur hin und wieder etwas schreibe, käme es mir ignorant vor, auch wenn uns hier im kleinstädtisch, ländlichen Bereich die Auswirkungen später und zuerst abgepuffert erreicht haben, als in Ballungszentren. Wir leben in einer Kleinstadt im südwestdeutschen Raum, nördlich von Freiburg und bis vor zwei Wochen schienen die Nachrichten von Covid-19 sich in einer anderen Welt abzuspielen. Dann wurden hier die ersten Schulen geschlossen, es folgten die Kindergärten und nun sind die Auswirkungen der Krise auch hier angekommen - allen voran die Angst und die Unsicherheit aber auch leere Toilettenpapierregale und ausverkauftes Desinfektionsmittel, abmontierte Türklinken, Zugangsbeschränkungen und der Sicherheitsabstand. Das öffentliche Leben ist gen Null gefahren, die Straßen leer. Hier in der Kleinstadt fällt das natürlich nicht so auf, wie wenn in Paris die Champs-Elysées wie leer gefegt ist, aber doch herrscht auch hier der Ausnahmezustand.

Wie gerne würde ich versuchen dem Ganzen etwas Positives abgewinnen zu können, zum Beispiel, dass Familien jetzt mehr Zeit füreinander haben, alle Menschen sich auf das Wesentliche besinnen, anfangen auf ihre Mitmenschen zu achten, ihre Gärten herauszuputzen, zu säen, den unwahrscheinlich blauen Himmel genießen, vielleicht tatsächlich ein schönes Hobby pflegen, für das sonst keine Zeit blieb. Jetzt haben wir die Zeit! Nachdenklich stimmt mich dabei jedoch was der Auslöser für diese krasse Verhaltensänderung ist. Bestätigt das doch wieder einmal, dass wir Menschen unser Verhalten wirklich erst ändern, wenn der Leidensdruck bzw. die Angst immens sind. Warum ist das so? Und schaffen wir es aus dieser Krise – so wir sie denn hoffentlich bald wieder gesund überstanden haben – zu lernen und nicht direkt wieder in alte Muster zu verfallen? Wie gerne würde ich die rosarote Brille aufsetzen und hoffnungsvoll sein. 

Nun, wenn schon nicht rosarote Brille, dann rosarote Gnocchi. Auf Michas Blog als Gast ein Gnocchirezept zu veröffentlichen, grenzt fast an Wagemut, schließlich ist sie so was wie die „Gnocchi-Queen“  - man klicke nur mal auf „Gnocchi“!

So kommt es auch dazu, dass es kurz hintereinander zwei Gnocchi Rezepte hier zum Nachkochen gibt – wir hatten uns nicht abgesprochen. Micha war es natürlich auch, die mich überhaupt dazu animiert hat Gnocchi selber zu machen, und noch besser – die Scheu davor à la „das ist kompliziert“ zu verlieren. Einzig das Rezept muss zuverlässlich sein. Das sind Michas Rezepte bekanntermaßen und auch dieses hier darf ich euch als erprobt anpreisen. Genauso wie Micha verwende ich Ziegenfrischkäse und zwar einen recht festen, den es bei uns gibt. Beim Mehl lässt mich meine Experimentierfreude gerne zu verschiedenen Getreidesorten greifen. Unten gebe ich euch meine Variante mit Buchweizen- und Dinkelvollkornmehl an. Da Buchweizenmehl kein Gluten enthält, gebe ich zur Sicherheit 1 TL Stärke dazu. Natürlich kann man auch einfach nur Dinkel- oder Weizenmehl nehmen. Beim Formen der Gnocchi können ganz Ambitionierte noch mit der Gabel ein Rillenmuster reindrücken. Das spar ich mir meistens, schmeckt auch so. Muss ich ferner noch erwähnen, dass „rosa Klößchen“ natürlich ein Lieblingsessen unserer dreijährigen Tochter sind? Eh, klar.


Zutaten - 4 Personen:

ca. 700 g Rote Bete (davon kommen 150 g in den Gnocchi Teig)
75 g Parmesan
400 g Ziegenfrischkäse
1 Ei
90 g Buchweizenmehl
85 g Dinkelvollkornmehl
1 TL Stärke
Salz
Pfeffer
etwas Mehl zum Bearbeiten

Für das Rote Bete Gemüse:
Olivenöl
etwas Butter
1 Handvoll frische Kräuter
Balsamicoreduktion, ein alter Balsamico oder Apfelbalsamico
Salz, Pfeffer

Zum Servieren:
Walnüsse, geröstet und gehackt, Menge nach Wunsch – ich sag mal: ‘ne Handvoll
geriebener Parmesan

Zubereitung:

Rote Beten in einen Topf mit Wasser geben und gar kochen. Abschrecken, ausdampfen lassen und pellen. Gerne dies auch schon am Vortag erledigen. Auf jeden Fall sollten sie vorm Weiterverarbeiten vollständig abgekühlt sein.

Parmesan reiben. Mit Ziegenfrischkäse, Ei, gut 1 TL Salz und frisch gemahlenem Pfeffer mischen. 

150 g der Roten Bete fein pürieren und ebenfalls unter die Masse mischen.
Mehle und Stärke sieben, dann gründlich in die Rote Bete Masse einarbeiten. ½ Stunde kühl stellen.


Wasser zum Kochen bringen.

Währenddessen das Topping und das Rote Bete Gemüse vorbereiten.
Walnüsse grob hacken. In einer beschichteten Pfanne ohne Fett sanft anrösten. Beiseite stellen.


Die restlichen Rote Beten klein würfeln. Ordentlich Olivenöl plus ein Stich Butter in einer großen Pfanne erwärmen, Rote Beten darin anschmoren, mit Salz, Pfeffer und Balsamicoreduktion abschmecken.

Nun aus der Gnocchimasse kleine Klößchen formen. Ich mache dies mit leicht bemehlten Händen. Die fertigen Kugeln am besten auf einem geölten Blech zwischenlagern (Trick hab ich mal von Petra übernommen). Dann in siedendem (nicht kochendem!) Wasser auf zwei Mal gar ziehen lassen. Sobald sie nach oben gestiegen sind, noch 1-2 Minuten ziehen lassen, dann mit der Schaumkelle abschöpfen und gut abtropfen lassen. 

Frische Kräuter unter das Rote Bete Gemüse mischen und nun die Gnocchi vorsichtig unter das Rote Bete Gemüse heben und nochmal kurz anbraten.
Mit den gerösteten Walnüssen und gerieben Parmesan servieren.

Inspiration: „Gemüse als Hauptgericht“ von Anne-Katrin Weber (BJV Verlag)



©Hannah Nußbaumer, lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Ettenheim, wo sie mit viel Leidenschaft einen Bio-Laden betreiben. Hannah liebt als Gartenarchitektin das Leben mit und im Garten, das Sammeln, Ernten und Kochen. Ohne ihre beiden Herzensmenschen um sich herum wollte sie nicht sein, und ohne schöne (Kinder)Bücher, Stifte und der Möglichkeit sich draußen zu bewegen würde ihr etwas fehlen. Das Binden von Blumenkränzen, das Herstellen eines Hefeteiges sowie das (Er)kennen der uns umgebenden Umwelt sollte ihrer Meinung nach den gleichen Stellenwert haben wie Algebra und Grammatik.
 

Unbegrenzt: Cremiger Wirsing mit Orcchiette

Dienstag, 24. März 2020


Das allzu menschliche Sankt Florian-Prinzip weht durch die Gassen. Möge dieser Kelch an einem vorüber gehen. Wer kann, versucht sich klein zu machen und wegzuducken. 

Ganz im Gegenteil zur Politik, die genau in dem Moment, in dem ein Großteil der Bevölkerung schwer mit existentiellen Sorgen abgelenkt ist, jeden Bezug zu Maß und Zahl verliert. Es wird mit fulminaten Worten und Zahlen hantiert. All die uferlosen Zusagen scheinen Geld in Papier und Worte in Seifenblasen zu verwandeln. *Unbegrenzt* ist das neue, viel gebrauchte Lieblingswort. 

Unbegrenzt im Sinne von *grenzenlos*? Oder gibt es noch andere Bedeutungen für dieses Adjektiv?

Es sei die umfassendste und wirksamste Hilfestellung und Garantie, die es in Deutschland je gegeben habe, so Wirtschaftsminister Altmaier, samt einer unbegrenzten Zusage für Liquiditätshilfen: an fehlendem Geld solle es nicht scheitern.

Finanzminister Scholz betont zeitgleich, das Kreditvolumen sei unbegrenzt. Wenn die jetzt zur Verfügung gestellte Summe nicht ausreiche, werde man nachlegen. Das jetzt wäre * die Bazooka* [...] und was wir an Kleinwaffen brauchen, sehen wir später.*

Die EU legt mit einem einzigartigen Schritt nach und setzt erstmals Schulden- und Defizitregeln vorübergehend aus. Parallel will die Fed (US-Notenbank) unbegrenzt Anleihen kaufen.

Ihr habt bei diesem vollmundigen Fachchinesisch böhmische Dörfer vor Augen?

Voilà, nichts ist anschaulicher wie abstrakte Inhalte in Bilder zu verwandeln. Und in derlei Zusammenhängen zückt der Habib gerne eine kleine Schätzfrage, die da lautet: Wie groß muss ein Koffer sein, in den eine Million Euro passt? Eine Idee? Fast jeder lag seither mit seinem Tipp daneben. Für dieses Spielchen muss man wissen, wie hoch ein Stapel von einer Million im größten Euroschein von 500 Euro überhaupt ist. Und wenn schon dabei, hat der Habib die Höhe bzw. Länge von 500er Stapeln mal gelistet - anhand der Größe der Stapel wird der Unterschied etwa von Million zu Billion erst richtig deutlich, beeindruckend (!) deutlich:

1.000.000 - eine Million - (in 500 Euroscheinen):     (pupsige) 22cm
10.000.000 - zehn Millionen - (in 500 Euroscheinen):     220 cm
100.000.000 - hundert Millionen - (in 500 Euroscheinen):     2200 cm= 22m
1.000.000.000 - eine Milliarde - (in 500 Euroscheinen):     22.000 cm
10.000.000.000 - zehn Milliarden - (in 500 Euroscheinen):     220.000 cm
100.000.000.000 - hundert Milliarden - (in 500 Euroscheinen) 2.200.000 cm = 22 km
1.000.000.000.000 - 1 Billion - (in 500 Euroscheinen):    22.000.000 cm  = 220 km

4.000.000.000.000 - vier Billionen - (in 500 Euroscheinen):    88.000.000 cm 
10.000.000.000.000 - zehn Billionen - (in 500 Euroscheinen):     220.000.000 cm = 2.200km

Soweit die Basics, was die Nullen betrifft.

Bedeutet für Amerika, dessen Staatsschulden sich im Moment auf ca. 24.000.000.000.000 USD belaufen - wir reden von einer Strecke von über 5.000 km gestapelter 500 Euro Scheinen (etwa von Berlin nach Novosibirsk)... Oder: die deutschen Staatsschulden liegen bei: 2.032.000.000.000 Euro - wobei der gesammte Staatshaushalt, über den Deutschland für das Jahr 2019 verfügte, 343.000.000.000 Euro betrug. Und von diesen Zahlen wird ständig mit der sogenannten "schwarzen Null" abgelenkt - der Vertuschung zuliebe.

Ist das fancy? Und jetzt also ein Hilfspaket in Billionenhöhe. Wer ist im Kopf noch dabei? Wer rechnet noch mit? Rechenschieber raus, jetzt kommen wir ans Eingemachte: wo soll das hinführen? Wo kommt das Geld her? Wie soll das je zurückbezahlt werden?...


Zum dritten Mal habe ich nun schon diese Orcchiette zubereitet, seitdem ich sie bei Susanne entdeckte. Man hat den Bogen - im wahrsten Sinne - schnell raus, wie man die kleinen Öhrchen fertigt. Nebenher dient die Zubereitung dieser frischen Pasta obendrein ganz wunderbar der Entspannung in diesen unruhigen Zeiten, da bin ich ganz bei Susanne: *das Formen von Orecchiette macht mir nicht nur Spaß, sondern wirkt auch nervenberuhigend.* Ausprobieren - so ist es wirklich!

Zutaten 2P:

140g Hartweizenmehl
30g Einkorn-Vollkorn
ca 85ml Wasser

1 Wirsing
1 Zwiebel
2 Knoblauchzehen
1 TL Kümmel, fein geschrotet
1 TL Thymian
1 EL Mascarpone
1 Stich Butter
1 EL Mehl
200ml Gemüsebrühe
Salz, Pfeffer
1 Zitrone, Abrieb davon
1 Schuß Noilly Prat
Öl

Deko: Parmesan, frisch gerieben
Chili-Öl

Zubereitung:

Für die Pasta das Mehl in eine Schüssel geben. Eine Mulde in die Mitte machen und das Wasser angießen.  Langsam Mehl und Wasser vermischen, und den Teig gut kneten: er soll nicht kleben und schön elastisch sein. Wenn nötig, nach etwas mehr Wasser einarbeiten. Den Teig in Frischhaltefolie wickeln und bei Zimmertemperatur mindestens eine halbe Stunde ruhen lassen.

Den Ofen auf 210° vorheizen. Wirsing halbieren, vom Strunk befreien, äußere Blätter wenn nötig entfernen, und den Wirsing in kleine Streifen und dann in kleine Rauten schneiden. In eine große Auflaufform (tiefes Backblech...) mit dem Öl vermengen und ca. 15min in den heißen Ofen schieben - zwischendurch wenden. Es sollten sich dunkle Spitzen zeigen (Röstaromen).

Für das Fertigen der Orcchiette (s. diesen kleinen Film) oder den Teig zu fingerdicken Würsten beliebiger Länge rollen. Dabei die Arbeitsfläche nicht bemehlen. Die Würste im rechten Winkel zum eigenen Körper legen. Mit einem simplen, zart geraffelten Tafelmesser ca. 1 cm dicke Scheiben abschneiden. Sobald das Messer auf der Unterlage ankommt, es Richtung Körper kippen und auf den Körper zu über den Teig ziehen. Mit der freien Hand das Öhrchen festhalten, wenn es hinter dem Messer hervor kommt, dann über einen Finger umstülpen. So entsteht die typische Öhrchen-Form und die Pasta bekommt die typische angeraute Oberfläche auf der Innenseite. Die fertigen Orecchiette jeweils mit etwas Mehl bestäuben, damit sie nicht zusammenkleben.

Für den Wirsing die Zwiebel fein würfeln, ebenso den Knoblauch und in etwas Öl anschwitzen. Zuletzt den Kümmel kurz mitrösen. Wirsing und Thymian zufügen, die Brühe anschütten und bei geschlossenem Deckel weich garen (etwa 10min). Dann abschütten und Sud auffangen. Butter schmelzen und zusammen mit dem Mehl zu einer Roux verrühren. Sud anschütten, dabei mit einem Schneebesen rühren, damit sich keine Klümpchen bilden. Wirsing wieder zurück in den Topf geben. Mit einem Schuß Noilly würzen. Mascarpone und Zitronenschale unterrühren, salzen und pfeffern.

Orcchiette in reichlich Salzwasser al dente garen - dauert frisch etwa 3-4min, abschütten. Wirsing in zwei Teller verteilen, Orcchiette darauf setzen, mit Parmesan betreuen und mit etwas Chili-Öl besprenkeln. Servieren.

*Anmerkung m: Ich habe die Orcchiette auch schon völlig getrocknet - dann braucht sie zum Garen deutlich länger etwa 12-15min

Inspiration: Susanne von Magentratzerl


Umstellung: Gänseblümchen-Gnocchi

Sonntag, 22. März 2020


Als würden die Insekten gerade in ein Mikrophon summen. Man hört sie viel deutlicher. Es ist ruhiger geworden in unserem Tal. Noch ruhiger - man kann es sich kaum vorstellen. Eine Dimension stiller. Shavasana für alle. Es blöcken die frisch geschlüpften Lämmer auf der Weide, es ruft der Steinadler und in der Ferne spielt eine zaghafte Trompete, durch die offenkundig seit langem keine Luft mehr durchgepustet wurde. Sonst nichts. Großes Durchatmen. Ich säe Radieschen, Schwarzwurzel, Erbsen und Petersilienwurzel, verbuddle die ersten Setzlinge Kohlrabi, während der Habib Tomaten, Basilikum und Bechermalven im Treibhaus in Töpfchen drückt. Dazu vorsommerlicher Sonnenschein und Mirabellenblütenduft.

Wenn SO Ausgangssperre geht, komme ich gut damit zurecht.

Allem Anfang wohnt... doch der Zauber verbleibt im Garten. Wir versuchen wie alle anderen uns in der neuen Situation zurecht zufinden. Dementsprechend gibt es viel zu erzählen: Wie erlebst du diese Umstellung gerade - bei mir läuft es so... Das Internet ist voller solcher Geschichten. 

Ich freue mich sehr, dass sich Crest kurzfristig dazu entschieden hat, seinen Samstagsmarkt stattfinden zu lassen. Als Gemüsejunkie hänge ich an meinen Dealern. Zuerst irren wir mit einigen anderen durch das leere Innenstädtchen. Der Markt wurde verlegt, wird mir in der Bäckerei erklärt, auf einen großen Parkplatz. Wir finden ihn leicht, er ist eingezäunt und an seinem Eingang steht Polizei. Sie verlangen unseren Passierschein - bei Christine, die aus Cannes bloggt einzusehen. Wir hatten unsere im Auto liegen lassen. Für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum ich mich erklären muss, dass ich einkaufen will, wenn ich direkt auf Gemüse zulaufe. Aber es geht wohl um den erlaubten Radius, den man auf dem Land drehen darf. Wobei dafür keine klaren Regularien existieren. Die Dörfer liegen hier weit verstreut, die Wege zum nächsten Supermarkt sind nicht ums Eck.

Auf dem Markt überall auf dem Boden markierte Distanzlinien, ungelenke Verkäufer, linkische Kunden, einige mit Handschuhen, wenige mit Mundschutz. Selbstbedienung ist offiziell nicht mehr erlaubt. Uraufführung einer lückenhaft vorgeschriebenen Choreographie. Und doch genießt man ein Stückchen Normalität: man plaudert mit Abstand miteinander - über ein einziges Thema. Es herrscht eine freundliche, zugewandte Stimmung. Die Sonne scheint, umgeben von viel Platz und frischem Essen. Noch ist alles nur anders. Noch touchiert das Virus kaum jemand unmittelbar.  Hauptsache die Infos sind so gesichert wie der Klo-Papier-Vorrat (herrlicher Link)

Vor den Lebensmittelläden bilden sich Schlangen - es gibt unterschiedliche Begrenzungen, wie viele Personen gleichzeitig einkaufen dürfen. Die gleichen Lücken wie überall (Mehl, Nudeln, Reis, Öl...) - fast alle hamstern. Fünf Wochen sind eine schwer zu überschauende Dauer. Man weiß nicht, was noch kommt. Die Stellschrauben können jederzeit enger gedreht werden (siehe Nizza mit seiner nächtlichen Ausgangssperre couvre-feu). Aus Verunsicherung will sich jeder versorgt wissen. Ich kann das verstehen.

Räumlich fühlen wir uns kaum eingeschränkt. Spaziergänge können wir in alle Richtungen unternehmen. Der große Garten ist jedes Jahr gleich arbeitsintensiv und fordert viel Aufmerksamkeit. Nur Feriengäste werden vorerst keine kommen - auch wenn für Ostern unsere gîtes wie immer frühjahresgeputzt glänzend bereit stehen. Weitere Gedanken dazu legen wir lieber auf Eis. 


Die Frage, wie man die Zwangspause nutzen kann, stellt sich uns also nicht vorrangig. Man könnte es Isaac Newton gleichtun, der,  nachdem die Universtät von Cambrigde im 17. Jahrhundert wegen der Großen Pest über ein Jahr geschlossen wurde, in dieser Zeit auf dem Land die entscheidenden Grundlagen legte für seine Theorie zum Licht und der Gravitationstheorie (via Dirk Müller). Wollen wir hoffen, dass sich für ähnlich geniale Köpfe die Home-Office (sehr witzig in der Heute-Show karikiert) entsprechend einrichten lässt...

Wir haben gestern auf der Terrasse den ersten Spargel der Saison gegessen. Da nichts gerade selbstverständlich ist, wurde er umso mehr genossen. Und zwar zusammen mit einer großen Portion Gänseblümchen - einer Inspiration, die ich von Petra mitgenommen habe. Zwar haben Gänseblümchen keinen großen Eigengeschmack (den verleiht meinen Gnocchi das Pesto), aber sie geben einen guten Biss. Und beim Gänseblümchenpflücken bin ich ganz und gar Kind - total alterslos, völlig aus der Zeit. Im Flow nennt man das heute - wenn man sich unbewußt als klitzekleiner Teil von etwas viel Größerem fühlt...   

Zutaten 2P:

100g Ziegenfrischkäse
80g Gänseblümchen
30g Parmesan, frisch gerieben
2 Eier, klein
40g Pesto (m: Bärlauch-Radieschenblätter)
90g Toastbrot, fein zerbröselt (m: Baguette-Semmelbrösel)

Zubereitung:

Ricotta, Parmesan, Spinat und Eier verrühren, die Brotbrösel untermischen und zum Schluss die Gänseblümchen (m: kleiner geschnitten) unterheben. Den Teig portionsweise auf die mit nicht zu wenig Weizendunst bemehlte Arbeitsfläche geben, zu einer Rolle formen, von dieser Stücke abschneiden und kleine Gnocchi abdrehen.

Die Gnocchi in leicht kochendes Salzwasser geben, die Hitze reduzieren und etwa 5 Minuten ziehen lassen.

Die Gnocchi mit einem Schaumlöffel aus dem Wasser nehmen, in Butter schwenken und auf vorgewärmten Tellern anrichten, mit Parmesan bestreuen und mit Gänseblümchen dekorieren.

*Anmerkung m: ich habe die Gänseblümchen kleiner geschnitten, weil mir sonst der Teig nicht zusammengehalten hätte - dann funktioniert das Rezept aber gut. Möglicherweise musste das sein, weil ich nicht wie Petra Toastbrot sondern Semmelbrösel verwendete.

Bei uns gab es einen Salat dazu.



Krisenfeste Brotlinge

Mittwoch, 18. März 2020


Als wir am Montag über nahezu leere französische Autobahnen fuhren unter digitalen Schildern hindurch, auf denen üblicherweise Staus, Umleitungen oder Pausen-Vorschläge angezeigt werden, war nun beharrlich der gleiche Text zu lesen:
       Covid-19
       Evitez des contacts sociales
Es war so unwirklich, ich fühlte mich wie in mitten in einem Sience-Fiction. Ehrlich, ein landendes Ufo auf dem Seitenstreifen hätte mich kaum noch erstaunen können.

Dank den vielen Reisen der letzten Winter an der Seite meines abenteuerlustigen Habibs komme ich ganz gut damit zurecht, mich an neue Umstände anzupassen und klebe nicht manisch an Gewohnheiten. Wenn alles mal ganz anders läuft, das erschüttert mich nicht. Eine Erfahrung, die eigentlich prinzipiell allen gut tut. Wobei gerade die Zügel schon mit aller Kraft herumgerissen werden. Dieser Frühling 2020 wird in das weltweite Gedächntis eingehen als das Frühjahr, in dem der Corona-Virus ausbrach. Alle Bürger aller Nationen werden sich erinnern. Der Beginn des weltersten, weltweiten Ausnahmezustands: auf gesundheitlicher Ebene, auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene.

Reden wir mit andern, dann begegenen uns überall zutiefst verunsicherte Menschen. Man ist bereit, alle Restriktionen hinzunehmen, so umwälzend sie auch sind. Keiner hätte es für möglich gehalten, dass derartige Maßnahmen wie Reise-, Bewegungs- und Versammlungsbeschränkungen in einer Demokratie je umsetzbar sind. Nun erleben wir ungeheuerliche Auflagen - unsererm eigenen Schutz zuliebe und dem anderer.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass mit der Argumentation der Sicherheit schon vieles umgesetzt wurde. Nun hat Macron gar den Krieg ausgerufen. Sofort fällt mir das bekannte Kypling-Zitat ein: *Die Wahrheit ist das erste Opfer des Krieges.* Denn ich vergesse nicht, dass es in der Politik IMMER zwei Handlungsräume gibt: den vor dem Vorhang und den hinter dem Vorhang.

Zusammen mit dem Wunsch selbst zu denken, lehrte mich das Unterwegssein: je unruhiger, je undurchsichtiger eine Situation, umso wichtig ist es zu versuchen eine Meta-Ebene einzunehmen. Denn sich im Detail zu verlieren, bringt im Zweifelsfall nicht weiter. Zwei Fragen helfen dabei zuverlässig und bringen Licht ins Dunkel. Die eine Frage richtet sich nach innen: *Was hat das mit mir zu tun?* Und die andere Frage dreht sich nach außen: *Wem dient das Ganze? Wer profitiert?*

Christian Drostens Ratschlag vor dem Wochenende, nämlich sich nicht immer nur von denselben Leuten beraten zu lassen sondern ebenso von anderen Fachdisziplinen, nahm ich an. Ich zog - ein Mal mehr - meinen *zu Tisch mit...*- Gast den Investmentbanker Dirk Müller hinzu. Und nachdem ich mir seine Zusammenfassung nach Börsenschluß letzter Woche angehört hatte, wäre mir lieber gewesen, ich müßte mich lediglich mit einem neuartigen Grippe-Virus auseinandersetzen und nicht zusätzlich mit brodelnden Finanzmärkte, die von ganz oben eine Umstrukturierung der Besitz-, Macht- und Lebensverhältnisse nach sich ziehen werden: alles wird in Frage gestellt. Tiefgreifende Veränderungen stehen ins Haus - Ausgang offen.

 

Wie wohl tut mir die Natur um mich, der Garten, der duftenden Frühling, die zwitschernden Vögel. Wir schauen in unser Tal und atmen die ganz große Beständigkeit ein. *Und diese Kulisse wird genauso bleiben - mit oder ohne uns* sagt der Habib.

Das heutige Gericht kann man verwenden als Reste-Küche, für misslungene Katastrophen-Brote, als vegane-Burger-Bulette oder als multi-abwandelbarer Puffer. Ich finde, dass dieses vegane Rezept den Fleisch-Frikadellen von allen meinen seither ausprobierten am nächsten kommt. Drei Mal habe ich sie bereits zubereitet, mit unterschiedlich altem Brot, zwei-drei Tage alt, ganz trocken und 4 bis 5 Tage alt (also noch nicht völlig rösch) - für ideal für die Konsistenz hat sich letzteres gezeigt. Ein glasklarer Keeper - definitiv krisenfest.


Zutaten 2P:

200 g altbackenes Brot in Scheiben oder Würfeln
1 mittelgroße Zwiebel oder 3–4 Frühlingszwiebeln
optional eine Handvoll Spinat, Rucola, Petersilie
Kapern, getrocknete Tomaten, Pilze, Oliven...
(m: 150g gekochte, rote Beete, fein gerieben oder püriert)
3–4 EL Semmelbrösel
Salz
Pfeffer

Zubereitung:

Brot in einer Schüssel mit kochendem Wasser übergießen, so dass es bedeckt ist -fünf bis zehn Minuten einweichen lassen. (bei völlig trockenem Brot - en plus teils sehr vollkornlastigem - musste ich es zwei Mal übergießen, damit es ganz aufweicht/ zu frisches Brot wiederum suppt zusehr).

Das eingeweichtes Brot in einem Sieb abgießen und so gut es geht ausdrücken. Zwiebeln beziehungsweise Frühlingszwiebeln fein würfeln. Zusammen mit Semmelbröseln unter die Brotstücke kneten. Mit Salz, Pfeffer und beliebigen weiteren Gewürzen pikant abschmecken. Wichtig ist, dass die Masse nicht zu feucht ist und gut formbar. Nach Bedarf mehr Semmelbrösel dazugeben. Zu Brotlingen formen und in einer Pfanne mit reichlich Öl von beiden Seiten knusprig braten.

*Anmerkung m: dazu passt Salat aller Art, ofengeröstetes Gemüse oder Hummus - wie dieser mit roter Bete

Inspiration: Zeit


Bärlauch-Spezial

Sonntag, 15. März 2020


Der Frühling verbreitet seinen Zauber bei güldenem Sonnenschein und schickt seinen Boten, den Bärlauch, wieder aus dem Boden. In meiner Gartenküche sind frische Kräuter nicht wegzudenken. Im Gegenteil, frische Kräuter verbinden erst so richtig Küche mit Garten. Sie sind auch mein Geheimtipp für das Tüpfelchen auf dem i: verwende frische Kräuter und jedes zubereitete Gericht schmeckt nochmals frischer, duftet nach Natur vor dem Fenster und sieht nach Bauerngarten aus. An der Stelle verlinke ich euch direkt meinen Rat zum Umgang mit Kräuter-Bouquets - ich weiß, in der Stadt ist solch ein Sträußchen kleiner Luxus...

Bärlauch verarbeite ich allerdings sofort nach dem Pflücken und dann bereite ich vorzugsweise Bärlauch-Öl und Bärlauch-Pesto zu - so steht mir ein breites Spektrum an Zubereitungsmöglichkeiten offen.  Und ich bin dafür nur ein Mal in der Küche gestanden, habe aber lange etwas von meinem gesammelten Bärlauch. Ich brauche nur auf meine Gläschen zurückzugreifen... Heute im Spezial stelle ich euch einige Ideen dafür zusammen:








bises: Sahne-Linsen mit Knusper-Mozzarella

Donnerstag, 12. März 2020


In Frankreich verändert Corona bereits kulturelle Eigenheiten, nämlich die der Begrüßung. Man gibt sich keine bises, kleine Küßchen auf die Wange rechts und links, mehr. Das ist - da sind sich alle einig - so angebracht wie vernünftig. Aber es führt auch zu verlegenen Momenten, wenn man solche alteingebürgerten Rituale einfach fallen lassen muss. Das bises-Geben ist eine Geste der Nähe, des Entgegenkommens, des Vertrautseins miteinander, die man mit denen wechselt, mit denen man enger und weniger eng ist. 

Anfangs in Frankreich war mir das manchmal zusehr in meinem Tanzbereich (ihr kennt die Dirty-Dancing-Szene: *Das ist mein Tanzbereich und das ist dein Tanzbereich). Eben: Abstand, Baby. Bei Körperkontakt mit anderen bin ich seit jeher sehr eigen. Mais bon, ich hatte mich daran gewöhnt - Mensch gewöhnt sich ja an vieles. Faszinierend beim bises-Geben ist für mich, wieviel Zusatzinformationen man über Menschen erhält. Es fühlt sich mit jedem anders an. Ein Nachbar etwa, der beim Lachen mehr Zähne zeigt als die Mundwinkel nach oben zuziehen (wenn ihr versteht, was ich meine), hat Wangen aus Granit. Gletscher-Feeling total!

In die Feinheiten des französischen bises-Geben wird man nach und nach unterwiesen. Das ist VIEL komplexer als es scheint! So ist die Anzahl der bises regional unterschiedlich: hier in der Drôme beispielsweise wechselt(e) man drei, in Paris hingegen sind es nur zwei. Und ob man nun mit der linken oder rechten Wange beginnt, hängt ebenfalls davon ab, wo genau man sich gerade in Frankreich befindet.

Außerdem handelt es sich bei den bises mitnichten nur um eine reine Form der Begrüßung. Vielmehr weben sich um die bises ähnliche Legenden wie um die geheime Fächersprache. Naja, nicht umsonst gilt Frankreich als das Land, in dem AMOUR großgeschrieben wird. Und irgendwoher müssen die Patchwork-Familien ja herkommen. Fremdgehen gilt als Kavaliersdelikt. Ich erinnere an die Geschichte um den französischen Ex-Premier François Hollande, der mit der Vespa samt Croissant-Tüte am Lenker zu seiner Geliebten gefahren sein soll. Nicht, dass er eine Affaire hatte echauffierte die Gemüter der Fränzis, sondern dass er sich dabei erwischen ließ...

Anyway - derlei muss nun ohne Bises-Absprache vonstatten gehen. Damit komme ich noch gut zurecht. Wie das mit dem Rest aussieht, werden wir sehen...

Ansonsten bieten mir momentan die regelmäßigen Gespräche mit Christian Drosten, dem Leiter der Virologie der Berliner Charité eine Orientierungshilfe - ein ruhiger, sachlicher Mann, dem gut zuzuhören ist (inzwischen auch als Skript zum Nachlesen) - (und gen Ende des Jahres unterliegt Drosten für mich entschieden einer Entzauberung). Und dieses Interview mit Italiens bekanntestem Viruloge fand ich genauso erhellend wie die Darstellung in der SZ sich exponentielles Wachstum nochmals vor Augen zu halten: es hat die Form einer Hyperbel (via Kaltmamsell)!

Es gilt wohl momentan, das gesellschaftliche Leben auf kleinen Rahmen zu begrenzen - das sollte sich soweit rumgesprochen haben. Könnte schlimmer sein, oder (mein altes Madagaskar-Motto)! Man könnte sich beispielsweise etwas Feines kochen... so lange das noch so uneingeschränkt geht. Vielleicht schärft das nebenher das Bewußtsein wieder für die kleinen Freuden. Dann wäre schon etwas in dieser Misere gewonnen.
 
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Vermeiden sollte man allerdings als beliebtestes Small-Talk-Thema des Augenblicks über Corona zu reden. Zumindest nicht am Tisch. Zumindest nicht in Frankreich. Denn manche Dinge muss man sich bewahren - gerade in unruhigen Zeiten. Und Fränzis können es nicht ausstehen, wenn beim Essen Themen angesprochen werden, die den Appetit verhageln könnten. Wo kommen wir denn hin, wenn nicht einmal mehr in Ruhe das Essen schmecken darf.

Der cremig-knusprige, Fäden ziehende Mozzarella und die würzigen Linsen waren uns ein Fest - es lässt sich beim Verzehr nahezu alles Vergessen, was den Genuß beeinträchtigen könnte. Promis!

Zutaten 2P:

130g Linsen (m: grüne)
1 Karotte
1 Stück Sellerie
1 Stück Navets (Kohlrübchen)
1 Schalotte
1 Knoblauchzehe
2 Lorbeerblätter
1 Nelke
4 Stiele Petersilie
4 Stiele Koriander
Salz, Pfeffer
1 TL Savora-Senf
2 EL Sahne
1 EL Crème fraiche
Weißwein
Zitronensaft
Öl

1 Kugel Mozzarella
1 Ei
Semmelbrösel
Mehl
2 TL Thymian
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette

2 Kartoffeln, am Vortag gegart
Salz, Pfeffer
Öl

(optional: Balsamico-Reduktion)

Zubereitung:

Sellerie und Kohlrübchen feinst würfeln (sollte je ca. 2 EL ergeben), ebenso die Karotte, die Zwiebel und den Knoblauch (vorher den Trieb entfernen). In etwas Öl anschwitzen, Linsen zufügen, einen guten Schuß Weißwein angießen, dann mit Wasser auffüllen, sodass alles gerade so bedeckt ist. Lorbeerblätter zufügen, in ein Stück Zwiebel die Nelke stecken und ebenfalls in den Topf geben, desweiteren die Stiele von Petersilie und Koriander. Aufkochen lassen und dann bei kleiner Flamme ca. 15-20min sanft köcheln lassen. Linsen in ein Sieb abschütten (etwas Kochwasser auffangen), Lorbeerblätter, Stiele und Nelke entfernen. Sahne, Crème, Senf und einen Schuß Wein im gleichen Topf cremig binden lassen, Linsen wieder dazugeben. Salzen, pfeffern und mit etwas Zitronensaft abschmecken. Gegebenenfalls für eine cremigere Konsistenz noch etwas Kochwasser zufügen. Warm stellen.

Parallel die Kartoffeln in kleine Würfel schneiden und in Öl golden und knusprig braten. Salzen, pfeffern.

Mozzarella auf Küchenpapier etwas entfeuchten, die Kugel halbieren, salzen und pfeffern. Semmelbrösel mit Thymian in einem Schüsselchen richten, in zwei weiteren verrührtes Ei (leicht gesalzen und gepfeffert) und etwas Mehl. Mozzarella wie ein Schnitzel erst in Mehl, dann Ei, dann Semmelbrösel wenden. Öl in einer Pfanne erhitzen (so lange bis das Fett heiß genug ist - Test: Bläschen, die sich an einem Holzlöffelstiel bilden) und von beiden Seiten golden und knusprig braten.

Linsen nochmals abschmecken und die fein gehackten Kräuter - Petersilie und Koriander - unterziehen. Linsen, Kartoffelwürfel und Mozzarella nacheinander gestapelt anrichten und servieren.

Inspiration: Astrid von Arthurs Tochter kocht