Radschlag: Walnuss-Makronen-Torte

Donnerstag, 31. Oktober 2019


In einem Artikel wurde fünf über 80 Jährigen die Frage gestellt, was sie ihrem 20-jährigem Ich raten würden. Man sagt ja, dass rückblickend sich vieles klarer darstellt, man leichterdings staunt über die eigene Naivität, also war ich gespannt auf die Antworten - und wurde enttäuscht als ich durchweg allgemeingültige Kalenderspruch-Phrasen vorfand à la *sei tolerant* oder *mache einen Beruf, der dir gefällt*, *denke auch an dich, aber steige über andere nicht hinweg*...

Ich knurrte dem Habib meinen Unmut vor. Ich hatte mir das spezieller, individueller vorgestellt. Aber der Habib meinte, dass die Fragestellung an sich schon ausgemachter Quatsch wäre. Ich solle doch mal überlegen, welchen Ratschlag ich mir selbst - 20 Jahre zurück - geben könne? Und, legte er nach, der eigentliche Pferdefuß ist doch: würde ich diese Ratschläge überhaupt verstehen können?

Hmmm, ich grübelte kurz vor mich hin und gab mich ein Mal mehr der Lebenserfahrung des Habibs geschlagen. Nein, natürlich könnte ich mir nichts raten. Um dahin zu kommen, wo ich heute stehe, brauchte es die Erlebnisse dazwischen. Ohne Erfahrung keine Erkenntnis - schließlich gibts Erkenntnis nicht für lau, schließlich lässt sich Erkenntnis nicht übertragen. Könnt ihr nachvollziehen, warum ich immer und immer wieder die Erfahrung so hoch halte? Erfahrung ist das Ambrosia der Erde, Erfahrung ist überhaupt der Sinn menschlichen, irdischen Daseins. Ja, darüber darf Mensch ruhig tiefer nachdenken, warum Goethe befindet, dass die Erfahrung des Lebens Meisterin ist. Oder nochmals anders aber wieder mit Goethe gesagt: *Wer sich mit reiner Erfahrung begnügt und darnach handelt, der hat Wahres genug. Das Kind ist weise in diesem Sinne.*

Ebensowenig und aus den gleichen Gründen könnte ich meinem zukünftigen Ich irgendwelche guten Weisungen auf den weiteren Weg mitgeben. Denn jede Erfahrung bereitet erst den Boden für weitere, darauf aufbauende Erfahrungen. Was weiß ich, welche Erlebnisse welche Spuren bis dahin in mir hinterlassen - da kann ich heute nicht klüger/ erfahrener/ weiser sein wollen, als in ein paar Jahrzehnten. Das wäre doch, als wollte ich gedanklich gegen den Wind spucken... Lachend meinte ich zum Habib: *Tsss, wenn ich mir selbst schon nichts raten kann, wie bescheuert ist es dann erst, anderen Ratschläge erteilen zu wollen?* Mitreden kann wohl eigentlich nur jener, der Vergleichbares hinter sich hat...

Ich erinnere mich an ein Scharmützel mit einer völlig überforderten Lehrvertretung zu Akademie-Zeiten im Werk-Unterricht (dessen Zweck für mich mit abgeschlossener Lehre ich sowieso nicht einsehen konnte) und der von mir als Abschluß-Semester-Arbeit eine ihm gewidmete Skulptur erhielt mit dem Titel: *Lieber öfters mal Rad schlagen als zu oft ungefragt ratschlagen*. Müßig zu erwähnen, dass die Bewertung dafür äußerst mäßig ausfiel...


Viel Erfahrung hingegen braucht es für diese Torte nicht. Ihr kennt mich: ich bin ein Zuckerbäcker-Faultier. Aber nicht nur was die Zubereitung betrifft, benötigt man wenig Vorkenntnisse. Dass drei Walnuss-Makronen-Böden, die mit einer Kaffee-Creme zusammengehalten und zu guter letzt noch mit Schokolade getoppt werden, geschmacklich eine totsichere Bank sind, dass ergibt sich doch bereits schon beim Lesen, oder? Ein waschechtes Feiertagstörtchen!

Wie stets kommt euch aber trotzdem meine Erfahrung zugute, die ich beim Zubereiten machte. Diese meine (wenn auch kleine) Stolpersteine sollten damit aus dem Weg geräumt sein. Einer wäre, dass man eine Backform mit 24cm Durchmessern besitzen sollte. Ich hätte sogar inklusive Tortenring drei gehabt, aber die passen bei mir nicht auf einen Schlag in den Ofen. Immerhin konnte ich zwei Böden direkt zusammenbacken. Sonst gilt: nacheinander backen.

Zutaten:

3 Böden:
300g Walnüsse
200g Rohrzucker
(m: 1/2 Tonkabohne, gerieben)
6 Eiweiß
1 Pr Salz
Butter für die Form

Crème:
300g Crème double
(m: 150g Sahne,
150g Mascarpone)
3-4 EL brauner Zucker
1 EL Instant-Kaffeepulver (ca. 3-4g)

Schoko-Glasur*:
100g dunkle Schokolade (m: 70 % Kakao)
20g Butter
12 Walnusshälften

Zubereitung:

Den Backofen auf 160°C (0/U-Hitze) vorheizen. Backform (für jeden Backgang) mit Backpapier auslegen, die Ränder fetten.

Rohrzucker im Hexler feiner mahlen. Ebenso die Walnüsse fein hexeln - durch ihren Fettgehalt hatte meine Maschine ihre Probleme. Es zeigte sich, dass ich das portionsweise machen muss, und dass es den Böden gut zu Gesicht steht, wenn nicht die komplette Menge in Walnuss-Mehl verwandelt wird, sondern ein Teil noch Krokant-Größe behält. Die Hälfte des Zuckers mit den Walnüssen und der Tonka mischen (oder bereits mit den Walnüssen mahlen).

Die Eiweiße mit einer Prise Salz steif schlagen. Den restlichen Zucker unter ständigem Schlagen nach und nach einrieseln lassen und schlagen, bis der Eischnee schön glänzt und Rasierschaum-Konsisten hat. Die Nussmischung mit einem Schneebesen unterheben. Je ein Drittel auf die vorbereiteten Formen geben und glatt streichen (jenachdem wie Formen vorhanden: nacheinander backen). 35min im Ofen backen.

Die Böden am Rand lösen und mit dem Backpapier auf Kuchengitter abkühlen lassen – möglichst über Nacht (so kann nichts kleben - ich habe um das Backpapier abzuziehen ein zweites aufgelegt, zusammen gedreht/ genauso habe ich auch wieder gewendet!)

Für die Kaffee-Creme die Sahne steif schlagen, Mascarpone und Kaffee-Pulver untermischen, ebenso den Rohrzucker. 

Nun einen Tortenboden auf eine große Tortenplatte setzen. Die Hälfte der Creme gleichmäßig darauf verstreichen, den zweiten Tortenboden auflegen und mit der restlichen Creme bestreichen. Zum Schluss den letzten Boden auflegen.

Für die Glasur die Schokolade klein hacken und zusammen mit der Butter im Wasserbad schmelzen - darauf achten, dass die Schokolade nicht zu viel Hitze abgekommt. Etwas abkühlen lassen, dann die Schokolade auf dem oberen Boden verteilen (mit Löffel oder Pinsel) und am Rand mit den Walnusshälften dekorieren. Bis zum Servieren kühl stellen.

*Anmerkung m: Ich finde für die Glasur reichen auch 80 g Schokolade und dementsprechend weniger Butter. Je dicker die Schokoladenschicht umso schlechter lässt sich der Kuchen nachher schneiden. Wer dennoch auf eine dicke Schokoschicht besteht, der sollte wie hier bei der Himmelstocher den obersten Boden zuerst in Kuchenstücke schneiden und dann zur Schokoladisierung schreiten...

Inspiration: Valentinas Kochbuch


sensationsloses Saison-Ende: Maltagliati mit Zucchini

Sonntag, 27. Oktober 2019


Will ich schlichte Zutaten adeln - in diesem Fall Zucchini -, dann bereite ich dazu frische Pasta. Kein Geheimnis, ihr kennt meine kulinarischen Vorlieben. Trick Zwei, der für mich jedes Gericht pimpt, ist eine unbescheidene Dosis frischer Kräuter über alles zu streuen. Das ist eh einer meiner Top-Ten-Empfehlungen, sollte jemand kulinarischen Rat bei mir suchen: *Gib frische Kräuter an dein Essen - dadurch schmeckt alles irgendwie nochmals eine Dosis frischer/ selbst gekocht/ mit Liebe zubereitet!* 

An Zucchini konnten wir uns diesen Sommer die Bäuche richtig vollschlagen und nein, ich habe sie noch nicht über. Schließlich sind Zucchini wirklich bescheidene Zweite-Reihe-Geiger, die drängen sich nicht in den Vordergrund, bref, es kommt lediglich auf eine gute Melodie an und sie spielen überall schön mit. Hier gefällt mir die Harmonie gleicher Größen, also der Gemüseschnitt, der gut zur Pastaform passt. Wichtig finde ich auch, dass die Zucchini unbedingt noch etwas Biss beibehält.

Maltagliati heißt die schlecht geschnittenen und bezieht sich auf die unregelmäßige Form der Nudeln. Eigentlich handelt es sich hierbei nicht um eine eigene Nudelsorte, sondern klassich benutzt man die Reste, die beim Schneiden von Tagliatelle oder Ravioli entstehen. Ich allerdings habe mich eben extra ihrer Form zuliebe für sie entschieden (findet ihr es nicht auch erstaunlich, dass Pasta je nach Form ganz anders schmeckt!!!) vier dünne Pastabahnen ausgewellt (mittels meiner Marcato) und sie dann gleich dieser für diese Krautfleckerl in schräge Rauten geradelt. Sensationen gehen anders, aber ich habe esse nun mal alltägliche Hausmannskost besonders gerne.


Zutaten 2P:

Pasta-Teig für die Maltagliati
120g Einkorn-Vollkorn
80g Hartweizenmehl
2 Eier
1 EL Olivenöl
Salz

500-600g Zucchini (m: gelb/ grün)*
2 Knoblauchzehen
1 Schuß Noilly Prat
70g Frischkäse
1 Zitrone, Abrieb davon 
Salz, Pfeffer
Piment d'Espelette 
Olivenöl
1 Bund Schnittlauch, in feine Röllchen geschnitten
 
Zubereitung:

Aus den Zutaten für den Pastateig gründlich einen homogenen Teig kneten, in Folie wickeln und mindestens 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.

Dünn auswellen und unregelmäßige Rauten schneiden. Auf ein mit Hartweizenmehl (verhindert das Aneinanderkleben der frischen Pasta - sowohl auf dem Küchentuch wie später im Kochwasser) bestreutes Küchentuch ausbreiten und mit einem zweiten Küchentuch abdecken.

Reichlich Salzwasser zum Kochen bringen.

Vom Knoblauch den Trieb entfernen und sehr fein würfeln. Die Zucchin in etwa gleichgroße dünne (2-3mm dicke) Scheiben schneiden - je nach Zucchini-Größe diese zuvor halbieren oder vierteln. In Olivenöl die Zucchini samt Knoblauch anbraten bis das Gemüse al dente ist - also mit Biss. Dabei salzen, pfeffern und mit Piment abschmecken. Ablöschen mit Noilly, kurz etwas einreduzieren lassen. Nun den Frischkäse einschmelzen lassen.

Parallel die Pasta ebenfalls bisfest garen, abschütten, etwas Nudelwasser auffangen und die Maltagliati unter das Gemüse mischen. Zuletzt die Zitronenzesten untermischen, nochmals abschmecken und für die richtige Konsistenz gegebenenfalls mit etwas Nudelkochwasser cremiger machen. 

Zum Servieren tüchtig mit Schnittlauch bestreuen.

*Anmerkung m: sollte etwas mehr oder weniger Zucchini an dieses Gericht geschnippelt werden, dann kommt das Rezept damit zurecht. Gleiches gilt ebenso für den Frischkäse: wer mag, gibt mehr hinzu.



Paris ist weit weg III: Butterrüben-Risotto mit Falafel-Tofu

Mittwoch, 23. Oktober 2019


An Fynn - das wißt ihr - gefiel mir so einiges gut. Eigentlich wäre er auch ein Wunsch-Kandidat für meine #zu Tisch mit...- Reihe gewesen. Aber der Fynn ist ja so umtriebig, der hat ja nie Zeit...

In diesem Podcast mit Fynn erklärt er wirklich prima, wie Politik auf dem Dorf von statten geht - das scheint sich im ländlichen Raum überall sehr zu gleichen. Und zwar kann man sich wundern, dass in dem einen Dorf nahezu alle rechts wählen und im anderen Dorf alle grün - obwohl sie nur zwei Kilometer auseinander liegen. Als würde sich polititsche Gesinnung nach Ortschaft aufteilen und beieinander siedeln. Aber, so meint Fynn, hinter diesem Phänomen verbirgt sich meist eine einzige Familie, ein großen Hof (aus mehr besteht ein Dorf ja nicht ;), mit dem man es dann parteiisch hält. So von Gartenzaun über Gartenzaun...

Klar, logo, tendenziös gezeichnet, natürlich findet sich auch dörfliche Diversität, trotzdem offenbart sich gerade im Kleinen, wieviel Politik mit Stimmungsmache gemein hat. Und dass dieses Emotionalisieren von Menschen in beide Richtungen funktioniert: sowohl für mehr Miteinander oder mehr Gegeneinander.

Meine nächste Geschichte zum Thema *Paris ist weit weg aka französisches Landleben* spiegelt genau das. Der Umgang mit Jurten (für alle, die kein Bild vor Augen haben: hier der Jurte-Link) bietet nämlich ein anschauliches Beispiel. Jurten (übrigens ähnlich wie roulottes - Planwägen ) erfreuen sich hier auf dem Land zunehmender Beliebtheit. Aus dem einfachen Grund, weil Wohnraum (egal ob zur Miete oder Eigentum) immer teurer wird, ja zunehmend unbezahlbar für einige.

Jurten sind weder ein fixes Haus noch ein klassisches Zelt - bref: quelque chose entre les deux, irgendetwas dazwischen. Somit quasi gleichzeitig eine Art juristischer Graubereich. Ben, machen wir uns nix vor, sowas gibt es im (über)reglementierten Europa schon lange nicht mehr. Jurten sind also grundeigentlich verboten.

In Deutschland werden bei Gesetztesverstoß umgehend Vollstrecker ausgesendet, die solche Zuwiderhandlung wieder begradigen. Aber in Frankreich kommt es halt darauf an... Wie ich ja bereits schrieb: rechts und links findet der Fränzi gerne noch ein Schlupfloch. Ganz nach dem altbekannten Spruch: *Wo kein Kläger da kein Richter.* In einem Dorf zwei Täler weiter siedeln mittlerweile drei Jurten. Sie werden von der ganzen Gemeinde inklusive Bürgermeister toleriert - man lässt sie (wieder einmal stillschweigend) einfach gewähren. Keiner fühlt sich gestört - warum auch? Und von was? Einer Jurte?!

Hingegen die Jurte in einer Nachbarortschaft stand nur ein dreiviertel Jahr. Ich gebe es unumwunden zu: ihr Verschwinden war mir ein Ärgernis. Der Jurten-Bewohner ist vraiment un brave type, ein junger, wilder Naturbursche, hilfsbereit und freundlich, aus einer alteingesessenen, französischen Familie von hier, Mitglied der Jäger und des Fußballvereins, der auf eigenem Grund und gut versteckt seine Jurte aufgestellt hatte. Ich (so als Zugewanderte) dachte eigentlich, dass er damit (also Herkunftskarte samt den Mitgliedsausweissen) auf dem Land soetwas wie Diplomaten-Status hätte - immun und gefeit vor allem nachbarschaftlichem Unbill. Doch das téléphone arabe (die Flüsterpost)  munkelt, dass er mit seiner Jurte den Argwohn ausgerechnet der reichsten Familie des Dorfes auf sich zog - von denen keiner auch nur eine Woche in einer Jurte leben wollen würde (und bei der mir stets Hauffs *kalte Herz* einfällt). 

So wurde von deren Anhängerschaft mit viel Prass argumentiert, dass wir schließlich alle unsere taxe d'habitation (Haussteuer) und taxe fontière (Grundsteuer) zu zahlen hätten, die Jurte vermutlich noch nicht einmal mit einer richtigen Sanitäranlagen ausgestattet wäre und zuguterletzt schlicht illegal steht, wo sie steht. Diese eine Familie im Dorf reichte als Aufhetzer aus. Womit wir wieder bei dem ungerechten, irdischen Ungleichgewicht angekommen wären. Ein Unkräutlein im Topf und der ganze Inhalt kippt. Die (meine) Moral von der Geschicht': Bösartigkeit wurde noch gar nie dank der Freundklichkeit anderer kuriert (leider!). Und Toleranz beziehungsweise Intoleranz ist Charaktersache...


Erneut stelle ich euch begleitend einen Fusionsküchen-Teller vor (holt man den Fusion-Begriff überhaupt noch vor oder ist der schon voll old-school? Egal). Die Navets (Butterrübchen) gehören seit ich in Südfrankreich bin zu dem gängigen Sortiment auf den Markttischen. Ich kannte sie von zuhause aus nicht - schätze aber ihren Geschmack sehr. Gut erinnere ich mich, wie sie mir zum ersten Mal von unserer Pariser Nachbarin serviert wurden: mit Geduld einfach in der Pfanne golden geröstet. Ich hätte die komplette Portion alleine verdrücken können. So ähnlich werden die Navets auch zum Großteil für dieses Risotto zubereitet.

Das i-Tüpfelchen macht der Falafel-Tofu, für den ich mir wie so oft Inspiration von Susanne mitgenommen habe. Was bin ich froh, dass es *Magentratzerl* gibt - für mich ein steter Quell an erfrischender und ungeheuer breitgefächerten kulinarischer Muse! Das ergab als Topping für dieses Risotto einer der besten Tofu-Bratwürfel, die ich je zubereitet habe. Voll Top :)

Ach, und alleine für das wunderherrliche Granatapfel-Sirup lohnt sich die Reise in den wunderschönen Iran!

Zutaten 2P:

140g Rundkorn-Reis (m: Halb-Vollkorn)
5 Navets (ca. 450g Butterrübchen)
1 Schalotte
1 Schuß Noilly Prat
Gemüsebrühe
1 EL Tahini (Sesampaste) 
2 EL Petersilie, fein gehackt*
Salz, Pfeffer
etwas Zitronensaft 
Sonnenblumenöl

100g Tofu
2 EL Sonnenblumenöl
1 Knoblauch, feinst gehackt
1/2 Kreuzkümmel
1/2 TL Koriander
1/2 TL Salz
1/4 TL Sumac
2 Msp Ras el Hanout
Chili

1 TL Reismehl
1 TL Speisestärke
1 EL Sesam
Sonnenblumenöl

Granatapfel-Sirup

Zubereitung:

Den Tofu zwischen Küchenkrepp setzen, beschweren und so die überschüssige Flüssigkeit herauszupressen (m: etwa 1 Stunde so stehen lassen). Den Tofu in 1cm Würfel schneiden. Eine Marinade aus Öl, Knoblauch, Koriander, Kreuzkümmel, Salz, Sumac, Chili und Ras el Hanout herstellen und die Tofu-Würfel darin marinieren (m: 2 Stunden - oder über Nacht).

Die Navets schälen. 2 Navets fein würfeln (ca. 0,5cm), Schalotte ebenfalls fein hacken. Schalotten- und Navetswürfel in dem Öl andünsten. Den Reis ebenfalls kurz mitbraten. Mit Noilly ablöschen. Dann Gemüsebrühe anschütten und unter Rühren stets soviel weitere Brühe zufügen wie sie das Risotto schluckt.

Parallel die restlichen Navets in dünne Scheiben schneiden und mit Geduld in etwas Öl Farbe annehmen lassen (dauert ca. 15-20min).

Gen Ende der Garzeit des Risottos die Tofu-Würfel in der Mischung aus Reismehl, Speisestärke und Sesam wenden. So lange in heißem Öl braten bis die Würfel außen knusprig sind.

Vor dem Servieren die seperat gebratenen Navets untermischen - zusammen mit der Tahini und der Petersilie. Abschmecken mit Salz und Pfeffer.

Zum Anrichten das Risotto in tiefe Teller geben, mit den knusprigen Tofu-Würfel toppen und mit Granatapfel-Sirup garnieren.

*Anmerkung m: die Tofu-Würfel stelle ich mir auch super zu dem Karotten-Pü vor!



DER DIE DAS Börek

Samstag, 19. Oktober 2019


Eine Leserin kommentierte mal, dass die Zeit der Blog-Buster, also all solcher Rezepte, die von Blog zu Blog springen und von allen der Reihe nach für super befunden wurden, vorüber ist. Ja, früher war die deutschsprachige Foodblogszene irgendwie ein kleiner, übersichtlicher Damentennisverein (in dem auch Männer Willkommen waren). Man kannte sich, man wußte um die kulinarischen Vorlieben, man wußte, beim wem man für sich fündig wurde. Heute reden wir von einer gefühlten Kleinstadt, bei der man längst den Überblick, aber damit auch das Interesse aneinander verloren hat.

Früher registrierten sowohl Blogger als auch Leser sofort, wenn ein Foodie betonte, dass dies oder jenes Gericht rasend lecker war. Es wurde umgehend nachgekocht oder nachgebacken. Bei solchen Sensationen wollte schließlich keiner lediglich Zaungast bleiben. Allerdings wurde auch nicht in schönster Jamie-Oliver-Manier einfach ALLES als das weltbeste Rezept EVER beworben, sondern lediglich genau dann, wenn es WIRKLICH so war. Oder habe ich gerade einen nostalgischen Flash-Back und zeichne die Vergangenheit rosarot? Jedenfalls ist mir schon ewig (!) kein Blog-Buster mehr aufgefallen (falls ich nur blind bin: ich bitte um sachdienliche Hinweise...). Oder - so schwant es mir gerade - das läuft halt jetzt über Insta und deshalb bekomme ich nix mit?! Dann habe ich Pech gehabt...

Für dieses Rezept hatte ich noch überlegt, ob ich es mit Blog-Buster übertitle, aber ich habe das Rezept ja nicht von einem anderen Blog aufgegriffen. Also ist es streng genommen kein Blog-Buster. Schon gar keiner, der bereits in Serie ging. Aber um es kurz zu machen: ich bin hin und weg. Diese krachige Kruste, dieses zarte Nudelstrudelartige samt Gemüse im Gratin... Ich werde mich ganz bestimmt nicht mehr in diesem Leben nach einer anderen Börek-Zubereitungsweise umschauen. Ich bin ja so völlig aus dem Häuschen, dass ich den, die oder das Börek schon zwei Mal auf den Tisch brachte. Ein Mal in der ursprünglichen Zucchini-Version und ein Mal mit Kürbis. Ein Mal mit begleitendem Tomaten-Salat und ein Mal mit Rote-Bete-Salat. 


Alors, ihr wollt einen Börek zubereiten, der euch aus den kulinarischen Schlappen schmeißt vor Begeisterung, bitte schön: hier ist das Rezept - obendrein ganz simpel in der Machart! Und wer jetzt bei der lediglichen Erwähnung von *Blog-Buster* nicht aufhorcht, tja, der ist selbst schuld, wenn ihm etwas entgeht...

Zutaten 2P:

6 Blätter Filo- oder Yufkateig (oder auch Brick-Teig)
500g Zucchini (oder 400g Kürbis)*
2 Knoblauchzehen
Piment d'Espelette
Salz, Pfeffer
2-3 EL Petersilie, fein gehackt
Olivenöl
150g Feta (oder Ziegenfrischkäse)
150g griech. Joghurt (m: Ziege)
50ml Milch
20ml Sonnenblumenöl
1 Ei



Zubereitung:

Zucchini grob raspeln (oder Kürbis). Die Raspeln zusammen mit dem fein gehackten Knoblauch in etwas Zucchini kurz in Öl dünsten (ca. 3-4min) - sprich: Zucchini kurz zusammenfallen lassen. Salzen, pfeffern und die fein gehackte Petersilie untermischen. Feta (oder Ziegenfrischkäse) fein darüber bröckeln und ebenfalls untermischen.

Ofen auf 180° (Umluft) vorheizen. Gratinform ölen.

Zwei Geschirrhandtücher zur Hand nehmen. Eines davon nass machen und auswringen. Auf einer Arbeitsfläche ausbreiten, das trockene darüber leben. Milch mit etwas Sonnenblumenöl mischen. Ein Filoblatt glatt ausbreiten. Mit der Milch-Öl-Mischung bepinseln. Auf der unteren, kurzen Seite eine Rolle Zucchini-Masse verteilen, Seitenränder einschlagen und mit Hilfe des trockenen Handtuchs wie ein Strudel aufrollen (geht, wenn der Anfang erst gemacht ist, dann weiter auch gut von Hand). Dann zu einer Schnecke aufrollen (nicht schlimm, wenn die irgendwo - ausversehen - reißen sollte) und in die Form setzen. Ingesamt 6 Schnecken formen.

Sowohl Joghurt, Milch, Sonnenblumenöl als auch das Ei miteinander verquirlen. Salzen und pfeffern. Über die Schneckchen gießen und im Ofen ca. 45min backen.

*Anmerkung m: der Zucchini fällt beim kurzen Andünsten deutlich mehr zusammen als der Kürbis, daher bekommt man gewichtsmäßig mehr im Börek unter - zu dick dürfen die Gemüse-Stränge, mit denen man die Filoblätter füllt, auch nicht sein/ Wenn die Schnecken etwas mehr Platz nebeneinander hätten wie in meiner Gratinform wäre das nicht schlecht.

Eine super Variante ist gewiss auch eine solche mit Spinat oder Mangold!

Inspiration: Lecker


World Bread Day 2019: Urgetreide-Findling

Mittwoch, 16. Oktober 2019


*Gehe zurück auf Start. Begib dich direkt dorthin. Gehe nicht über Los. Ziehe keine 4000 Euro ein* - so ähnlich wie die *Lieblingskarte* beim Monopoly-Spiel hat sich das Backen dieses Brotes angefühlt. Vier Mal (!) habe ich es gebacken, bis es mir endlich gelungen ist.

*Hähhh*, mag der ein oder andere aufmerksame Leser, der meine freigeschobenen Brote kennt, und mit Blick auf das Rezept denken: *doch eigentlich ein typisches Grain-de-sel-Brot mit ungefähr hälftig Vollkorn und einer etwas längeren kühlen Gare.* Stimmt. Kann ich nichts dagegensetzen. Genauso mag ich meine Brote: locker, mit guter Frischhalte-Qualität und einer tüchtigen Portion Vollkorn. Aber genau deshalb fühlte es sich auch so niederträchtig an, dass dieses Brot mich derart zurück an meine Anfänge schickte.

Beginnenden Brotbäckern wird ja gerne empfohlen, sich an einem Brot abzuarbeiten, weil man in der Wiederholung die meiste Erfahrung für (erst einmal) dieses Brot sammeln und das entsprechende Teiggefühl dafür entwickeln kann. So in etwa war also auch meine Aufgabenstellung.

Mit Brot 1 legte ich eine astreine Übergare hin: einen Fladen. Bei Brot 2 gab ich zuviel Wasser an den Teig: Fladen. Und misslungene Brote - ich hatte es schon davon - empfinde ich als Majestätsbeleidigung (es gibt ja solche Phasen)! Wo kommen wir hin, wenn MIR, die ich seit JAHREN Brot backe, die Brote zu Krüppeln werden ☁☠??☁!☠!☁! Mit Verhunzen von Brot 3 dämmerte mir dann endlich mein Kardinalsfehler: ich hatte das Brot überknetet. Keine Ahnung warum der Dinkel in diesem Brot besonders empfindlich reagiert, aber so war es. Nich, wir hatten es: *gehe zurück auf Start...*

Hätte uns das Brot aber nicht derart gut geschmeckt, ich hätte es nicht wieder gebacken. Gut, auch aus Gründen der Wiederherstellung meiner Ehre. Und dafür ist das schöne Event, der World Bread Day 2019, den die unermüdliche Zorra nun schon zum 14. Mal organisiert, eine supi Gelegenheit, meinen *was lange währt, wird endlich gut*- Erfolg vorzustellen. Voilà, meine Urgetreide-Findlinge, schonend und mit viel Liebe zubereitet:


Zutaten 2 Laib à 750g:

Weizen-Sauerteig (ca. 14 Stunden bei ca. 25°):
160g Kamut-Vollkorn
200g Wasser
15g Weizen-ASG

Brühstück - mit dem ST ansetzen und kühl stellen:
60g Einkorn-Vollkorn
160g Wasser, kochend

Quellstück - mit dem Sauerteig ansetzen und kühl stellen:
60g Dinkelmalzflocken 
50g Kefir

Hauptteig:
Sauerteig
Brühstück
Quellstück
80g Emmer-Vollkorn
80g Dinkel 1050
360g Dinkel 630
15g Salz
1 EL Rübensirup
2 EL Walnuss-ÖL
200g Kefir
(ca. 3g Hefe)* 
(optional: 25g Mohn)*
ca. 40-50ml Wasser

Zubereitung:

Alle Zutaten des Hauptteiges außer Salz, Öl und Wasser kurz miteinander verkneten, bis keine Mehlnester mehr bestehen und 20min ruhen lassen. Salz zufügen und Wasser schluckweise während des Knetens zufügen. 4 Minuten knetren - 20min Pause. Weitere 4 Minuten kneten - hierbei das Öl unterkneten. Der Teig sollte sich vom Schüsselrand lösen, leicht glänzen und einen guten Stand haben.

Nun den Teig in eine geölte Schüssel umfüllen, direkt 1x falten, warm stellen für 30min, dann 1x falten. Weitere 30min ruhen lassen, wieder falten - dann 20 Minuten ruhen lassen, Teig teilen und rund wirken (also insgesamt knappe 2 Stunden Teigruhe in der 3x der Teig gefaltet wird) . Mit dem Schluß nach unten in vorbereitete Gärförmchen setzen, 20 min ruhen lassen und für ca 4-5 Stunden in den Kühlschrank stellen.

Ofen auf 250° vorheizen.

Brot mit Dampf einschießen, nach 10min den Dampf ablassen - insgesamt etwa 50 Minuten fallend auf 200° backen, die letzten Minuten mit leicht geöffneter Ofentür (Klopfprobe).

*Anmerkung m: die Hefe-Beigabe im Hauptteig mache ich Temperatur abhängig, sprich: im Winter zugeben, im Sommer weglassen. /Für dieses Mal habe ich etwas Mohn in den Teig gegeben: besser ist er aber doch an der Oberfläche des Brotes aufgehoben./ Wer die Teiglinge zur Gare nicht in den Kühlschrank stellen will, gibt etwa 6g Hefe dazu und läßt das Brot im Warmen gehen.


Verveine oblige: Glace au Verveine

Donnerstag, 10. Oktober 2019


Natürlich stellt sich auch in eher ungewöhnlichen Berufen Routine ein. Die Führung durch unseren Garten mache ich mit sämtlichen Neuankömmlingen, die zum ersten Mal bei uns urlauben - was für mich bedeutet, dass ich den Rundgang jede Saison oft begleite und meist ähnlich gestalte. Am allerliebsten zeige ich unseren Garten im Frühling, wenn ich nur mit Mühe meine stolzgeschwellte Brust im Zaum halten kann (und nicht nachdem ein staubtrockener und knochenheißer Sommer die Pflanzen in den Überlebensmodus getrieben hat).

Regelmäßig stehe ich dann mit unseren Frischlingsferiengästen auch vor unseren Verveine-Sträuchern und stimme ein kleines Loblied auf ihn an. Ich bin großes Fan-Girl - ich liebe Verveine von der ersten Begegnung an sehr! 

Zitronen-Verbene ist hier in Südfrankreich der klassische tissane (Kräutertee), den man vorzugsweise angeboten bekommt, wenn man Lust auf ein heißes Kräutergetränk hat. Doch mit Verveine lässt sich überhaupt wunderbar parfümieren - etwa Obst. Er hat ein unvergleichbares, zartes, frisches Aroma, das an Zitronenmelisse erinnert aber deutlich lieblicher ist. Die Quote all unserer Feriengäste, die nach einem Aufenthalt bei uns mit einem Verveine-Pflänzchen nach hause zurückkehren, ist dementsprechend hoch. Wer einmal frischen Verveine kennengelernt hat, kann ihm eigentlich nur verfallen. Ich habe Verveine sogar als Parfüm. Ich kann mich an Verveine weder satt riechen noch daran übertrinken.

Bevor ich unsere Sträucher ein letztes Mal stutze, bot sich als süßer Abschluß ein Eis an, das auch gut zum herrschenden Altweibersommer passt. Schon ein Mal bereitete ich ein Eis aus Verveine zu - damals mit Hilfe eines Sirups. In dieser Variante habe ich die Milch aromatisiert. Es freute mich sehr, dass der feine Verveine-Geschmack im Eis von meinen Verkostern erkannt wurde.


Zutaten:

175ml Milch 
50g Mascarpone
200ml Sahne, geschlagen
50g Honig (etwa Akazie)
20g Rohrzucker
ca.3 große Zweige Verveine (etwa 7g)
2 sehr frische Eigelb

Zubereitung:
  
Von dem Verveine-Blättern die Mittelachse herausschneiden, fein schneiden und zusammen mit dem Rohrzucker in einem Mörser fein zerreiben. Die Milch zusammen mit dem Verveine zum Kochen bringen, etwa 5min sanft köcheln lassen, dann die Mascarpone darin glatt  rühren und über Nacht ziehen lassen.

Am nächsten Tag die Milch nochmals erhitzen und durch ein Sieb streichen. Den Honig in einer Metallschüssel flüssig werden lassen, die Eigelbe dazugeben und beides schaumig aufschlagen. Die heiße Milch nach und nach unterrühren. Die Masse über einem heißen Wasserbad unter Rühren aufschlagen, bis die Masse dickflüssiger wird (Fachchargon: zur Rose aufschlagen). Achtung: Nicht zu heiß werden lassen, sonst gerinnen die Eigelbe.
  
Die Masse in eine Schüssel mit Eiswasser stellen und kalt rühren. Die Sahne steif schlagen und unter die Eismasse heben. Das Verveine-Eis in der Eismaschine gefrieren lassen (ersatzweise im Gefrierfach in 4-5 Stunden fest werden lassen, dabei häufig und gründlich durchrühren).


Herbst-Spezial

Mittwoch, 9. Oktober 2019


Etwas später als versprochen: das Herbst-Sezial! Kinners, je größer die Auswahl umso schwerer fällt es mir, mich auf ein paar Vorschläge zu begrenzen! DAS Apfelmus gehört untrennbar zu meinem Herbst, ebenso wie die heißgeliebte Bortsch, oder die Quittenschnitten. All die herrlichen Apfekuchen, endlich wieder Walnuss- und Granatapfel-Zeit und überhaupt steht einem wieder der Sinn nach Deftigem wie etwa meiner vegetarischen Hähnchenkeule. Vor vier Jahren stellte ich euch mal einen süßen Herbst zusammen. Für heute bekommt ihr eine feine Auslese von 24 kulinarischen Herbst-Ideen, für die ich euch Bild mit Rezeptelink verbunden habe:





Erntedank: Eintopf mit Zucchini, Paprika und roter Quinoa

Sonntag, 6. Oktober 2019


Gemeinsam mit einer Kindergartenfreundin stellten wir fest, dass wir nun mittelalt sind. Also die Jugend liegt zweifelsfrei hinter uns. Jugend! Pfffhhh..., nichts, dem ich hinterher trauere - ich hatte es bereits davon. Für mich gesprochen bin ich heute so zufrieden, fit, ausgeglichen und selbstbewußt wie ich es mir mit 20 nicht hätte träumen lassen. Das tausche ich absolut gerne gegen etwas gedellte Knitterei ein.

Aber nicht nur physisch macht sich das Alter bemerkbar. An vielerlei Dingen kann ich festmachen, dass ich aus einem anderen Jahrhundert stamme. Vieles ändert sich und zeigt sich etwa in der Sprache. Ein lustiges Beispiel war für mich, als ich einen Sticker in der Brusttasche meiner Uralt-Jeansjacke entdeckte (den ich selbstredend einst getragen hatte) mit der Aufschrift *Popper - nein, Danke!* Müsste ich das der Jugend erklären oder würden die das noch verstehen? Hipster stehen schließlich für etwas ganz andere wie Popper, selbst wenn sie eine gemeinsame Schnittmenge haben (unter anderem in der überwiegenden Mehrzahl zu sein). Das Schöne an treffenden Begriffen ist ja eigentlich, dass sie selbsterklärend sind und keinerlei Ausführung bedürfen, sondern das Gegenüber von sich aus weiß, was gemeint ist.

Amüsant ist es auch für mich, über derlei mit dem Habib zu sprechen, der wiederum nochmals aus einer anderen Generation stammt wie ich. Er nennt Bands immernoch Kapellen so wie ich Clubs nachwievor Disco (wobei ich höchstwahrscheinlich noch nie in einem Club getanzt habe - mit dem die Nächte um die Ohren hauen, hörte ich vorher auf). Bref: Sprache kennzeichnet Zeitgeist. Dieser Tage erzählte ich ihm, dass früher in meiner Mädelsclique eines der vernichtesten Urteile über einen Typen war: *Das ist voll der Poser.* Einer, der nur dicke Arme macht - sonst nichts dahinter. Wie die braun angesprühten Bodybilder in knappen Höschen: alles nur Kasperei und Selbstdarstellung.

Und anhand von dieser Bezeichnung könnte man wohl fast von einem Paradigmen-Wechsel reden. Das hat sich doch heute mit den Social Media fast ins glatte Gegenteil gedreht, oder? Selbstvermarktung als trainierte Kernkompetenz. Klar, gilt nicht für alle - aber die Gefahr ist groß, dass vorne viel Gebläse ist und dahinter kein Windchen weht... Außen hui - innen pfui. Hauptsache, die Präsentation stimmt.


Woran ich ebenfalls merke, dass ich älter werde, ist, dass ich konservative Neigungen an mir feststelle. Erntedank - welches wir heute feiern - ist eine Tradtion, die ich gerne pflegen und hochhalten möchte. Verschwunden ist Brauchtum wie das Läuten der Kirchenglocken eine Stunde früher, umso den Wechsel von Sommer- zu Winterzeit zu verkünden, wie es in zahlreichen Ortschaften bis zum zweiten Weltkrieg Usus war (hier in Frankreich läuten die Kirchenglocken sowieso nur noch äußerst selten). Oder kann sich noch jemand an die Umzügen mit geschmückter Wägen durchs Dorf zu Ehren des Erntedankfestes erinnern, von denen mir meine Großmütter erzählten? Alles längst vorbei.

Klassisch wäre zu Erntedank, ein Brot oder ein Hefezopf vorzustellen - die werden morgen in meinem extra zu Feier des Tages zusammengestellen Herbst-Special für euch auftauchen. Ich habe mich für heute für einen dieser wohltuenden Eintöpfe entschieden, die ich eigentlich zu jeder Jahreszeit gerne esse, aber die eben besonders gut in den Herbst passen. Selbst wenn das dazu passende Wetter mit tiefhängenden Wolken und dicken Regentropfen weiterhin bei uns ausbleibt.

Zutaten 2-3P:

600g Zucchini (m: grün/ gelb)
50g roter Quinoa*
1 Gemüsezwiebel
2 Knoblauchzehen
1 rote Paprika
200g Gemüse-Confit*
1 El Tomatenmark
1 Schuß Portwein
1 TL Paprika-Pulver
1/4 TL Pimenton dela vera
Harissa
1 EL Tamari-Sauce
1 TL Oregano, getrocknet
200g Kokoscrème
ca. 150ml Gemüsebrühe
Salz, Pfeffer
Kokosöl

Zubereitung:

Quinoa in 250ml Gemüsebrühe 10min bei kleiner Flamme und geschlossenem Deckel köcheln lassen. 

Die Gemüsezwiebel vierteln und in feine Streifen schneiden. Die Zwiebelstreifen mit Geduld im Kokosöl dünsten, bis sie golden und glasig sind. Dann die in kleine Stücke geschnittene Zucchini sowie den fein gehackten Knoblauch zufügen. Ebenfalls kurz mitrösten.

Paprika entkernen - und diese entweder unter dem Grill häuten oder mit einem Sparschäler schälen - in Streifen schneiden und ebenfalls zufügen. Das Tomatenmark kurz anbraten. Mit einem Schuß Portwein ablöschen. Die Kokosmilch untermischen, die Gemüsebrühe (schluckweise, um sich an die gewünschte Konsistenz annähern) ebenfalls anschütten, außerdem die Gewürze zufügen und den gegarten Quinoa. 

Etwa 15-20min sanft garen und zuletzt mit Harissa, Salz und Pfeffer abschmecken.

Anmerkung m: Zucchini lässt sich auch durch Kürbis austauschen/ das Gemüse-Confit durch eine Dose Tomaten oder aber auch durch 2 EL Ajvar oder durch mit Paprika verköchelte Ofentomaten/ Quinoa ließe sich auch durch die gleiche Menge gegarter Hirse ersetzen -  schmeckt ebenfalls super!


Paris ist weit weg 2: venezianische Kartoffeln mit Fêves und Artischocken

Mittwoch, 2. Oktober 2019


Wie schon oft erwähnt ist ein Auto im französischen Outback unabdingbar und völlig alternativlos. Unserem letzten Auto - einem royalblauen Fiesta - trauere ich noch etwas hinterher. Der war mir so in Fleisch und Blut übergegangen, den konnte ich blind rückwärts in jede Parklücke quetschen. Den Fiesta hatten wir wirklich nach allen Regeln der Kunst runtergerockt (was im Übrigen auch eine Form von Ökologie ist). Am Schluß machten wir noch einen Ausflug mit ihm nach Nizza und konnten das Auto bedenkenlos unabgeschlossen in einer Seitenstrasse stehen lassen (alles andere wäre auch nicht möglich gewesen: die Zentralverriegelung war längst kaputt). DEN wollte ganz bestimmt keiner, da schaute niemand interessiert durch die Fensterscheibe.

Ganz treu gab er mit 450 Tausend Kilometer seinen Geist kurz nach dem Nachbarort auf - wir konnten also easy bis nach Hause zurücktrampen. Waren wir mit unserem Asi-Fiesta auf süddeutschen Strassen unterwegs, markierten wir unter all den vielen nagelneuen Statussymbolen das offensichtliche Ende der Nahrungskette. Und wurden nicht selten Opfer von fremdenfeindlichen Attacken. Der Rückschluß kein Geld und Ausländer scheint schräg veranlagte Menschen irgendwo zu triggern - ich hätte es nicht für möglich gehalten...

Nun, nachdem uns der treue Fista (so sein Spitzname) verlassen hatte, mußte ein neues Auto her. Wir entschieden uns wieder für einen Gebrauchtwagen - passend zu unserem Leben und zu unserer Umgebung, in der ein Auto ein reiner Gebrauchsgegenstand ist. Aber halt ein dringend notwendiger. Mit unserem Peugot-Kastenwagen schwimmen wir hier mit wie in einem Schwarm Fische. Wie inkognito. Die Kastenwägen sind einfach praktisch, verbrauchen wenig Sprit und sind dementsprechend extrem beliebt und verbreitet. Das hat zur Folge, dass fast jeder die Hand hebt, wenn wir mit dem Auto unterwegs sind - es könnte ja jemand drinne sitzen, den man kennt...

Vier Jahre fahren wir jetzt mit dem Peugot. Und er hat sich seither optisch deutlich gewandelt, denn als wir ihn kauften, sah er noch tadellos aus. Womit ich bei einem weiteren, kulturellen Unterschied rausgekommen wäre: der Umgang mit Autos. Sind wir in Süddeutschland unterwegs, dann staunen wir über die Dichte von makellosen, gepflegten Autos, die alle frisch vom Band zu kommen scheinen. In Frankreich hingegen könnte man sich wohl in den meisten Autos einem Allergietest unterziehen. Die Hunde, die vielen Feldwege... Um es milde auszudrücken: die überwiegende Mehrzahl sieht nicht nach Garagenwagen aus. Also selbst wenn ich drüber nachdenke, habe ich hier noch nie eine Schlange an der Autoputzanlage gesehen. Gar nie.

Was mich als gebürtige Deutsche dann aber letztendlich doch kupfert, ist eben der aktuelle Zustand der Karosserie unseres Autos. Schaut man sich schräg die Seiten an, dann entdeckt man dort unzählige (!) kleine Dellen. Ähnlich einem seitlichen Hagelschaden - wäre das möglich. Doch die Dellen entstehen, wenn man regelmäßig neben Fränzis parkt. Die hauen nämlich ihre Türen beim Aussteigen sorglos an das Nachbarauto. Hey, und jetzt mal ehrlich: das wäre doch in Deutschland der Stoff aus dem Schlägereien gemacht sind, oder? Also mit der schwäbischen *Heilig's Blechle-Mentalität* wird man hier definitiv unglücklich. Oder zum Serienmörder.


Sollte ich das ein oder andere Gemüt durch diese Lektüre erhitzt haben, versuche ich Neutralität herzustellen, indem es heute ein italienisch inspiriertes Gericht gibt (nich, à la *streiten sich zwei, freut sich der Dritte*). Artischocken esse ich besonders gerne. Und immer, wenn sie auf dem Markt zu einem guten Preis angeboten werden, kann ich selten widerstehen. Sehr oft mache ich sie uns als Vorspeise, aber natürlich passen sie ebenso prima zu diesen venezianischen Kartoffeln.

Zutaten 2P:

700g Kartoffeln
ca. 350 ml Gemüsebrühe
1 große Zwiebel
1 nussgroßes Stück Butter (od. pflanzlichen Ersatz)
Olivenöl
Salz, Pfeffer
1 EL Petersilie, gehackt
(ca. 200g Saubohnen, gepahlt)

4 kleine Artischocken
1 TL Thymian
Salz, Pfeffer
Olivenöl
1 Knoblauchzehe
2 EL Gemüsebrühe
Piment d'Espette

Zubereitung:

Die Kartoffeln schälen und in Würfel von etwa 1cm schneiden. Die Würfel auf Küchen-Krepp ausbreiten und trocknen lassen.

Die Zwiebel in dünne Halbringe schneiden (m: gröber gewürfelt) und in der Butter und einem Schuß Olivenöl mit Geduld (etwa5-10min) golden und glasig braten. Dann die Kartoffelwürfel zu den Zwiebeln in die Pfanne geben und weitere Minuten mitbraten.

Bei sanfter bis mittlerer Hitze die heiße Gemüsebrühe nach und nach zufügen, sodass die Kartoffeln stets knapp bedeckt sind. Salzen und pfeffern. Offen ca. 25min köcheln lassen bis die Brühe dicklich einkocht und die Kartoffeln gar sind, aber noch nicht zerfallen. Kurz vor Servieren die Saubohnen untermischen. Nochmals abschmecken und mit Petersilie bestreuen.

Paralell die Artischocken dazu zubereiten. Diese rüsten (lieber etwas zuviel wegschneiden als Holziges stehen zu lassen - an mich selbst addressiert, vierteln und in Zitronenwasser zwischenlagern. Die Artischocken in Olivenöl anbraten und Farbe annehmen lassen. Dann fein gehackten Knoblauch untermischen zusammen mit dem Thymian und weitere 2min braten. Würzen, die Gemüsebrühe anschütten, Hitze verkleinern, Deckel auflegen und gar ziehen lassen (in ca. 3-5min).

Anmerkung m: ich habe als Topping noch einige, knusprig gebratene Brotwürfel serviert...